Im gestrigen Abschieds-Communiqué wird Krishna Patel „für die grossen Leistungen in seiner langen Karriere“ bei HSBC gelobt.
Der Grund für den überraschenden Abgang des höchsten Private Bankers des englisch-asiatischen Multis mit Sitz in Genf ist weniger prosaisch.
Patel soll über Privatspesen in Millionenhöhe gestolpert sein. Diese habe er der Bank belastet. Das sagt eine Quelle mit Bezug zur HSBC-Spitze in Genf. Interne Fragen dazu seien von Patels Vertrauten abgeblockt worden.
Patel lebte nicht in Genf, wo die HSBC Private Banking ihren Sitz hat, sondern residierte im Finanzzentrum Zürich. Vom Flughafen Zürich-Kloten aus flog er um die Welt.
Patel war nur ein gutes Jahr im Amt. Neben dem Topjob im Private Banking war er Präsident des globalen HSBC Werte-Komitees, genannt „Values Committee“. Ebenso hatte Patel die oberste Verantwortung für die HSBC-Region Afrika.
Patel stand fast 30 Jahre in Diensten der HSBC. „With his strong emerging markets background, he is perfectly placed to build on the success Global Private Banking has achieved in the faster growing markets“, freute sich HSBC-CEO Stuart Gulliver bei Patels Berufung im Sommer 2011.
Ein HSBC-Sprecher in Genf konnte zunächst nichts zum Spesenfall rund um Patel sagen.
In einem zweiten Gespräch sagte der HSBC-Kommunikator, er würde „keinen Kommentar“ abgeben zu Fragen rund um Spesen des scheidenden HSBC-Topmanns.
Der Spesenfall des obersten HSBC-Verantwortlichen für das globale Private Banking, das aus der Rhône-Stadt heraus gesteuert wird, kommt zur Unzeit.
Die HSBC, die mit ihrem weltweiten Filialnetz zu den Weltgrössten der Finanzindustrie zählt, wird derzeit von verschiedenen Skandalen erschüttert.
Die USA werfen HSBC Geldwäsche mit Mexiko, Iran und Saudi-Arabien vor. Es gehe um Drogengelder und Terrorfinanzierung. Der Bank droht eine Milliardenbusse.
Weitere Skandale rücken das Genfer Private Banking ins Zentrum.
Vor wenigen Wochen wurden Genfer Banker und Vermögensverwalter als vermuteten Teil eines französisch-marokkanischen Haschisch-Schmuggelrings verhaftet.
Einer der Verhafteten arbeitete bei der Genfer HSBC. Auch eine bekannte Pariser Grünen-Politikerin wurde inhaftiert. Bei ihr wurden 400’000 Euro in Cash gefunden.
HSBC hat eine interne Untersuchung gestartet, sagt die Quelle. Diese fand offenbar heraus, dass der Geldwäsche-Fall ganz oben in der Genfer HSBC-Spitze bereits länger bekannt war.
Ständige Schlagzeilen schreibt zudem eine Liste mit Tausenden von vermuteten Steuerhinterziehern Griechenlands. Die Daten stammen von der HSBC in Genf, wo sie ein Informatiker gestohlen hatte.
Für die Schweizer Topleute der HSBC könnte die Lage ungemütlich werden, meint die Quelle.
Franco Morra ist der eigentlich starke Schweizer im Private Banking der HSBC. Morra, ein bekannter Ex-Schweiz-Chef der UBS, hat seinen Sitz in Genf, ist aber oft im HSBC-Ableger in Zürich.
Dort gibt Roger Lehmann den Ton an. Lehmann ist ein bekannter Banker, der im Schatten des verstorbenen Bank-Bellevue-Gründers Müller-Möhl Karriere gemacht hat.
Mit Müller-Möhls Wittwe war Lehmann bis vor wenigen Wochen liiert.
Sowohl Morra als auch Lehmann sollen zum engen Vertrautenkreis des gestern abgetretenen Big-Bosses gehört haben.
Mit dessen Ausscheiden würden Morra und Lehmann die schützende Hand von oben verlieren, meint die Quelle, die sich auf HSBC-Insider beruft.
Schon der Ex-CEO für das Private Banking, der von vielen respektierte Alexandre Zeller, habe von möglichen Verfehlungen rund um den Marihuana-Fall gewusst. Zeller ist designierter Präsident der Schweizer Börsenorganisation Six.
Als Zeller Anfang Jahr nach Unstimmigkeiten von Bord ging, rückte der ehrgeizige Franco Morra nach.
Morra habe rasch einen Direktunterstellten, der möglicherweise für die Geldwäsche mitverantwortlich gemacht werden könnte, aus seiner Geschäftsleitung genommen, sagt die Quelle.
Damit habe Morra Distanz zwischen sich und den Manager schaffen wollen, meint der Gesprächspartner.
Ob sich Morra und sein Zürich-Chef Lehmann halten könnten, sei ungewiss. Die Geldwäsche-Untersuchung bewege die Bank.
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Die beliebtesten Kommentare
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Ich zitiere: “ Schon der Ex-CEO für das Private Banking, der von vielen respektierte Alexandre Zeller, habe von möglichen Verfehlungen rund um den Marihuana-Fall gewusst. Zeller ist designierter Präsident der Schweizer Börsenorganisation Six.“
Ist es sinnvoll Herrn Zeller als Präsident der SIX zu wählen bevor diese Sachverhalte sauber juristisch abgekläert sind? Ich denke nicht.
