In der Zürcher Kantonalbank, der mit Abstand grössten Staatsbank des Landes, nimmt die Verschwägerung an der Spitze neue Ausmasse an.
Nun beglücken sich nicht nur ehemalige Lehrlingskollegen mit operativen Topjobs. Sondern auch in der Oberaufsicht, dem sogenannten Bankrat, kommt es zu einer speziellen Filz-Konstellation.
Ein einstmals subalterner Befehlsempfänger muss einem der grossen Chefs in der Geschäftsleitung der Bank zukünftig auf die Finger schauen.
Es geht um den Neuen im Bankrat. Der heisst René Huber, ein bislang unbekannter SVP-Lokalpolitiker.
Huber ist von der Volkspartei als Nachfolger eines scheidenden Bankrat-Mitglieds portiert worden, nachdem der erste SVP-Kandidat bei der Aufsicht in Bern durchgefallen war.
Dieser Huber ist derzeit ein kleiner Direktor bei der grossen UBS. Dort will er kündigen, sobald er diesen Herbst ins Spitzenamt der ZKB gewählt worden ist.
So weit, so gut. Doch nun wird bekannt, dass Huber bei der UBS eine Zeitlang einen ganz bestimmten Chef gehabt hatte, der für ihn in der Zukunft von grosser Bedeutung sein wird.
Es ist Daniel Previdoli, Mitglied der Generaldirektion der ZKB und lange ambitiöser Chef der Privatkunden. Neu ist Previdoli zuständig fürs Billigsegment der Bank.
Bevor Previdoli Ende 2007 zur Staatsbank wechselte, war er ein hoher Manager in der UBS Schweiz. Er leitete dort die ganze Region Zürich und war bereit für einen nächsten Sprung.
In jener Zeit hatte Previdoli in seiner Befehlskette einen Untergebenen, der seine Anordnungen umzusetzen hatte: René Huber.
Nun also soll Huber, der einst der „Gango“ von Previdoli war, neu der Ober-Aufpasser in der ZKB spielen. Er ist der einzige Kandidat für die Wahl, die das Zürcher Kantonsparlament vollzieht.
Die Volkspartei nannte ihren Mann bei der Präsentation im Sommer eine „erfahrene und ausgewiesene Persönlichkeit“. Von seinem einstigen Abhängigkeitsverhältnis zu einem der wichtigsten Chefs der Bank war keine Rede.
Als Bankrat obliegt Klein-Huber unter anderem die „Anstellung und Entlassung von Mitgliedern der Generaldirektion“. Falls nötig, würde es dabei auch um seinen Ex-Chef Previdoli gehen.
[simple-google-ads-ad-tag id=“ip_content_middle“]
Umgekehrt müssen die Generadirektoren der ZKB und damit auch Previdoli die „Beschlüsse des Bankrats“ umsetzen.
Die Konstellation erinnert ans Militär. Ein ehrgeiziger Oberst im Generalstab befehligt einen Kompanieführer. Nun wird dieser in einer Zivilkommission Vorgesetzter des Karriere-Offiziers.
Es geht um das offizielle Machtverhältnis und um die Frage, wie dieses in der Realität tatsächlich funktioniert.
Wird Lokalpolitiker und Petit-Chef Huber seinem einstigen Topboss Previdoli im Ernstfall die Stirn bieten?
Die ZKB sieht kein Problem.
„Der Bankrat übernimmt keine direkte Führung des Managements, womit René Huber in seiner neuen Funktion keine klassische Vorgesetztenfunktion über den früheren UBS-Marktgebietsleiter Daniel Previdoli innehaben wird“, sagt ein Sprecher der Bank.
Zudem seien solche Konstellation in der kleinen Schweiz nicht immer vermeidbar.
„In der übersichtlichen schweizerischen Bankenbranche kommt es immer wieder vor, dass vormals im operativen Geschäft tätige Exponenten Aufsichtsaufgaben übernehmen und wieder auf ehemalige Weggefährten treffen.“
Was die ZKB zur Schweizer Eigenart zählt, hatte in der jüngeren Vergangenheit weitreichende Konsequenzen.
