Die UBS von Bern heisst Valiant. Der regionale Bankenriese ist aus dem Zusammenschluss kleiner Regionalbanken hervorgegangen und beherrscht heute als Marktleader die Hauptstadt und das Mittelland rundherum.
Wie die einstigen UBS-Könige gebärdet sich auch der oberste Valiant-Chef. Kurt Streit sitzt seit 15 Jahren auf dem Berner Banken-Thron – eine Ewigkeit im schnelllebigen Banking.
Im Finanzkonzern an der Aare geht schon lange nichts mehr ohne den Segen des 61-jährigen. Von solcher Machtfülle hätte selbst ein Marcel Ospel zu seinen besten UBS-Zeiten nur träumen können.
König Streit von Bern nutzt seine allmächtige Stellung gnadenlos aus. Schritt für Schritt legte Streit die kleinen Regionalbanken-Fürsten an die Informatik-Kette seiner Bank. Die Abhängigkeit vom Hauptstadt-Bruder führte über die Jahre zur stufenweisen Aufgabe der Selbstständigkeit.
Streits Reich wurde grösser und grösser. Wie meist in solchen Geschichten von schnellem Wachstum und grossem Reichtum steigt mit zunehmender Machtfülle auch die Gefahr des Missbrauchs.
Jüngster Höhepunkt sind Streits Marktmanipulationen rund um Valiant-Aktien.
Im Herbst vor 2 Jahren sackte der Kurs von rund 200 Franken aus heiterem Himmel auf unter 150 Franken ab. Der Highflyer, der wie Ikarus durch die Finanzkrise segelte und die Titel von UBS und CS weit hinter sich gelassen hatte, prallte hart auf dem Boden auf. Gestern schloss der Valiant-Titel bei 111 Franken.
Eigene Untersuchungen sprachen Streit voreilig frei.
Zwar war rasch klar, dass hinter dem erstaunlichen Höhenflug des Finanztitels nicht aussergewöhnliche Leistungen des Valiant-Präsidenten und seines Teams standen, sondern banale Tricks mit eigenen Titeln.
Doch dass damit in die eigene Tasche gewirtschaftet worden wäre, hatten die rasch zu Hilfe gerufenen Auditoren von KPMG vehement dementiert.
Das war nur die halbe Wahrheit.
Tatsächlich hatten Streit&Co. immer dann, wenn im dünnen Markt eine frische Ladung Valiant-Aktien zum Verkauf stand, selbst dagegen gehalten und das Paket erworben.
Die gewünschte Folge blieb nicht aus: Der Valiant-Kurs verharrte auf künstlich hohem Niveau.
Kein Gentleman-Delikt. Streit brauchte die Valiant-Aktien als Übernahmewährung. Je höher der Kurs, desto einfacher der Kauf eines weiteren Konkurrenten – ein Vorteil von weitreichender Bedeutung, erschafft durch intransparentes Dealen mit eigenen Titeln. Als angenehmer Nebeneffekt blieben die Manager-Optionen im Geld.
Die Aufsicht kam denn auch zu einem verheerenden Urteil. Mit ihren Markteingriffen hätten Streit und seine Valiant „in schwerer Weise gegen ihre Gewährs- und Organisationspflichten“ verstossen, gab die Finma kürzlich bekannt.
Der scheinbar logische Schritt blieb aus. Statt die Verantwortlichen in die Wüste zu schicken, liessen die Finma-Wachhunde Gnade vor Recht ergehen.
Ein Zeichen von Berner Filz?
Die Milde sticht jedenfalls ins Auge. Im Unterschied zum einstigen ZKB-CEO Hans Vögeli, bei dem ein 50’000-Franken-Quickie mit Sulzer-Optionen zum Köpfen genügte, oder bei SNB-Hildebrand, der über „lächerliche“ 70’000 Gewinn mit Dollar-Insidergeschäften stürzte, darf Kurt Streit weitermachen, als wäre nichts geschehen.
Öffentlich regt sich nur zaghaft Widerstand. Ein Kleinaktionär von Valiant hat für die morgige Generalversammlung Zoff angekündigt. Präsident Kurt Streit müsse sofort weg, Post-Chef Jürg Bucher soll vorzeitig das Steuer übernehmen.
Ein Aktienrechtler hat zudem Klage gegen die Übernahme der Regionalbank von Steffisburg bei Thun eingereicht. Untersucht wird der Einsatz von möglicherweise „überbewerteten“ Valiant-Aktien zum Kauf der Kleinbank.
Angesichts der Schwere des Vergehens mit eigenen Valiant-Aktien sind das laue Kritiker-Lüftchen. Imperator Streit kommt zupass, dass die Zahlen stimmen. Der Gewinn ist mit 128 Millionen stabil, die Kosten-Ertrags-Relation mit 59 Prozent gut.
