An der Bahnhofstrasse 36, einen Steinwurf vom Zürcher Paradeplatz, brannten am Freitag spät am Abend noch die Lichter in den Chefbüros. Julius-Bär-CEO Boris Collardi, 37, hatte die Hoffnung auf den grössten Deal seiner Karriere nicht aufgegeben.
Unruhig war er aber schon. Seit Wochen wartete er schon auf Konkretes zu seiner Kauf-Offerte für die Basler Konkurrentin Sarasin von deren Hauptaktionärin Rabobank. „Wir wissen nicht, was passieren wird“, sagte am Freitag Abend ein enger Vertrauter Collardis. „Wir tappen im Dunkeln.“
Kurz vor 21 Uhr kam der Hammerschlag für die Bär-Crew. Sarasin mit seinen 100 Milliarden Franken Kundenvermögen ging an die brasilianische Safra Gruppe, Julius Bär ging leer aus. Mit rund 210 Milliarden Kundenassets zieht Safra an Bär vorbei und schwingt sich hinter UBS, CS und Pictet auf Platz 4 im Ranking der Vermögensverwalter, fast gleichauf mit der englisch-asiatischen HSBC. Bär fällt auf Rang 6 zurück und bleibt bei rund 170 Milliarden Kundenvermögen stehen.
Die bisher grösste Niederlage für Boris Collardi. Eine, die keinen guten Ausweg lässt. Der bisher stetig nach oben strebende Erfolgsmanager muss stattdessen grundsätzlich über die Bücher. Statt weiter akquirieren und die internen Probleme durch stetiges Wachstum überdecken zu können, holen ihn die vernachlässigten Hausaufgaben mit grosser Wucht ein.
Zuvorderst steht die Frage der Informatik. Die ganze Bär-Administration läuft auf einer alten Anlage, die in der jüngeren Vergangenheit ab und zu den Geist aufgab. Nur kurzfristig, doch ein Alarmsignal ist das alleweil. Die vor Jahren für Dutzende von Millionen erworbene Lizenz für das Bankensystem Avaloq wurde von Collardi und seinen Vorgängern in die Schublade gelegt. Die Bär-Chefs haben den alten Programmen, die im Hintergrund laufen, lediglich ein modernes Internet-Frontsystem aufgepfropft. Das sieht schön aus und erleichtert den Beratern den alltäglichen Einsatz, ist aber nicht viel mehr als Kosmetik.
Zweitens die hoch gelobte Asien-Expansion. Bär weist in Asien einen relativ grossen Fussabdruck auf. Das ist hauptsächlich Collardi-Vorgänger Alex Widmer zu verdanken, aber auch Collardi hat den Weg weiterverfolgt. Weder Widmer noch Collardi kümmerten sich aber konsequent um die Zahl unter dem Strich. Wachstum war ihr Thema, nicht Gewinn. Asien ist zwar kein Verlustgeschäft, aber die nachhaltig grossen Gewinne müssen noch geliefert werden.
Drittens: In allen übrigen Erdteilen sieht die Lage nicht gut aus. Das europäische Onshore-Geschäft oder die Ableger im Nahen Osten, im Osten Europas oder in Lateinamerika sind keine Goldgruben, dort muss Collardi den Rotstift ansetzen.
Last but not least die US-Altlasten. Julius Bär gilt nach der Credit Suisse als zweitwichtigstes Ziel der Amerikaner im laufenden Steuerkrieg. Auf Bär kommt nicht nur ein Imageschaden zu, sondern wohl auch eine gesalzene Rechnung. Die USA dürften auf mehr pochen als die 50 Millionen Euro, die Bär bereits bezahlt hat, um in Deutschland den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Über aller Unbill steht eine völlig veränderte Private-Banking-Landschaft. Die Kosten, nicht zuletzt durch die erhöhten Anforderungen der Aufsichtsbehörden, schiessen durchs Dach, während die Erträge noch weit weg von dem sind, was sich Collardi&Co. erhofft hatten. Bär ist, wie andere Privatbanken auch, zum Restrukturierungsfall geworden. Der bereits kommunizierte Personalabbau von 150 Stellen – vielleicht sind es per Saldo noch mehr – spricht Klartext.
