Hans-Jörg Rudloff ist vielleicht 1,70 Meter gross. Aber in der weltweiten Finanzindustrie zählt der 72-jährige zu den ganz Grossen.
In den 1990er Jahren war Rudloff in der CS-Führungsspitze und brachte es als Mister Eurobond zu weltweiter Berühmtheit. 1994 machte er sich kurz selbstständig, um dann ab 1998 eine grosse Nummer bei der englischen Investmentbank Barclays zu sein.
Rudloff war immer Investmentbanker, sein Denken und Handeln global. Trotzdem blieb er mit seinem Heimatland Schweiz verbunden.
So meldet sich Rudloff immer wieder zu wichtigen Themen zu Wort. 2005 stemmte er sich gegen die Übernahme der Swiss durch die Lufthansa; jedes Land müsse seine Infrastruktur in den eigenen Händen behalten, argumentierte Rudloff.
Das wohl wichtigste Amt neben seinem Barclays-Job war der VR-Sitz beim Pharmakonzern Novartis. Rudloff wurde bereits 1996 ins Gremium gewählt und schied erst 2011 aus.
Daneben nahm er auch Einsitz im Board des russischen Enegiegiganten Rosneft und weiteren wichtigen Firmen wie der Thyssen-Bornemisza Gruppe. Ab 2005 präsidierte er die „International Capital Markets Association“ (ICMA) mit Sitz in der Schweiz.
Bei Novartis sass Rudloff zuletzt in vier von fünf VR-Komitees, so auch im Vergütungsausschuss. Er war zudem einer von zwei Vize-Präsidenten, die Novartis-Herrscher Daniel Vasella notfalls vertreten konnten.
Rudloff war somit an entscheidender Stelle dabei, als die 72 Millionen für Vasellas „Ruhestand“ beschlossen wurden.
Die geheim gehaltene Abmachung wurde im kleinen Novartis-Kreis beschlossen. 2010 wurde dafür via externen Vertrauensanwalt ein Konto bei der Bank Wegelin eingerichtet, wo die Millionen deponiert wurden.
Ob Rudloff in den Vorgang involviert war und was er allenfalls davon wusste, ist nicht bekannt. An der Generalversammlung im Februar 2011 schied Rudloff aus dem VR von Novartis aus.
Rund um Vasellas Wegelin-Konto von 2010 stellen sich rechtliche Fragen. Wer war autorisiert, dieses einzurichten? Wer musste darüber ins Bild gesetzt werden? Was wussten die internen und externen Revisoren?
Die Fragen könnten an der heutigen Generalversammlung von Novartis zu reden geben. Es ist die letzte unter dem Vorsitz von Daniel Vasella.
Rudloff wird als ausgeschiedenes Mitglied nicht mehr direkt damit konfrontiert. Trotzdem ist er betroffen.
Gemäss Geschäftsbericht 2010 galt Rudloff im obersten Gremium von Novartis als Fachmann für korrekte Buchführung. „The Board of Directors has appointed (Hansjörg Rudloff) as Audit Committee Financial Expert“, steht dort. Entsprechend gehörte Rudloff zum Audit Committee.
Noch wichtiger in der 72-Millionen-Affäre könnte Rudloffs Rolle als Mitglied des Vergütungsausschusses gewesen sein.
Zu den Pflichten des Komitees gehörte unter anderem „Advising the Board on the compensation of the Board members“. Darunter fielen auch die Entschädigungen von Novartis-Präsident Vasella.
Rudloff kriegte am Ende seiner Novartis-Tätigkeit ein Grundsalär von 750’000 Franken. Hinzu kamen Pensionskassengelder. Er war damit drittbestbezahlter Verwaltungsrat.
Gemäss Geschäftsbericht 2010 hatte Rudloff am viertmeisten Aktien innerhalb des 12-köpfigen Verwaltungsrats. Er besass rund 40’000 Novartis-Anteile. Diese hätten heute einen Wert von rund 2,5 Millionen Franken.
