Die UBS hat ihre Risiken nicht im Griff. Dafür werden ihr heute und morgen von einer englischen Parlamentskommission in London die Leviten gelesen.
Nichts gesehen, nichts bemerkt, lautet wohl die Verteidigung der UBS-Chefs. Egal, ob Subprime-Fiasko, Schwarzgeld-System, Adoboli-Crash, Libor-Betrug – immer heisst es: We didn’t know.
Tatsächlich wissen die höchsten Risiko-Chefs der Bank seit Jahren um die Mängel.
Trotzdem malten UBS-Aushängeschilder bis 2007 das Bild einer besonders risikoaversen Bank.
Heute ist klar: Die UBS war eine der risikofreudigsten Investmentbanken der Welt.
Für den forschen Kurs wäre ein taugliches Internes Kontrollsystem (IKS) nötig gewesen. Davon war die UBS auf ihrem Expansionskurs meilenweit entfernt.
Sie ist es heute noch. In der Risiko-Kontrolle wird weiterhin teilweise mit zusammengestiefelten Excel-Sheets gearbeitet.
Exemplarisches Beispiel für das Versagen der UBS bei der Risiko-Überwachung liefert das Jahrhundertprojekt „A Risk“.
„A Risk“ sollte zum Showcase für eine moderne Risikoüberwachung bei der Schweizer Grossbank werden.
Nach 5-jähriger Aufbauarbeit und Hunderten von Millionen Franken Investitionen läuft „A Risk“ nach wie vor nicht richtig.
Laut einem Insider ist das Projekt im Kern gescheitert. Es fehle am gewünschten Gesamtüberblick über alle Risiken.
Das war das eigentliche Ziel von „A Risk“.
Die Berechnungen der unzähligen Risiken, die in den weit verstreuten Trading-Abteilungen der UBS schlummern, könnten von „A Risk“ nicht präzis erfolgen.
Der Grund liege in der verzettelten IT-Infrastruktur, die in der Vergangenheit in der Investmentbank vernachlässigt worden sei. Lieber seien hohe Boni ausgeschüttet worden.
Als Folge müssten die Informationen „in verschiedenen Datenbanken“ eingesammelt werden. Dort seien sie oft nur unvollständig vorhanden.
Um mit dem halbpatzigen Datenmaterial ein adäquates Gesamtrisiko aufzuzeigen, brauche es Ergänzungen von Hand. Das sei „sehr fehleranfällig“, meint die Quelle.
„Das Projekt „A Risk“, das eine einheitliche und vollständige Datenbank für alle Risikoberechnungen schaffen will, befindet sich in einem katastrophalen Zustand“, sagt der Insider.
Die Verantwortlichen sind nach wie vor in hohen Positionen.
Das gilt nicht nur für die obersten Risk-Chefs Lofts und Stürzinger. Auch auf den nächst folgenden Hierarchiestufen blieb ein Köpferollen weitgehend aus.
Ein Netzwerk von Absolventen von angelsächsischen Elite-Universitäten hält sich an der Macht.
Leiter von „A Risk“ war bis vor kurzem Galo Guerra, ein Absolvent der Sloan School of Management am renommierten MIT in Boston.
Guerra ist trotz dem Scheitern mit „A Risk“ weiterhin als Managing Director bei der Grossbank auf der Payroll.
Ein weiterer Sloan-School-Absolvent ist Pieter Klaassen. Klaassen soll laut dem Insider vor Jahresfrist wegen Führungsmängeln als Chef „Firm-wide Risk Aggregation“ abgesetzt worden sein.
Auf Linked-in, einem Karriere-Portal, führt Klaassen die Chef-Funktion weiter auf.
Mit einem Doktortitel von Harvard, einer anderen US-Eliteschmiede, stiess Darryll Hendricks zur UBS. Dort war Hendricks eine Zeitlang oberster Zuständiger für „Risk Methodology“ in der Investmentbank.
Damit war Hendricks verantwortlich für die korrekte Abbildung von Risiken. Von Degradierung auch bei Hendricks keine Spur: Er ist heute „Head of Strategy“ der Investmentbank.
Zuoberst im Risk-Management der UBS-Handelssparte sass Tom Daula. Bis 2008 war Daula Chief Risk Officer und konnte sich Chancen auf den Chief-Risk-Job der Gesamtbank ausrechnen.
Als es zum Crash kam, wechselte Daula intern. Er ist heute globaler Analysechef.
Während viele Managing Directors bleiben, zahlen Mitarbeiter auf unteren Stufen die Zeche.
