Boris Collardi liebt das Risiko – im Beruf und auch sonst. Nun könnte er eine rote Linie berühren – oder sie gar überschreiten.
Es geht um Collardis Interview im gestrigen „Schweiz am Sonntag“. Dort dementiert Collardi, dass seine Julius Bär 16 Fifa-Kunden betreut hat.
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Auf die Frage, ob Bär „16 mutmasslich korrupte Fifa-Funktionäre als Kunden hatte“, meinte der Spitzenbanker, man sei wegen eines laufenden Verfahrens nicht frei im Reden.
Doch: „Die von gewissen Kreisen verbreitete Zahl von angeblich 16 Fifa-Funktionären mit Konten bei Julius Bär stimmt nicht.“
Collardi nutzt die Ungenauigkeit zwischen dem Wort „Funktionär“ und „Affiliates“. Damit sind alle Zudiener, Partner, Familienangehörigen, Freunde gemeint – kurz: der ganze Dunstkreis.
In Geldwäschereifällen wie dem Fifa-Fall geht es immer um den ganzen potenziellen „Sumpf“. Also: Nicht die enge Definition von Fifa-Präsidenten und -Managern zählt, sondern sowohl diese als auch ihre möglichen Verbündeten.
Das ist der Sinn der Geldwäscherei-Bekämpfung. Deshalb melden die Banken nicht nur die in einem Strafverfahren Beschuldigten, sondern auch deren „Friends & Family“.
Das haben auch Collardi und seine Julius Bär im Fall Fifa so gehandhabt.
Sie haben der Meldestelle für Geldwäscherei, abgekürzt MROS, alle Namen mit Konten bei ihr gemeldet, die rund um die interne Untersuchung vom letzten Frühsommer aufgeleuchtet sind.
Diese Fifa-Liste der Julius Bär umfasst präzis 16 Namen. Zunächst 4, inzwischen sogar 5 davon sind selbst von der US-Justiz angeklagt, die restlichen 11 haben einen direkten Bezug zu den Angeklagten.
In der Folge beschloss die Finanzmarktaufsicht Finma, dass Bär durch eine externe Prüferin eine Untersuchung durchzuführen habe.
Diese hat nun begonnen. Beauftragt worden ist mit dem Segen der Finma die internationale Auditfirma Deloitte.
Sie nimmt derzeit die Fifa-Kunden und weitere, vor allem jene des brasilianischen Grosskorruptionsfalls Petrobras, unter die Lupe. Petrobras-Beschuldigte und -Zudiener hatten über 100 Konti bei Bär.
Deloitte schreibt sodann in einem Bericht zuhanden der Finma, was Bär gut gemacht hat und wo die Bank fahrlässig oder sogar noch schlimmer agierte.
Im Fall Fifa stellt sich nach Collardis Interview von gestern also die Frage: Wer sind die 16 Kunden?
Der erste ist Alejandro Burzaco, Chef von Torneos y Competencias und in dieser Rolle jahrelanger und vermögender Vermittler von Fifa-Marketingrechten.
Burzaco ist Argentinier, angeklagt vom amerikanischen DOJ und … geständig.
Zu ihm gehören als Kunden bei Bär: sein Sohn Matias Alejandro und die beiden Co-Besitzer von Torneos y Competencias, Andrea Veronica Burzaco und Dino Rocco.
Beim zweiten Fifa-Bigboss mit Konten bei Bär handelt es sich um Nicolas Leoz, der bis 2013 Präsident des südamerikanischen Kontinentalverband der Fifa war, der Conmebol.
Zu Leoz, einem Paraguayaner, gehört seine Privatassistentin. Auch deren Name wurde durch Bär der Geldwäscherei-Meldestelle offengelegt.
Der dritte Namens-Komplex umfasst den Brasilianer Jose Margulies, der die Valente Corp. kontrolliert, eine ebenfalls eng mit der Fifa verbundene Vermarkterin.
Der vierte Grosse, den die Bär meldete und der wie die drei oben Aufgeführten von den USA beschuldigt wird, jahrelang korrupt gewesen zu sein, heisst Eduardo De Luca.
De Luca, ein Argentinier, war bis 2011 Generalsekretär der Conmebol, also des südamerikanischen Fifa-Spitzenverbands.
