Das Bundesgericht hat einer am US Programm teilnehmenden Bank untersagt, die Daten von Anwälten sowie einer Anwaltskanzlei an das US Department of Justice DOJ herauszugeben, vergleiche Urteil 4A_83/2016 vom 22. September 2016, publiziert am 5. Oktober 2016. Der Fall ist auch von Bedeutung für Bankmitarbeiter und unabhängige Vermögensverwalter, die von einer Datenherausgabe betroffen sind. Es handelt sich nämlich um nichts weniger als die erstmalige Beurteilung der Zulässigkeit der Datenherausgabe unter dem US Programm durch das Bundesgericht.
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Konkret wollte die Tessiner Cornèr Bank als Kategorie 2 Bank die Personendaten der betroffenen Anwälte ans DOJ liefern, obwohl sie mit diesem bereits am 10. Dezember 2015 ein Non Prosecution Agreement NPA abgeschlossen hatte. Bereits das Handelsgericht des Kantons Zürich hatte der Bank die Datenherausgabe mit Urteil vom 16. Dezember 2015 verboten. Dagegen gelangte die Bank mit Beschwerde ans Schweizerische Bundesgericht in Lausanne.
Das Bundesgericht bestätigte nun das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich und wies die Beschwerde ab. Das Gericht entschied, die beabsichtigte Herausgabe der Personendaten in die USA stelle grundsätzlich eine Persönlichkeitsverletzung dar, weil die USA nicht über eine Gesetzgebung verfügen, die einen angemessenen Datenschutz gewährleiste.
In einem solchen Fall liesse sich eine Datenherausgabe aufgrund des schweizerischen Datenschutzgesetzes DSG nur dann rechtfertigen, wenn die Bank ein überwiegendes öffentliches Interesse nachweisen könnte, zu dessen Wahrung die Datenherausgabe unerlässlich, sprich notwendig gewesen wäre.
Nach Ansicht der Bundesrichter ist es der Bank jedoch nicht gelungen, ein überwiegendes öffentliches Interesse nachzuweisen: Unerlässlich sei die Datenlieferung, wenn davon auszugehen sei, dass sonst der Steuerstreit mit den USA erneut eskaliere und damit insgesamt der schweizerische Finanzplatz in Mitleidenschaft gezogen werde sowie der Ruf der Schweiz als zuverlässige Verhandlungspartnerin beeinträchtigt würde. Nach Ansicht der Richter hat die Bank nicht dargelegt, dass dies bloss wegen der fraglichen Datenherausgabe passieren könnte.
Die Richter stellten klar, dass die Frage der Unerlässlichkeit der Datenherausgabe konkret und nicht abstrakt zu beurteilen sei. Allfällige im Verlauf des Verfahrens eingetretene Veränderungen seien zu berücksichtigen. Massgeblich sei der Urteilszeitpunkt, in jenem Zeitpunkt müsse die Datenherausgabe unerlässlich sein für die Wahrung des behaupteten öffentlichen Interesses.
Das Gericht erachtete es im Ergebnis als erstellt, dass konkret keine Gefahr einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen mehr bestehe: Aufgrund der bereits gelieferten Daten sei nicht mit einem erneuten Aufflackern des Steuerstreits und damit einer Bedrohung des Bankenplatzes insgesamt und auch nicht mit dem Vorwurf an die Schweiz, ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht eingehalten zu haben, zu rechnen.
Der Fall hilft allen vom US Programm betroffenen Dritten wie Bankmitarbeitern, unabhängigen Vermögensverwaltern, Treuhändern oder Trustees. Wer sich jetzt oder in Zukunft gegen eine drohende Herausgabe seiner Daten unter dem US Programm wehren muss, hat dank dem Urteil bedeutend bessere Karten. Zudem steht die Frage von Schadenersatz im Raum, nachdem das höchste Gericht die beabsichtigte Datenherausgabe als widerrechtlich beurteilt hat.
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@ manu
Es war nicht der Bundesrat, der die Herausgabe der Daten verfügte, sondern die Banken selbst.
Die Banken erhofften sich durch Mitarbeiterverrat tiefere Bussen.
