Die „Inside Paradeplatz“-Story vom 16. September zur Entlassung zweier ZKB-Mitarbeiter löste einen „Shitstorm“ erster Güte aus. Die Tageszeitungen nahmen die Geschichte auf, die Rede war von NSA-Methoden und katastrophaler Unternehmensführung, flächendeckendes Kopfschütteln herrschte vor. Bald waren auch Politiker zur Stelle, die die Absetzung von ZKB-CEO Martin Scholl forderten – wie immer, wenn ein „Skandal“ einen hohen Popularitätsgrad erreicht.
Scholl machte tatsächlich keine gute Falle. Wir nehmen eine „Strafaktion“ wahr, um ein Exempel zu statuieren und ohne das Gespräch mit den betroffenen Mitarbeitern zu suchen. Statt mit dem Kündigungshammer zuzuschlagen, wäre es auf Dauer wirkungsvoller, mit Argumenten zu überzeugen und zu motivieren. Sicher ein Fall fürs Palmarès bezüglich Krisenmanagement und Personalführung.
Doch nicht nur der Chef verdient Kritik. Da haben offenbar gutbezahlte Mitarbeiter einer Bank genug Zeit, während ihrer Arbeitszeit auf Inside Paradeplatz zu surfen. Sie suchen dort das Erzeugnis der Tätigkeit von Whistleblower, suchen den Zugang zur Enthüllung von immer wieder negativen Beispielen aus dem Innenleben der Finanzbranche. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, vor allem dann nicht, wenn sie dies in ihrer Freizeit tun. Wenn aber solche Leute auch noch Zeit und Musse während ihrer Arbeitszeit finden, anonym in bitteren Kommentaren ihre Brötchengeber zu verunglimpfen, muss das schon nachdenklich stimmen. Für mich ist das inakzeptabel.
Ich versuchte mir vorzustellen, ob sich wohl auch Ingenieure bei ABB, Schindler oder Rieter, die mit ebenbürtiger Ausbildung im Schnitt maximal die Hälfte dessen verdienen, was Bankkader nach Hause tragen, so verhalten würden. Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage bei unseren Klienten aus der Industrie bestätigt mein Gefühl: In der Industrie gibt es das nicht.
Nun ist es nicht so, dass die Industrie nicht unter ähnlichem (Restrukturierungs-)Druck wie die Bankenwelt stehen würde. Der Unterschied ist einzig, dass dieser Druck dort Dauerthema ist. Das Wissen, dass unternehmerischer Erfolg und ein anständiges Einkommen nicht wie Manna vom Himmel fallen, ist bei Kadern und Mitarbeiter stets präsent. Entsprechend reden Führung und Belegschaft über Herausforderungen, notwendige Anpassungen und mögliche Lösungen Klartext miteinander. Ehrlichkeit im Umgang schärft den Realitätssinn auf allen Stufen.
Ich hoffe, dass auch die grossen Player der Finanzindustrie beziehungsweise ihre Exponenten in der Führung wie an der Basis bald lernen, das veränderte Marktumfeld zu akzeptieren. Sie müssen gemeinsam mit viel Kreativität, offener Kommunikation und vielleicht etwas weniger Anspruchshaltung neue, faire und nachhaltige Businessmodelle für eine erfolgreiche Zukunft suchen. Was wir gesehen haben, ist das Gegenteil. In diesem Sinne wünsche ich der ZKB, dass alle Betroffenen aus diesem traurigen Lehrstück etwas lernen.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Dieser Kommentar ist sehr dynamisch; darum heisst ja auch die Firma so.
-
Industrie ist privat. Die ZKB ist eine Staatsbank. Solange der Kanton haftet, darf und muss öffentlich kritisiert werden können.
-
Was bist den Du für einer? Noch nie in der Pause Zeitung gelesen?
-
Kein Journi interessiert sich, was in der Industrie abläuft. Es gibt für die keine Prügelseite à la insideparadeplatz.ch. Nicht die Banker sind das Hauptproblem, sondern die öffentliche Wahrnehmung.
Kein Journi interessiert sich, was in der Industrie abläuft. Es gibt für die keine Prügelseite à la insideparadeplatz.ch. Nicht die…
Was bist den Du für einer? Noch nie in der Pause Zeitung gelesen?
Industrie ist privat. Die ZKB ist eine Staatsbank. Solange der Kanton haftet, darf und muss öffentlich kritisiert werden können.