De Luca und der genannte Langzeitpräsident der Conmebol, Nicolas Leoz, waren beide seit 1986 beim Südamerika-Verband. Das Gespann konnte faktisch alles kontrollieren.
Und beide waren wichtige Kunden bei Julius Bär.
Weiter im Takt. Bei der genannten Firma Torneos y Competencias geht es um eine argentinische Firma. Dort gibt es einen Jose Eladio Rodriguez, dessen Name die Bär nach Bern geschickt hat.
Ebenfalls von Torneos y Competencias stammt ein Leon Ellenberg, auch er wurde offengelegt. In den gleichen Komplex gehört Patricia Caminotti, die Wittwe des verstorbenen Ex-Präsidenten von Torneos y Competencias.
Zur argentinischen Fussball-Clique, welche bei Bär Unterschlupf gefunden hatte und heute nicht mehr als besonders honorig gilt, gehört Geraldo Luis Bedoya, ein Spitzenmann vom Concacaf, dem karibischen Fifa-Ableger.
Bedoya war Präsident des kolumbianischen Fussballverbands. Und ist geständig.
Dann der verstorbene Julio Grondona, eine besonders grosse Nummer im Fifa-Zirkus, der vor 2 Jahren verstorben war.
Grondona präsidierte während nicht weniger als 35 Jahren den argentinischen Fussballverband. Bei der Fifa brachte es Grondona auf 26 Jahre Vize-Präsidentschaft; eine Art ewiger Vizepräsident.
Schliesslich ist da noch Grondonas Schwiegersohn, Genaro Aversa, sowie sein Enkel Pablo Humberto Aversa.
Um auf 16 zu kommen, fehlt noch ein Topshot von Embratel, einer offenbar mit der Fifa liierten Telekomfirma aus Brasilien.
Von den 16 Kunden mit Fifa-Bezug stammen allein 11 aus Argentinien. Damit ist klar: Die Zürcher Nobelbank Julius Bär steckt tief im argentinischen Fussball-Morast.
Das hängt eng mit einem kürzlich entlassenen Bär-Kundenberater zusammen.
Jorge Arzuaga heisst dieser, er stiess im 2013 zur Bär, und zwar von der CS-Tochter Clariden Leu, die nicht zuletzt aus Compliance-Überlegungen ins Mutterhaus integriert worden war.
Auch die CS ist im Visier der Fifa-Ermittler.
Banker Arzuaga, selber ein Argentinier hatte mindestens zwei der grossen Fifa-„Fische“ von der Clariden Leu zur Julius Bär gebracht. Es handelt sich um die beiden Argentinier Burzaco und Grondona.
Vor ein paar Monaten wurde Arzuaga in den USA kurz in Haft genommen, nachdem er über seine Anwälte einen Deal mit den Ermittlern ausgehandelt hatte.
Nun kooperiert der Ex-Bär-Berater mit den USA. Er kann aufzeigen, wie stark bei Bär die Vorschriften bei der Aufnahme neuer Kunden funktioniert oder versagt haben.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Die Fifa macht auch viel Gutes; das muss mann auch berücksichtigen, oder ?
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Geiles Geschäftsmodell, Boris. Well done.
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naja bin fast 40 ein grosser Fussball Fan und hab noch nie von was gutem in Zusammenhang mit der FIFA gehört. Ausser dass man das schöne Spiel zerstört scheint man sich einfach durchgehend selber zu bereichern ab und zu baut man mal ein Fussball Platz in Afrika für die Marketing Kampagne, dass jedoch hintenrum Tausende Menschen in Südafrika und Brasilien wegen der WM ihr Heim verlieren oder ihre Existenzgrundlage verlieren wird natürlich kaum irgendwo erwähnt
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„…wie stark bei Bär die Vorschriften bei der Aufnahme neuer Kunden funktioniert oder versagt haben“
Natürlich haben die due dilligence Vorschriften bei JB versagt.
Nur bei den Grossbanken beobachte ich seit 2014 (!) eine Verschärfung in der due dilligence.
Daher auch der ausgetrocknete Fluss von Neugeldern.Vorher wurden Krethi und Plethi ongeboarded.
