Holen wir uns den gesunden Menschenverstand zurück? Es gab einmal eine Branche, in der man an der Front als Kundenbetreuer von überall her Unterstützung erhalten hatte, ein Geschäftsmodell und eine Strategie einer Bank umzusetzen und richtig zu leben.
Es gab einmal eine Zeit, wo kundenfreundliche Prozesse gut integriert waren und alle Mitarbeiter in einer Bank stolz darauf waren, pragmatische Lösungen anzubieten.
Es existierte einst eine Ideologie, in der man den Kunden „einen König“ nannte.
Heute träumen wir von dieser Vergangenheit und sind uns bewusst geworden, dass die Abläufe kompliziert und statisch geworden sind. Alles in allem hat dies positive – und leider auch negative Auswirkungen.
Es liegt auf der Hand, dass aufgrund von erhöhten und teilweise auch notwendigen Veränderungen im Bezug auf „Best Practice“ Prozesse angepasst wurden. Es ist leider auch wahr, dass die damals existierende Grundhaltung einer neuen Maxime weichen musste. Wir wussten zwar, dass gewisse Anpassungen notwendig würden, dachten aber nicht im Traum daran, dass diese derart drastisch auf unser Geschäftsmodell einwirken würden.
Was ist geschehen?
Rückblickend war man als Teamleiter und Kundenberater auf jeder Ebene in der Lage, sich in grossen Freiräumen zu bewegen – und zwar immer innerhalb der internen Richtlinien. Ein Kundenbetreuer war einst auch mehr als ein Relationship Manager: Er war Verwalter des Vermögens für einen Kunden. Er war Berater, Portfolio-Manager, Treuhänder, Sparring Partner oder Coach, bis hin zum Sprachrohr einer Familie, wenn er das Glück hatte, das Vertrauen auf diesem Niveau zu gewinnen. Ein Vermögensverwalter wurde sogar für Erbengemeinschaften und Firmengründungen beigezogen – und das auf sehr direkte Art und Weise.
Das ist „Schnee von gestern“, und wenn man jungen Leuten in einer Private-Banking-Abteilung diese Geschichten erzählt, führt das zu „blankem Staunen“ über Vorfälle, die gar nicht weit zurückliegen. Selbstverständlich konnten solche Tätigkeit eines „Bänklers“ auch zu sehr heiklen Situationen führen, da man tagtäglich zwischen Kundenbeziehungen und internen Richtlinien des Arbeitgebers manövrieren musste. Eigentlich wie jetzt, nur ist man heute diesbezüglich noch mehr gefordert, nicht zuletzt wegen ständig veränderter Rahmenbedingungen.
Es ist wie bei einem Fussballspiel, in dem plötzlich die Regeln ändern – und dies während einer heiklen Phase des Spielaufbaus.
Als Kundenbetreuer sieht man sich oft gezwungen, bestimmte Abläufe gegenüber Kunden zu kommunizieren, die wegen verschärfter Regulierungen angepasst wurden. Diese Veränderungen respektive zusätzlichen Anforderungen sind aus der Perspektive der Kunden nicht selten unklar, da sie die Abläufe der Banken nicht immer gut nachvollziehen können.
Am Ende liegt es an der Art und Weise der Kommunikation gegenüber dem Kunden, also einem Geschäftspartner. Wichtig ist, dass man diesem immer mit Respekt und Verständnis gegenübertritt und sein eigenes Vorhaben oder jenes seines Arbeitgebers klar, kompetent, sympathisch und unmissverständlich vermittelt.
Die Frage lautet also: Wie kommuniziere ich anständig, aber bestimmt gegenüber Kunden?
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Ein wichtiger Punkt scheint mir, dass ein Relationship Manager darauf achten sollte, Kunden nicht zu brüskieren, indem er interne Anforderungen auf Kunden überwälzt. (Indem er diesen in unangemessener Art und Weise über allfällige Richtlinien aufmerksam macht.) Hier ist mehr Respekt angebracht.
Jeder Mensch kann verstehen, dass eine Organisation bestimmte Abläufe oder auch Weisungen jederzeit ändern kann und auch muss. Es kommt aber schlecht an, wenn man als Kunde das Gefühl erhält, dass nur ein akribisch perfekt ausgefülltes Formular akzeptiert würde, ähnlich wie bei einer Benotung in der Schule. Gegenüber einem Kunden ist dies völlig fehl am Platz, da dies einer Bevormundung gleichkäme.
Stattdessen könnte man sagen: „C’est le ton qui fait la musique“, und das gilt zum Glück immer noch für alle Sparten des Lebens.
Wenn es bei einem Kunden um einen Unternehmer geht, der mit Sicherheit in verschiedenen Sparten einiges an Seniorität und Erfahrung aufzuweisen hat, kann ein solches Verhalten zu Schwierigkeiten oder Abneigung gegenüber einer Person oder einer Firma führen. Hier ist unbedingt auch Leadership, Coaching und Mentoring gefragt.
