Ist Boris Collardi der neue Schweizer Banken-Star? Oder ist er der nächste Glamour-Banker?
Die Frage stellt sich akut. Der 38-jährige plant die grösste Übernahme in der Geschichte von Julius Bär. Das Private-Banking des US-Riesen Merrill Lynch soll an der Bahnhofstrasse 36 landen.
Collardi macht wie immer auf cool. „Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe von Transaktionen erfolgreich umgesetzt und haben einen guten Leistungsausweis“, sagte er gestern in der NZZ am Sonntag. „Unsere klare Positionierung und der starke Brand stellen einen grossen Vorteil dar.“
Kein Wort verliert der Mann, der es in Rekordzeit vom einfachen IT-Supporter der CS in Singapur zum Chef der wichtigsten Schweizer Privatbank gebracht hat, über die wahren Probleme seiner Bank.
Davon gibt es vor allem zwei. Erstens ist die Bär-Informatik hoffnungslos veraltet. Eine Übernahme in der Dimension von 50 Prozent der heute verwalteten Kundenassets könnte das System überfordern.
Zweitens schiebt die Bär-Bank seit dem Kauf von 3 UBS-Bänklein und der Assetmanagerin GAM im 2005 einen grossen Goodwill-Brocken vor sich her. Ein Merrill-Kauf könnte den Sonderposten nochmals beträchtlich vergrössern.
Es geht nicht um Peanuts. Collardis Bär zeichnet sich seit Jahren durch einen hohen Goodwill aus, der die Rechnung verzerrt.
Das wahre Bild weicht von der offiziellen Rechnung um rund 200 Millionen Franken ab. Das entspricht beinahe dem gesamten echten Gewinn der Bank.
Die Rechnung sieht wie folgt aus: Für 2011 weist Collardi einen Gewinn von 452 Millionen aus. Diese Zahl wird in der öffentlichen Kommunikation der Bären-Bank laut nach aussen getragen.
Gemäss intern verwendeten Buchhaltungsstandard IFRS sieht die Lage weniger toll aus. Demnach wären 2011 nur 258 Millionen Reingewinn zustande gekommen.
Der Trick mit IFRS und Sonderrechung löst Collardis Bär im Kleingedruckten auf. Der „Konzerngewinn der Aktionäre der Julius Bär Gruppe AG“ würde „abzüglich Integrations- und Restrukturierungskosten sowie Abschreibungen auf Immateriellen Vermögenswerten“ ausgewiesen.
Collardis buchhalterischer Weichspühler zeigt sich nicht nur an einem Ort, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch den Abschluss und hellt somit die gesamte Berichterstattung von Bär in zentralen Punkten auf.
Vor allem die wichtige Kosten-/Ertrags-Kennziffer würde nach IFRS verblassen.
Für 2011 lag Bär bei 68 Prozent, rund 3 Prozent schlechter als im Vorjahr. Wären alle Kosten der früheren Akquisitionen und übrigen Belastungen wie Schwarzgeld-Aufarbeitung in Deutschland berücksichtigt, dann läge die Kosten-Ertragszahl bei 82 Prozent.
Damit wäre Bär im unbefriedigenden Mittelfeld, zwischen Vontobel mit 81 und Sarasin mit knapp 84 Prozent.
Trotz Griff in die Zauberkiste verfehlt Collardi seinen eigenen Anspruch um Welten. Als der junge CEO 2009 an den Start ging, lockte er die Investoren noch mit einer Cost-Income-Bandbreite von 60 bis 64 Prozent. Davon kann derzeit keine Rede mehr sein.
Die Verschlechterung schlägt auf den Kurs. Seit Collardi Bär als vermeintlich reinrassigen Vermögensverwalter lenkt – der hohe Gewinnbeitrag des Tradings muss dafür ausgeblendet bleiben –, ist die Bär-Aktie um über 10 Prozent gesunken. Damit schlägt Collardi die UBS und die CS zwar um Längen, doch das Vorzeichen bleibt negativ.
Problematischer als die fragwürdige Ertragskraft ist die veraltete IT. Diese hätte längst einem modernen System Platz machen sollen.
Doch unter Collardis Mitarbeit wurde die erworbene Avaloq-Lizenz in der Zeit der Migration der UBS-Banken auf Eis gelegt.
Als dann der Banker, bei dem die Vielsprachigkeit mit dem dünnen Schulsack mit Wirtschaftsmatur kontrastiert, an den Drücker kam, wurde die Umstellung auf Avaloq für lange Zeit schubladisiert.
Man halte mittelfristig am bestehenden IT-System fest, meinte die Bank vor kurzem. Der langjährige IT-Chef verliess die Bank Ende 2011.
Das Problem ist vom Tisch, aber nicht gelöst. Aus Mitarbeiter-Kreisen ist von frühmorgendlichem IT-Ärgernis zu hören.
Es würde vorkommen, dass das System erst mit einer Stunde Verspätung verfügbar sei. Zudem würden simple Transaktionen wie Devisen-Swaps erst seit kurzem korrekt abgebildet.
Collardis Lust auf Merrill Lynch wird angesichts einer instabilen, unzeitgemässen IT zur grossen Wette. Eine Übernahme der US-Bank auf das bestehende System könnte sich als unmöglich erweisen.
