Es ist immer wieder interessant zu lesen, wie man sich auf dieser Seite im Bankenwesen gegenseitig die Leviten liest oder gar noch ruppiger aufeinander einschlägt.
Da frage ich mich manchmal schon, ob Banken und Banker (und auch schweizerische Politiker) das aktuelle Geschehen an den Finanzmärkten immer noch als rein privatwirtschaftlichen Konkurrenzkampf verstehen – obschon längst erkennbar ist, dass es hier (frei nach Clausewitz) „um die weltweite Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“ geht.
Für aufmerksame Beobachter war diese Entwicklung schon im Umfeld der Nazigold- und der Nachrichtenlosen-Vermögen-Ereignisse sichtbar. Ich habe selber 1996 öffentlich darauf hingewiesen.
Der frühere Bankenaufsichtspräsident Eugen Haltiner sprach 2009 definitiv Klartext: „Wir befinden uns gegenwärtig in einem Wirtschaftskrieg, in dem Machtblöcke (…) alle Mittel einsetzen, um ihre Interessen zu erfüllen.“
In Paris gibt es seit Jahren die „Ecole de guerre économique“ – keine Spielerei abenteuerlicher Agenten, sondern eine anerkannte Akademie.
Dass es nicht mehr (oder höchstens noch vordergründig) um Fragen von Recht, Moral und Ethik geht, sondern nur noch um finanzielle und politische Macht, ist offensichtlich.
Was automatisch die Frage der Loyalität von schweizerischen Banken aufwirft; und die Frage, wie sie es sich leisten können, sich in internen Querelen aufzureiben, statt den Erfolg des Ganzen im Auge zu haben. Zu diesem Ganzen gehören neben dem firmenspezifischen Erfolg auch die Erhaltung und der Schutz des nächsten Umfeldes, sprich: eines funktionsfähigen, sicheren und souveränen Rechtsstaates Schweiz.
Es ist unbestritten, dass UBS, Wegelin und weiteren, die ins Visier von Steuerfahndern und anderen Gutmenschen geraten waren, gar nicht direkt gemeint waren, sondern einfach als die schwächsten Glieder einer bisher stabilen Verteidigungskette identifiziert wurden. Sie hatten sich juristische Blössen gegeben und konnten damit geknackt werden.
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Es fragt sich, ob hier nicht (wirtschaftlicher) Landesverrat durch grobfahrlässiges Verhalten respektive ein solches Geschäftsmodell stattgefunden hat.
Anderseits vertraut man natürlich als Schweizer (Firma) auf das Versprechen des Landes (der Verfassung), Sicherheit zu bieten.
Zweifel sind bei diesem Versprechen angebracht, da bei Regierung und Verwaltung kaum Anzeichen weiser Voraussicht zu erkennen sind. Spassorganisationen wie „Präsenz Schweiz“, die bei den wichtigen Themen eher als „Absenz Schweiz“ auffällt, aber auch Plattitüdensammlungen, wie sie vom NDB (Nachrichtendienst des Bundes) kommen, bringen da gar nichts.
Zudem wissen wir mittlerweile aus Erfahrung, dass der Bundesrat in der Regel beim ersten kalten Windhauch einknickt. Wir wollen ihm nicht Unrecht tun: Wenn Schweizer Touristen gegen alle Warnungen sich fahrlässig in anerkannt gefährliche Gebiete begeben und dann als Geiseln genommen werden, setzt er eine riesige Maschinerie in Gang, um sie freizukriegen, was dann auch mal locker ein paar Millionen kostet.
Wenn Banken und Banker sich im Vertrauen auf den Schweizer Rechtsstaat in etwas heiklere Gefilde begeben, kriegen sie vom Bundesrat und selbstverständlich von der veröffentlichten Meinung eins auf den Deckel und werden im Regen stehengelassen.
Dass mal einer hinsteht wie seinerzeit General Guisan (nein, ich idealisiere nicht, ich weiss um die Schattenseiten) und Gemeinsinn einfordert, sowas haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Vielleicht bräuchten wir aber wieder mal so etwas wie einen „Rütlirapport“, wo alle (alle!), Wirtschaft wie Politik, an ihre Verantwortung erinnert werden.
Natürlich ist das heute schwieriger, da wir angesichts der Globalisierung möglicherweise vor dem Ende des Territorialstaates mit entsprechend schwindender Bedeutung der territorial durchsetzbaren Rechtssprechung stehen. Dann müssen wir uns allerdings auch fragen, ob die Schweiz überhaupt noch zu verteidigen ist, oder ob da bereits der Auflösungsprozess in virtuelle, landlose Interessensphären stattfindet.
Das alles sind grosse, wichtige Überlegungen, über die wir nicht jeden Tag nachdenken können und müssen.
Aber vielleicht können wir alle, jeden Tag, in unserem kleinen, überschaubaren Bereich, etwas dazu beitragen, dass das bisherige Erfolgsmodell Schweiz erhalten bleibt.
Wir alle fordern, dass „die da oben“ dafür arbeiten. Aber gilt dies letztlich nicht auch für die Bankmitarbeiter, die nichts unversucht lassen, ihre Chefs und Kollegen in die Pfanne zu hauen?
Sind wir schon beim totalen Alle-gegen-Alle angelangt? Beim wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Catch-as-Catch-can? Beim ökonomischen „Totalen Krieg“?
