Vor einem Jahr ging überraschend der Informatik-Chef der Credit Suisse Karl Landert von Bord. 12 Monate später bleibt in der CS-IT kein Stein auf dem anderen.
Landerts wichtigste Schweizer Verbündete haben inzwischen ebenfalls einen neuen Job. Allen voran Daniel Ott, zuletzt die Nummer 2 der Informatik der CS. Ott geht zu Konkurrentin UBS.
Das Ausscheiden der beiden Schweizer Urgesteine ist die Folge einer Machtverschiebung. Erstmals haben auch in der Informatik nicht mehr die Eidgenossen das Sagen, sondern die Angelsachsen.
Angeführt von David Mathers, dem 47-jährigen Finanzchef der Grossbank aus England, besetzten sie die wichtige Positionen und bauen die IT der CS um.
Mathers, der die halbe Bank kontrolliert, spricht von „fokussierter IT“. Dafür unterstellte er sich die Chefs von IT, Operations und Finanz direkt.
Die Palastrevolution sei dringend nötig gewesen, sagt eine unabhängige Quelle mit Kenntnissen der Vorkommnisse. Unter Landert und Ott sei die IT der Bank in bürokratischem Morast versunken.
Die beiden führenden Helvetier in der CS-IT hätten am längst überholten Konzept der „prozessorientierten“ Entwicklung festgehalten, sagt die Quelle.
Diese läuft unter dem Fachbegriff CMMI und erinnert an Autoproduktion am Fliessband. In strikter Aufgabenteilung sollten die unzähligen Programme der CS entwickelt werden.
Der Trend geht heute in Richtung „Agile Programming“. Kleine Schritte schnell ausgeführt lautet das Schlagwort; eine Strategie der IT-Nadelstiche quasi.
Landert und Ott hatten sich dieser Entwicklung laut einer zweiten Quelle verschlossen.
Zum Desaster kam es, als der Verbündete Stephan Hocking, ein Ex-McKinsey-Berater, das schwerfällige CMMI in Singapur einführte und die Landert und Ott dieses im wichtigen Heimmarkt Schweiz übernahmen.
Die Bürokratie in Zürich begann zu wuchern, zahlreiche Stellen im Qualitäts- und Prozessmanagement wurden neu geschaffen.
Leute, die Freude am Entwickeln und Vorwärtskommen hatten, wurden demotiviert. Eine kleine Programmanpassung, für die früher wenige Tage oder Stunden benötigt wurden, dauerte nun Wochen.
Landert und sein Buddy Ott spürten den Frühling. Im Februar 2012 riefen sie das Projekt „Future IT“ aus, wie die Zeitung Swiss IT Reseller bekanntmachte.
Ziel war es, das Bürokraten-CMMI in der ganzen Bank auszurollen, also auch im amerikanisch dominierten Investment Banking.
Das war der Anfang vom Ende der einstigen Swiss Cracks in der CS-Informatik.
Adam Broun, der wie Kostenschleiferin Kirsty Roth lange beim Beratungsunternehmen Deloitte war und 2010 als Informatik-Chefstratege zur CS-Investmentbank wechselte, prüfte CMMI auf Wirksamkeit.
Das Resultat war offenbar vernichtend. „CMMI wurde gestoppt, das IT-Strategie-Team in Zürich Broun unterstellt, dann das Architekturteam, und schliesslich wurde Broun zum Leiter Frontend gekürt“, sagt die erste Quelle.
Kurz darauf war Landert Geschichte. Zum grossen Zampano mit rund 15 Direktunterstellten, darunter allen IT-Chefs, wurde David Mathers.
In einem Interview mit dem CS-Mitarbeitermagazin One im letzten November sagte Mathers, warum er die Bereiche Finanz, Operations und Informatik unter seine Fittiche nahm. „(Diese) machen den Grossteil der Infrastruktur der Bank aus.“
Alle drei am gleichen Tisch sei gut für die Zukunft.
„Der IT-Experte kann sagen, was technisch möglich ist, der Finance-Mitarbeitende kennt die wirtschaftlichen Treiber und die Gründe, die für eine Massnahme sprechen, und der Operations-Vertreter weiss, wie das Ganze funktioniert“, meinte Mathers. „Gemeinsam können sie ziemlich kreativ sein, da Finance, Operations und IT von den meisten Themen in der Bank in irgendeiner Form betroffen sind.“
Mathers entpuppt sich damit als Anhänger konsequenter Zentralisierung. In der IT hat das oft zu Mammutprojekten geführt.