In der grossen UBS-Krise im US-Steuerstreit von 2008 und 2009 spielte mit Eugen Haltiner an der Spitze der Finanzmarktaufsicht in Bern ebenfalls ein Ex-Unterstellter der UBS-Führung eine Rolle.
Haltiner sorgte dafür, dass seine Aufsichtsbehörde den USA die geforderten Kundendaten offenlegte. Er war entscheidend für den rasanten Niedergang des Bankgeheimnisses.
Haltiner stellte sich damit schützend vor seine Ex-Chefs bei der Grossbank. Ohne seine Hilfeleistung wären diese möglicherweise von den USA angeklagt worden, so wie zuvor Raoul Weil, die damalige Nummer 3 der UBS.
With A Little Help From My Friends – der Beatles-Songs liefert das Motto für die Verstrickungen an der Spitze der grössten Schweizer Banken.
Die ZKB ist mit einer Bilanzsumme von 150 Milliarden hinter der forschen Raiffeisen-Gruppe die Nummer 4 des Finanzplatzes.
Noch vor der Raiffeisen wurde die Staatsbank von der Nationalbank zu Too Big To Fail erklärt. Sie unterliegt damit strengen Kapital- und Liquiditätsauflagen.
Als systemrelevante Bank stellt die ZKB eine besondere Gefahr für die Öffentlichkeit dar. Im Notfall müssen die Steuerzahler des Kantons Zürich für das Institut geradestehen – so wie dies 2008 die Schweiz für die UBS tun musste.
Entsprechend wichtig ist die Besetzung des Bankrats. Es handelt sich um das eigentliche Schlüsselgremium der Bank.
Das mögliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem neuen Bankrat und einem einflussreichen Generaldirektor ist dabei nicht hilfreich – selbst wenn es sich nur um eine Abhängigkeit im Geiste handeln sollte.
Interessanterweise war für die Finanzaufsicht in Bern diese spezielle Konstellation kein Hinderungsgrund.
Hingegen passte der Finma der erste Kandidat der Volkspartei nicht. Für sie war Hans Frei, einer der zentralen Figuren im Parlament, wenn es um die ZKB geht, keine qualifizierte Persönlichkeit.
Frei ist Bauer. Statt dem im Spannungsfeld Staat-Wirtschaft tätigen Unternehmer bevorzugte die Finma einen Ausführungsgehilfen.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Was für eine hässige Sprache, einen Bankrat als „Gango“ zu bezeichnen…
-
Ach, da gäbe es doch etliche weniger harmlosere Ausdrücke. Der „Gango“, eigentlich „Gang’go“, leitet sich ethymologisch vom bekannten züritüütschen „Gang’mer, hol’mer, bring’mer“ ab und ist eine liebenswürdige, ja fast zärtliche Bezeichnung für einen engen persönlichen Mitarbeiter (manchmal auch „PAM“ genannt).
-
-
Es ist schlichtweg eine Sauerei, dass nur Parteileute in diesen Pöstchen sitzen. Es sollten nur parteiunabhängige Fachleute darin vertreten sein. Keinesfalls Schwestern und Vettern der Branche!
-
So schlecht ist diese Wahl gar nicht. Immerhin hat Herr Huber einschlägige Erfahrung in Vertrieb und Verkauf von UBS Produkten, u.a. auch sog. „UBS absolute return“ Produkten. Somit weiss er bereits, wo es aufzupassen gilt. Und die Finma auch.
-
In Bezug auf Corporate Governance sind die meisten Kantonalbanken eine Schande für den ganzen Finanzplatz.
Und am übelsten ist es bei der ZKB. Systemrelevant, aber viertklassige Politiker ohne irgendwelche Kompetenzen in der Aufsicht. Und wenn es dann schief geht (à la Waadt, Glarus, Jura, Ausserrhoden, Solothurn, Bern, Genf etc. – die Liste ist ja schier endlos), dann ist natürlich niemand Schuld.
Aber zu diesem Skandal schweigen ja leider die meisten Medien und die Finma tut auch kaum etwas… -
Gemessen an die aktuelle Qualifikation des Bankrats stellt Hr Huber gar eine Bereicherung dar. Traurig aber wahr.