Zudem Schlagzeile heute: „Europas grösste Bank HSBC wird Insidern zufolge wohl 1,8 Milliarden Dollar zahlen, um in den USA Geldwäsche-Vorwürfe aus der Welt zu schaffen.“
1,8 Milliarden sind keine Bagatellstrafe. Inwiefern ist/war da auch die Genfer Filiale beteiligt?
Viele offene Fragen…
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Zitat: „The culture at HSBC was pervasively polluted for a long time“ (Senator Carl Levin, chairman U.S. Senate Permanent Subcommitte on Investigation, 16. Juli 2012).
Ist das verwunderlich bei einer Bank, die von engl. Opiumhändlern in Hong-Kong und Shanghai gegründet wurde?
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wären wohl besser beim Opium gebliben..
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Der Cannabis-Geldwäschereifall in Genf ist insofern peinlich für die Bank, als sie Opfer eines altbekannten Kompensationsschemas wurde.
Dazu wurden nicht-deklarierte Konten von mehreren französischen Kunden benutzt. Diese konnten ihr Schwarzgeld elegant repatriieren, indem sie in Paris Bargeld erhielten, das aus dem Erlös des Drogenhandels stammte – vermutlich im Unwissen darüber. Dieselbe Summe wurde parallel dazu von ihrem schwarzen Konto bei HSBC abgebucht und von einen externen Vermögensverwalter über verschiedene Scheinfirmen an den Drogenring weiter „recykliert“.
Die Bank scheint es dem Komplizen in der Bank und seinem Bruder, dem externen Vermögensverwalter, einfach gemacht zu haben. Dass dieses wie gesagt bekannte Schema über mehre Jahre und auf mehreren Kundenkonten angewandt werden konnte, deutet auf eher laxe Compliance-Standards hin.
Ein dritter Bruder wirkte übrigens als Einsammler von Drogengeld und als Geldüberbringer an die Kunden in F. A true family business! Nicht beschuldigt wird ein naher Verwandter, welcher in der Geschäftsleitung der Bank wirkte, aber – wie im Beitrag erwähnt – von Morra vorsichtshalber zurückgestuft wurde.
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Es würde qualifizierte Compliance-Spezialisten brauchen, um so ein Schema zu entdecken. Die Schwarzgeldkonten der womöglich ahnungslosen Franzosen müssen zudem nicht zwingend bei der HSBC geführt worden sein. Jedenfalls wurden auch bei weiteren Genfer Banken Gelder blockiert.
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Wie früher bemerkt, Roger Lehmann ist kein Branch Manager, höchstens ein Servelat-Promi.
Anscheinend nicht mehr, wenn geschrieben wird, dass er mit MM liiert war. -
Compliance hatte in dieser Bank schon immer einen geringen Stellenwert: Zweitklassiges Kader, dadurch eine hohe Fluktuation, völlig unzureichende Tools und grotesk ineffiziente Abläufe. Die Folge ist ein chaotisches Tollhaus, in dem viel heisse Luft ventiliert und hohe Kosten generiert werden. Compliance „pour la galérie“!
Zeit, dass die FINMA sich näher damit befasst. Bevors richtig kracht.-
Compliance ist in vielen Banken, die am schnellsten wachsense Abteilung. IT- Systeme werden massiv aufgerüstet. Ihr Vorwurf trifft nur noch auf wenige Banken zu.
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Logisch wächst Compliance am schnellsten, da vielerorts vernachlässigt. Der Kommentar von Lugosi bezieht sich aber nach meinem Verständnis spezifisch auf die Bank im Artikel, bei welcher der Aufholbedarf besonders gross scheint (nicht nur in der Schweiz, vgl. heutige Busse von USD 1.9 Mrd).
Hier spiegelt sich -nett ausgedrückt – die geschmeidige Auffassung von Compliance, british style eben. Die Finma hätte die nicht unwichtige Aufgabe, auch dem Laden „in question“ die schweizerischen Spielregeln unmissverständlich klarzumachen.
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Interessanter Fall. Dranbleiben! – Besteht vielleicht diesmal eine Symmetrie zwischen wahrzunehmender Verantwortung (den Hut nehmen) und („verantwortungsbasierter“) hoher „Compensation“?
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Hat LH hier Frau Schwaninger einen Gesellschafts-Primeur vom Tablett genommen?: „…war Lehmann bis vor wenigen Wochen liiert.“
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haha, wird wohl so sein, da die Aargauer Zeitung vor 2-3 Wochen ebenfalls darüber berichtete… naja, aus jedem Ballon weicht irgendwann die Luft und je höher man steigt… in 2-3 Jahren wird mir der Lehmann fast leid tun..
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Hat LH hier Frau Schwaninger einen Gesellschafts-Primeur vom Tablett genommen?: "...war Lehmann bis vor wenigen Wochen liiert."
Interessanter Fall. Dranbleiben! - Besteht vielleicht diesmal eine Symmetrie zwischen wahrzunehmender Verantwortung (den Hut nehmen) und ("verantwortungsbasierter") hoher "Compensation"?
Compliance hatte in dieser Bank schon immer einen geringen Stellenwert: Zweitklassiges Kader, dadurch eine hohe Fluktuation, völlig unzureichende Tools und…