Es ist notwendig, dass der Chef auf seine Mitarbeiter einwirkt und als gutes Beispiel vorangeht, indem er das richtige Verhalten vorlebt, priorisiert und darlegt, dass sich alle Beteiligten daran halten müssen. Denn das Verständnis und die Akzeptanz eines Kunden ist stets wichtiger als irgendwelche „Hausordnungen“, die man vorgibt, umsetzen zu müssen.
Wir kommen zur Bedeutung von internen Allianzen.
Die Umsetzung einer Idee bedarf dem Verständnis seines Gegenübers, denn interne Veränderungen in einer Organisation sind oftmals schwieriger zu verwirklichen als externe. Das will gelernt sein und hat viel mit sogenannten „Cross-selling“-Methoden zu tun. Auf jeden Fall sollte man verstehen, wie man Allianzen bilden und das Prinzip von „Eine Hand wäscht die andere“ beherrschen kann.
Ein gutes Beispiel dafür könnten Herausforderungen zwischen Private Banking und Compliance darstellen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, abteilungsübergreifende Massnahmen zu entwickeln. Denn überall dort, wo Menschen arbeiten, gibt es Sympathie und Antipathie. Die Herausforderung liegt darin, dies zu akzeptieren. Man kann es sich nicht immer aussuchen, mit wem man kooperieren möchte.
Jedoch kann man mit Enthusiasmus und Leidenschaft viel erreichen, und es ist viel einfacher, effiziente Arbeitsabläufe zu implementieren, wenn man einen Sinn hinter einem Vorhaben erkennt und die Wichtigkeit für die eigene Unternehmung antizipieren kann, das System eines täglichen „Shareholder-Value-Prinzips“ umzusetzen. Ausnahmslos alle Beteiligten können davon profitieren und Mehrwert schaffen.
Die positive Nachricht vorab: Das kann man lernen.
Wie? Als etablierter Kundenbetreuer kann man genau in diesem Zusammenhang zusätzliche Sozialkompetenz zeigen, indem man innerhalb eines sich ständig verändernden Wettbewerbes seine Kunden angemessen betreut. Es geht dabei nicht allein um Fachkompetenz, sondern auch darum, wie man wichtige Informationen weiterleitet und jeweils nachfragt, ob eine „Message“ richtig angekommen ist.
Und: Es gilt sicherzustellen, sich in die Lage des Kunden zu versetzen. Gelingt das, dann sieht man alles von einer anderen Seite. Das Ziel für einen Kundenberater wäre es, eine Analyse der Situation vorzunehmen und Auflagen nicht immer „blind“ umzusetzen, bevor man loslegt. Ein kritischer Standpunkt gegenüber einem Regelwerk schadet nicht, und man kreiert einen Dialog und oftmals auch Konsens.
Der Umsetzung einer Vorgabe kann man unterschiedlich gegenübertreten:
– Man ignoriert das Gesetz (nicht wirklich zu empfehlen);
– man erledigt eine Umsetzung genau nach Paragraph;
– man passt die Richtlinien der Vorschrift an und legt diese differenziert aus.
Abschliessend bin ich der Meinung, dass es für jede Regel eine Ausnahme gibt. Im Bereich Private Banking und Compliance wünschte ich mir, dass die angesprochenen Themen positiven Anklang finden und die Involvierten Richtung Verbesserung streben.
Ich gehe stark davon aus, dass wir mit „gesundem Menschenverstand“ viel erreichen können und unseren Finanzplatz trotz den umfassenden Veränderungen weiterhin nachhaltig ausbauen werden.
Ich wünsche weiterhin viel Spass und gutes Gelingen.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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LG und einen guten Wochenstart wünscht Peter
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Wenn all die im vorliegenden aufschlussreichen Artikel getroffenen Aussagen betreffend unser Bankenwesen notwendig sind – was offensichtlich der Fall ist – dann zeigt dies in frappanter Weise wie weit die meisten beteiligten Institute von der erfolgreichen Integration eines modernen Dienstleistungs-Marketings entfernt sind.
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Man streiche alle Buzzwords und schon machts Bingo!
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ein sehr guter Artikel, den hoffentlich auch die Kundenbetreuer der CS lesen werden, denn die quälen und bedrohen ihre Kunden schon seit langem in vorauseilendem Gehorsam und ohne gesetzliche Grundlagen!
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Ja die CS vergrault in ihrer Angsthaltung alle Kunden, unsäglich dieser nutzlose Papierkrieg. Aber es ist wie es immer war, die CS ist und bleibt die Nr. 2 und muss nicht mal Angst gaben, da die Nr. 3 noch weniger versteht vom Business. Trotz allem bleibt die UBS die einzig wahre Universalbank im Lande die etwas leistet.
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ein sehr guter Artikel, den hoffentlich auch die Kundenbetreuer der CS lesen werden, denn die quälen und bedrohen ihre Kunden…
Man streiche alle Buzzwords und schon machts Bingo!
Wenn all die im vorliegenden aufschlussreichen Artikel getroffenen Aussagen betreffend unser Bankenwesen notwendig sind – was offensichtlich der Fall ist…