Was, wenn ich jetzt sagen würde: „Aktien sind günstig – kaufen, kaufen!“?
In diesem Fall würden Sie mich als verrückt erklären, nicht wahr? Wenn man aber ein paar Dinge berücksichtigt, ist die Aussage „Aktien sind günstig“ zwar wirklich absurd, aber die Schlussfolgerung „kaufen“ nicht so abstrus. Warum?
1. Investoren haben Angst. Praktisch jeden langfristigen Anleger erwischte es in den letzten 15 Jahren zweimal eiskalt. Das prägt. Seitdem werden mehr „Ausreden“ gesucht, nicht in Aktien zu investieren als zu investieren.
Und die letzten acht Jahre lieferten unzählige gute Gründe. Ohne Nullzinspolitik würde die Aktienquote wohl schnell wieder deutlich reduziert werden. An jeder Veranstaltung hört man (nicht ganz uneigennützig) die Klagen der Vermögensverwalter: Wenn doch nur meine Kunden mehr in Aktien und Fonds investieren würden!
Die unglaubliche Rallye ist eine verhasste und von Institutionellen und Profis geprägt, die – solange Maschine und Kredite laufen – keinen Grund haben, zu verkaufen.
2. Bullenmärkte geben nicht so schnell auf. Abseits von den amerikanischen Märkten haben viele internationalen Märkte und insbesondere in der Schweiz der SMI sich Richtung Allzeithoch hinbewegt, aber der erste Versuch (Anfang Sommer) ist deutlich gescheitert. Eine Aufgabe gleich nach dem ersten Versuch ist äusserst selten.
3. Und wenn es jetzt in Nordkorea krachen würde? Die Wirkung von politischen News auf die Aktienmärkte wird von den Anlegern meist stark überschätzt. Würden Sie dann den iPhone-Kauf verschieben oder auf Starbucks-Kaffee verzichten?
Historisch gesehen können in Phasen mit tiefer Volatilität und geringem Volumen (eben wie jetzt) merkwürdige Sachen passieren, und ein „Melt Up“ – also ein förmliches Explodieren der Kurse in Richtung Norden – liegt durchaus noch drin.
Kurzum: Freuen Sie sich, wenn die Märkte jetzt sich konsolidieren oder korrigieren, aber behalten Sie das „Melt Up“-Szenario im Hinterkopf (das auch die Bilanz der SNB nochmals schlagartig vergrössern und vermutlich EUR-USD nochmals in den Keller schicken würde).
Fortsetzung folgt.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
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Die beliebtesten Kommentare
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Von institutioneller Seite kann man auch deswegen keine korrekten Prognosen oder nützliche Hilfestellung erwarten, weil diese nichts verdienen, wenn alle in Anleihen umschichten oder Liquidität vorhalten.
Lieber werden Baissen als unvorhersehbare Naturereignisse abgetan, obwohl jeder mit beispielsweise regelmäßiger monatlicher Kontrolle wichtiger Chart- und Wirtschaftsdaten viel mehr erreichen kann.
Es ist zudem hilfreich, wenn man sich dabei so wenig wie möglich von dem ewigen bullishen Singsang der professionellen Marktkommentatoren ablenken läßt.
Auf lange Sicht hätte man in 03/2000 desinvestieren, in 03/2003 investieren, in 07/2007 desinvestieren, in 03/2009 investieren, in 05/2011 desinvestieren, in 10/2011 investieren, in 03/2015 desinvestieren, in 02/2016 investieren müssen.
Davon kann aber kein Börsenbrief leben, monate- oder gar jahrelang wenig zu tun.
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Wieso sollen bei einem Wirtschaftswachstum von 1,x% p.a., erreicht u. a. durch in der Menschheitsgeschichte nie dagewesene Markt- und Preisverzerrungen die nach historischen Maßstäben bereits sehr teuren Börsen noch deutlich steigen?
Von 1996 bis 2000 hatten die USA ein jährliches Wirtschaftswachstum von über 4% p.a. (klick).