Eine der Quellen traut Mathers und seinen neuen IT-Chefs, zu denen Broun bereits nicht mehr zählt, eine wahre Revolution zu.
Innert weniger als 3 Jahren hätten die Angelsachsen, die zuvor nirgends in der IT der CS gewesen seien, das Zepter in diesem strategischen Bereich übernommen.
„Sie besetzen nun alle Schlüsselpositionen inklusive der Infrastruktur.“ Einziger Schweizer Überlebender sei der unverwüstliche Claude Honegger als IT-Chef Vermögensverwaltung und Shared Services.
Den neuen angelsächsischen IT-Führungsleuten traut der Insider zu, dass sie ganze Handelsplattformen an Drittanbieter auslagern würden.
Das Gleiche machte die CS bereits bei den Immobilien. Dort legte sie zuerst zwei Bereiche zusammen und arbeitet heute eng mit externen Firmen zusammen, die teilweise personell mit der CS verstrickt sind.
Eine enge Beziehung zu Insourcerin Swisscom IT Services würde bereits bestehen. Dort landete kürzlich Karl Landert, der Ex-IT-Chef der CS, im VR.
Bis Landert diese und andere neue Aufgaben übernahm, war er nach seinem Abgang ein Jahr lang auf der Payroll der CS geblieben – als Berater.
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Die beliebtesten Kommentare
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Und – ist die CS Informatik jetzt besser?
😛
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„Den neuen angelsächsischen IT-Führungsleuten traut der Insider zu, dass sie ganze Handelsplattformen an Drittanbieter auslagern würden.“
Interessante Prognose – die leider schon angelaufen ist!
Man staunt schon wenn der eigene Job im Internet als ausgeschriebene Stelle wiederzufinden ist bevor man die Mitarbeiter informiert.
Aber das passt natürlich zum unfähigen Abzocker-Managment,leider sind es einmal mehr die Angelsachsen die über Sein- oder Nicht sein von Schweizerjobs entscheiden dürfen!Bei der Frage ob sich das mit dem Thema genehmigte Massenentlassung vereinbaren lässt? Keine Sorge, die Rechtsabteilung der CS wird mit kleveren Strategien zu Handen der HR-Vertreter schon im Vorfeld die Weichen gestellt haben.
Denn – solange nicht mehr als 30 M/A per Stichtag eine Vertragsauflösung erhalten, kann nicht von einer Massenentlassung gesprochen werden. Also keine Rechtfertigung gegenüber dem SECO und dem CH-Gesetz.
Was wenn man den Pesronal-Pool beim CS-HR einmal kontrollieren würde (?) ja da sind hunderte Positionen ausgewiesen, die in Etappen das Unternehmen verlassen müssen/dürfen !
Alles ganz Legal wie es scheint, keiner hinterfragt diese clevere Vorgehensweise. -
Irgendwie erinnert mich das ganze an das SDLC der UBS (Software Development Life Cycle). An und für sich ja etwas moderneres als das, was grösstenteils in der UBS gemacht wurde.
Nur wurde dies von unfähigen Leuten, Managern etc. vorangetrieben welche eigentlich keinen Plan von Software Entwicklung haben. Es wurden sogenannte „Ambassadors“ ernannt, diverse „Schwätzer“ hielten unzählige Sitzungen und Präsentationen.
Kräftig wurde die Werbetrommel angeworfen… Und was ist heute damit? Keine Ahnung… Ich habe nichts mehr davon gehört!Wie sinnvoll ist es, für Software Projekte ein agiles System ein zu führen, doch all die zentralen Datensysteme brauchen bis zu 4 Monate um z.B. eine neue DB View in die Produktion zu bringen?
Ist zwar off-topic, musste dies trotzdem mal loswerden…
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Das traurige in der IT-Welt der Banken ist, dass nur noch nach Zahlen geführt und optimiert wird. D.h. die ITs werden von Buchhalter-Managern geführt, welche meist keine Ahnung von IT haben und nur ihre Zahlen sehen.
Es wird nur geschaut, was die IT kostet und dabei wird vergessen, welche Kosten durch IT auch optimiert werden können. Die Manager in der IT sind überfordert und können sich „nach Oben“ nicht durchsetzen resp. die Leistungen der IT verkaufen.