Trifft das zu und würde die Gross-Akquisition trotzdem gestemmt, käme es zu einem riskanten Parallel-Aufwand, wie ihn die Bank Bär noch nie erlebt hat.
Einerseits müsste die grösste Akquisition aller Zeiten gestemmt werden, bei der eine klassische Schweizer Private-Banking- mit einer umsatzgetriebenen US-Brokerage-Kultur verschmelzt würde.
Gleichzeitig müssten die Zürcher auf eine leistungsfähige IT umstellen.
Wie das funktionieren soll, bleibt Collardis Geheimnis. Vielleicht kommt der Bär-Chef auch um eine Antwort herum. Dann nämlich, wenn er Merrill Lynch gar nicht kauft.
Auffallend ist jedenfalls, dass Collardi wie bei der gescheiterten Sarasin-Übernahme frühzeitig das öffentliche Rampenlicht sucht.
Wer wirklich einen Deal anstrebt, tut das normalerweise so leise wie möglich.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wäre gut, wenn sich Collardi selbst übernehmen würde, dann hätte die Bank Bär einen schweren Kostenblock und ein Leichtgewicht weniger.
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Warum fallen VR und Aktionäre so oft auf solche Exponenten rein?
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…weil sie meist selber Netzwerk- bzw. Korruptions-Opportunisten sind.
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…was hat Collardi schon wieder genuschelt? – Kann den schon lange nicht mehr ernst nehmen. Ein weiterer Opportunisten-Joke. Nichts wirklich selber geleistet.
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Völliger Grössenwahn von Boris Collardi.
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. -
Der noch (immer) junge und naive Boris ist gerne im Rampenlicht und ich kann mir gut vorstellen, dass er M&A Aktivitäten nur allzugerne kommentiert (obwohl Diskretion in diesem Geschäft angemessener wäre). Dies nur um seinen Status zu verbessern.
Er ist ein Opportunist und Angeber, der jedes Jobangebot, wo er mehr Macht und Geld kriegt sofort annehmen würde.
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Wer genau hinschaut wird merken, dass BC sehr wenig Aktien seiner Bank hält. Damit wird klar, dass er sich in erster Linie über seinen jährlichen Bonus definiert und finanziert. Von einem langfristig angelegten Comittment kann keine Rede sein. Dementsprechend kurzfristig ist seine Strategie, ganz nach dem Motto: In der Kürze liegt die Würze. Ob das gut kommt?
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guter artikel, der die achilles von JB klar aufzeigt. seit BC am ruder ist, wird bei JB sehr vieles in (zu) gutem lichte dargestellt, die strategie des blenders. die IT bleibt der challenge, BC kann nur eine bank übernehmen auf deren IT er migrieren kann. sarasin wäre da eigentlich ganz gut gewesen, was kleineres mit ähnlich moderner IT (avaloq, temenos, …) noch besser. finanziell hat die JB mit hoher C/I und hohem goodwill sowieso kaum die potenz für was grösseres, da blufft JB cool, um im verstreuten JB aktionariat etwas fantasie zu versprühen. entsprechend flirtet er ja immer früh und laut um jegwelche bräute…
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Boris F. J. F. K. Collardi ist ein klarer blender. Seine vielen Schwächen kaschiert er mit Überheblichkeit und Ignoranz. Anstelle eine der letzten traditionellen Privatbanken nachhaltig zu entwickeln werden finanzielle kurzfristige Ziele verfolgt.
Konzeptionielles und visionäres Denken hat er nie gelernt. Somit fallen seine Strategien – wenn auch immer sehr medienwirksam inszeniert – relativ banal aus.
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„simple Transaktionen wie Devisen-Swaps erst seit kurzem korrekt abgebildet“
Nicht überaschend. Die JB ist nicht die einzigste und nicht die grösste CH Bank die mit völlig veralteten IT System unterwegs ist.
CH Banking basierte auf dem Bankgeheimnis, Service war zweitrangig (an guten Tagen, sonst drittrangig). Seit das BG weg ist und CH Banken sich dringend neu profilieren müssen, um zu überleben, weiss man nichts besseres als durch unkoordinierte Kosteneinsparungen diejenigen Mitarbeiter wegzudrängen die man bei der Neuprofilierung am meisten gebraucht hätte.
Das sind leider nicht immer die bequemsten Mitarbeiter. Aber die Schweizer Konsenzkultur und die Schweizer Unfähigkeit Konflikte anzugehen führt dazu das gute MA rausfliegen und die verbleibenden Ja-Sager mit antiquierten IT Systemen gegen die Grossen dieser Welt antreten. Viel Spass.
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Sich selbst statt die Bank und das Personal ins Licht zu stellen das kennen wir ja…..
Ob das nur gut geht! -
…ich glaube, der letzte Satz berührt den Kern. Ach übrigens, Collardi hat sich schon lange übernommen.
...ich glaube, der letzte Satz berührt den Kern. Ach übrigens, Collardi hat sich schon lange übernommen.
Sich selbst statt die Bank und das Personal ins Licht zu stellen das kennen wir ja..... Ob das nur gut…
"simple Transaktionen wie Devisen-Swaps erst seit kurzem korrekt abgebildet" Nicht überaschend. Die JB ist nicht die einzigste und nicht die…