Wie Duff McDonald, Autor des Buches „The Firm: The Story of McKinsey and Its Secret Influence on American Business“, persönlich kundgetan hat: „Es gibt keine Beratungsfirma, die so gründlich über sich nachgedacht und sich analysiert hat wie McKinsey & Company. Man kann nur annehmen, dass sie vielleicht schon eine „McKinsey Junior“-Lösung – als eine tatsächlich unabhängige Einheit – ins Auge gefasst, jedoch in dieser Form offensichtlich noch nicht umgesetzt hat.“
Es ist so, wie bei allen Menschen: Am Anfang, wenn man zu einer neuen Firma kommt, sieht man all die Fehler, und nach einer Weile sieht man nichts mehr. So muss es wohl auch bei McKinsey sein.
McKinsey & Company sollte mit McKinsey Junior vor allem etwas tun. Die Firma sollte innovative Impulse innerhalb ihrer Organisation setzen, um bisher noch nicht zugängliche Geschäftsopportunitäten, namentlich die stark und vor allem schnell wachsenden führenden Internet-Giganten wie Apple, Amazon, Google, Facebook, Twitter, etc., zu erschliessen.
Wie schon McDonald in seinem Buch „The Firm“ geschrieben hat, spielt McKinsey keine entscheidende Rolle in der Gestaltung der Internet-Wirtschaft beziehungsweise in der Beratung der Internet-Giganten.
McKinsey Junior ist nicht zu verwechseln mit der Beratungstätigkeit von McKinsey’s Business Technology Office (BTO). Mit BTO fasst McKinsey ihre Kompetenz im Bereich (Informations-)Technologie zusammen und deckt somit die Technologie-Beratungsbedürfnisse der McKinsey-Kunden ab.
Während BTO im McKinsey-Netzwerk eingebunden ist und mit den McKinsey-Beratern Hand in Hand zusammenarbeitet, wird McKinsey Junior nicht mit dem Netzwerk verbunden sein und unabhängiger agieren. McKinsey kann aber durch die Firmenbeteiligung am Erfolg von McKinsey Junior teilnehmen. Der Unterschied zwischen beiden besteht in der Firmenphilosophie und dem Businessmodell.
Was sie aber gemeinsam haben, ist die objektive Perspektive, welche sie unabhängig von Systemherstellern und IT-Dienstleistern macht. Es werden keine kommerziellen Interessen in den geschäftlichen Empfehlungen verfolgt.
McKinsey Junior sollte eine neue, unabhängige Firma sein, die keine Abteilung von der McKinsey-Muttergesellschaft sein darf. Sie sollte losgelöst von der existierenden Doktrin sein. Das muss schon im Namen verankert werden.
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Das Wort Junior wird im angelsächsischen Raum gebraucht, um den Vater und Sohn gleichen Namens zu unterscheiden. Die Beratungsfirma McKinsey Junior hat all die Vorteile eines Juniors in einer Familie, die von einem liebenden und einflussreichen Patriarchen regiert wird.
Man kann als Junior die Vorteile des Rufs, Standes und Vermögens des Vaters nutzen, wenn man sie braucht. Dennoch soll er/sie eigene Wege gehen.
Die Beratungsfirma McKinsey Junior wird daher ein anderes unternehmerisches Umfeld und eine andere Beratungsteam-Zusammenstellung haben, die spezielle Expertisen, Qualifikationen und professionelle Hintergründe mit sich bringt. Zudem sollte diese neue Beratungsfirma Zugriff auf „McKinsey Solutions“, eine datenbank-basierte, für Kunden nutzbare Softwarelösung haben.
Die Publikationen „The Firm“ von Duff McDonald und „Consulting on the Cusp of Disruption“ von Clayton M. Christensen, Dina Wang und Derek van Bever beleuchten beide die grossen Herausforderungen von McKinsey und der Beratungsindustrie als Ganzes. Beide kommen zum Schluss, dass schwierigere Zeiten auf die Beratungsindustrie zukommen.
Eine Herausforderung für McKinsey ist, dass auch sie neue Wege finden und gehen muss, um relevant für die erwähnte neue Generation von Unternehmen zu werden; zugleich muss auch McKinsey weiter wachsen, um die Grössenvorteile (economies of scale) nutzen zu können.
Da bei McKinsey das meiste Geld mit grossen Unternehmen erwirtschaftet wird, kann sich das Nicht-Dabei-Sein bei den grossen Internetgiganten zu einem ernsthaften Problem entwickeln.
