In fünf Wochen, am 23. Februar, finden in Deutschland Neuwahlen statt. Nachdem Olaf Scholz im Dezember die Vertrauensfrage verlor, wurde der Bundestag aufgelöst.
Endlich, möchte man fast sagen. Doch während die politischen Fronten schärfer denn je sind und die Herausforderungen des Landes – Inflation, Energiepreise, Migration, Klimaschutz – drängender nicht sein könnten, hängen an jeder Strassenecke wieder gefühlt dieselben Wahlplakate.
Plakative Sprüche, ernste Mimiken, sinnliche Lächeln. Ein Déjà-vu, das bei den meisten eher Frust als Hoffnung auslöst.
Einerseits ist das nichts Neues. Wahlplakate gehören zu den ältesten Instrumenten des Wahlkampfs.
Doch in einer Zeit, in der soziale Medien die politische Kommunikation dominieren und gezielte Online-Kampagnen den Ton angeben, wirken Plakate wie etwas aus dem Museum.
Früher sollten sie informieren, mobilisieren und Themen setzen. Heute tun sie vor allem eines: hängen.
Was wollen uns diese Plakate überhaupt sagen? Robert Habeck lächelt feinfühlig, ein leichtes Lächeln, dazu die Überschrift: „Zuversicht“. Darunter: „Ein Mensch. Ein Wort.“
Bei Annalena Baerbock ist statt Zuversicht Zustimmen angesagt, begleitet von demselben sinnlichen Lächeln.
Botschaften, die so kurz wie bedeutungslos erscheinen. Während Held der Herzen Habeck sich für alles Menschliche inszeniert, gibt sich Christian Lindner als Held der Bilanzen – ernst, streng und der unermüdliche Anwalt der Erbschaftssteuer.
Die politischen Lager sind angespannt. Die CDU setzt auf harte Migrationspolitik.
Friedrich Merz verspricht Steuererleichterungen für Unternehmen und den Mittelstand, will fossile Energien länger nutzen und den Atomausstieg überdenken.
Die SPD schickt Scholz erneut ins Rennen mit dem grossen Versprechen der sozialen Gerechtigkeit, Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Investitionen in Infrastruktur.
Und dann ist da die AfD mit ihrem plump-provokanten „Abschiebeticket“, das nicht nur geschmacklos ist, sondern das Grundgesetz mit Füssen tritt.
Dass man kein ganzes Wahlprogramm auf ein Plakat bekommt, ist klar. Aber wenn das, was man drauf bekommt, so nichtssagend ist, wieso dann überhaupt noch Plakate aufhängen?
Sind sie wirklich noch relevant? Statt konkrete Lösungen für die tiefen Krisen des Landes zu bieten, setzen die Parteien auf leere Phrasen. Substanz bleibt auf der Strecke – und damit auch die Glaubwürdigkeit.
In einem politischen Klima, in dem Wähler frustriert und desillusioniert sind, wirken Wahlplakate nicht nur obsolet, sondern fast absurd.
Ihre Aufgabe, Orientierung zu geben oder gar Hoffnung zu stiften, erfüllen sie längst nicht mehr. Stattdessen legen sie die wachsende Distanz zwischen Politik und Bürgern offen.
Die Frage, ob Wahlplakate heute noch relevant sind, drängt sich auf. Studien zeigen zwar, dass sie wahrgenommen werden, doch was bringt ein Gesicht ohne glaubwürdige Botschaft?
Plakate sind zum Spiegelbild einer politischen Landschaft geworden, die selbst oft orientierungslos wirkt. Ein letzter Versuch, Kohärenz und Entschlossenheit in einem Wahlkampf zu beweisen, der chaotisch, inszeniert und gehetzt erscheint.
Was überall an Laternenmasten hängt, ist mehr als nur Papier. Es ist das Gefühl, dass es in der Regierung genauso turbulent und unüberlegt weitergehen könnte, wie es aufgehört hat.
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Die beliebtesten Kommentare
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Ich vermutete, dass IP für die Schweiz gilt und nicht Deutschland.
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Das Problem der Brandmauer ist, dass Oppositionsparteien in DE im Gegensatz zur CH nicht mit Referenden und Initiativen Einfluss nehmen können. Das Ausgrenzen einer Partei mit mit über 20% Wähleranteil ist einer Demokratie nicht würdig.
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Alle ausser der AFD machen einfach weiter so wie bisher. Das ist doch keine Lösung. Deutschland war mal der Motor der EU. Bald muss es unterstützt werden. Sofort abfahren mit diesen Lumpenparteien die nur für sich schauen, uns bevormunden und selber im Luxus leben.
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Deutschland steht am Abgrund und die Autorin sinniert über Wahlplakate.
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Die AfD zieht bei den nächsten Wahlen durch. Mit Deutschland kann es so nicht weiter gehen. Darum AfD.
Was genau ist das Problem mit dem „Abschiebeticket“? Deutschland muss nicht jeden (aus einem sicheren Land) aufnehmen.
Wenn wir in der Schweiz nicht aufpassen, kommt’s noch so weit wie es jetzt in Deutschland ist. Das Land steht vor dem Abgrund.
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Das stimmt, nur die AFD ist nicht die Lösung. Die AFD ist gemacht für die Massen.
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Stimmt, die Parteien in Deutschland taugen nichts. Dabei wäre es so einfach Deutschland in Schwung zu bringen: Unternehmenssteuern auf 15%, persönlicher Einkommenssteuerhöchstsatz auf 25%, Mehrwertsteuer auf 10%, zu 100% russisches Pipelinegas, Infrastruktur auf Vordermann bringen. Dieses Programm auf 15-20 Jahre festschreiben. Dann finden sich Investoren für den Standort und die deutschen Schuldenpapiere zur Finanzierung des Programms finden reissenden Absatz. Hat die EU was dagegen, wen kümmerts! Besser Geld für ein gescheites Wirtschaftsprogramm, als Billionen für sinnloses Aufrüsten, denn am Schluss, findet man sich nicht, ist Nuklear – also kann man sich die Militärausgaben dazwischen sparen.
Die AfD zieht bei den nächsten Wahlen durch. Mit Deutschland kann es so nicht weiter gehen. Darum AfD. Was genau…
Deutschland steht am Abgrund und die Autorin sinniert über Wahlplakate.
Stimmt, die Parteien in Deutschland taugen nichts. Dabei wäre es so einfach Deutschland in Schwung zu bringen: Unternehmenssteuern auf 15%,…