In der CS-IT hätte zum Bsp. ein CMMI-Light genügt. Leider wurde genau das Gegenteil gemacht; nämlich ein „CMMI in Extremis“ resp. „CMMI in Bürokratis“.
Es ist traurig, wenn man mit ansehen muss, was aus einer IT mit gutem Ruf der ehemaligen SKA heute geworden ist: ein „Chaos-Haufen“, welche unter den völlig überforderten Managern schwer zu leiden haben und dadurch völlig demotiviert sind. Gilt übrigens leider auch für andere Banken, welche auf dem besten Weg dorthin sind.
Für mich ist dies das Resultat der vielen Manager-Schulen (Bsp. HSG), in welchen diese überschätzten Manager geschult werden und dann auf die Firmen losgelassen werden mit einer realitätsfremden Einstellung und völlig überfordert.
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Prozesse sind ja nicht per se gut oder schlecht, sie sollen ja einen bestimmten Zweck erfüllen, sind also Mittel zum Zweck. Und in der Informatik sollen sie einen effizienten Prozess und zu einer kostenoptimierten IT Landschaft führen. Tun sie es nicht, dann haben sie ihren Zweck nicht erfüllt und somit jemand seine Ziele nicht erreicht.
Ob nun Chaos die IT Agilität erhöht, die Komplexität und Kosten senkt, die Qualität und Transparenz erhöht, das wage ich zu bezweifeln (s. Investmenk Bank IT). Viel wichtiger als Prozesse ist eine vernünftige und effektive IT-Governace. Und wieviel IT Verständnis muss man haben, um die IT in den Griff zu bekommen, zu verstehen, worauf es ankommt, was sinnvoll und was Quatsch ist, Show Maker von Kompetenz zu unterscheiden? Und das in einer Marketing-geprägten Welt? Es braucht Sachverstand, Herzblut und Führungskompetenz. In meiner Welt setzen sich nur Politiker und Skrupellosigkeit durch. ich weiss nicht, wohin diese Kultur noch hinführt. Ich bin gespannt, ob das Führen nach Zahlen in der IT langfristig funktioniert. -
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Eigentlich ist es nachvollziehbar, dass man die beiden Dinosaurer entsorgt hat. Das Tragische daran ist aber, dass sich die IT in der CS seither nicht verbessert, sondern noch mehr verschlechtert hat. Systeme werden nicht mehr getestet vor der Einführung, Grundlagen werden nicht erhoben, man macht einfach etwas und das Problem wird dadurch nicht gelöst, sondern verschlimmbessert.
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Wenn ein IT-Chef an prozessorientierter Entwicklung festhält, gehört er auf die Strasse gestellt.
Insofern sind die Entwicklungen in der CS nachvollziehbar und richtig!-
Jaja alles ist besser geworden seit die „Anglos“ das sagen haben. Zum Zeit sparen wird neue Software ungetestet eingeführt, tools werden abgeschaft -> back to „excellisteli“, Drucker muss man auf dem floor suchen gehen und zuguter letzt müssen sich die CH-IT’ler vom AngloMgmt anhören lassen wie zurückgeblieben und kompliziert sie seien…
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Ja, schon. Das Überprozessieren war schlimm, man hatte den Eindruck, dass man die MEhrheit seiner zeit mit Administration verbringt.
Aber:
Leider ist die Qualität in der IT (IB-Bereich) kein bisschen besser geworden, im Gegenteil. Chaotische Führung, die nur noch aufs Geld schaut, tut der IT gar nicht gut, es wird dermassen gespart, dass immer mehr Fehler passieren, mit Hinweis auf „Kein Budget“ wird samt und sonders alles abgeschmettert, was eine Qualitätsverbesserung der Software bringen könnte.
Zudem ist – zumindest im Umfeld, welches ich kenne – niemand mehr motiviert, und bestimmt eine Mehrheit auf Stellensuche.Aber vielleicht ist das auch das Ziel der Führung – die schweineteueren Schweizer und Deutschen aufs Nebengleis stellen, billig outsourcen und die Führungspositionen durch englischsprachige Kumpels ersetzen …
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Es ist ja mehr als nur logisch, dass die „Kollegen“ aus dem IT-Mgmt auch mal ein bisschen Grossfinanz spielen wollen und somit alles aufblähen, damit es einige Zeit später in einem Scherbenhaufen endet – Sie sind ja nicht mehr dort.
