Patrik Gisel wird zum Ikarus von Swiss Banking. Er will immer höher hinaus: noch mehr Gewinn, noch mehr Hypotheken, noch mehr Marktmacht.
Auf den ersten Blick hat Gisel Erfolg damit. Auf den zweiten ist er absturzgefährdet. Er sitzt auf einem gewaltigen Kostenberg, der steigt und steigt. Und seine Diversifikation ist gescheitert.
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Heute ist Gisels Zahlentag. Rekordgewinn, vermeldet er. Das kommt an. „Raiffeisen steigert Gewinn markant“, schreibt der Blick, „gute Zahlen“ der Tagi, „mit deutlichem Gewinnzuwachs“ die NZZ.
Gut eine halbe Milliarde verdiente Gisel operativ mit seiner Raiffeisengruppe, bestehend aus 250 Banken verstreut übers Land und einer wuchernden Zentrale in St. Gallen. Plus 15 Prozent.
Zieht man noch das Ausserordentliche ab, verbleiben gut 430 Millionen Reingewinn. Das entspricht gar einem Anstieg um 18 Prozent.
Freude herrscht. Doch das ist nur die glänzende Oberfläche.
Darunter zeigt sich ein anderes Bild. Ein brüchiges.
Die massive Gewinnsteigerung basiert auf zwei Entwicklungen. Erstens verdiente die Raiffeisen im Trading deutlich mehr, zweitens explodierte die Position „anderer ordentlicher Ertrag.“
Dahinter steht nicht das Kerngeschäft, sondern hauptsächlich die „Aktivierung der Kosten für IT-Projekte“. Und das Plus beim Trading passt nicht zur dritten Kraft im Land, die keine Gamblingbude sein will.
Ohne die massiven Sprünge im Handel und bei den Spezial-Einnahmen wäre die Raiffeisen praktisch stagniert.
Auf der anderen Seite steht ein rasanter Anstieg der Kosten. Dieser hat sich im Vergleich zum letzten Jahr, als der Aufwand bereits deutlich nach oben zeigte, nochmals beschleunigt.
„Sachaufwand“ lautet der Begriff in der Raiffeisen-Erfolgsrechnung. Für die Zeit von Januar bis Ende Juni erhöhte er sich von 282 Millionen auf 318 Millionen.
Eine Zunahme um 13 Prozent.
Ein ausserordentlich hoher Zuwachs? Nein. Im ganzen letzten Jahr schossen die Sachaufwände von rund 550 auf über 600 Millionen hoch.
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Knapp 10 Prozent mehr.
Und jetzt also plus 13 Prozent bei diesen Kosten. Dahinter stecken die entscheidenden Projekte für eine neue Informatik für die ganze Gruppe und für die Privatbank Notenstein.
Und die Kosten für die Abläufe und Prozesse, die über ein Jointventure mit Avaloq namens Arizon laufen.
Der Befund ist eindeutig: Die Kosten der Raiffeisengruppe gehen unter CEO Gisel durch die Decke. Ein Ende des Anstiegs ist nicht ins Sicht.
Wie gesalzen am Ende die Rechnung für die Mammuterneuerung ausfallen wird, bleibt eine der spannendsten Fragen rund um die Raiffeisen und die Ära Gisel.
„Erst mit Einführung der Kernbankensysteme werden die aufgelaufenen Projektkosten in Form von Abschreibungen erfolgswirksam“, schreibt die Raiffeisen heute dazu.
Will heissen: Der effektive Härtetest kommt erst noch.
Die Projektkosten für „Rainbow“, wie die Ablösung der alten Informatik durch ein neues Avaloq-System heisst, sind noch nicht abgebucht worden. Sie sind „erfolgsneutral“, wie die Raiffeisen sagt.
Das kommt erst noch.
Gibt es umgekehrt Lichtblicke auf der Ertragsseite? Startet die Raiffeisen in einem ihrer operativen Kernbereiche bald durch?
Bei der Notenstein Privatbank sieht es weiterhin nicht danach aus. Während die Raiffeisengruppe vor Jahresfrist noch etwas zum Halbjahresgewinn sagte – es waren wenige Millionen –, so hält sie sich nun bedeckt.
Einzig, dass die Notenstein La Roche 19 Milliarden Kundenvermögen betreuen würde, weist die Raiffeisengruppe in ihrem heutigen Halbjahresabschluss aus.
Und dass man „in Ergänzung zur Steigerung der Produktivität (…) in den kommenden Monaten verstärkt auf die Entwicklung der verwalteten Vermögen“ achtgeben würde. Sprich: Notenstein muss wachsen.
Und wie. 19 Milliarden verwaltete Vermögen: Es ist der grosse Stillstand im Schweizer Private Banking. Selbst die alte Wegelin, auf der die Notenstein fusst, hatte mehr Kundenassets.
Die Diversifizierung wäre umso wichtiger, als die Raiffeisen am Ende der Fahnenstange beim Auspressen der Zins-Zitrone angelangt ist.
