Mein Fernsehkonsum via klassisches TV hält sich auf bescheidenem Level. Nach langer Pause war es nun aber an der Zeit, einen neuen Sendedurchlauf zu starten. Dabei stiess ich auf einen Regionalsender, wo ein etwas rundlicher „Anlageexperte“ einer regionalen Bank zusammenfassend sagte: „An einer Nestlé führt kein Weg vorbei!“
Solche Pauschalaussagen treiben mich zur Weissglut, und natürlich wissen wir, dass es keine Aktie auf diesem Planeten gibt, die man haben „muss“. Warum ist das aber so?
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1. Diversifikation. Globale Value-Aktien wie Nestlé, Coca-Cola, Johnson & Johnson (JNJ) und Unilever weisen eine starke Korrelation zueinander auf. Wussten Sie, dass selbst zwischen einer Apple und JNJ der Korrelationskoeffizient über 12 Monate 0.8 beträgt? Mit dem Boom (oder Wahn?) des Passivinvestierens erhöhte sich die Korrelation massiv.
Mit anderen Worten: Nestlé lässt sich beliebig ersetzen. Wollen Sie wirklich Diversifikation? Dann kaufen Sie einen Goldminer ETF oder Mining Stocks oder phyisisches Gold.
2. Dividende. Nestlé zahlt eine Dividende von 3%. Die durchschnittliche Dividendenrendite des Schweizer Aktienmarktes (SPI) beträgt aktuell 3.1%. So what?
3. Ethik. Sie sollten als Investment (beim Trading und Hedging sehe ich das anders) nur Firmen im Depot haben, die Sie ethisch vertreten können. Ich habe diesbezüglich bei Nestlé keine dedizierte Meinung, aber von „haben müssen“ keine Spur.
4. Management. Value-Aktien sind Tanker, mit denen man am besten fährt in Zeiten, in denen man wenig von ihnen hört. Schlagzeilen wie neuer externer CEO und aktivistische Hedgefunds sind eher ein Verkaufs- als ein Kaufgrund.
5. Bewertung. Nestlé ist sicherlich kein Schnäppchen.
6. Börsenzyklus. Es gibt wohl keinen geschickteren „Value Investor“ als Warren Buffet. Wann steigt er in Value Aktien ein? Wenn die Kanonen krachen. Und was macht er jetzt? Er stösst enttäuschende Value-Aktien wie IBM an ihrem langjährigen Höchststand ab und spekuliert mit Nachzüglern wie Airline-Aktien oder Technologie (Apple).
Extrem formuliert, kaufe ich in einem gut diversifizierten Portfolio jetzt lieber eine Zalando als Nestlé.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nestlé? Jetzt von einem weiteren Top-Hütchenspieler (Ulf Schneider) geführt, der sich als erste Amtshandlung eine saftige Erhöhung seiner Total-Compensation bzw. des Werts seines Pakets gönnte bzw. – in cahoots mit dem VR – gönnen durfe: Aktienrückkauf von 20 Milliarden (= ca. 10% des Börsenwerts), das heisst: Seine im Compensationpaket enthaltenen Aktien und Optionen steigen nun enorm an Wert, dazu will man noch mehr Dividende ausschütten. Mit der dadurch erzielten Steigerung der EpS lässt er sich dann auch als „Star“ feiern und kann sich selbst auf die Schultern klopfen für seine tolle (Null-)“Leistung“. – Alles sehr durchsichtig! Im weiteren zeigt es auch, dass es der Nestlé-Giga-Bürokratie an Ideen fehlt, wie man mit vorhandenem Kapital Geschäfte entwickeln könnte, die eine Ueberrendite erzielen zum aktuellen tiefzinslichen Marktumfeld erzielen könnte. – Pauvre!
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Alle genannten Konsumgüter-Werte hatten in den 90er Jahren ein gutes Wachstum, stagnierten in den 00er Jahren und verdoppelten sich ungefähr in den 10er Jahren im wesentlichen durch das Niedrigzinsumfeld und nicht durch bessere Unternehmensleistung:
Nestlé:
Coca-Cola:
Unilever:
Johnson & Johnson:
Je nach dem, wie stark das Nullzinsumfeld zukünftig schwindet, ist der bisherige Kurserfolg gefährdet.
Warren Buffett profitiert mit seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway m. E. momentan ebenfalls mehr vom Nullzinsumfeld denn von tatsächlich wachsenden Unternehmenswerten. Ob es mittelfristig glücklich ist, hälftig fremdfinanziert für US$ 600,0 Mrd. niedrig bewertete Werte der „Old Economy“ anzuhäufen, wird die nächste Krise erweisen.
Der Buffett-Liebling Coca-Cola hat sich in den 80er und 90er Jahren verzehnfacht:
http://www.marketoracle.co.uk/images/2012/Aug/ko-9.png
http://68.media.tumblr.com/5444e1565e852b27bee8211f5797c503/tumblr_inline_o3vjp9LKMH1sq14jh_500.jpg
Aktuell ist er durchwegs nicht an vergleichbaren Werten beteiligt. Bei Apple kam er viel zu spät.
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Gute Überlegungen! Danke!
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In dieser Hinsicht ist Zalando tatsächlich glücklicher, das als junges Unternehmen erst einen Teil seines möglichen Wachstums zurückgelegt hat.
So wie Nestlé, Coca-Cola, Johnson & Johnson und Unilever in den vergangenen Jahrzehnten vom Sterben regionaler Handelsstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel und veränderten Verbrauchsgewohnheiten profitierten.
Zu den niedergehenden, traditionsreichen Industrieunternehmen in den USA wie die genannte IBM gesellt sich beispielsweise heute u. a. General Electric, die in den 90er Jahren unter „Neutronen“ – Jack Welch ihre letzten guten Tage hatten.
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Netter Artikel zu General Electric während der Glanzzeit:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/general-electric-neutronen-jack-raeumt-den-sessel-132131.html
Da ein Konzern heute quasi aus dem fortlaufenen An- und Verkauf von Unternehmensbeteiligungen besteht, hatten alle nachfolgenden „Fonds“ – Manager kein glückliches Händchen.
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Alle genannten Konsumgüter-Werte hatten in den 90er Jahren ein gutes Wachstum, stagnierten in den 00er Jahren und verdoppelten sich ungefähr…
Nestlé? Jetzt von einem weiteren Top-Hütchenspieler (Ulf Schneider) geführt, der sich als erste Amtshandlung eine saftige Erhöhung seiner Total-Compensation bzw.…
Gute Überlegungen! Danke!