Ansonsten könnte das Zahlen in Bitcoin unvorhergesehene und vor allem unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Zentral bei internationalen Geschäftsabwicklungen – und darum geht es bei Bitcoin – ist es, vorsorglich abzuklären oder verbindlich festzuhalten, welches Recht gilt und bei welchem Gericht die Klage einzureichen ist.
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Selbst wenn dann nach teurer Abklärung feststünde, dass Schweizer Recht an einem hiesigen Gericht verhandelt werden sollte, würde dies nur die Hälfte der Problemlösung darstellen. Die nächste Hürde wäre, mit der Klage zu reüssieren, das Urteil dann noch vollstrecken zu lassen und letztlich den Schaden und die Verfahrenskosten beglichen zu erhalten.
Man muss nicht weit gehen, um sich Schwierigkeiten auszumalen. Es genügt, sich einen Schadensfall vorzustellen: zum Beispiel eine ungültige Transaktion, die durch ein Mitglied (Miner) der Bitcoin-Transaktion-Gemeinschaft (BTG) verursacht wird, das in Übersee oder Asien lebt.
Mit diesem Problem eng verwandt ist die fehlende, unabhängige Kontrolle der BTG. Eine solche Prüfung könnte nötig werden, um sicherzustellen, dass die Geschäftsführung sauber ist. Hier sehe ich Klärungsbedarf.
Viele Bitcoin-Inhaber glauben, dass Transaktionen korrekt abgewickelt werden, solange sich mehr als 50% der Mitglieder in der BTG korrekt verhalten. Die %-Zahl korrekt handelnder Mitglieder ist jedoch nicht ausschlaggebend, sondern die Rechenleistung.
Das leuchtet rasch ein. Wenn die nicht korrekt agierenden Mitglieder über mehr als 50% Rechenleistung verfügen, dann steigt das Missbrauchsrisiko bei Transaktionen sogleich erheblich. Eyal und Sirer der Cornell University legten dar, dass schon 34% Rechenleistung dafür genügen.
Zu diesem Problemkreis kommt hinzu, dass man nicht zu jeder Zeit verlässlich weiss, wer wieviel Rechenleistung wirklich besitzt.
Als nächste Frage tauchen die Kosten auf. Der Mythos kursiert, dass mit Bitcoin keine Transaktionskosten anfallen. Dies trifft nur bedingt zu. Pro Transaktion darf sich ein BTG-Mitglied bis zu einem gewissen Betrag an Bitcoin gutschreiben, was zur Inflation der Währung beiträgt. Bei steigendem Bitcoin-Kurs ist dies noch kein Thema.
Bitcoin fordert uns gedanklich alle heraus. Warum? Prozesse in der digitalen Welt sind im wahrsten Sinne des Wortes „sinn-los“, weil sie sich unseren Sinnen entziehen. Die Kontrolle über das digitale Geld im Unterschied zum Papiergeld kann sich so schwieriger gestalten.
Beim Papiergeld kann man ganz einfach mit den eigenen Augen feststellen, ob es noch vorhanden ist. Bei Bitcoin muss jedoch beobachtet werden, ob die eigene Gutschrift (der Transaktionsbeleg) nicht bereits irgendwo in einer anderen Transaktion abgebucht wurde.
Die Sicherheit von Bitcoin basiert auf der Sicherheit der eingesetzten kryptographischen Verfahren. Deren Sicherheit wiederum hat ein gravierendes Manko. Dieses zeigt sich in einem einfachen Vergleich: dem Unterschied zur physischen Bruchfestigkeit eines Holzbalkens.
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„Die Bruchfestigkeit eines Holzbalkens lässt sich messen, daraus entsprechend Vorkehrungen ableiten.“ Darin sind sich alle einig.
Zur Sicherheit der verwendeten kryptographischen Verfahren gibt es jedoch keine anerkannte, sprich bewiesene untere Schranke zu deren Bruchfestigkeit. Es ist uns allen somit nicht klar, wie viel Aufwand (Rechenoperationen) mindestens erforderlich sind, um eines der kryptographischen Verfahren bei Bitcoin zu brechen.