Rudloff und Vasella könnten eine besonders enge Beziehung gepflegt haben. Rudloffs langjähriger Sitz im VR des Pharmamultis geht nämlich auf die Zeit vor Vasella zurück.
Es war Marc Moret, der legendäre Präsident der Novartis-Vorgängerin Sandoz, der 1994 den damaligen CS-Banker zu sich ins Aufsichtsgremium geholt hatte.
Als Sandoz 1996 auf Bestreben von Moret mit der grösseren Ciba fusionierte, trat Moret zurück. Das Steuer übernahm Daniel Vasella, zuerst als CEO unter Präsident Alex Krauer, der von der Ciba gekommen war, danach ab 1999 als Präsident und CEO in Personalunion. 11 Jahre später zog sich Vasella aufs Präsidentenamt zurück.
Vasella hatte das Rennen bei Novartis als Sandoz-Mann für sich entschieden. Vor der Fusion war er CEO der Sandoz-Sparte Pharma.
Hilfreich dürfte sein familiärer Link zu Sandoz-Übervater Moret gewesen sein. Vasella ist verheiratet mit einer Tochter (falsch, richtig ist Nichte) von Marc Moret.
Wenn Moret und Rudloff enge Vertraute waren, dann dürfte dies das Vertrauensverhältnis zwischen Moret-Familienmitglied Vasella und Banker Rudloff verstärkt haben.
Jedenfalls blieb Rudloff Vasella und dessen Novartis bis zum Erreichen der Altersgrenze treu; dies im Unterschied zur CS, wo Rudloff seinen Aufstieg gemacht hatte, dann aber unter CS-Präsident Rainer Gut absprang.
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Die beliebtesten Kommentare
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Hallo zurorientierung Herr rudloff ist deutscher Staatsangehöriger war es und ist es noch. Aber wenn jemand gut ist wird er schnell zu einem Schweizer!!! M.f.g. U. Karth
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Nun will Novartis noch klagen:
72-Millionen-Deal: Novartis sucht Vasellas Verräter
http://www.sonntagonline.ch/ressort/wirtschaft/2814/
Dabei ist die Frage doch eher ob die Firma nicht Rechte von Aktionären und bei der Offenlegung/Buchführung verletzt hat mit diesem Geheimkonto.
Ich danke IP nochmals für die Veröffentlichung dieser relevanten Tatsachen nachdem die Schweizer Presse offensichtlich geschlafen hat nach dem Abgang von Vasella.
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Im Kontext internationaler Gepflogenheiten und des damit eingegangenen Konkurrenzverbotes wäre die Abgangsentschädigung die zurzeit von vielen Heuchlern angeprangert wird, ein Klacks. Diese suchen offensichtlichen einen Prügelknaben wegen der miserablen Kommunikationsarbeit in Bezug auf den Abzocker-Gegenvorschlag – namentlich auch von Economie Suisse. Diese Leute sollten sich mit ihrer populistischen gespielt wirkenden Entrüstung etwas zurückhalten, denn sie müssen wissen, dass jeder Pharmakonzern der Welt sich die Hände reiben würde wenn er Daniel Vasella ins Boot holen könnte – zu Konditionen die leicht dem Doppelten seiner heutigen Jahresentschädigung entsprechen würde. So gesehen sind die Angriffe auf Daniel Vasella mehr als scheinheilig, allenfalls ideologisch bedingt und überhaupt nicht sachlich. Gut – ich streite nicht ab, dass die PR-Arbeit der Novartis in diesem Fall nicht über jeden Zweifel erhaben gewesen ist – aber das hysterische Geschrei um diese Novartis-interne Vereinbarung mit Daniel Vasella, der als Manager mit jeder Garantie Überdurchschnittliches geleistet hat, wird jetzt rundherum pathologisch. Wenn ich verantwortlich gewesen wäre für die PR-Arbeit in diesem traurigen und neidgetragenen Fall: ich hätte auf die Unkenrufe der Medien überhaupt nicht reagiert und auf die vertraglichen, vom Gesamt-VR gutgeheissenen Vertragsvereinbarungen mit Daniel Vasell verwiesen. Es war ganz klar eine Novartis-interne Angelegeneheit und in keinem Fall vergleichbar etwa mit einem Fall in dem wie so oft Politiker das Geld von Steuerzahlern verscheudern, und daher Rechenschaft abgeben müssten.