Das hängt mit dem Entscheid von letztem Herbst zusammen, sich aus dem Eigenhandel zurückzuziehen. Nun wird das Risk-Backoffice verkleinert. Das trifft viele Wasserträger.
Gute Spezialisten wären dringend nötig. Im Spätsommer 2011 sass die UBS in ihrem Zürcher Handelszentrum im Flughafen-Vorort Opfikon auf einem potenziellen Handelsverlust von 500 Millionen.
Händler hatten eine grosse Transaktion mit südkoreanischen Wons getätigt. Im Treasury, wo die Bilanz gemanagt und Gesamtrisiken ausgeglichen werden, ging die nötige Absicherung in Form eines Gegen-Swaps vergessen.
Das hohe ungedeckte Risiko über eine halbe Milliarde bestand laut der Quelle mehrere Monate lang. Als es aufflog, kam es zu einer Untersuchung innerhalb der UBS. Auch die Finma soll ermittelt haben. Folgen blieben aus.
Ein UBS-Sprecher nahm vor einigen Wochen keine Stellung zum fehlenden Hedge. Ihm sei nichts bekannt.
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Die beliebtesten Kommentare
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Nachdem die UBS wie angekündigt den IT-Bereich im Investmentbanking nach amerikanischer Manier (und mit einer amerikanischen Managerin, die anscheinend nicht viel von IT versteht) zurückstutzen will, um Kosten einzusparen, wird sicherlich alles viel besser.
Das Zauberwort wird sicherlich „Outsourcing“ heissen. Bei derart komplexen Geschäftsmodellen ist es wesentlich, dass die IT die internen Geschäftspraktiken und Bedürfnisse genau kennt.
Auch wenn Outsourcing auf den ersten Blick günstiger anmutet, sollte man immer bedenken, welchen finanzieller und zeitlicher Aufwand es bedeutet, der IT klar zu machen, welche Anforderungen zu erfüllen sind (Requirements Engineering). -
Die UBS hat ihre Risiken nicht im Griff und das aus gutem Grund. Als langjähriges Direktionsmitglied im Operation-Bereich dieser Bank tätig, ging es auch bei uns darum, Risiken wenn immer möglich laufend zu überwachen. Dies zu tun gibt es zwei Möglichkeiten, entweder auf manuelle Weise (ungenau) oder mittels Systemunterstütung. Seit Jahren bastelt man an der elektronischen Version herum, da es laufend zu Budgetkürzungen im IT-Bereich kommt, dürfte es allerdings noch etliche weitere Jahre dauern.
Darum mein Vorschlag: Beschneidet endlich die Boni der GL, VR sowie der obersten 3 Hierarchiestufen (Weltweit) und stellt dafür der IT für ein richtiges Risk-Überwachungssystem mehr Budget zur Verfügung.
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Aus Ihrem Artikel entnehme ich, dass die Schweizer zu dumm waren, diesen Absolventen der angelsächsischen Elite-Universitäten das Handwerk zu legen. Das ist ja wieder eine super Feststellung und zeigt die Ignoranz dieser Schweizer Schumschläger deutlich auf.
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Und das Mittel-/Senior-Management ist in Tat und Wahrheit immer noch „in denial“, zumindest so agieren so im Alltag… Dieser Kultur wird nie mehr korrigiert werden können, es geht nur noch bergab
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Ich hab Wuffli schon 2005 erzählt, dass die nicht-integrierten UBS IT-Systeme eine Katastrophe sind. Hat ihn aber nicht gross interessiert…
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Wo denken Sie hin, das kostet nur unnötig Geld und schmälert den Bonustopf.
Das war in der alten SBG anders, welche die Informatik früh als strategischen kompetitiven Vorteil erkannte und entsprechend kräftig investierte. Sie war damals jedenfalls Weltspitze.
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Kappt endlich das Schlepptau zur Titanic! Und: just say no!
Was sollte die Corona hier noch überraschen? Die Termiten sind schon seit Jahrzehnten im Gebälk eingenistet. Doch die US-standards-gläubigen Oberflächen-Betrachter – lies: risk managers, GL- und VR-Mitglieder und ihre politischen Abnicker – nehmen von den tatsächlich ausgehöhlten Balken kaum Kenntnis. Ebensowenig, wie die FINMA, EBZ und die BIS in erster Linie auf Schein statt auf Sein, auf Problem- und Panik-Containment statt auf Ausmistung, Problemwurzel-Lösung und Bankenkultur-Umpflügung bedacht ist.