Das war der grosse „Wettbewerbsvorteil“ der Schweizer Privatbanken.Die strikte Befolgung von due dilligence können sich Privatbanken und deren Kundenberater schlicht nicht leisten. Es geht ums nackte Überleben. Das Nicht-Befolgen der dd Vorschriften ist eine dominante Entscheidung: Befolgt man die Vorschriften, legt man sich sofort das ganze business lahm und die Kundschaft bankt mit einer ausländischen Bank. Es gibt schlicht keine Gründe mehr, in der Schweiz ausländischer Privatkunde zu sein.
Befolgt man die Vorschriften nicht, ist man zwar auch einmal weg, aber bis dann kann man noch etwas abkassieren.Da wird sich nichts ändern. Bis zum Schluss.
Ohne Kunden brauchts dann auch mal keine Front und keine Compliance mehr. Zur Freude der USA und anderen.
Hätte man sich 2008 überlegen sollen.
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Roland Berger: Leider haben Sie Recht. Unsere Linken Politiker spüren langsam, dass jetzt auch ein paar Steuermilliarden fehlen in den Kassen und man das Geld nicht mehr mit vollen Händen (Bildung, Asylwesen, Entwicklungshilfe usw) ausgeben kann. Dumm und naiv, wie sich die Schweizr Politik in den letzten Jahren verhalten hat in Bezug auf den Finanplatz Schweiz
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@ueli, so en Hafechäs! Jetzt sind wieder die Linken schuld! Was seit Ihr Rechte doch für Weicheier! Riesen Klappe, wie dieser Boris, aber wenn dann die Verantwortung getragen werden muss, sind die Anderen schuld! Ja, Merz war der Oberlinke, der hat ja die UstReform mit 500 Mio berrechnet, es sind 5 Mia. Jaja, alles die Linken Gutmenschen! Nun, wenn Sie es absolut in Ordnung finden, dass unser Wohlstand auf Betrug basiert, spricht das Bände. Kurz: Rechter Bösmensch. Denn Sie und Ihresgleichen sind diejenigen, welche dem Staat massiv die Einnahmen entziehen zu Gunsten einer kleinen betrügerischen Minderheit. Selber jedoch nicht einmal merken, dass sie nichts weiter als Steigbügelhalter sind. Und gewisse Geschäftsmodelle zu betreiben grenzt an Hehlerei. Die Finma soll den Hasadeuren bitte die Berufserlaubnis auf Lebzeiten entziehen. Aber Kleingeister verwalten gerne Gelder der Fifa und anderen zwielichtigen Organisationen wie Panama Briefkästen etc usw. Nein, nicht Denkender, nicht die linken phösen Gutmenschen machen das Geschäft kaputt. Es sind die Mänätscher. Oder haben die Linken die letzte grosse Krise verursacht? Liborzinsen und Devisenkurse manipuliert? Oder nicht eher die Mänätscher? Aber gerne lasse ich Sie in Ihrem kleinen, wohlgepolsterten Kleingeist dahin vegetieren. Einfach nie jammern, gell.
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@ueli: Dumm und naiv, so wie die sedierten, im Hamsterrad mit Scheuklappen strampelnden Schweizer halt mittlerweile sind. Wird in Tränen enden.
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@Stepi: Sie scheinen den kompletten Durchblick zu haben. Ihre Argumentation ist in etwa so gelungen wie Ihr Gebrauch von dem Dativ und der Akkusativ.
Aber engagiert sind Sie, und intelligenter werden darf man ja. -
@Ingo B.
Bin voll und ganz der Meinung von Stepi.
Dazu muss man kein Besserwisser sein. Nur z. B. regelmässig die Tagesschau schauen oder eine gute und unabhängige Zeitung lesen. Also alle ausser der NZZ.
Wieviel hat die CS grad an Busse nach Amerika überwiesen und wieviel bilden sie schon wieder für die nächste Rückstellung? Und wieso hätte man das jedes Quartal seit 2008 schreiben können?
Aber Sie reiten ja lieber auf Nichtigkeiten herum. Vielleicht ist an allem bei der CS das linke Schweizer Fernsehen schuld …
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Julius Bär wusste genau, worauf sie sich mit dieser unsäglichen Fifa-Klientel einliess, das steht für mich ausser Frage. Es fehlte einfach der Mut und die Konsequenz, frühzeitig einen Schlussstrich zu ziehen. Die Hoffnung, das am Ende doch noch alles gut kommt bzw. unentdeckt bleibt, hat einmal mehr die Vernunft besiegt. Auf der Strecke geblieben ist dabei ein ernsthaftes Bekenntnis zu einem, und der Fokus auf ein, untadeliges Geschäftsgebaren. Eigentlich Schade, denn damit hat die Bank gezeigt, wie zukunftsfähig sie tatsächlich aufgestellt ist. Offenbar sind solche fragwürdigen Geschäftsbeziehungen notwendig, um zu überleben. Das lässt in etwa erahnen, wie verantwortungsbewusst das Management von Julius Bär in die Zukunft navigiert: im Blindflug.