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Nun, Herr Bühler, nun werden wir ja gemäss Ihrer Theorie bald sehen, wer Vasella zu welchem Lohn anwirbt, das Konkurrenzverbot ist weg.
Wer nach 400-500 Millionen Salär (Schätzungen gemäss Bilanz.ch und anderen Quellen) und fast 30 Jahren bei Sandoz und Novartis zur Konkurrenz wechselt ist meiner Meinung unten durch.
Soll dieser Söldner (das wäre dann die richtige Bezeichnung für Vasella) doch zu einer anderen Firma…
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Ist Vasella ernsthaft krank? Müsste man mal sondieren.
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Laut Wikipedia ist Daniel Vasella mit einer Nichte von Marc Moret verheiratet.
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Das ist in der Tat so. Man könnte sich fragen ob er ohne diese Heirat nicht irgendwo im mittleren Management bei Sandoz versauert wäre.
Und an der GV wurden die harten Fragen nicht gestellt, warum richtet man 2010 ein Sperrkonto ein und informiert die Aktionäre nicht sauber ? Gibt es noch mehr solcher Konti?
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Was erstaunt ist wie blöd die Eigentümer sind und wie wenig organisiert.
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Wieso wird mein Kommentar nicht freigeschalten?
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Immer mit der Ruhe, gönnen Sie Herr Hässig doch seine wohlverdienten Winterferien nach dem Vasella-Scoop (jedenfalls soll er in den Ferien weilen gemäss Tagi):
Der freie Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig landete den bisherigen Schweizer Medien-Scoop des Jahres.
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H.-J. R. hat sich in den goldenen Jahren eine Seilschaft und ein Netzwerk aufgebaut von welchem er noch heute profitiert und geschuetzt wird. Von einigen seiner „Side-businesses“ mit Osteuropa-/Russlandbezug sollte die Oeffentlichkeit besser gar nichts wissen.
Alle IP-Leser sollten sich endlich bewusst sein dass ein Schweizer Pass nicht Schweizer Werte bedeutet. In einigen Jahren werden wir ausserdem nicht mehr von den Anglesachsen sondern von den Asiaten sprechen welche die Schweizer Banken „ausgenommen“ haben. Leider gibt es in Asien (Singapore&Hong Kong) momentan etliche Banker mit Schweizer Pass welche sich vollkommen dem „Asian-way-of-banking“ (kurzfristig soviel zu verdienen wie moeglich; egal ob im Interesse der Bank oder des Kunden) hingeben. Oft sehr unterdurchschnittlich ausgebildete Leute welche sich mit dem Verrat von wahren Schweizer Werten bei der asiatischen Kundschaft profilieren und prostituieren…-
Waere interessant zu erfahren auf welche schweizer banker in asien hier gemeint sind….
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Rudloff konnte Vasella gut einschätzen. Als Mitglied des Vergütungsausschusses wusste er genau, wie sehr Vasella davon überzeugt war, dass er jeden Franken seiner Vergütung wert sei. Die Frage, ob Vasella sich bei einer geringeren Vergütung reorientiert hätte, wie angeblich zu befürchten gewesen war, muss offen bleiben.
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Erbmonarchie und Nepotismus bei den Multis… tell me something new…
Das ist in der Tat so. Man könnte sich fragen ob er ohne diese Heirat nicht irgendwo im mittleren Management…
Ist Vasella ernsthaft krank? Müsste man mal sondieren.
Erbmonarchie und Nepotismus bei den Multis... tell me something new...