Pierin Vincenz trat 2015 mit Rekordzahlen von der grossen Raiffeisen-Bühne ab. Sein Nachfolger Patrik Gisel muss nun die Folgen tragen.
Die sind gravierend. Der Crash beim Derivate-Haus Leonteq gibt einen ersten Vorgeschmack auf Verlustlöcher, die beim Genossenschaftsriesen aufreissen könnten.
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Die Aktie der Leonteq ist in freien Fall übergegangen. Seit Anfang Jahr hat der Titel 23 Prozent eingebüsst. Praktisch ein Viertel des Werts des Unternehmens wurden innert 2 Wochen ausradiert.
Leonteq bildet ein unrühmliches Schlusslicht. Die CS verlor gut 9 Prozent seit Anfang Januar, die UBS 8,8, die Julius Bär 7,7 Prozent. Vontobel, ähnlich aufgestellt wie Leonteq, gab 16 Prozent nach.
Leonteq ist für Raiffeisen wichtig. Erstens besteht eine enge Partnerschaft: Die Raiffeisen-Tochter Notenstein La Roche Privatbank ist bei vielen angebotenen Finanzprodukten abhängig von Leonteq.
Zweitens hat die stolze Beteiligung – die Raiffeisen hat den Anteil über die letzten 3 Jahre sukzessive auf fast 27 Prozent erhöht – zu stolzen Zusatzgewinnen geführt.
Diese erlaubten es Vincenz, nach 16 Jahren an der Spitze des Roten Riesen mit einem Siegerlächeln von dannen zu ziehen.
Umgekehrt drohen sie nun, Patrik Gisels Start zu versalzen. Im Geschäftsbericht 2014 schrieb die Raiffeisen nämlich mit Verweis auf „substanziell“ erhöhte Anteile an Leonteq und anderen Partnerfirmen:
„Dank guter Abschlüsse der Equity-bewerteten Beteiligungen (insbesondere Aduno Holding AG und Leonteq AG) sowie der Aufstockung des Beteiligungsanteils an der Leonteq AG erhöhte sich der Beteiligungsertrag markant.“
Das sah dann wie folgt aus: 2014 verdiente die Raiffeisen mit ihren Beteiligungen insgesamt 64 Millionen Franken, entsprechend 8,4 Prozent des Gruppengewinns von 759 Millionen.
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Der Gewinn dank gut laufenden Beteiligungen ist in den letzten Jahren stets nach oben gegangen. 2013 betrug er 57 Millionen, 2012 waren es 44 Millionen, 2011 41 und 2010 erst 32 Millionen.
Von 2010 bis 2014, also in 4 Jahren, verdoppelte die Raiffeisen-Gruppe ihren Beteiligungserfolg somit von 32 auf 64 Millionen.
Aber nicht nur das. Auch in der Bilanz führten die Beteiligungen wie jene an Leonteq und weiterer zu Aufwertungen, die der dritten Kraft von Swiss Banking Schub verliehen hat.
„Markant um 74 Millionen oder 34,3 Prozent auf 289 Millionen Franken sind die immateriellen Werte angestiegen“, steht im Raiffeisen-Geschäftsbericht 2014.
„Die Zunahme resultierte aus der Erhöhung des Anteils an der Leonteq AG sowie aus dem Zukauf neuer Beteiligungen im Bereich Asset Management (…).“
Buchhalterisch gesprochen: Die Raiffeisen aktivierte ihre Beteiligungen in der eigenen Bilanz.
Jetzt, da die Leonteq am Abstürzen ist, fragt sich, was dieser Goodwill für Folgen haben wird. Muss die Raiffeisen, die aufgrund ihres Status als systemrelevante Bank mehr Kapital braucht, bald Abschreibungen vornehmen?
Davon will ein Sprecher in der Zentrale in St. Gallen nichts wissen.
„Bei der Equitiy-Methode ist der Buchwert des Eigenkapitals der Beteiligung massgebend“, sagt Franz Würth. „Dieser steigt in der Regel (wie im Fall Leonteq), auch wenn der Börsenkurs fällt.“
Und zum Goodwill in den Büchern seiner Raiffeisen meint der Sprecher:
„Ein bezahlter Goodwill wird ordentlich maximal über 20 Jahre abgeschrieben, wobei die Werthaltigkeit einer Beteiligung regelmässig überprüft wird. Bei Leonteq ist die Werthaltigkeit gegeben, womit keine zusätzlichen Abschreibungen erforderlich sind.“
Alles im grünen Bereich, signalisiert die Rennleitung der Genossenschaftsgruppe.