Es gibt somit Hausaufgaben, wo man hinschaut. Nur: Das ist nicht die favorisierte Welt des Boris Collardi. Der Jungspund liebt das hohe Tempo, mit privaten Boliden ebenso wie mit Auftritten in der grossen Welt. Singapur und Hongkong sind seine bevorzugten Einsatzgebiete, und wenn schon in der Schweiz, dann gerne in St. Moritz, wo Bär eine Filiale unterhält. Kundentreffen versüssen den Arbeitstag des Bär-Chefs, um die komplexe Mechanik kümmern sich derweil andere, damit die Bank mit ihren gut 3600 Mitarbeitern funktioniert.
So stellt sich die Frage: Wie gut wird Collardi auf der Schattenseite des Private Bankings agieren? Wie schnell wird er die anstehenden IT- und andere strategische Aufgaben anpacken und sie in effiziente und zukunftsträchtige Lösungen umsetzen?
Zum ersten Mal in seiner bisher glänzenden Karriere muss Collardi zeigen, was er wirklich auf dem Kasten hat. Knochenhartes Arbeiten im Schatten des grellen Akquisitions-Scheinwerferlicht wird für den smarten Schnelldenker eine neue Erfahrung.
Nun könnte sich rächen, dass Collardis wichtigster Sparringpartner für die neue Ära keinen Erfolgsausweis im Sanieren und Restrukturieren mitbringt. Die Rede ist von Raymond Bär, dem Präsidenten der Bank und letzten Aktivmitglied der einstigen Bankerfamilie. Bär und sein Familienast besitzen noch eine tiefe einstellige Prozentzahl an der Privatbank. Dass Bär immer noch Präsident ist, hat mehr mit seinem Namen als mit seinem Einfluss als Aktionär zu tun.
Raymond Bär war Ende der 1990er Jahre Chef der Vermögensverwaltung für die Gutbetuchten der Bank. Nach rund 4 Jahren übergab er die Aufgabe seinem Cousin Mike und wurde Präsident. Mike Bär wurde nach 2 Jahren abgesetzt. Das Steuer übernahmen in der Folge externe Manager von der CS und von der UBS. Im Zuge dieser Abgabe der Eigenständigkeit kam auch Collardi an Bord.
Präsident Bär ist der einzige Bär-Vertreter, der immer noch eine wichtige aktive Rolle spielt. Alle Deals und personellen Mutationen in seiner Ära zeichnen das Bild eines Präsidenten, der zwar formell die Zügel in der Hand hält. Wirklich am Steuer sitzen aber andere. Das war gut erkennbar, als die externen UBS- und CS-Manager das Kommando übernahmen, und das scheint auch mit CEO Collardi der Fall zu sein. Der junge Chef bestimmt, der Präsident stimmt dem Kurs zu.
Offensichtlich wird das im Fall Sarasin. Im Kern ist Bär mit der angestrebten Sarasin-Übernahme gescheitert, weil sich Collardi und Sarasin-CEO Joachim Strähle aus früheren CS-Zeiten nicht riechen können. Hier hätte nur Präsident Raymond Bär ein Machtwort sprechen können. Er vertritt die Interessen aller Bär-Aktionäre, und ein Sarasin-Kauf war der mit Abstand wichtigste Deal für die Bank seit Jahren. Eine solche Gelegenheit kommt vermutlich lange nicht mehr.
Statt eine Lösung für Strähle zu suchen, zum Beispiel mit dem Angebot des CEO-Postens, liess Präsident Bär seinen eigenen CEO Collardi ungestört mit den Holländern verhandeln. Das konnte nicht gutgehen, wie ein medial inszenierter Versuch zeigte, die Sarasin-Spitze gegen den Widerstand von Strähle für einen Deal zu gewinnen. Raymond Bär griff die ganze Zeit nicht ein. Das Resultat ist ein kolossales Scheitern.
Zu dem Artikel betreffend Boris Collardi moechte ich folgendes bemerken:
Schauen Sie sich doch einmal den Leistungsausweis des Herrn Straehle an,ich kann keinen einzigen Erfolg finden!! Vielleicht taete ein wenig mehr Objektivitaet gut! Falls Sie wirklich nach Leistungsausweisen suchen werden Sie diese bei Boris Collardi finden, er hat naemlich Operations aufgebaut bei Credit Suisse.
Strähle als neuen Bär/Sarasin CEO? Ihre persönliche Abneigung gegenüber Collardi wird immer schlimmer und ist unwürdig und lächerlich. Ich vermute blanken Neid dahinter und rate Ihnen sich mehr um Ihr Portal zu kümmern, welches ein konkreter Sanierungsfall ist.
Aber harte Arbeit ist ja bekanntermassen (hat mir einer ihrer engen Vertrauten zugesteckt….) auch nicht gerade Ihre Stärke…