Seien wir weiter kritisch, das ist die Basis des Erfolgs für die Zukunft. Treten wir weiterhin Feinden der Freiheit – ob sie nun NSA oder Vorratsdatenspeicherung heissen – beherzt entgegen. Aber verlieren wir trotzdem Werte wie Anstand, Respekt, Fairness nicht aus den Augen.
Auf ein gutes 2014.
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Geehrter Herr Rodolofo Keller, da haben Sie wohl den stolz der Eidgenossen erwischt, gemäss den Kommentaren.
Ich gebe Ihnen recht, der Schritt der Globalisierung war vermutlich zu gross für diesen kleinen Land mit sehr wenigen Generälen wie Guisan.
Man schaue bitte die Führungskräfte der grossunternehmungen an, zu 90% Ausländer.
Wenn Sie Amerikaner in die HR Führungspositionen setzen, resultiert dan dass Alle-gegen-Alle kämpfen, gesteuerte Geschäftspolitik.
Ach ja, wie gerne würde ich auch, einen General ala Guisan bei den 7 Gatenzwerge sehen. -
Herr Keller, Sie verfügen über den Intellekt eines Stücks Toast. Unsere Unternehmen gehören zu den grossen Nutzniessern der Globalisierung. Mehr denn je beziehen Schweizer Konzerne den Grossteil ihrer Einnahmen aus dem Ausland. Die Grosszügigkeit und der Respekt, der unseren Firmen über Jahrzehnte entgegengebracht wurde, ist weitgehend ungetrübt. Unsere Verfehlungen im Bankgeschäft und im Umgang mit internationalen Sanktionen werden zurecht gerügt. Wenn Sie am Erfolgsmodell der internationalisierten schweizerischen Wirtschaft festhalten möchten, müssen Sie den Anspruch auf Genugtuung aus dem Ausland wohl oder übel akzeptieren. Dabei wird mit harten Bandagen gekämpft, aber so sind nun einmal die Spielregeln.
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@elmotzo: Ihr Niveau in Sachen Anstand entspricht Ihrem Verständnis der globalen Zusammenhänge. Meinen Sie wirklich, die CH hätte sich auch nur annähernd so mies, despotisch, kriminell oder unmoralisch verhalten wie die USA, UK, F oder viele andere Nationen, die mit Kolonialismus, Kriegen, Natur- und Völker-Ausbeutung etc. die zugegebenermassen vorhandenen Verfehlungen der CH bei weitem übertreffen? Ihr Geschreibsel erinnert an den Lügner, der ggü einem Mörder ein schlechtes gewissen hat.
Abgesehen davon, dass nur Bandagen braucht, wer auch kämpft – das ist bei EWS und ihren einknickenden Beamten definitiv nicht der Fall! -
Beim Lesen des Artikels fallen mir Wörter ein: Materialismus, Gier, Egoismus, Alles-nur-für-mich-allein, Ich-AG, Selbstverwirklichung, Grow you own…. Und auf der anderen Seite: Solidarität, Wertschätzung, Anerkennung, Treue, Stolz, Heimat. Tja…es ist wohl klar, welche Werte General Guisan hoch gehalten hat. Mit einem Wort: Es hat eine Entsolidarisierung der Gesellschaft stattgefunden. Der 3. Weltkrieg hat begonnen. Zur Zeit noch vorwiegend (noch) mit anderen Mitteln. Wie das immer ausgehen wird, ist offen. China, Russland, Europa, USA? Wer wird das Glück haben, sich da rauszuhalten?
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Herr R.Keller: Ist noch nie der Gedanken gekommen,dass der Gesetzeskomplex,den Sie offenbar im Auge haben,Art.47 und in Verbindung stehende Bestimmungen,zwar legal sind,aber Unrecht sind?
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Was für ein Klugscheisser. Und das Vokabular… Hat er einen Kurs in Zeitgeschichte bei der Migros Klubschule absolviert? Was will er denn jetzt? Dass wir kritisch sind und doch nicht unsere Kollegen und Chefs in die Pfanne hauen? What’s my incentive? Und was ist eigentlich das Erfolgsmodell Schweiz (ausser Schwarzgeld und ein funktionierender Rechtsstaat) und was Verantwortung? – Forsch formulierte Leere. Machen Sie weiter mit Ihrem Geschichtsstudium. Und werden Sie doch Bundesrat.
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Lieber S_A_
Mit Ihrer burschikosen Beurteilung kann ich leben. Was mir mehr Sorgen macht, ist ihre radikale Beschimpfung der Geschichte. Ich bin nicht Historiker, aber ich habe im Laufe der Zeit erkannt, dass wir aus der Geschichte sehr viel lernen können («grossen Profit ziehen können», um auf Ihrem Niveau zu sprechen). Die Analyse der Geschichte bringt uns keine pfannenfertigen Rezepte für die Zukunft, aber sie kann uns vor manchen Fehlern bewahren. Nur Deppen machen den gleichen Fehler zwei Mal.
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Was für ein Klugscheisser. Und das Vokabular... Hat er einen Kurs in Zeitgeschichte bei der Migros Klubschule absolviert? Was will…
Herr R.Keller: Ist noch nie der Gedanken gekommen,dass der Gesetzeskomplex,den Sie offenbar im Auge haben,Art.47 und in Verbindung stehende Bestimmungen,zwar…
Lieber S_A_ Mit Ihrer burschikosen Beurteilung kann ich leben. Was mir mehr Sorgen macht, ist ihre radikale Beschimpfung der Geschichte.…