Eine weitere Senkung der ultratiefen Wertberichtigungen auf Hypokredite ist kaum mehr möglich. Und wegen der Tiefzinsen und der Konkurrenz durch Versicherungen und anderer Anbieter im Hypogeschäft sinkt die Zinsmarge.
Das Zinsergebnis – es ist mit Abstand das wichtigste Einnahmenbein für die Raiffeisen als typische Inlandbank – legte noch um 1 Prozent zu. Es wird in nächster Zeit nicht mehr steigen. Vielleicht sogar sinken.
Dann müsste Gisel anderweitig Geld verdienen. Mit Notenstein? Kaum. Mit seiner Leonteq-Beteiligung? Wer weiss. Mit Assetmanagement? Da ist Gisel letztes Jahr mit dem Verkauf der Vescore an die Vontobel ausgestiegen.
Es bleiben die Kommerzkunden mit Fokus auf die vielen KMUs der Schweiz. Und natürlich die Vormachtstellung im Hypobusiness, wo allerdings die Risiken steigen.
Ein stagnierendes Geschäft in Kombination mit dem hochschiessenden IT-Kostenblock bedeutet ein gefährlicher Mix.
Wie hoch fliegt Ikarus Gisel noch?
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sind wir mal ehrlich, nach Herr Hässig „crasht“ Raiffeisen schon seit vielen Jahren. Doch was passiert? Genau das Gegenteil. Raiffeisen wird erfolgreicher und erfolgreicher!
Sie gewinnt Marktanteile in allen Bereichen, inkl. AuM.
Die Mitbewerber weinen alle 6 Monate, wenn die Zahlen präsentiert werden.-
Und wieso sind Sie dann weggegangen?
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Irgendwann muss man seine Lorbeeren geniessen… Auch das Pensionisten-Leben ist schön.
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Am Dienstag lese ich, dass gereifte Informatiker keine Stelle kriegen und am Mittwoch, dass die grössten Banken der Schweiz in der Vergangenheit unglaubliche Investitionen in die Informatik getätigt haben. Kann ich das mit einem Börsenmitarbeiter vergleichen, der die letzten 20 Jahre nichts an der Börse verdient hat?
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Kurzum eine komische Bank…..
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Ich finde die Bank toll. Warum komisch? Weil sie so erfolgreich ist?
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Von wegen Erfolgreıch es ıst eın chaosladen…
und hat keıne klare strategıe ausser dıe Zıtronen nochmehr auspressen zu wollen…
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M.a.W.: Weiterherum und mit grossem Abstand die einzige vertrauenswürdige und erfolgreiche „Grossbank“ mit noch tatsächlichem CH Bezug und entsprechendem Wertesystem!
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Traeumen Sıe weıter Mr Fukt….
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Ein Ergebnis, der niemanden traut, ist viel gefährlich,
als ein magere aber ehrlich Ergebnis!
Tja, man muss hier stark aufpassen sowohl das Top-Management der Bank als wir Beobachter. Raiffeisen ist mit ein paar Kantonalbanken und Privatbanken, die letzte noch mit intakte Ansehen und Respekt: wenn diese verspielt ist, dann ist einfach weg! -
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Hast Du fertig oder Flasche leer?
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Mir kein Finanzinstitut bekannt, dass ein IT-Grossprojekt a) im Rahmen des gesteckten Zeitplanes und b) ohne Budgetüberschreitungen realisiert hat. Insofern ist die IT-Misere kein Raiffeisen-spezifisches Problem. Auch glaube ich, dass der Diversifikations-Effort mit Notenstein durchaus noch nicht gescheitert ist, auch wenn das viele Kommentatoren hier anders sehen. Ich vertraue im Gegenteil darauf, dass PG Standfestigkeit beweist, bzw. nicht den monetären Verlockungen einer Vontobel oder einer Julius Bär erliegt und seine Privatbank-Einheit überstürzt verkauft.
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Es heisst ja auch IT = integrated troubles (früher: EDV = Ende der Vernunft).
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In der IT gibt es den Begriff „technische Schulden“. Diese entstehen, wenn notwendige Arbeiten entstehen, meist aber nicht abgebaut werden.
Bei der Raiffeisen ist das alte IT-System zu einem riesigen Schuldenberg geworden. Den trägt jetzt einfach die aktuelle Mannschaft.
In den ganzen Sparübungen der CS werden technische Schulden weiter vor sich hergeschoben! Selbst mit Indern fand kein Abbau statt!
Den CH-Banken, mit ihren Managern, kann selbst ganz Indien nicht helfen, auch wenn sie gratis arbeiten oder draufzahlen.
Bin gespannt, wie die IT-Erneuerung bei der Raiffeisen gelingt. Bin jedoch enttäuscht, dass das gleiche instabile Avaloq-System wie bei der Luzerner Kantonalbank genommen worden ist.