Das Problem ist nur: Die Welt hält sich nicht an Versprechen und Prognosen.
An den Börsen zeigen die Indikatoren nach unten. Und Leonteq ist als Highflyer ein besonderer Ikarus.
Das Unternehmen hatte zwischenzeitlich eine Bewertung wie jene der Bank Vontobel. Diese steht auf 3 Beinen und hat eine jahrzehntelange Geschichte.
Leonteq ist ein Startup, das mit dem Geld reicher Unternehmen wie der Raiffeisen den Schub an den Börsen genutzt hat.
Wenn nun die Märkte zurückgehen, dann könnte Leonteq besonders unter die Räder geraten, wie die scharfe Aktienkorrektur anzeigt.
Für die Raiffeisen steht das Erbe von Vincenz auf dem Spiel. Die wagemutigen Deals könnten nun die Gruppe nach unten ziehen.
Doch statt dass Patrik Gisel umkehrt und Beteiligungen abbaut, drückt der Vincenz-Nachfolger seinerseits aufs Tempo.
Im Herbst erwarb Gisel eine 10-Prozent-Beteiligung an der IT-Gruppe Avaloq. Mit dieser betreibt Raiffeisen das Joint-venture Arizon, das für die Bank eine neue Basis-Software erstellen soll.
Avaloq ist wie Leonteq in eine Krise geraten. Diese ist offenbar gravierend. Nach Projektverzögerungen und ausbleibenden Neuaufträgen brauchte die Avaloq frisches Geld.
Anders kann die Raiffeisen-Beteiligung nicht gedeutet werden. Der Deal hat von aussen betrachtet den Charakter einer Stützungsaktion für eine Partnerin, die für einen selbst wichtig geworden ist.
Eingefädelt hat die Beteiligung offenbar noch Pierin Vincenz. Im Gespräch bestätigte Vincenz vor ein paar Wochen, dass er am Anfang der Gespräche über einen Deal mit Avaloq dabei gewesen sei.
Danach aber habe Patrik Gisel das Geschäft durchgezogen, betonte Vincenz.
Die Aussage ist brisant, weil Vincenz und Avaloq-Chef Francisco Fernandez gute Freunde sind.
Die Beteiligung der grossen Raiffeisen mit ihrem Genossenschaftsgeld an der privaten Informatikfirma als Folge einer Privatbeziehung?
Das würde von St. Gallen selbstredend bestritten. Vielmehr wird die Kooperation gelobt. „Das Projekt „Ablösung Kernbanken-System“ ist in allen Teilen im grünen Bereich“, sagt denn auch ihr Sprecher.
Die Realität ist eine andere. Arizon hat wohl bereits einen unaufholbaren Rückstand auf die Marschtabelle.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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somit wird klar, die Leonteq „Wundermaschine“ funktioniert vor allem in einem Bullen-(up) Markt!
Kein Wunder, denn, wenn Aktien schnell fallen, koennen die Derivateshops ihre Hedges nicht schnell genug runterfahren, auch brauchen sie mehr Collateral wegen der gestiegenen Vola…. „hallelujah!“
Schon sehr vielen Deri-Shops hat eine Marktwende das Genick gebrochen – kein Wunder wenn Raiffeisen & Co. bald Kapital nachschiessen muessen! -
Ich persönlich finde strukturierte Produkte als Beimischung in einem breit diversifizierten Portfolio eine tolle Sache!
Egal ob Kapitalschutz, Partizipation, Renditeoptimierung oder was es sonst noch gibt. Ich kann genau meine Marktmeinung abbilden. -
Warnung vor ‚Struktuierten Produkten‘ :
Wer sich noch an 2008 erinnern kann, wird nachvollziehen, dass bei einem Börsen-Crash, bzw. System-Gau, viele Strukis nicht mehr handelbar waren, d.h. keine Gegenparteien mehr auffindbar waren. Inzwischen hat der Struki-Markt mehrere hundert Prozent an Volumen und Umfang zugelegt.
Die Blase aller Blasen ist endlos aufgeblasen 🙂
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Die Ganoven Bubis stellten einfach keine Preise mehr oder wenn, dann Preise die so weit weg von der Realität wahren, dass einem die Hasstränen kamen! Das war in der Vergangenheit so und es wird genau so wieder eintreffen, wenn es dann in Bälde wieder richtig zur Sache geht!