Bin überzeugt, dass ich als Zürcher-Steuerzahler irgandwann demnächst die Zeche dafür zahlen muss. -
-
Bei René Huber stimmt die Flughöhe für die Funktion als Bankrat der ZKB nicht.
Der Bankrat definiert die Strategie der Bank und beaufsichtigt die Geschäftsleitung. René Huber verfügt lediglich über eine Banklehre und ein Bankbeamtendiplom. Seit seiner Lehre vor über 40 Jahren war er immer bei der UBS angestellt. U.a. als Filialleiter Kloten und jetzt als Kundenberater Privatkunden. Keine Kenntnisse/Erfahrungen bei anderen Finanzinstituten, keine Auslandaufenthalte, kein betriebswirtswirtschaftliches Studium, keine Fachhochschule etc.
Wie soll René Huber so der ZKB Geschäftsleitung unter Martin Scholl auf Augenhöhe begegnen? Martin Scholl und Christoph Weber wird’s freuen.
Zudem sollten sich die Kantonsräte die Frage stellen: Ist es opportun, dass ein Vertreter der UBS in den Bankrat der ZKB gewählt wird? Ein Vertreter notabene einer Bank, die Aktionärswert vernichtet, Kundennamen und die Namen ihrer Mitarbeitenden den Amerikanern ausgeliefert hat.
René Huber ist ein treuer Parteisoldat und seit einigen Jahren Stadtpräsident von Kloten. Ob es da noch zusätzlich zu Interessenkonflikten kommt, wäre zu prüfen.
Der Bankrat der ZKB sollte mit wirklich ausgewiesenen Fachleuten besetzt werden, welche das Rüstzeug und den Biss haben, der Geschäftsleitung auf Augenhöhe zu begegnen. Wenn man die aktuelle Situation (auch ertragsmässig) der ZKB anschaut, dann ist das nicht der Fall.
-
@freimüller: ich will Ihnen nicht widersprechen, aber wenn ich mir die einzelnen mitglieder des bankrats so anschaue, (https://www.zkb.ch/de/uu/nb/wer-wir-sind/struktur/bankrat.html),dann sehe ich andere personen, bei denen sich mir die frage weit früher stellt, was die da drin verloren haben. oder qualifiziert die mitgliedschaft im botanischen garten grüningen etwa dazu, eine tbtf-staatsgarantie-bank zu überwachen? und finma pennt weiter.
quo vadis, swiss banking? -
Die Verwaltungsräte der Grossbanken sind nur mit Top-Shots besetzt. Die haben sicher alle studiert und haben „sogar“ Auslandserfahrung, Herr Freimüller! Und jetzt überlegen Sie noch wie solide die Kantonalbanken durch die Finanzkrise gekommen sind! Also so Fehlbesetzt sind die diversen Bankräte der Kantonalbanken in der Schweiz sicher nicht! Gesunder Menschenverstand ist offensichtlich auch noch was wert!
-
@Kaufi: In Glarus, Waadt, Jura, Bern, Genf usw. haben Kantonalbanken in den letzten 20 Jahren hinläglich bewiesen, dass man sogar ganz ohne Finanzmarktkrise durch Misswirtschaft und Unfähigkeit voll an die Wand fahren kann. Und hätten die Kantonalbanken in den USA investieren können (böse Zungen behaupten: Hätten sie Englisch gekonnt), dann gehe ich jede Wette ein, dass es zu epischen Verlusten gekommen wäre. Es gibt nichts schlimmeres als Banken mit Staatsgarantie und ohne irgendeine wirksame Kontrolle.
-
Bei René Huber stimmt die Flughöhe für die Funktion als Bankrat der ZKB nicht. Der Bankrat definiert die Strategie der…
Gemessen an die aktuelle Qualifikation des Bankrats stellt Hr Huber gar eine Bereicherung dar. Traurig aber wahr. Bin überzeugt, dass…
In Bezug auf Corporate Governance sind die meisten Kantonalbanken eine Schande für den ganzen Finanzplatz. Und am übelsten ist es…