Die Integration der Clariden Leu ins Mutterhaus Credit Suisse hinterlässt schon jetzt eine Blutspur. Die zuständigen CS-Chefs trennten sich kürzlich von 3 Clariden-Geschäftsleitungsmitgliedern.
Es handelt es sich um Chief Operating Officer Roland Herrmann, die erst kürzlich von der CS dazugestossene Marketingleiterin Daniela Lohner und Tanja Kocher, Kommunikationschefin und Ex-Pressesprecherin der Bankenaufsicht Finma und des einstigen Finanzministers Hans-Rudolf Merz.
Bereits zuvor war Clariden-CEO Olivier Jaquet abgesetzt worden. Ein CS-Sprecher konnte auf Anfrage nicht sagen, ob Jaquet noch auf der CS-Payroll ist.
Jaquet lebt seit 2002 in Männedorf ZH, versteuerte aber bis vor kurzem in Vaduz FL. Der Grund sei Jaquets früherer Job bei einer CS-Lebensversicherungstochter, deren Chef formell im Fürstentum leben musste, heisst es bei der Clariden. Laut CS habe sich Jaquet rechtlich nichts zuschulden kommen lassen.
Die Verabschiedung der 3 per internem Mail geschah ohne grosse Worte. „I thank Roland Herrmann, Daniela Lohner, and Tanja Kocher for their hard work and commitment and wish them all the best for the future“, liess sich der neue starke Mann, CS-Schlachtross Hanspeter Kurzmeyer, im Memo ans Personal zitieren.
Vor allem die Absetzung von Herrmann ist bemerkenswert. Herrmann galt noch bis vor kurzem als starker Mann in der Clariden. Er leitete das Projekt Win-Plus, das Kosteneinsparungen zum Ziel hatte. Viel hat dabei allerdings nicht herausgeschaut.
Das Köpferollen kann vor dem Hintergrund der Integration und dem entsprechenden Machtanspruch der CS-Mutter nicht überraschen. Das ändert nichts an der Unruhe, die durch das Hüst und Hott an der Spitze entsteht.
Vor einem halben Jahr hatte die Clariden bereits eine zur Hälfte erneuerte Spitze erhalten. Jaquet hatte damals 5 GL-Mitglieder abgesetzt und eigene Leute geholt.
Das personelle Tohuwabohu ganz oben in der Clariden könnte für die CS gefährlich werden. Entscheidend ist, den wichtigen Leuten rechtzeitig ein gutes Angebot zu machen. Sonst könnten diese samt Kundenvermögen zur Konkurrenz abspringen. Diese Gefahr droht trotz Kürzungen und Umbrüchen in der ganzen Private-Banking-Landschaft.
Zentral ist die Zukunft der sogenannten „Untouchables“ der alten Clariden. Gemeint sind rund 15 Senior Relationship Manager. Diese hatten in der früheren Clariden zum Teil Partnerstatus und sind teilweise via internem Aktienprogramm immer noch dirket am Clariden-Erfolg beteiligt.
Die Senior-Berater betreuen alle über 500 Millionen Franken Kundenvermögen. Im Schnitt könnte das verwaltete Vermögen pro Senior gut und gern bei einer Milliarde liegen.
Bei 15 Senior-Beratern würden somit verwaltete Assets von insgesamt 15 Milliarden zustanden kommen. Das entspräche einem Sechstel aller von der Clariden verwalteten Kundenvermögen.
Der abgehalfterte Clariden-CEO Jaquet hatte die Senior-Berater an seine eigene Leine genommen. Statt wie zuvor auf unterer Stufe in die Organisation eingebunden zu sein, kriegten sie eine direkte Reportin-Linie zum CEO.
Jaquet wollte damit sicherstellen, dass keine Gelder verloren gingen und gleichzeitig die Senior-Berater nicht wie zuvor unkontrolliert geschäften konnten.
Viele der Senior-Leute sind von jeher in der Clariden-Geschäftsstelle in Genf. Früher mussten ihre Vorgesetzten in der Zürcher Zentrale froh sein, wenn sie an die Meetings dieser speziellen Mitarbeitergruppe eingeladen wurden. Ob Jaquet in seiner kurzen Zeit an dieser Sonderstellung rütteln konnte, ist offen.
Wahrscheinlich ist, dass die Clariden-Seniors immer noch grosse Freiheiten geniessen. Sie haben den Kontakt zur zentralen Kerngruppe der Clariden-Kundschaft, den Milliardären dieser Welt.
Diese hatten sich aus konkreten Gründen für die Clariden und gegen die Mutter CS entschieden. Sie scheuten die Bürokratie einer Grossbank, wollten grössere Freiheiten bei Steuerkonstrukten, waren seit Jahren beim gleichen Berater oder genossen den VIP-Sonderstatus, den sie bei einer mittelgrossen Bank erhielten, während sie im Reich einer Grossbank nicht gleich exklusiv betreut worden wären.
Die grosse Frage für die CS-Chefintegrierer, Kurzmeyer und sein Boss Hans-Ulrich Meister, lautet somit: Wie können die „Untochables“ und ihre rentablen Kunden bei der Stange gehalten werden?
Die Antwort ist nicht leicht. Zwar wäre ein unwiderstehliches Angebot an die Berater rein finanziell kein Problem für die CS. Doch kann sich die Grossbank allfällige Altlasten, die mit dem einen oder anderen Clariden-Kunden ins Haus kommen könnten, wirklich leisten? Schliesslich steckt die CS mitten im Steuerkrieg mit den USA und muss froh sein, einigermassen heil aus dem Schlammassel zu kommen. Die Clariden-Integration verspricht einiges an Spannung.
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