Walter Stürzinger kennt die UBS und ihre Manager wie kein Zweiter. Der heutige Stabschef von Schatten-CEO Ulrich Körner hat trotz exponierten Stellen alle Skandale und Milliardenverluste „überlebt“.
Das hat mit seinen Verdiensten als treuer Problemlöser für die Chefetage zu tun. Immer, wenns brenzlig wird, ist Stürzinger zur Stelle.
Sämtliche Skandale der letzten zwei Jahrzehnte liessen sich dank Stürzingers Fähigkeiten einigermassen bewältigen.
Die Zeche zahlten normalerweise Subalterne. Einziges Schwergewicht, das unmittelbar über einen Grossverlust stolperte, war UBS-Präsident Mathis Cabiallavetta Ende der 1990er Jahre.
Ob Stürzinger für das Topmanagement auch diesmal die Kohlen aus dem Feuer zu holen vermag, ist offen. Der laufende Prozess in London um den Derivate-Crash von Juniorhändler Kweku Adoboli ist mit Abstand die schwierigste Aufgabe für den Mister Clean-up der UBS.
Adobolis Anwälte gelingt es mit jedem Prozesstag mehr, das Bild von systematischem Wegschauen im Management der Grossbank zu zeichnen. Eine Kultur des Risikonehmens statt Risikoverhinderns macht sich zunehmend in den Köpfen von Beobachtern breit.
Der 2-Milliarden-Verlust durch Adoboli hat das Zeug, die Bank existenziell zu gefährden. Die englische Aufsicht FSA könnte mit einem Lizenzentzug drohen.
Die FSA stützt sich auf eine eigene Untersuchung ab, die von der externen Revisionsfirma KPMG in Zusammenarbeit mit der Finma und dem VR der UBS durchgeführt wird.
Stürzingers Job in dieser heiklen Lage ist es, den Fall Adoboli für das oberste Management aufzuarbeiten und mit einem Report abzuschliessen.
Unausgesprochener Teil seines Auftrags könnte sein, dass die wichtigsten Leute an der Spitze der Bank vor Ungemach verschont bleiben.
Stürzinger hat die Aufgabe, die spezielle Adoboli-Taskforce der Konzernleitung der UBS zu organisieren. Offizieller Projektleiter der Taskforce ist Stürzingers Chef, Chief Operating Officer (COO) Ulrich Körner. Der hatte den Auftrag von CEO Sergio Ermotti erhalten.
Wo die Untersuchung steht, ist offiziell nicht bekannt. 13 Monate nach dem Adoboli-Crash liegt noch kein offizieller Report vor.
Die UBS wollte sich nicht zum Thema äussern.
Als gelernter Revisor und Ex-Chef des internen Inspektorats der Grossbank weiss Stürzinger, wie explosiver Stoff zu bewältigen ist. Er hat es wiederholt verstanden, heikle Untersuchungen auf eine Art durchzuführen, dass seine Auftraggeber nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.
Mitte der 1990er Jahre hatte die Bankgesellschaft, ein Vorgängerinstitut der heutigen UBS, ein Team namens Global Equity Derivatives (GED). GED operierte aus London heraus und genoss grosse Freiheiten.
Als Bankgesellschafts-Konzernchef „Cab“ (Cabiallavetta) mit Bankverein-CEO Marcel Ospel die grosse Fusion aufgleiste, „explodierte“ der GED. Hohe dreistellige Millionenverluste resultierten, Cabs Weggefährten landeten an der Seitenlinie, Ospels Leute übernahmen die Investmentbank.
Stürzingers Chef Cab konnte die GED-Affäre nichts anhaben. Cab wurde Präsident der fusionierten UBS, Ospel sein CEO.
Erst nach einem nächsten Skandal um den LTCM-Hedgefund musste Cab gehen. Das war 1998. In jenem Jahr wurde der GED-Fall intern untersucht.
In den 2000er Jahren stieg Stürzinger zum obersten Risikochef der neuen, grossen UBS auf. Er war Mitglied der Konzernleitung.
Ende 2007 begannen die Subprime-Positionen zu „schmelzen“. Innert weniger Monate erlitt die Bank über 50 Milliarden Dollar Verluste.
Trotz direkter Verantwortung als Risikochef konnte sich Stürzinger halten. Er wurde ins zweite Glied versetzt und übernahm Stabsaufgaben.