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LUKB läuft inzwischen gut, das Avalog System ist halt Standard und das einzig überhaubt brauchbare. Man hört das Rainbow Projekt ist nicht einfach, geht aber vorwärts.
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Man hört von LUKB-Kunden, dass sie mit dem neuen Avaloq E-Banking nach wie vor nicht zufrieden sind !
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Avaloq Sourcing Schweiz (ex-B-Source) verliert mit Generali einen weiteren wichtigen Outsourcing-Kunden:
http://www.inside-channels.ch/articles/48377
Und wann hat Avaloq eigentlich ihre Software zum letzten Mal an einen neuen Kunden verkauft ? Dieses und letztes Jahr glaube ich überhaupt nicht.
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Die Raiffeisen war mal eine bodenständige Bank. Nahe bei den Leuten und den KMUs auf dem Lande und in den Kleinstädten. Sie war ein verlässlicher Partner für Menschen wie Du und ich und die Regionalgenossenschaften ermöglichten Austausch und Pläne mit Vernunft und Nachhaltigkeit. Dann kam die Expansion mit neuen Filialen in Großstädten, mit neuen Produkten und Strategien, die man eigentlich nur bei den Großbanken kannte, die dann bei der Finanzkrise ab 2008 mit Steuergeldern retten musste. Mit anderen Worten: Die Raiffeisenbank hat weder gelernt noch mit Weitsicht reagiert, im Gegenteil. Bietet die Struktur der Genossenschaften eine geschützte Werkstatt für ein Agieren à la Möchtegern-Global-Player? Die CEOs der Raiffeisen heben ab und winken den Genossenschafter in den Dörfern und auf dem Land, der Mittelschicht und den Kleinunternhemern zu – vielleicht mit einem Lächeln und gieren nach dem Großen da oben, das es vielleicht gar nicht mehr gibt. Ob die das wissen?
Nun wir, die arbeitenden und wirtschaftenden Normalbürger zwischen Bulle und Lenzburg oder Uzwil und Emmen finden ja zum Glück andere Banken, die das Augenmaß nicht verloren haben…-
Ich sehe das Problem, welche Sie sehen nicht.
Raiffeisen ist meiner Ansicht nach die stabilste Bank in der Schweiz, mit stetigem Wachstum Dank zufriedener Kunden.
Finanzkrise? Nicht betroffen.
Euro-Krise? Nicht betroffen.
Einfach eine tolle Bank. -
Frei nach Zampano: Raiffeisen, die beste Bank der Welt! Schade, dass die Raiffeisen in letzter Zeit so viel Schrott eingekauft hat.
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Zampano sieht halt alles durch die Rentnerbrille, da sind Unschärfen gepaart mit einer Portion Altersmilde nicht weiter überraschend.
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Trading? Gambling?
Das Handelsgeschäft bei Raiffeisen besteht hauptsächlich aus dem Devisengeschäft für Kunden: Devisen-Kassageschäfte und Devisentermingeschäfte für Firmenkunden, Bargeld in fremden Währungen (unter den grössten 5 weltweit) etc.-
Genau – und im Trading (Kundenhandel) in Metallen… da kann man auch blind Geld verdienen
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@verni-SG
Hat keinen Zweck, da Branchenfreme Trading mit purem Prop Trading gleichsetzten. Sind noch immer der Meinung, dass da ein jemand sitzt mit grossen Positioen auf den eigenen Büchern.
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@Marc: auch sie haben keine Ahnung. Sind sie so unwissend und glauben, dass jede Transaktion 1:1 automatisiert und via STP sofort ausgehandelt wird? Da sitzen wohl immer noch ein paar Händler und bewirtschaften / optimieren ihre Eingangsbücher nach „Lust und Laune“ mit ein bisschen Risk-Office-Regeln. Da bleiben sicherlich jeweils ein paar Franken hängen. Positionen werden sicher noch immmer gehalten.
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Sow wie es aussieht, werden die ganzen Projektkosten kapitaliesiert. Diesem müssen dann abgeschrieben werden nachdem die Projekte abgeschlossen sind. Normalerweise werden IT Kosten über 5 Jahre abgeschrieben. Somit wird das die Erfolgsrechnung der folgenden Jahre empflindlich berühren.
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auch gibt es Avaloq-Kantonalbanken, die haben ihre Migrationskosten einmalig abgedeckt aus der Bilanzposition allgemeine Bankrisiken (je Bank zwischen 50 und 65 Mio. CHF).
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Die Raiffeisengruppe ist seit Jahren überaus erfolgreich unterwegs. Kann es sein, dass hier jemand nicht damit umgehen kann, dass seine vergangenen Prophezeiungen sich je länger je mehr als Seifenblasen herausstellen?
Hast Du fertig oder Flasche leer?
Die Raiffeisen war mal eine bodenständige Bank. Nahe bei den Leuten und den KMUs auf dem Lande und in den…
Ich sehe das Problem, welche Sie sehen nicht. Raiffeisen ist meiner Ansicht nach die stabilste Bank in der Schweiz, mit…