Sie sehen damit auch wie es mit der Mitarbeiterethik in den Banken steht: wenn,s um Geld geht, dann werden Mitarbeiter verraten, und zwar von der Geschäftsleitung. Jener Geschäftsleitung, die konkludent und nonverbal die diversen „Steuermodelle“ toleriert hat und mit Boni abgegolten hat.
Die gleiche Geschäftsleitung weist nun jegliche Schuld von sich; das ist nicht nur stillos, sondern zeigt auch welche Charakteren sich dort tummeln. Die würden noch die eigene Grossmutter verkaufen, um sich reinzuwaschen.Leider hat vor allem die SVP daraus Kapital geschlagen und die Nachricht populär verbreitet, Frau Widmer Schlumpf sei für den Mitarbeiterverrat verantwortlich. Dies aus rein propagandistischen Motiven.
Noch einmal: Es lag und liegt in der Verantwortung der Banken, bzw. der Geschäftsleitung ihre Mitarbeiter zu verraten:
http://www.nzz.ch/schweiz/widmer-schlumpf-schiebt-banken-die-verantwortung-zu-1.17402447
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Richtig, siehe Interview mit Hans Geiger, rechts oben auf dieser Seite.
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Nichts liegt mir ferner, als die Crooks in den Teppichetagen mit irgendeiner Aussage schützen zu wollen.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass es in der Entscheidung der Banken liegt, ihre MA zu verraten. Nur ist diese Einschätzung der Lage reichlich naiv: realistisch betrachtet kann sich keine global tätige Bank leisten, vom USD-Clearing ausgeschlossen zu werden. Und das wäre erfolgt, hätten die Banken die von den USA verlangten Daten nicht geliefert – nach dem Entscheid des BR!
Das entscheidende Element war deshalb entgegen Ihren Worten trotzdem der Entscheid der Regierung/BR, den Banken zu erlauben, diese Daten weiterzugeben, in vollem und klarem Bewusstsein darüber, dass die meisten Mitarbeiter gegen keine geltenden Gesetze verstossen hatten. Indem der BR sich nicht vor das geltende Gesetz und somit vor die MA stellte, war es den Banken-CEOs gar nicht mehr möglich, die Daten- und Namenlieferung zu verweigern, auch nicht unter Verweis auf geltendes Gesetz. Und DA liegt der Hund oder der Schlumpf begraben. Die „Dame“ wurde mit Verrat in ihr Amt gehievt und so hat sie dort auch weitergemacht. Da hat weder die SVP, die UNO oder der ZSC was damit zu tun. Bezeichnend für Ihresgleichen ist, dass Sie immer besser wissen, warum jemand (hier: die SVP) etwas getan hat – obwohl Sie sich selber von dieser Partei weit distanzieren! Entweder sind Sie der wahre David Copperfield oder -was wahrscheinlicher ist- einfach nur ein Schwätzer, dem kritisches Denken komplett abgeht. -
@ t.ruth (truth?)
Sie geben vor, die Wahrheit und Realität zu kennen. Schön, dann nehmen Sie doch zu den folgenden Punkten Stellung:
Ihre Worte:
„realistisch betrachtet kann sich keine global tätige Bank leisten, vom USD-Clearing ausgeschlossen zu werden. Und das wäre erfolgt, hätten die Banken die von den USA verlangten Daten nicht geliefert – nach dem Entscheid des BR!..“1. Nennen Sie mir die Quelle, nach der die Banken – um global tätig zu sein – MA-Namen hätten melden müssen.
2. Studieren Sie die diesbezüglichen Ratsprotokolle der Debatte.
3. Studieren Sie den diesbezüglichen Bundesgerichtsentscheid.
4. Sie vermischen Daten zu Kunden mit Mitarbeiternamen; was verstehen Sie genau unter „Daten“?
4. Sie schreiben:“Indem der BR sich nicht vor das geltende Gesetz und somit vor die MA stellte, war es den Banken-CEOs gar nicht mehr möglich, die Daten- und Namenlieferung zu verweigern, auch nicht unter Verweis auf geltendes Gesetz.“
Diese Schutz-Behauptung ist unqualifiziert. Denn wenn dies so eindeutig wäre wie Sie es hier vorgeben, hätte kein Bundesgerichtsentscheid erwirkt werden müssen. Und zu guter letzt argumentieren Sie noch mit politischen Phrasen, weil Ihnen die Argumente offensichtlich ausgegangen sind.