Mit dem Aufstieg von COO Ulrich Körner erlebte Stürzinger ab 2009 sein Comeback an den Hebeln der Macht. Stürzinger machte sich unentbehrlich für Körner, der anfänglich über keine Hausmacht verfügte.
Mit der Adobli-Taskforce hat Stürzinger eine entscheidende Aufgabe mit grossem Einfluss. Je nach Stürzingers Resultaten müssen oberste UBS-Chefs um ihre Position fürchten.
Vor dem Londoner Gericht zeigte sich, dass die Bank nur Adobolis Deals unter die Lupe genommen hat. Unbeachtet blieben die gefährlichen Trades von Adobolis Teamkollegen. Diese wussten teilweise von Adobolis „Schattenbuchhaltung“.
Ruwan Weerasekera, der diesen Teil der Untersuchung im Auftrag von Investmentbankchef Carsten Kengeter durchgeführt hatte, sagte kürzlich im Prozess aus, dass er nichts von Adobolis Mitwissern im Team gewusst habe.
Er habe lediglich die Zeitspanne von Frühsommer bis Mitte September 2011 geprüft, als Adobolis Riesenposition von gegen 10 Milliarden Dollar aufgeflogen war. Um den Rest habe sich KPMG gekümmert.
Ruwan Weerasekera ist kein Unbekannter. Er war bereits im Crash der 1990er Jahre rund um das GED-Team dabei. Der Investmentbanker war Stabschef des GED-Tophändlers, der die Bank damals verlassen musste. Auch Weerasekera ging kurzzeitig von Bord.
Jetzt steht der erfahrene Investmentbanker, der über einen guten Ruf verfügt, mit seinem Namen für eine Untersuchung, die in sehr engen Grenzen gehalten wurde.
Sein Chef Kengeter hat den Adoboli-Skandal bisher erstaunlicherweise unbeschadet überstanden. Einzig auf Bonus musste er verzichten.
Seine Kollegen in der Konzernleitung erhielten letztes Jahr trotz dem Milliarden-Verlust eine Erfolgsbeteiligung.
Mit Stürzinger wurde der erfahrenste Skandal-Bewältiger der UBS auf den Adoboli-Job angesetzt. Sein impliziter Auftrag dürfte es einmal mehr sein, seine Auftraggeber wenn immer möglich aus der Schusslinie zu nehmen.
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Wie lautet Ihre Schlussfolgerung? Die Schlussfolgerung für mich ist klar: Die Führungsspitze der Finma muss so schnell wie möglich ersetzt werden, koste es, was es wolle, denn Vertrauen ist unbezahlbar. Zu viel Goodwill des Finanzplatzes wurde durch dieses Vorgehen bereits – wohl unwiederbringlich – vernichtet. Anders ausgedrückt: Für eine Bankgeheimnisverletzung durch die UBS, die sich aus der selbst verschuldeten Zwickmühle befreien muss, hätte ich ein gewisses Verständnis aufgebracht, aber dass sich die Aufsichtsbehörde für so etwas hergibt und damit das Feuer bei der UBS zu einem Flächenbrand ausweitet, ist weit mehr als unverständlich.
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Und wieder ein UBS nobrainer: es wird nichts passieren, gar gar nichts, alles déjà-vu, tiefste Vergangenheit. Solange die Bank immer noch Neugeld gewinnen kann, können sich die Herren auf die Schultern klopfen, sich den Bauch halten vor lachen der vielen muppets wegen und…..abkassieren. QED!
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…and UBS to fire 10000 people in its IT deptmt:
http://lecartoonist.wordpress.com/2012/10/17/roger-federer/
Viel Spass!-
…das ist noch nicht das Ende…
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Getreu nach dem Motto: Traue keinem Bericht, der du nicht selbst gefälscht hast…
Diese Zocker-Mentalität geht mir langsam auf den Keks, die Leidtragende sind immer die Aktionäre.
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Chicken! How can such guys be respected bosses?
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Well, that’s easy: They are not! However, this does unfortunately not matter. As long as this guy knows that his bosses know that he knows, he will stay untouchable. The pain is with staff, shareholders and the public (which is NOT represented by politicians). I wonder when we wake up…?
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Chicken! How can such guys be respected bosses?
Getreu nach dem Motto: Traue keinem Bericht, der du nicht selbst gefälscht hast... Diese Zocker-Mentalität geht mir langsam auf den…
Well, that's easy: They are not! However, this does unfortunately not matter. As long as this guy knows that his…