Das ist so bei der UBS, CS, Raiffeisen (ZKB?)!
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Stimmt sicher, allerdings ist bei den Angelsachsen auch nicht alles Gold was glänzt. Ob sie günstiger arbeiten, wird man sehen: die Kultur ist da eher vom schnellebigen Investment Banking geprägt, und es wird eher planlos und schnell mal etwas entwickelt und morgen wieder weggeworfen. Dazu passt auch, dass künftig noch verstärkt Aufträge nach Polen und Indien verlagert werden, wo zwar die Kosten pro Arbeitsstunde deutlich niedriger sind, dafür aber auch die Produktivität um Grössenordnungen hinter qualifizierten hiesigen Informatikern zurückbleibt.
Insgesamt macht das CS IT Management einen total überforderten Eindruck, keine klare Strategie, keine klaren Aussagen.
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Das kann man leider unterschreiben, aber eben keine Sau interessierts, nichtmal der durch PK’s oder andere Gruppen vertretene Aktionär – weil alle immer nur CHOLEGEIL sind!
Auch wenn der Wirtschaftsplatz Schweiz durch unfähige Manager den Bach runtergeht!Und Bern ??? Irgendwann werden UNSERE Volksvertreter vielleicht aufwachen, vielleicht. Der erste Schritt ist getan, Danke Herr Minder.
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Es ist zu hoffen, dass die IT-Teppich-Schläfer der CS endlich aufwachen, und das Steinzeit-Tool „Direct-Net“ in die Neuzeit führen. Unglaublich, was sich die CS gegenüber seinen Kunden jahrelang erlaubt hat. Merkt die CS überhaupt, dass sie noch Kunden hat.
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… wo war noch gleich der Unterschied zur UBS??
(wir nennen aber keine Namen) -
Und vorher war der Bruno Bonatti Chef der IT, sein Job davor in der CS war; Filialeiter einer CS Filiale in Luzern! Auch der lies viele verbrannte Erde zurück. Tja die Führung der CS war schon immer sehr kreativ resp. speziel. Auch das dauernde ausslagern und wider zurückholen von ganzen EDV Teams. Bspl IT-Service da wird flopp um flopp produziert, immer unter dem „Deckmänteli“ kosten zu sparen!
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CMMI ist per se ein gutes Prozessrahmenwerk, CS hatte dies einfach miserabel umgesetzt. Statt das Software Entwicklungsprozess zu unterstützen, fokusierte dies eher auf Deliverables, spricht Dokumentation. Aber ein gut dokumentiertes System sagt aber nichts aus ob das System richtig und gut funktioniert. Ich kenne sehr viele ex-CS Projektleiter die wegen CMMI die Firma verlassen hatte.
Was man Charlie Landert aber anerkennen muss, ist dass er es geschafft hatte, trotz Wiederstand, CMMI Level 3 einzuführen. Leider hatte er sich dabei auf dem falschen Pferd gesetzt und verbrannte Erde zurückgelassen.
Aber einfach auf eine andere Methodik zu setzen wäre allein keine Erfolgsgarantie. Wie bei allen Methodiken muss man auch die organisationale Rahmenbedingugnen zuerst erschaffen. Und auch die Einschränkungen kennen. Bei grossen und/oder off-shore Projekten ist Agile eine grosse Herausforderung. Aber Claude Honegger ist ein CS-Urgestein und ich traue ihn es zu, dies hinzukriegen.
Alle Änderungen sind Risiken und Chance zugleich.
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Nur wer mit Landert nicht wirklich Per-Du ist, weiss nicht, wie man ‚Charlie‘ schreibt.,,
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CMMI ist KEINE Methodik sondern dient der Qualitätssicherung. So wie in der CS CMMI umgesetzt wurde, führte das zu nutzloser Bürokratie und Ineffizenz. Eben weil man CMMI als „Methodik“ ansah.
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Irgendwie erinnert mich das ganze an das SDLC der UBS (Software Development Life Cycle). An und für sich ja etwas…
CMMI ist per se ein gutes Prozessrahmenwerk, CS hatte dies einfach miserabel umgesetzt. Statt das Software Entwicklungsprozess zu unterstützen, fokusierte…
Und vorher war der Bruno Bonatti Chef der IT, sein Job davor in der CS war; Filialeiter einer CS Filiale…