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Hier mal ein Überblick über die grössen der jeweils gehandelten Stückzahlen dieses Bastler Tittels:
1 x 2‘150, 1 x 1‘296, 1 x 861, 1 x 300, 1 x 250 und dann noch 2 x 200. Der Rest, alles nur noch kleinste Transaktionen den lieben, langen Tag bis zum Schluss.
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Lieber Herr Hässig
Dass Sie mit IP Geld verdienen müssen ist klar, aber muss es den auch Werbung für first-credit.ch sein? Diese Firma scheint alles zu sein, ausser, seriös! -
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Wer in der Lage ist IP zu lesen,wird sich kaum von jeder windigen Firma einwickeln lassen.Würde Lukas Hässig durch die Raiffeisenbank gesponsert,wäre der Blog kaum so informativ.
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Ui ui ui!
Der liebe Herr Hässig liebt Pierin Vinzenc immer noch nicht.
Auch wenn der Raiffeisen-Gewinn wegen Leontec etwas tiefer ausfallen sollte, who cares? Ist doch ganz normal, dass Beteiligungen mal besser oder mal weniger gut abschneiden.-
Leonteq: 55% Wertverlust innert 4 Monaten? sehr schön! Bist ja ein ganz schlaues Kerlchen…..
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@Laura & Co.: schaut euch einfach den 3-Jahres Chart an und ärgert euch weiter, dass Ihr nicht auch dabei seid.
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@Laura: Du meinst knapp +600% seit 2013!
Immer eine Frage der Perspektive 😉
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Irgendwo vor etwa 6 Monaten oder so, wurde schon mal zutreffend berichtet über Leonteq. Die Beteiligung der Raiffeisen an Leonteq dürfte wohl als eine der unüberlegtesten Akquisitionen der Erstgenannten sein. Leonteq war, ist und bleibt ein völlig überbewertetest Gebilde deren innerer Wert immer wieder (noch) von interessierten Aktionären überdotiert wird. Die Aktie ist nicht, wenn überhaupt, CHF 55.00 Wert.
Ob die Raiffeisen in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zur Leonteq steht, mag teilweise zutreffend sein. Nur, Raiffeisen benötigt Letztere überhaupt nicht. Eine Struki Abteilung zieht man als Bank selber auf, dass haben andere Schweizer Banken dutzendfach schon bewiesen.
Bilanzen aufblähen- das kann man auch anders lösen- wenn man es dann nötig hat! Unter dem Strich, geht dieser Schuss immer in die Hose- wie man auch hier eindeutig erkennen darf!-
Hääääääääääääääääää?
Zieht man selber auf? Das war gestern! Industrialisierung im Bankensektor ist heute! -
Ja liebe Yvonne, erzählen Sie das der RCH – dort wird aktuell ein kleineres Projekt zur Emission strukturierter Produkte hochgezogen…
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@Watchdog: Sie meinen über die Plattform von Leonteq – das ist Industrialisierung.
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@Yvonne, damit ist eine unabhängige Produktepalette gemeint, nicht an eine spezifische Plattform gebunden. Man sieht ja, wo ‚Industrialisierung‘ hinführt, bspw. Kooperation RCH/VT.
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@Watchdog: Strukis dienen als Refinanzierungsquelle. Idee gut oder? Unabhängigkeit müsste mittels der Multi Issuer Plattform Deritrade gegeben sein würde ich meinen.
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Ähhhhhhhhhhhhhhhh? Anstatt 320% Buchgewinn noch 210% Buchgewinn auf eine Beteiligung ist schlecht?! Ich verstehe die Welt nicht mehr Herr Hässig. Ich würde die Aktien von Raiffeisen gerne zum damaligen Einstandspreis übernehmen!!!
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Nur ‚mal nicht hyperventilieren, aber natürlich ist Leonteq überbewertet.
Ähhhhhhhhhhhhhhhh? Anstatt 320% Buchgewinn noch 210% Buchgewinn auf eine Beteiligung ist schlecht?! Ich verstehe die Welt nicht mehr Herr Hässig.…
@Yvonne, damit ist eine unabhängige Produktepalette gemeint, nicht an eine spezifische Plattform gebunden. Man sieht ja, wo 'Industrialisierung' hinführt, bspw.…
@Watchdog: Strukis dienen als Refinanzierungsquelle. Idee gut oder? Unabhängigkeit müsste mittels der Multi Issuer Plattform Deritrade gegeben sein würde ich…