Wie Ende 2015 bereits in einem Artikel kurz beschrieben, nutzte ich das letzte Jahr, um drei grundsätzlich verschieden konzipierte „Robo-Advise“-Angebote über ein Jahr lang zu prüfen.
Vor gut einem Jahr habe ich mein Konto als „Fundmanager“ auf wikifolio.de angelegt, um zu testen, was es hergibt.
Mein Ziel war es, einen Schweiz-Testfund zu kreieren, der meinen Investment-Kriterien genügt – systematische quantitative Analyse basierend auf einer qualitativen Annahme.
Wie schon öfters erwähnt, halte ich die Schweiz aus Investorensicht für einen sehr schwierigen Markt (CHF 8’500 im 1999 im SMI investiert sind heute CHF 8’150 wert). Für meine Strategie wählte ich die folgende qualitative Annahme: Einigen wenigen grossen, liquiden SMI-Titeln stehen viele kleine Titel aus Nischenmärkten entgegen, welche vorwiegend von lokalen Schweizer Portfoliomanagern gehandelt werden und oft eine kaum erklärbare Eigendynamik entwickeln. Herdentrieb und relative Performanceüberlegungen (Bonus!) spielen eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Dieser Setup spricht für „Momentum-Strategien“. Für die quantitative Umsetzung verwendete ich nach den Grundlagen von James O’Shaughnessy („What Works on Wall Street“) einen in den letzten Jahre beliebten Quant-Algorithmus, welcher aus dem Universum aller Schweizer Aktien diejenigen mit dem stabilsten Aufwärtstrend („Momentum“ -> Herdentrieb) und der höchsten relativen Performance („Gier“) auswählt.
Um sicherzustellen, dass nicht in luftige „Fantasietitel“ investiert wird, werden alle Titel, welche nicht einige wenige fundamentale Wertkriterien erfüllen, aus der Short-Liste eliminiert. Historisch gesehen – so dachte ich mir im August 2015 – sollte gerade jetzt die Strategie besonders gut funktionieren, da wir uns eher am Ende als am Anfang eines Bullenmarkts befinden.
Dies alles hat mit wikifolio nichts zu tun. Alles, was ich in wikifolio machte, ist, ein EUR 100’000 Portfolio zu kreieren und dort wöchentlich die Trades, also den Kauf und Verkauf von Schweizer Titeln, vorzunehmen.
Und siehe da, ein Jahr später habe ich trotz recht grossen Spreads bei den Trades und Währungsverlusten (alles in EUR bei wikifolio) eine schöne Überperformance (+11% vs. -12% SMI) erzielt.
Welche Erfahrungen habe ich dabei mit wikifolio gemacht?
Usability and Technology **** Alles bestens und State-of-the-Art, keine Abstriche.
Investment Universe ** – *** Total auf den deutschen Markt zugeschnitten. Mit dem Markteintritt in die Schweiz waren zusehends die allermeisten Schweizer Aktien handelbar. Der wichtige US-Markt wird vollständig vernachlässigt. Zudem wird alles in EUR geführt – für jeden Nicht-EUR-Investor mühsam.
Transparency *** Prinzipiell alles gut. Spreads etwas hoch bei den CH-Titeln.
Support **** Bestens. Stets habe ich auf Anfragen gute, hilfreiche Antworten bekommen. Reaktionszeit innerhalb Stunden.
Kosten *** Sobald 10 Anleger EUR 2’500 bereit sind zu investieren (so meinte ich zumindest), wird ein deutsches Zertifikat mit ISIN-Nummer kreiert, die ich dann als Anleger meiner Hausbank mitteilen kann. (Ob diese in der Schweiz bereit ist, die Transaktion durchzuführen?)
Sehr gute Idee. Zum Vergleich: Wenn ich als Fundmanager in der Schweiz ein Zertifikat erstelle, brauche ich ohne einige Millionen Investitionsvolumen vorzuweisen gar nicht erst bei einem Emittent anzuklopfen.
Performance * – **** Diese hängt natürlich ausschliesslich vom Fondsmanager ab. Wikifolio ist ja kein „Robo Advisor“. Was man sieht, ist, dass die Plattform Fondsmanager aufweisen kann, die über längere Zeit den Markt deutlich schlagen. Sie sind meist vollkommen unabhängig (ehemalige Händler oder Privatiers) und können ihre Ideen frei umsetzen. Auch nicht überraschend: Die meisten erzielen die Überperformance durch hohe Tradingfrequenz und kurze Haltedauer („trade small, trade often“).
User Target Group: Am besten geeignet zur Diversifizierung für den deutschen Anleger.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
Verwandte Artikel aus Archiv „Longterm-Investor“:
– Wann fängt das „De-FANGing“ an und was hat das mit Robo-Advising zu tun?
– Aktienmärkte: Haben die „Ratten“ bereits das sinkende Schiff verlassen?
Kommentare