Was McKinsey und andere Beratungsfirmen realisieren, ohne bisher ein Gegenmittel dafür gefunden zu haben, ist, dass die Technologieentwicklung mit einer höheren Geschwindigkeit fortschreitet als die Anpassungsfähigkeit des Managements. Hier liegt vielleicht das grösste Problem für traditionelle Unternehmungsberatung.
Es ist schwierig, das „Outside of the Box“-Denken umzusetzen, wenn man in der Kiste ist. Das gilt für alle Unternehmen, da ist auch eine Beratungsfirma nicht davor gefeit.
Man muss sich neu erfinden, und das kann man am besten, wenn man etwas Neues und Unabhängiges aufbaut, wie gesagt ein McKinsey Junior, die der Technologie-Herausforderung mit ihrem Wandel entgegentreten kann.
Was wäre so anders bei McKinsey Junior, was nicht schon da ist? Und was wäre der Mehrwert für die McKinsey und für die Kunden?
Das ist die Ein-Million-Dollar Frage, oder besser gesagt, die Ein-Billion-Dollar Frage.
Mehrwert verspricht das Konzept, weil die Firma McKinsey Junior anders ist, als man es von McKinsey her kennt oder zu kennen meint. Sie ist glaubwürdiger für Kunden, die nie offen waren für das, was McKinsey und die Beratungsfirmen repräsentieren.
McKinsey Junior steht für jung, frech, frisch, leidenschaftlich und frei von allen branchenüblichen Konventionen. Die Teams wollen sich beweisen, sind unternehmerisch, wollen durchmischte professionelle Erfahrungen anwenden, das Undenkbare denken und umsetzen.
Die jungen Manager und Firmengründer von Internet- und Technologiefirmen können sich eher in diesem neuartigen Konstrukt wiederfinden und mit einer Firma identifizieren, die „Junior“ in der Firmenbezeichnung verankert hat – eher jedenfalls, als in einer alteingesessenen und etablierten Firma, die nicht dafür bekannt ist, innovative Ideen zu produzieren.
Dass McKinsey nicht unbedingt der beste Innovator ist, darauf weist auch McDonald in „The Firm“ hin.
Establishment, geordneter Alltag ist genau das, was viele Gründer und Mitarbeiter von Technologiefirmen bewegt hat, sich selbstständig zu machen oder sich einem innovativen Geschäftsmodell zu verschreiben.
Es ist nicht so, dass McKinsey über die Jahre nicht versucht hat, neue revolutionäre Wege zu gehen. Ein gutes und erfolgreiches Beispiel, wie schon am Anfang erwähnt, ist McKinsey Solutions. Diese kann ohne den Einsatz eines McKinsey-Beraterteams auskommen, was natürlich ursprünglich bei der Entstehung dieses Services für viel Unruhe innerhalb von McKinsey gesorgt hat.
Wieso sollte der König der Beratungsunternehmen sich so schwer tun, sich neu zu erfinden?
Es mag daran liegen, dass der Erfolg die Beratungsfirmen zum Teil dazu verleitet hat, so zu bleiben, wie sie sind.
Oder liegt der Grund vielleicht in der Tatsache, dass sie erfolgreich ihr Wissen über eine so lange Zeit zu einer firmenspezifischen Perfektion entwickelt haben, und die junge Generation gedrillt wird, das Altbewährte zu nutzen?
Manche Probleme können nun mal nicht von innen gelöst werden, da zu viel Ehrfurcht und Respekt von den Jungen gegenüber dem Hergebrachten beziehungsweise der Doktrin der Mutterfirma vorherrscht. Das kann dazu führen, dass neue Gedanken, neue Lösungen bereits an eine Art Blasphemie grenzen.
Die grösste Stärke ist auch die grösste Schwäche.
Der Economist meinte über McKinsey und die Beratungsindustrie im Artikel „The future of the Firm“ vom 21. September 2013: „… a profession that thrives on raw brainpower more than specialist industry knowledge or plain old common sense“.
McKinsey’s Stärke entfaltet sich demnach vor allem durch die Willenskraft der Mitarbeiter und durch die Ausschöpfung ihres intellektuellen Potenzials, jedenfalls mehr als durch Industrieexpertise oder den einfachen gesunden Menschenverstand.
Es gibt viele Eigenschaften, die das Beratungsteam von McKinsey Junior ausmachen sollten.
Manche Beratungsfirmen können diese zu Recht schon in Anspruch nehmen, zum Beispiel, dass sie gleiche Talente bereits im eigenen Team besitzen.
Es ist aber leider so, dass eine Firmenkultur wie ein Kochrezept ist. Obwohl man ähnliche oder gar gleiche Zutaten für ein Essen braucht, kommt nicht immer das Gleiche heraus.