Ich gebe Ihnen Ihr aufgeblasenes Vokabular gerne zurück:
„Entweder sind Sie der wahre David Copperfield oder -was wahrscheinlicher ist – einfach nur ein Schwätzer, dem kritisches Denken komplett abgeht.“
Freundliche Grüsse
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falsehood t.ruth: Was für eine verquere Logik!
Zu Ziffer 4 von Sokrates 2: Nur um ihre eigene Haut (und ihre Boni) zu retten, wollten die Bankenbosse von den Politknorrlis den Persilschein, um Kunden und Mitarbeiter zu verraten. Sie argumentierten, dass die USA die beiden Grossbanken schliessen könnten, falls die Namen nicht geliefert würden. Ich höre die Worte…wir haben eine weisse Weste….aber unsere Bank machte eine kriminelle Conspiracy…da ein paar Subalterne kriminelle Geschäfte in USA getätigt haben… von denen wir nichts gewusst haben….
Unglaublich, nicht? Nichtwissen schützt vor Strafe! Das Ganze ist eine riesige Schmierenkomödie. -
@ Der Rückbauer
Richtig.
Es ist mehr als ein Schmierentheater was abging.Diese sog. „Führungsleute“ haben weder Rückgrat, noch Zivilcourage. Der Geldsack steht an erster Stelle, So ist es eben, wenn man als Person nichts zu bieten hat; dann kann man sich nur noch übers Geld definieren. Und erzählt einen solchen Stuss wie „t.ruth“.
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Zum Glück funktioieren in der SChweiz die Trennung von Judikative und Exekutive (Bundesrat in diesem Fall) ausgezeichnet. Das Liefern von tausenden von Bankmitarbeitern in die USA ist gelinde gesagt ein Skandal. Kein anderes Land auf dieser Welt würde tausende von eigenen Bürgern an ein anderes Land mit Namen senden. Alt BR Widmer-Schlumpf hat in einer devoten Haltung diesem Massenverrat an die USA zugestimmt (allerdings ohne eine gesetzliche Grundlage zu haben). Die USA würden niemals tausende Bürger verraten oder haben wir die USA Banker Namen, die in den USA CH Kunden betreuen/betreuten ? Nein haben wir nicht. Der Rechtsstaat CH funktioniert und das ist erfreulich.
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Unerhört, dass die Bank ein Urteil, das die Schweizer schützt, weiterzieht. Zudem musste öfters festgestellt werden, dass Schweizer Banken, und nicht nur wie man immer meint, die Politik, sich selbst in Vorausgehorsam, sich auf die USA Seite stellten. Das Top Management vieler Schweizer Banken ist derart korrupt und charakterlos. Ein Wehrmutstropfen für den Kämpfer und Held Hummler.
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Grüezi Herr Perucchi,
Jetzt gilt es die gesetzeswidrigen Standards für den automatischen Informationsaustausch (AIA) juristisch und politisch zu kippen; diese stellen nämlich eine versteckte doppelbesteuerung von Gelder und eine Ungleichbehandlung Schweizer Steuerzahler, (Partikularität des CH-Eigenmietwert) dar. Es ist ein grosses Enteignungsprogramm, welches die Regierungen (Pro Tempore) unter dem Deckmantel der Steuerhinterziehung versuchen der arbeitenden Bevölkerung aufzuzwingen.
Herzliche Grüsse
Grüezi Herr Perucchi, Jetzt gilt es die gesetzeswidrigen Standards für den automatischen Informationsaustausch (AIA) juristisch und politisch zu kippen; diese…
Unerhört, dass die Bank ein Urteil, das die Schweizer schützt, weiterzieht. Zudem musste öfters festgestellt werden, dass Schweizer Banken, und…
Zum Glück funktioieren in der SChweiz die Trennung von Judikative und Exekutive (Bundesrat in diesem Fall) ausgezeichnet. Das Liefern von…