In 2 Wochen lacht eine Hundertschaft der wichtigsten Schweizer dem winkenden Zürcher Volk zu. Als Ehrengäste geniessen sie am Sechseläuten-Umzug besondere Aufmerksamkeit.
Ein Grosser zählt diesmal nicht zur kleinen Elite. Nach seinem Angriff auf Notenbank-Chef Philipp Hildebrand wurde SVP-Tycoon Christoph Blocher von keiner der 26 Zürcher Zünfte eingeladen.
Eine andere derzeit umstrittene Persönlichkeit kriegte hingegen einen Platz an der Sechseläuten-Sonne.
Die Kämbel, eine alte und besonders angesehene Zunft, hat „Dr. Konrad Hummler, Bankier“ als einen von 3 Ehrengästen ans traditionelle Frühlingsfest in die Limmatstadt eingeladen. Hummler geriet in den US-Steuerkrieg und musste seine Wegelin-Bank verkaufen.
„Die interessanteste Personalie ist dieses Jahr eine Nicht-Nommination“, sagt ein langjähriger Zünfter. „Blocher gehörte nach vielen ununterbrochenen Einladungen quasi zum Inventar.“
Als Aushängeschild der „wahren“ Wirtschaftspartei marschiert statt dem polarisierenden Urgestein diesmal der beliebte Ueli Maurer mit.
Der heutige Verteidigungsminister, der einst in jeden Winkel der Schweizer Landschaft eine SVP-Sektion pflanzte, läuft in der Zunft Höngg mit. Diese ist mit Gründungsjahr 1934 fast 600 Jahre jünger als die renommiertere Kämbel-Zunft.
Blochers „Ausladung“ gibt unter Zünftern zu reden. Sie wird als Folge der aktiven Rolle gesehen, die der Milliardär vom Nobelort Herrliberg zusammen mit der „Weltwoche“ beim Abschuss von SNB-Präsident Hildebrand spielte.
Die Nicht-Einladung Blochers ist mehr als nur eine Anekdote rund um einen Böögg auf einem brennenden Scheiterhaufen, bei dem der Zeitpunkt der Explosion des Kopfs den Sommer vorhersagen soll.
Das Ignorieren des bisherigen Stammgastes macht deutlich, wie stark der einflussreiche Alt-Bundesrat in der Wirtschaftselite gefürchtet ist. Statt ihn mit Argumenten herauszufordern, ziehen es seine einstigen Verbündeten aus Finanz und Grossindustrie vor, ihn zu meiden.
„Wenn selbst ein Star wie Hildebrand von Blocher und der Weltwoche einfach weggefegt werden kann, dann ist keiner mehr sicher vor dieser Gewalt“, brachte ein UBS-Manager vor ein paar Wochen die Verunsicherung in den Chefetagen von Banken und Wirtschaft auf den Punkt.
Hildebrand war trotz seinen Forderungen für mehr Eigenkapital bei den Grossbanken eine Respektsperson in der Wirtschaft und auf dem Finanzplatz.
Regelrecht angehimmelt wurde Hildebrand in Bern. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bringt bis heute kein kritisches Wort über den Ex-Chef der Nationalbank über die Lippen.
Mit seiner gewählten Sprache und dem Einsitz in wichtigen Weltgremien verkörperte Hildebrand den intellektuellen, weltgewandten Antipoden zum polternden, grobschlächtigen Blocher, der seine ganze Kraft im Inland und für einen Alleingang der Schweiz einsetzte.
Blochers Triumph erschien vielen Schweizern als Sieg eines Rüpels über einen Gentleman. Statt Hildebrands heikle Devisengeschäfte und sein langes Festklammern am Amt kritisierten sie Blochers unzimperliche Methoden.
Die Hildebrand-Sympathisanten stützen sich auf Untersuchungen der Nationalbank, die den Ex-Chef von Schuld freisprechen sollen. Blochers Hauptpunkt hingegen, wonach ein Notenbank-Chef nicht mit Währungen „herumspielen“ dürfe, blenden viele Schweizer aus.
Der zweite vom Bannstrahl der verunsicherten Polit-Elite des Landes getroffene Bigshot, Bankier Konrad Hummler, kann sich im Unterschied zu Blocher auf ein tragendes Wirtschafts-Netzwerk abstützen.
Hummler musste zwar nach der Anklage der USA gegen seine Wegelin-Bank den Präsidentenhut bei der Wirtschaftszeitung NZZ ablegen, durfte aber Mitglied im Obergremium der einflussreichen Zeitung bleiben.
Offensichtlich wird Hummler weiterhin von machtvollen Freunden im Establishment getragen, auch wenn ihn Leute vom Schlag eines Präsidenten der Bankiervereinigung öffentlich massregelten. Das eröffnet dem Appenzeller die Chance auf ein Comeback.
Blocher hingegen hat seinen Kredit bei den Wirtschaftsbossen offenbar verspielt. Der Zuspruch war zwar immer nur hinter vorgehaltener Hand zu hören, nichtsdestotrotz waren Respekt und Achtung vor seiner Leistung zu spüren.
Jetzt kämpft Blocher allein.
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Blocher hat eben Rückgrat. Hildebrand einfach eine „starke Frau“. H fehlte die Grösse, zuzugeben, dass er der Versuchung des Insiderdeals erlegen ist. B sagte hingegen: „Ich lüge ständig“. Und liegt damit näher bei der Wahrheit als so manch anderer Politiker, der sich ethisch verantwortungsvoll gibt, es aber nicht ist (z.B. Martin Bäumle, Grunder, EWS, Rudolf Strahm, Hans-Jürg Fehr, Doris Leuthard, Simonetta Sommaruga).
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Hummler ist kein Appenzeller, sondern St. Galler.
Es grüsst ein appenzellfreundlicher St. Galler! -
Fakt 1 – Hildebrand hat moralisch verwerflich gehandelt – ohne Frage. Er hat jedoch keine Gesetze/Reglemente verletzt.
Fakt 2 – Das Bankgeheimnis wurde gebrochen, Datenklau. – Ein IT-Mitarbeiter, SVP-nahe, der zu einem SVP-Anwalt rennt, der Blocher einschaltet – von diesem Trio aus gelangen die Daten zusammengeschustert an die Weltwoche die diese ungeprüft publiziert.
Dass die WW schon seit über einem Jahr versuchte Hildebrand zu stürzen ist kein Geheimnis.Hildebrands Rücktritt mag richtig sein.
Dass die Verantwortlichen und Nutzniesser des Bruchs des Bankgeheimnisses nicht hofiert werden – sondern juristisch belangt werden müssen scheint ebenso einzuleuchten.Dass Konrad Hummler am Sechseläuten mitmarschiert ist eine andere Geschichte.
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So ein Mist: Hildebrand hat nur kein Reglement gebrochen, weil er essen Inhalt selber kreiert hat – und die Madame Schlumpf hat es „abgeschlumpft“… …also bitte: die Leser hier nicht für dumm verkaufen – danke.
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Datenklau ist Datenklau – das schleckt kein Zottel weg.
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Fakt 1 - Hildebrand hat moralisch verwerflich gehandelt - ohne Frage. Er hat jedoch keine Gesetze/Reglemente verletzt. Fakt 2 -…
So ein Mist: Hildebrand hat nur kein Reglement gebrochen, weil er essen Inhalt selber kreiert hat - und die Madame…
Hummler ist kein Appenzeller, sondern St. Galler. Es grüsst ein appenzellfreundlicher St. Galler!