Ich würde gerne Autor und Hintergrund des blogs http://simorre.blogspot.ch/ kennenlernen bevor ich mich über „Ausgerechnet Ermotti will aufräumen?“ äussern mag. Meine eigenen Finanzplatz-Erfahrungen („Titanic hélvétique“: http://www.solami.com/ubs.htm#Titanic ) haben mich auch zu meinem gerichtlichen Engagement gegen die SBV/SBG-Fusion geführt – bis ich, um den Sand im Getriebe halten zu können, vom Zürcher Handelsgericht mit der Auflage eines Kostenvorschusses von Fr.10 mio bedient wurde. Als es dann im Jahre 2000 dem Genfer Fähnlein der sieben Aufrechten darum ging, via ein US-Gericht dem klar als verheerend gemeinschädigend erkennbaren QI-System der US-Steuerbehörde IRS auf den Misthaufen der Geschichte zu befördern, stellten sich insbesondere die UBS und Baker & McKenzie als Treibriemen für die IRS-Drohungen zur Verfügung. Was mich allerdings 2009 nicht davon abhielt, mit einigem Erfolg bei Richter Gold in Miami mit einer amicus curiae zu intervenieren (www.solami.com/USvsUBS.htm ). Dass daraufhin dann aber die ausser Rand & Band geratenen IRS-Saubannerzügler das FATCA-Monster präsentierten und – erneut mit UBS- und SBVg-Unterstützung und „Swiss finish“ – unsere Finanzministerin zur Aushandlung eines weiteren einseitigen Vertrags, der unserem Recht und unseren Interessen entgegensteht, über den Tisch zogen, ist nicht nachvollziehbar. Und mit allen Rechtswaffen zu bekämpfen.-
Die von Ihnen erwähnte 10m Kostenvoranschuss Forderung des Zürcher Handelsgerichts zeigt wieder einmal überzeugend, wie das „vor dem Gesetz sind alle gleich“ ein trauriger Witz geworden ist.
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…vor ein paar Jahren: Sass in einem Sitzungszimmer der UBS (Trade Finance) in Opfikon. Eine UBS Filiale, wo ich das Konto habe, hätte rasch etwas an den Banker bei der UBS in Opfikon mailen sollen. – Ging nicht, die mussten via Fax gehen… – Ich habe damals noch gedacht, es müsse sich um eine zufällige, vorübergehende Panne handeln…
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Und was meint dann die FINMA dazu – wäre es nicht auch deren Aufgabe dies festzustellen und die notwendigen Schritte zwingend einzuleiten?
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Wo war hier die bankengesetzliche Revisionsstelle? … Wäre vermutlich wie in der Bankleitung ein Wechsel einmal angezeigt!
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Ein guter Punkt, und eine der ungelösten Schwachstellen in der (Gross-) Bankenaufsicht. Umso mehr als bei der UBS auch die interne Revisionsstelle (GIA) auf einem Auge blind zu sein scheint.
Allein ein Wechsel von EY zu einem anderen der „big four“ würde aber sicher keine nachhaltige Verbesserung garantieren. Erstens kochen alle nur mit Wasser, und zweitens wird sich auch die neue Revisionsstelle in einem (systemimmanenten) Abhängigkeitsverhältnis befinden. Sie wird wohl kaum die Hand beissen, die sie füttert.
Letztlich entscheidend ist, welche Governance-Kultur in der Bank herrscht bzw. gefördert wird. Und dies beginnt ganz oben.
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Tja, die UBS wird niemals irgendetwas dazulernen. Sie wird auch in Zukunft von Politik und einigen (dummgebliebenen) Aktionären in Ruhe gelassen.
Wie lautet eigentlich die Kontoverbindung nach Bern, damit ich jetzt schon wieder Geld für die nächste überteuerte Rettung einzahlen kann?
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muss auch nichts dazulernen, sind ja gerettet, boni fliessen und sprudeln in anglosächsische gefielde und sind immer noch der 2. grösste assetmanager. so what? wichtig ist und wird sein, dass die kasse für die obersten 3 level stimmen. glaubt mir, die stimmen und werden weiterhin stimmen. so als nebenbeschäftigung, wer sind die aktionäre eigentlich? nicht die bratwurstesser im biblischen alter mit der spitex in begleitung. für die anderen könnte die GV im kleinen archivraum abgehalten werden.
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Wo denken Sie hin, das kostet nur unnötig Geld und schmälert den Bonustopf. Das war in der alten SBG anders,…
Tja, die UBS wird niemals irgendetwas dazulernen. Sie wird auch in Zukunft von Politik und einigen (dummgebliebenen) Aktionären in Ruhe…
Wo war hier die bankengesetzliche Revisionsstelle? ... Wäre vermutlich wie in der Bankleitung ein Wechsel einmal angezeigt!