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Solange sogar die Kanzlei von Finma-VR Bruno Frick dubiose Fifa-Figuren beraten darf, ist sicher nicht zu erwarten, dass der heilige Boris eine Schwalbe bzw. einen Abflug machen muss.
Der andere Heilige hat sich zwar seinerzeit zu was anderem verpflichtet, aber sein Gedächtnis ist wohl etwas kurz, siehe zweitletzter Absatz: http://webpaper.nzz.ch/2016/04/24/wirtschaft/O8S70/finma-verwaltungsrat-lobbyiert-fuer-sika-familie?guest_pass=0c3afacc4a%3AO8S70%3A55ab286617c171544f37d2521a5c05db79c573cc
Im übrigen war ja in der Vergangenheit noch mindestens ein weiterer nobler Jurist mit fragwürdigen Mandaten auch schon im Finma-VR ….
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Haupsacher, der Boris verdient netto, also unter dem Strich, mehr, als er auszugeben im Stande ist. Das freut mich für ihn.
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Hat die Pressestelle nicht ursprünglich von maximal vier Fifa-related Kundenbeziehungen gesprochen? Entweder sind die Bär-eigenen PR-Büttel schlecht informiert oder sie verbreiten bewusst die Unwahrheit. Letzteres fände ich sehr bedenklich.
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Ich finde das Interview von BC in der Sonntagspresse sehr erhellend. Besonders die Headline…
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wofür brauchen wir eigentlich noch banken, wenn sie keine kredite vergeben an kmu’s?
wofür das viele geld von den zentralbanken, womit die banken nur noch spekulieren, statt es unter die leute zu bringen?
bei überliquidität brauchen sie auch kein schwarzgeld mehr.
also, solche, die die moral noch nicht gecheckt haben und ihren job nicht machen, geordnet abwickeln.-
Schon wieder einer der den Mecano zu kennen glaubt; die Geschäftsbanken BEZIEHEN keinen Rappen von der SNB sondern legen überschüssige Liquidität dort an; leider eben zu Minuszinsen. Ich würde mir die Buchungsgrundsätze von Dr. Meyer zu Gemüte führen, vielleicht geht Dir dann ein zumindest kleines Licht auf!
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Selten dämlicher Kommentar, gölä. Hast wohl das Thema nicht ganz verstanden. Geh bitte wieder schlafen.
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Dieses scheinheilige Bankengetue und im Endeffekt leben sie auf Kosten der Normalbevölkerung. Nach aussen strahlte die Schweiz immer die „Unschuld“ aus und blickt man genauer hin, gibts selten so einen Haufen, ein Hohn auf den Normalbürger.
Viele dieser Banken haben schon längst den Zenit überschritten an Macht etc. Gehört endgültig zugedreht und ganz normales Bank Business gemacht.
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Was ist denn für Dich „normales“ Bank Business??? Banken waren und sind Drehscheiben für Geld; selbstverständlich kann das auch übertrieben werden aber was zum Teufel versteht man unter „normal“ und „abnormal“???
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aber natürlich. und der „normale“ schweizer vom lande sollte sich auch nur seinem business widmen dürfen – dem melken von kühen oder wie? denken in stereotypen hat noch selten geholfen.
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Die Wege des Herrn sind unergründlich …
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Vielleicht hat Herr Collardi ja recht, wenn er sagt, 16 stimme nicht.
Es könnten auch mehr als 16 sein! -
Gratuliere! Dranbleiben.
Das ist garantiert nur die Spitze des Eisberges.
Gratuliere! Dranbleiben. Das ist garantiert nur die Spitze des Eisberges.
Vielleicht hat Herr Collardi ja recht, wenn er sagt, 16 stimme nicht. Es könnten auch mehr als 16 sein!
Die Wege des Herrn sind unergründlich ...