Joe Strähle, der Chef der EFG, die sich nach dem Kauf der BSI als neuen Stern am Schweizer Private-Banking-Himmel sieht, kann nicht rechnen.
Für einen Banker eine Todsünde. Strähle hatte im Februar vor einem Jahr den brasilianischen Besitzern 1,33 Milliarden für deren Tessiner BSI geboten.
Dies nach eingehender Prüfung der Bücher, wie man das bei Übernahmen immer macht. Dann merkte Strähle, dass die BSI doch nicht ganz so viel wert hat.
Im November kam der Mann, der bei der CS das Asiengeschäft geleitet hatte und vor 10 Jahren die bekannte Basler Sarasin als CEO führen durfte, mit einem neuen Kaufpreis.
Nun waren es noch 1,06 Milliarden Franken, welche Strähle den BTG Pactual Verkäufern aus Sao Paulo überweisen wollte.
Schon mal eine erste happige Kaufpreisreduktion, die auf eine ungenügende Prüfung der Braut durch Bräutigam Strähle hindeutete.
Aber gut. Kann ja mal passieren.
Doch heute kommt Strähle wieder mit einer neuen Zahl. Jetzt will der Mann mit der steilen Karriere und dem Track-record eines Pech- und Pleite-Piloten gerade noch 782,5 Millionen für die BSI hinblättern.
Das sind eben mal 547,5 Millionen weniger als die Forderung, welche Strähle vor 13 Monaten von den Verkäufern akzeptiert hatte, um seine EFG mit der BSI aufzupeppen.
In Prozent: 41.
Selbstverständlich sind die Brasilianer nicht amüsiert über Joe’s Preisdrückerei im Nachhinein, wie Strähle heute selbst konzedieren muss.
„Die von EFG vorgenommene Bewertung unterliegt dem erwarteten Widerspruch von BTG und ist, falls nötig, (…) von einem unabhängigen Experten zu verifizieren“, schreib seine EFG heute.
„Dies“, so weiter, „könnte zu einer Änderung der Kaufpreisanpassung führen.“
„Hilarious“, zum Schreien komisch, würden die Angelsachsen sagen.
Da kommt ein hoch dekorierter, hoch bezahlter Swiss Banker daher, bietet über 1,3 Milliarden für eine Bank, die schon damals knöcheltief in einem Malaysia-Korruptionssumpf steckte.
Und dann merkt er ein gutes Jahr später, dass er sich ein bisschen verrechnet hat.
Um 41 Prozent. Also von unten her gerechnet fast das Doppelte dessen, was Strähle heute noch an Wert in der gekauften Braut erkennt.
Wie ist so etwas möglich? Strähle ist Banker, Spitzenbanker. Im Finanzgeschäft geht es von früh bis später um Zahlen, um Risiken, um Bewertungen.
Die BSI war ein offenes Buch. Sie hatte in Asien geklotzt und geriet in die Ermittlungen der US- und Schweizer Behörden.
Wenige Wochen nach der angekündigten Übernahme durch Strähles EFG wurde sie geschlossen. Die Finma hatte an dem am Boden liegenden Opfer ihr Mütchen gekühlt.
Aller lag auf dem Tisch, auch die Abflüsse der Kunden, die wegen dem Skandal um den malaysischen Staatsfonds namens 1MDB mit mehreren Verhaftungen in eine tiefe Krise geraten war.
Ausschlag für den Deal gab aber nicht die Verstrickung in die Fernost-Korruption, sondern der Gesundheitszustand der Verkäuferin. Die BTG Pactual von Andre Esteves, einem Ex-UBS-Chef, steckte ihrerseits im Sumpf.
Rund um die Bestechungen des staatlichen brasilianischen Ölmultis Petrobras wurde Esteves im Herbst 2015 kurz ins Gefängnis gesteckt.
Da war es um die BSI unter den Fittichen der Brasilianer geschehen. Sie brauchten rasch Geld, mussten die Tessiner Bank, die sie erst kurz zuvor von der italienischen Generali erworben hatten, rasch zu Geld machen.
Eine ideale Ausgangslage für interessierte Käufer. Also für Joachim Strähle.
Er hatte Geld in der Tasche seines EFG-Grossaktionärs, eines griechischen Reeders. Er hatte Lust, der Welt endlich zu zeigen, was für ein toller Hecht er war.
Und er hatte eine Rechnung offen. Bei der Basler Sarasin war er nach dem Verkauf an die Bank Safra, die er selbst an Bord geholt hatte, mit einem Fusstritt verabschiedet worden.
Wie damals bei der CS. Dort war Strähle vermeintlich ein Held, der die Schweizer in Asien auf die Landkarte gesetzt hatte.
Doch tatsächlich lief die Zeit bei der Grossbank aus. Seinem Sturz kam er durch Flucht in die Basler Provinz zuvor.
Dort verkündete Strähle ab Mitte der Nullerjahre, dass er nachhaltiges Banking mit Wachstum aus eigener Kraft und ausschliesslich sauberen Mitteln anstrebe.
2010 preschte Strähle voraus mit der Behauptung, die Sarasin sei die erste Bank, die vollständig gesäubert sei von Schwarzgeld.
Kurz darauf jage ein Skandal den nächsten. Windreich in Deutschland, Cum-ex ebenfalls im nördlichen Nachbarland, in Middle East teure Gerichtsverfahren.
Strähle hatte die Sarasin als behäbige Bank des Basler Daiggs in einen Hochrisiko-Shop verwandelt.
Als ihm die neuen Safra-Besitzer auf die Schliche kamen, versuchte Strähle wie damals bei der CS das gleiche Kunststück: in letzter Sekunde zur Konkurrenz abzuspringen.
Diesmal wäre die Notenstein Privatbank sein rettendes Böötli gewesen. Doch Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz machte Strähle einen Strich durch die Rechnung. Er liess den Mann bei seiner Tochterbank nicht an Bord.
So landete Strähle im Frühling 2015 nach einem undurchsichtigen Manöver als neuer CEO bei der EFG. Und fährt könnte nun die nächste Bank an die Wand fahren.
Banking ist halt nicht Boxing. Hier heisst es: They always come back.
Wert BSI: 1 CHF.
Hier sind andere Zahlen am Werk. Es handelt sich nicht um einen Verrechner, sondern um eine Anpassung aufgrund aufgetauchter… "Realitätsveränderungen".…
Lieber Herr Hässig, was für ein Unsinn. Ob der Kauf richtig oder falsch ist, kann ich nicht beurteilen, noch kenne…