Wir wissen, dass Aktien stets nach oben gehen, bis sie massiv, um 25 bis 50%, einbrechen. Das heisst, dass jeder, der nun in Aktien investiert ist oder dies vor hat, eine solche Korrektur am eigenen Leib verspüren wird.
Dem sind sich die meisten bewusst, die aktiv ihre Vermögensplanung in die eigene Hand nehmen (wie wohl die meisten Leser hier).
Aber was ist mit den anderen? Seit Anfang 2016 betragen die Assets aller passiven Anlagen von US-Aktien über 40 Prozent aller Fundassets, bei Neuinvestitionen weit über 50%.
So weit, so gut.
Ich staunte allerdings nicht schlecht, als mir auffiel, dass praktisch alle namhaften US-Broker (Fidelity, TD Ameritrade, E*Trade, Schwab, Merrill Edge, Interactive Broker) mittlerweile zusätzlich zu ihrem ETF-Angebot, das oft kommissionsfreie ETF-Transaktionen von „Preferred ETF-Providern“ umfasst, Robo Adviser anbieten.
Sprich, sie offerieren den Kunden, für einen geringen Aufschlag das Depot nach einem gewissen Schlüssel auf ein paar Standard-ETFs zu verteilen.
Auch daran ist per se nichts schlecht.
Was mir aber Sorgen macht, ist Folgendes: Die typischen Robo Advisor-Kunden, zumindest diejenigen, die ich kenne, haben keine Ahnung vom Anlegen. Ansonsten würden sie ja selbst anhand eines einfachen Excelsheets alle paar Monate ihre ETFs ein wenig anpassen, statt dies einem Anbieter zu überlassen, der dafür bis zu 1% verlangt. (Meiner Meinung nach ist das nahezu Wucher.)
Diese Kunden lassen sich vielfach in zwei Gruppen einteilen. Zum einen handelt es sich um „Millenials“, die noch nie einen Crash erlebt haben; zum anderen um Technologiefreaks, die naiverweise annehmen, der Robo Advisor hätte den Crash von 2008 und 2009 besser gemanagt als ihr damaliger Kundenberater.
Uns allen fehlt die Erfahrung vorauszusagen, was passiert, wenn erstmals in der Geschichte ETFs massive Kapitalabflüsse erfahren; sprich Maschinen um jeden Preis verkaufen. Insbesondere ETFs, welche viele wenig liquide Titel enthalten wie der Russell 2000 oder der SMIM in der Schweiz sowie gigantisch grosse ETFs wie der SPY oder QQQ stellen das grösste Risiko dar.
Da die üblichen „Crash-Propheten“ mit Aussagen sich zur Zeit zurückhalten, presche ich mit folgender Prognose vor: Der nächste Crash wird von schlagartigen Kapitalabflüssen bei ETFs und Robo Advisern verursacht.
Einverstanden?
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
Ein sehr guter Kommentar zu den Anlagemotiven in Robo-Advisors. Sehe ich ganz genauso. Dass ETFs und automatisierte Portfolios die Marktturbulenzen verstärken, haben wir in den letzten Jahren öfter schon erleben dürfen. Solange es für einen ETF-Verkäufer immer einen ETF-Käufer gibt an der Börse ist alles gut. Problemlatisch wird es erst, wenn die ETFs wegen Anteilsrücknahmen liquidieren müssten.
Viele Grüße und vielen Dank für Ihren Beitrag.
Jakob Penndorf
Spannendes Thema, aber vielschichtig. Crash durch Robo-Advisors? Nope.
Robo-Advisors sind grundsätzlich nicht schlecht für Kleinsparer-Allokationen aber:
a) der Retail-Anleger wird, je aufgeklärter er zu ETFs & Indexing wird, vom Robo-Advisor verschwinden.
b) weil Robo-Advisors alles andere als günstig sind…und obendrein
c) ein reines Massengeschäft.
Affluent Clients werden sich in seltensten Fällen für plain vanilla Robo-Advice entscheiden. Trading-affinie Kunden meiden Robo-Advisors generell.
Zukunft ist „Aktive-Passive-Blending“, auch bei der Kundenbetreung gilt: Hybrid is the future.
Die letzte Wirtschaftskrise begann 2007 u. a. damit, daß wegen der damals steigenden Zinsen und Kreditausfällen letztlich für verbriefte (Subprime-)Kredite keine Marktpreise mehr gefunden werden konnten, was das Eigenkapital derjenigen, die sie hielten, entsprechend reduzierte. Letztlich ging es der Bankenbranche plötzlich deutlich schlechter als zuvor und bis heute ist es nicht mehr gelungen, an die damalige Profitabilität anzuschließen.
Große Einbrüche und Crashs treten m. E. heute nur dann auf, wenn gute Gründe für einen Wertverfall existieren, (Markt-)Liquidität fehlt und andererseits große Wetten auf einen entsprechenden Niedergang bestehen, die aufgehen.
Siehe beispielhaft die Aktie des Rohstoffhändlers Glencore die 2015 innerhalb eines halben Jahres von EUR 4,00 (wo sie heute wieder steht) auf EUR 1,00 gesunken ist.
Denn es gibt nicht wenige, die – auch per ETF – (nach-)kaufen, wenn die Kurse sinken. Wenn heute der Markt – wie 1987 – um 20% einbricht, würden entsprechend viele zu kaufen anfangen.
Deshalb wird m. E. der Markt nicht instabiler dadurch, daß heute vielfach per ETF und Robo Adviser (des-)investiert wird.
Außerdem unter- bzw. übertreiben die Aktienmärkte mehr als die Realwirtschaft: das BIP der USA als Land, das die letzte große Krise verursacht hat, ist 2008 um 0,3% und 2009 um 2,8% gesunken, die Aktienmärkte jedoch zeitgleich um über 50%. Diesen Wirkmechanismus muß man einfach im Hinterkopf haben und entsprechend versuchen, von Krisen nicht negativ betroffen zu sein bzw. unten zu Ausverkaufspreisen mit dem Kaufen anzufangen.