Vergleiche auch den Zuwachs seit den Spitzenkursen 2000 und 2007 bis heute:
SMI 03/2000 = 8.400
SMI 06/2007 = 9.500
SMI 08/2017 = 9.000Dow Jones 03/2000 = 11.500
Dow Jones 10/2007 = 14.000
Dow Jones 08/2017 = 21.500DAX Kursindex 03/2000 = 6.300
DAX Kursindex 10/2007 = 5.300
DAX Kursindex 08/2017 = 5.700-
„Wieso sollen bei einem Wirtschaftswachstum von 1,x% p.a., erreicht u. a. durch in der Menschheitsgeschichte nie dagewesene Markt- und Preisverzerrungen die nach historischen Maßstäben bereits sehr teuren Börsen noch deutlich steigen?“
Meine Sicht:
1. Nach „Vernunft“ ist es unmöglich, dass Märkte noch signifikant steigen.
2. Aber was, wenn die „Unvernunft“ noch unvernünftiger wird? -
Der letzte Boom in der westlichen Welt unter großer Beteiligung von privaten Investoren, bei dem alle Gesetzmäßigkeiten des Betriebswirtschaft nichts mehr galten war der New Economy Boom bis ins Jahr 2000.
In China gibt es noch solche „unvernünftigen“ Booms: 2006 und zuletzt 2014, weil dort der Wohlstand aller noch deutlich wächst.
Es sind bei den vorherigen Booms wohl zu viele enttäuscht worden und entsprechend nur noch damit beschäftigt, ihren kaum noch steigenden Wohlstand zu verteidigen. Beispielsweise wurde durch die Euroeinführung ganz Südeuropa wirtschaftlich schwer beschädigt.
Wie wollte man so noch großen Massen an Investoren bewegen, teure und schon – seit 2009 – stark angestiegene Unternehmensbeteiligungen zu erwerben, bei denen sich die scheinbare Vorteilhaftigkeit nur aus der Notenbankrepression der Nullzinsen ergibt?
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1.) Wen es in den letzten 15 Jahren „eiskalt“ erwischte hatte schlechte Berater und selbst nicht genügend kontrolliert (Nyse Margin Debt, 200 Tage Linie, etc.).
2.) In den saturierten Gesellschaften des Westens mit Nullzinsen und ultraexpansiven Notenbanken gibt es keine Bullenmärkte so wie früher mit Beschleunigung zum Ende hin. Siehe Japan seit 1990. Diese gibt es nur noch in Schwellen- und Entwicklungsländern (China 2014, Brasilien 2016).
3.) Die höchsten Renditen erzielt, wer ungefähr im Tiefpunkt einer Baisse investiert und die nachfolgende Hausse begleitet. Das ist auch die einzig vernünftige Anlagestrategie in einem Umfeld mit geringem Wirtschaftswachstum.
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Ich habe zudem noch nie eine institutionelle Prognose gelesen, die eine Desinvestition empfahl, obwohl Ende 2007 die amerikanischen Wertpapierkredite bereits seit einem halben Jahr am Sinken waren:
https://www.gruener-fisher.de/media-archiv/710.html?year=2008
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2.) Ja – siehe Entwicklung Nestle, Roche, Novartis etc. Aber: wir hatten noch nie so viele so grosse „Disruptoren“ wie Google, Amazon, Apple, Facebook, neuerdings sogar wieder Microsoft (Cloud) mit sehr gesunden Geschäftsmodellen und Quasi-Monopolen. Auch hier können die Bäume nicht in den Himmel wachsen aber eine Bewertung dieser ist sehr schwierig und damit Patterns wie früher durchaus möglich (und ja schon voll im Gange!).
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Jeder Börsenboom hat typische, ihn prägende Werte:
Waren dies bis 2000 die TMT – Werte sowie Versicherungen und Banken (man erinnere sich an die Visionen von Martin Ebner) so wechselte der Fokus bis 2007 im Rahmen des wirtschaftlichen Aufstiegs China auf Öl-, Rohstoff- und Stahlwerte. Im Rahmen des aktuellen Booms liegt der Schwerpunkt wieder bei Technologiewerten.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8843242.html
http://www.bilanz.ch/people/martin-ebner-bk-vision
https://www.beobachter.ch/geld/geldanlage/martin-ebners-visionen-und-ihr-lerneffekt
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Wieso sollen bei einem Wirtschaftswachstum von 1,x% p.a., erreicht u. a. durch in der Menschheitsgeschichte nie dagewesene Markt- und Preisverzerrungen…
Ich habe zudem noch nie eine institutionelle Prognose gelesen, die eine Desinvestition empfahl, obwohl Ende 2007 die amerikanischen Wertpapierkredite bereits…
Von institutioneller Seite kann man auch deswegen keine korrekten Prognosen oder nützliche Hilfestellung erwarten, weil diese nichts verdienen, wenn alle…