Dieser Text stammt von Homegate AG, Zürich.
So sieht ein Wohntraum in Zeiten tiefer Zinsen aus: Kauf einer schicken Eigentumswohnung für eine Million Franken, finanziert mit einer Hypothek über 650 000 Franken (1. Hypothek). Dank der derzeit zinsgünstigsten Hypothek auf dem Markt lässt sich dieser Millionärstraum für umgerechnet nur 433 Franken Zinsen im Monat verwirklichen.
Zu solch günstigen Zinsen kommt man, wenn man sich für eine Libor-Hypothek entscheidet: Diese Finanzierungsinstrumente sind bei Online-Anbietern bereits für rund 0,8 Prozent Zins pro Jahr erhältlich (Stand August 2015). Bei den klassischen Banken liegen die aktuellen Angebote meist in einer Bandbreite von 1 bis 1,25 Prozent.
Wie funktioniert die Libor-Hypothek?
Libor steht für London Interbank Offered Rate. Es ist der Zins, den Geschäftsbanken im Geldverkehr untereinander anwenden; deshalb findet auch der Begriff Geldmarkt-Hypothek für das gleiche Produkt Anwendung. Im Kreditgeschäft üblich ist vor allem der 3-Monats-Libor, also der Zins für kurzfristige Geldausleihungen. Wer eine solche Libor-Hypothek abschliesst, zahlt während eines Quartals den gleichen Zins, danach wird der Kundenzins wieder dem aktuellen Referenzzins angepasst. Die in den Offerten genannten Zinsen entsprechen dem tagesaktuellen Libor zuzüglich einer Marge der Bank, die sie für ihre eigenen Risikokosten, Verwaltung und Refinanzierung kalkuliert.
Spezialfall Negativzinsen
Anfang Jahr hat die Schweizerische Nationalbank SNB das Zielband für den 3-Monats-Libor noch weiter ins Minus verschoben (-1,25 bis -0,25). Weshalb sind Libor-Hypotheken nicht noch günstiger geworden? Zum einen haben die Banken schon länger Vorkehrungen für diesen Fall getroffen: In den Kreditverträgen und Geschäftsbedingungen ist längst fixiert, dass im Umfeld negativer Zinsen ein Zins von Null Prozent Basis der Kalkulation ist. Bei einer konkreten Offerte von 0,8 oder 1 Prozent setzt sich der Kundenzins also ausschliesslich aus der Bankmarge zusammen.
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Hinzu kommt, dass die Banken noch andere Kosten einrechnen müssen – etwa die Absicherung der gesamten Bilanz gegen Schwankungsrisiken. Im Übrigen ist es trotz deutlich negativer Leitzinsen nicht ohne weiteres möglich, dass sich eine Bank auf dem Kapitalmarkt tatsächlich zu Zinsen unter Null refinanzieren kann. Daraus folgt, dass Libor-Hypotheken wohl kaum noch günstiger werden. Im Gegenteil ist im Markt ein Druck spürbar, dass viele Institute ihre Marge aufzubessern versuchen. So tauchen immer wieder Kundendossiers auf, wo die Bank einseitig eine früher günstige Marge von zum Beispiel 0,7 Prozent auf heute oft über 1 Prozent anzuheben versucht.
Vertragsbindungen – je nach Bank
Je nach Bank gehen Sie mit einer Libor-Hypothek eine bestimmte Vertragsdauer von meist zwei bis sechs Jahren ein. Einzig die UBS führte eine Zeit lang eine flexible Variante mit einer jederzeit kündbaren Libor-Hypothek. Inzwischen hat auch die Grossbank umgestellt und legt eine 3-jährige Vertragsdauer fest. Das entspreche heute der «gängigen Marktpraxis», begründet ein UBS-Sprecher. Bei den meisten Banken hat man zumindest noch die Wahl zwischen einer eher kürzeren oder einer längeren Dauer des Rahmenvertrags. Eine bloss kurze Vertragsdauer verspricht natürlich mehr Flexibilität, anderseits geniesst der Kunde bei längerer Bindung den Vorzug, dass die einmal definierte Marge gleich bleibt. Fragen Sie Ihren Finanzierungspartner, ob Sie auf Wunsch jederzeit in eine Festhypothek wechseln könnten. Das sollte heute eigentlich Standard sein, hängt aber im Einzelnen von den Geschäftsbedingungen und dem Kreditvertrag ab.
Weil auch im Leben von Hypothekarkunden manches anders kommt, als man denkt, sollten Sie im «klein Gedruckten» nachlesen, wie eine ausserordentliche, vorzeitige Kündigung gehandhabt wird. Bekanntlich werden vor allem bei Festhypotheken in solchen Fällen sehr hohe «Penalty»-Zahlungen in Rechnung gestellt. Bei einer Libor-Hypothek müssen Sie mit zwei Schadenersatzleistungen rechnen: zum einen der Ausstieg aus der laufenden Libor-Zinstranche (drei Monate beim 3-Monats-Libor), zum anderen eine Entschädigung für die während der Restlaufzeit entgangene Marge. Bei einer Marge von zum Beispiel 1 Prozent kann dies doch ganz schön ins Geld gehen, die Ausstiegskosten liegen aber immer noch tiefer als bei Festhypotheken.
Ein Vermögen an Zinsen gespart
Obwohl Libor-Hypotheken also viele Vorzüge bieten und längerfristig objektiv das günstigste Finanzierungsinstrument darstellen, haben sie sich noch nicht auf breiter Front durchgesetzt. Zumindest im Retailgeschäft der Banken macht der Anteil Libor-Finanzierungen nur etwa 15 Prozent aus. Dabei liess sich mit Libor-Hypotheken in den letzten Jahren ein kleines Vermögen sparen. Ein Beispiel: Für die Zeitspanne von 2003 bis 2013 kostete die Finanzierung auf Basis Libor nur halb so viel wie wenn man für die gleiche Zeit zweimal hintereinander fünfjährige Festhypotheken abgeschlossen hätte.
Essenziell ist, dass die entsprechende Risikobereitschaft und Risikofähigkeit gegeben ist. Wer zum Beispiel für seine Finanzierung lediglich eine 1. Hypothek (65 Prozent des Liegenschaftswertes) benötigt und aufgrund eines sehr guten Einkommens auch einen Zinsanstieg problemlos verkraften könnte, wird sich mit Fug und Recht für eine Libor-Finanzierung entscheiden. Viele Banken bieten Zinsabsicherungen an (Libor mit Cap, Cap Warrants etc.). Jede zusätzliche Sicherheit kostet aber zusätzliche Prämien. Eine gewisse Absicherung erzielen Sie auch dadurch, dass Sie eine Libor- mit einer Festhypothek kombinieren. Um das Risiko kurzfristiger, unerwarteter Schwankungen zu minimieren, sollten Sie regelmässig die Zinsentwicklung verfolgen, auf Online-Portalen oder auf Teletext Seite 623. Wenn Sie kühl rechnen und die Zinsen laufend im Auge haben, werden Sie jedes Jahr mehrere Tausend Franken an Zinsen sparen.