McKinsey Junior hat in seinem Team-Pool Talente, die man auch bei McKinsey finden kann; aber es sind auch solche Talente dort, die bei McKinsey nie arbeiten würden oder könnten.
Das fängt bereits mit dem Tragen oder Nichttragen eines Anzuges an.
Was das Beraterteam von McKinsey Junior mitbringen muss, sind unter anderem: aussergewöhnliche Technologie-Expertise, extreme Leidenschaft für das Fachgebiet, „Outside the box“-Denken, nicht linearer Lebenslauf, Machermentalität, Entschlusskraft, Unternehmergeist, starke Kundenorientierung.
Man wird sich fragen, wieso jemand bei McKinsey Junior arbeiten will, wenn die Qualifikationen einen gut bezahlten Job bei einer der begehrten Technologiefirmen ermöglichen würden?
Dazu kann man nur sagen, dass es Menschen gibt, die es interessanter finden, nicht nur für eine Technologiefirma zu arbeiten, sondern mehrere zu beraten und so ihre Arbeit interessanter zu gestalten. Zudem können sie ja jederzeit auch zu solch einer Technologiefirma gehen, wenn sie genug von der McKinsey-Junior-Welt haben.
Die Kandidaten müssen bei den Technologiefirmen derart begehrt sein, wie sie es für McKinsey Junior sind. Und wenn sie eines Tages zu einem der neuen Kunden gehen, wird das positiv für McKinsey Junior sein, da die Alumni Leute mit gleichem Background nachziehen werden. Dies ist schon bei den traditionellen Firmen üblich.
Die innovative Kultur und der andere Lifestyle sollen die Attraktivität von McKinsey Junior ausmachen. Dies ist vergleichbar mit den Technologiefirmen in Silicon Valley.
Es war vor allem Marvin Bower, der die McKinsey-Kultur bis zum heutigen Tag und somit auch die Beratungsindustrie noch immer und wesentlich prägt. Bower übernahm die Führung von McKinsey nach dem plötzlichen Tod des Gründers James O. McKinsey im 1937. Er wird nicht umsonst der Vater des modernen Management Consulting genannt.
Bower führte den Dresscode – dunkle Anzüge, Hüte und Strumpfhalter – ein, um Vertrauen und eine Identität gegenüber dem Kunden zu etablieren.
Bower selbst kam aber von der Idee des Tragens eines Hutes ab, nachdem John F. Kennedy bei seiner Amtseinführung 1961 auf einen Hut verzichtete. Also kann man davon ausgehen, dass er bei McKinsey Junior das Nichttragen von Anzügen entsprechend dem Kulturwandel ebenso akzeptieren würde, solange es dem Businessgedanken entspricht.
Schlussendlich wird auch der neue – nicht vorhandene – Dresscode von McKinsey Junior ein Teil sein, um Vertrauen und eine neue Identität zu etablieren.
Die Vorteile von McKinsey Junior sind:
– Neue Technologiefirmen werden angezogen vom Pool an Talenten und dem einzigartigen Beratungs-Know-how;
– die neuen Kunden werden auch die Kunden der Zukunft sein;
– Top-Talente, die an der „Krawattenwelt“ und was immer sie im Establishment von McKinsey sehen, nicht teilhaben möchten, werden von diesem neuen Beratungsumfeld angezogen;
– der Ruf von McKinsey wird gestärkt;
– McKinsey wird ein grösseres Spektrum an Kundenbedürfnissen abdecken und dies auch glaubwürdiger vertreten können;
– der Hallo-Effekt on McKinsey Junior wird erfreuliche Auswirkungen auf McKinsey’s Umsatz und Profitabilität haben.
Man kann viel Gutes und auch weniger Gutes über Beratungsunternehmen wie McKinsey sagen. Unabhängig davon müssen die meisten zugeben, dass sie relevant und dominant im Management der grossen Top-Unternehmen bleiben werden, auch wenn nicht überall und für jeden in der heutigen Form.
McKinsey Junior ist zwar ein kleiner Schritt für die Firma, aber möglicherweise grosser für McKinsey & Company.
„The biggest risk is not taking any risk.“
Mark Zuckerberg (1984), Facebook-Gründer und CEO
Ein langer aber interessanter Artikel über ein Thema, das mehr die Beraterwelt als die Banken anspricht. Der Autor hat ein bisschen ausgeholt, um uns die McKinseywelt näher zu bringen, auf Kosten eines langen Artikels, ist aber so o.k.
Die Idee finde ich sehr gut. Ich stimme mit Duff McDonald und dem Autor überein, dass McKinsey Junior ein möglicher Weg wäre, McKinsey für die Internetindustry attraktiver zu machen.
Viel zu langer und langweiliger Text.