Die Integration der ältesten Schweizer Bank Clariden Leu ins Mutterhaus Credit Suisse könnte zum riskanten Unterfangen für die Grossbank werden. Die grösste Gefahr ist, dass die CS die besten Leute mit den grössten Kundenvermögen verliert.
Der neue Clariden-Chef, CS-Schlachtross Hanspeter Kurzmeyer, versucht mit internen Motivationsmails, die Leute bei der Stange zu halten. Am letzten Freitag, drei Tage nach Ankündigung der überraschenden Integration, warnte er die Belegschaft vor Schlendrian.
„I wish to emphasize once again just how important it is for you to continue working with the utmost professionalism and the greatest possible client focus“, erinnerte Kurzmeyer die 1800 Clariden-Mitarbeiter an ihre Pflicht dem Arbeitgeber gegenüber.
Ob die geforderte professionelle Weiterarbeit für die eigene Zukunft der Clariden-Leute wichtig sei oder ob die CS-Mutter sonst Massnahmen ergreifen würde, führte Kurzmeyer nicht aus. Dafür fuhr er fort mit weiteren Forderungen: „You can and should continue to operate as before; that includes establishing new client relationships or selling products.“ Kurz: weiter Vollgas für die Bank geben.
Dabei wäre die Frage der Motivation wichtig. Schliesslich hat die CS angekündigt, dass ein Drittel der Clariden-Belegschaft den Job verlieren werde. Alle übrigen werden sich im internen Kampf gegen direkte Konkurrenten der CS um den Job durchsetzen müssen.
Manch ein Clariden-Mitarbeiter und -Manager fragt sich in der Woche 2 nach Bekanntwerden des baldigen Endes seiner Bank, was er von der CS noch erwarten könne. „Die neuen CS-Chefs führen zwar viele Gespräche und bringen uns mit möglichen zukünftigen Arbeitskollegen zusammen, doch noch ist völlig unklar, was uns im Mutterhaus erwartet“, sagt ein Clariden-Mitarbeiter.
Kurzmeyer, ein ehemaliger Grenadier-Offizier der Schweizer Armee, versucht den Clariden-Mitarbeitern die Ängste zu nehmen. In seinem Mail ans Personal schreibt Kurzmeyer zu diesem Punkt: „Each employee will be given a fair chance of obtaining a position at Credit Suisse.“ Jeder Clariden-Mann, jede Clariden-Frau kriege eine Chance.
Wie eine solche Integration, bei der die grosse Mutter die kleine Tochter schluckt, mit einer „fairen“ Chance für alle über die Bühne gehen soll, bleibt das Geheimnis von Kurzmeyer und seinem Vorgesetzten Hans-Ulrich Meister, dem neuen starken Mann an der Spitze der CS.
Kurzmeyer skizziert das Vorgehen wie folgt: „The heads of all of the relevant business and functional areas at Clariden Leu and Credit Suisse have been given the task of jointly formulating a concept over the next four weeks to determine how Clariden Leu can best be integrated into Credit Suisse.“
Das Wort „jointly“ ist entscheidend. Gemeinsam sollen die Chefs der Einheiten, die zusammengelegt werden sollen, ein Konzept für eine „best mögliche“ Integration erstellen. Nun aber zeichnet sich ab, dass die Clariden-Bank bald kopflos ist.
Die beiden ersten Chefs, Präsident Peter Eckert und CEO Olivier Jaquet, sind bereits von Bord gegangen. Eckert schrieb dem Clariden-Personal zu seinem Abgang: „You can take great pride in your performance.“ Er meinte damit, dass Clariden trotz stetem Abfluss von Kundengeldern immer noch profitabel sei.
CEO Jaquet meinte bei seinem Abschied via internem Mail: „In a challenging environment, Credit Suisse can rely on employees who show tremendous initiative, possess great expertise, and are very loyal.“ Die CS könne sich auf tolle Clariden-Leute verlassen. Dann waren Eckert und Jaquet weg.
Zurück blieb eine Geschäftsleitung, in der es zu rumoren begann. Gerüchte gingen um, wer als Nächster über die Klinge springen müsse. Die Rede war, dass rund die Hälfte des obersten operativen Gremiums in Kürze abgesetzt würde.
So oder ist ist klar, dass die CS-Chefs das Sagen haben und die CL-Leute sich in ihr Schicksal fügen müssen. Ob die Zuckerbrot- und Peitschen-Strategie der neuen CS-Generäle das Ziel erreichen, möglichst keine Kundenberater und Kundenvermögen zu verlieren, ist unter diesen Umständen ungewiss.
Herr Samsiger – ihre Gedanken sprechen mir aus dem Herzen. – Ich würde jedoch noch weitergehen. Seit der Uebernahme der Bank Leu anfangs der 90er Jahre hat die CS es nie verstanden eine so alteingesessene und angesehene Bank als „Privatbank“ auch zu führen und ihre Stärken ausspielen zu lassen.
Die Bank war seit damals eigentlich nur noch Spielball von profilierungswütigen CS-Granden und es war ein ständiger Kampf um
die Stammkunden (teils seit Generationen)
dennoch zum Teil zu halten.
Was hätte eine Bank mit einer solchen Geschichte – teils mit Unterstützung der CS-Infrastruktur aber ansonsten „unabhängig“ leisten können. Und wie armselig von der CS
diesen Brand nun aus kurzfristigen „Spar“überlegungen heraus zu versenken.