Wirklich gefährlich würde einzig Widerstand mächtiger Berner Kreise mit grossen Valiant-Aktienpaketen im eigenen Portefeuille.
Diese äussern ihre Unzufriedenheit nur hinter vorgehaltener Hand. Ein Aufstand ist nicht in Sicht. So kann Streit aller Voraussicht nach eine Ehrenrunde drehen, bis Post-Bucher nächsten Frühling übernimmt.
Eine Valiant-Sprecherin wollte sich nicht zur Kritik an ihrem Präsidenten äussern. „Valiant pflegt eine offene Diskussionskultur und schätzt engagierte Aktionäre“, teilt sie lediglich mit. „Eine Generalversammlung ist grundsätzlich ein Ort des Dialogs, der auch kontrovers geführt werden kann.“ Ob es an der diesjährigen Versammlung zu heftigen Debatten komme, bleibe „Spekulation“.
So oder so kommt für viele Eigentümer jeder Widerstand zu spät. Mit einer an römische Feldzüge erinnernde IT-Expansion hat Valiant viele kleinere Regionalbanken im Mittelland unter die eigene Fuchtel genommen und ihnen damit jede Aussicht auf eine eigenständige Zukunft verbarrikadiert.
Das geschah in der 2. Hälfte der 1990er Jahre. Das IT-System IBIS der damaligen RBA-Holding galt als Traktor, unflexibel und wenig erfolgversprechend.
Trotzdem beharrten die mächtigen Valiant-Vorgängerbanken im RBA-Verbund darauf, dass, wer sich unter den rettenden Holding-Schirm flüchten wollte, auf die IBIS-IT umzustellen hätte.
Für viele bedrängte Kleinbanken lautete das Angebot: Vogel friss oder stirb. Ein IT-Alleingang kam in der damaligen Hypotheken-Krisenzeit aus Kostengründen nicht in Frage, also wurde der IBIS-Köder geschluckt.
Daran verschluckten sich viele. Der IT-Göpel war viel zu gross, teuer und unpassend für die eigenen Bedürfnisse. Mehreren Kleinbanken blieb als letzter Ausweg der Verkauf an Valiant und dessen damaligen CEO Kurt Streit.
Die vermeintliche Kooperation hatte sich als vorgespurten Gang in die Abhängigkeit entpuppt.
Dass selbst Valiant die Schwächen von IBIS gekannt haben musste, darauf deutet die Umstellung auf die Konkurrenz-Software Finnova hin. Diese wurde vor rund 2 Jahren beschlossen.
„Nach einer sorgfältigen Neuevaluation haben sich sämtliche Vertreter der RBA-Gruppe 2009 einstimmig für Finnova als neue Bankenplattform entschieden“, stellt die Valiant-Sprecherin den weitreichenden Schritt als Courant normal dar.
„Auch Valiant hat diesen Entscheid unterstützt, da Finnova heute die führende Schweizer Bankenlösung für Retailbanken darstellt und die Bedürfnisse von Kleinstbanken bis hin zu schweizweit tätigen Banken erfüllt.“
Zum Thema „Pflege“ der eigenen Titel:
„Die Börsensaga der Basler Kantonalbank geht in die nächste Runde. Irgendwie wird der Kurs auf einem Niveau von rund 111 Fanken mit allen Mitteln verteidigt, nachdem die Aktie dieses Jahr schon über 13 Prozent verloren hat.“
(Tages-Anzeiger von heute)
sind doch alles „kavaliersdelikte“. die, die geld verloren haben durch die „manipulationen“ sind ja „nur“ pensionskassen und kleinanleger, und werden eh nie reklamieren, also was solls.
dass zufaelligerweise ein erheblicher anteil der loehne des hoeheren kaders in aktien bezahlt wird, kann man ja vergessen da gibt es ja auch sicher keine verbindung.
im vergleich zu den baslern ist valiant ja fast schon harmlos. wenn man den zahlen des geschaeftsberichts der bkb glauben kann, dann haelt die bank per 31.12.11 19.2 % (+ 10.6 % zum vorjahr) aller ps (treuhaenderisch oder fuer eigenbestand). dies mag nicht als besonders viel erscheinen, sind jedoch mehr als chf 600 mio.!! dies ist wohl kaum im sinn des hauptaktionaers.
die verluste auf dieser position muessen riesig sein. wo ist risk-controlling, bankrat etc.? wo sind die konsequenzen?
in bern wie auch in basel wird extrem lasch mit corporate governance umgegangen.
in den usa waere schon laengst die SEC gekommen und das management gegangen.
Schon ‚mal nachgeforscht, wie Fritz Kaiser die Ritter Gruppe übernahm?