Zudem werden Implementierungen von Verfahren verwendet, die nicht standardisiert und damit auch nicht klar definiert sind. Unter anderem irritiert mich, dass bei Bitcoin nicht der ganze (öffentliche) Schlüssel des Empfängers und jener des Zahlers in den Transaktionsbeleg einfliessen, sondern nur ein um 96 Bit kürzeres Derivat eines Schlüssels.
Hier kommt ein wenig Mathematik ins Spiel. Der Fakt, dass ein verkürztes Derivat in den Beleg einfliesst, bedeutet, dass es im Mittel 296 andere öffentliche (und dazu passende private) Schlüssel gibt, die das identische Derivat haben.
Was folgt daraus? Besitzt jemand einen anderen Schlüssel, der mit dem Schlüsselderivat von einem berechtigten Empfänger identisch ist, so vermag er dessen Bitcoins auszugeben. Dieser Missbrauch kann man schlicht nicht erkennen.
Nun gut: Nach aktuellem Stand des Wissens wird sehr viel Aufwand benötigt, zwei Schlüssel mit gleichem Derivat zu finden. Aber – und das ist entscheidend bei solchen Sicherheitslücken – die Zeit spielt in die Hände desjenigen, der die Währung missbrauchen will.
Mit diesen Überlegungen will ich nicht die Idee der digitalen Währung und der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie an den Pranger stellen. Diese Idee verdient es, dass wir sie als Lösungsansatz diskutieren und auf Herz und Nieren prüfen.
Wichtig ist einfach, dass wir die Probleme klar sehen und benennen, bevor wir im grossen Stil in Bitcoin investieren. Es verhilft der Technologie auch nicht zum Durchbruch, wenn sie in unausgegorenem Zustand (zentral ist hier sicher der rechtliche Rahmen, der immer noch fehlt) vermarktet wird, ein grosser Schaden entsteht und dann in der Versenkung verschwindet. Viel sinnvoller wäre es, die aufgezeigten Probleme und weitere, die ich nicht erwähnt habe, rechtzeitig anzugehen.
Fragen und Anregungen an den Autor via daniel.muster@it-rm.ch
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Interessant……..
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……und gut das jemand mal auf das Thema hinweist.
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Nämlich das Bitcoins faktisch in einem luftleeren Raum dahinvegetieren.
Und wenn ich mir vorstelle das es Leute gibt, die für ein paar fiktive Zahlen 4000 Franken hinlegen…..
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Naja, eigentlich sollte man jede Warnung unterlassen, denn solche Dummköpfe, …….äh Verzeihung, …….Spekulanten sind selber schuld.
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Wer sich das überlegt muss zum Schluss kommen, dass wenn der Bit mal kollabiert ist er nur noch ein Gespenst im Netz.-
Ich verstehe nicht so ganz was an Bitcoin im Vergleich zu unserem global gebräuchlichen Fiat-Money unsicherer sein sollte?
Jede Währung, die durch Nichts gedeckt ist, ist substanz- und wertlos und nüchtern betrachtet ein Schneeballsystem. Unser Geldsystem funktioniert noch genau so lange, wie die Masse an die Wahrhaftigkeit dessen – die es in Wahrheit jedoch gar nicht gibt – glaubt. Bitcon und alle anderen Kryptowährungen sind genauso Luftschlösser wie CHF, EUR, US$ und alle anderen sog. Währungen, mit dem Unterschied, dass sie von der technischen Seite her (noch) nicht manipuliert werden können, da dezentral „verwaltet“. Manipulationen können ausschliesslich durch Trading durchgeführt werden.
Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass aus Bitcoin Blockchain-Technologie-Entwicklungen hervorgehen werden, die durchaus Substanz entstehen lassen können, was beim „traditionellen“ Fiatmoney völlig ausgeschlossen ist, da sich das Finanzsystem schon lange von der Realwirtschaft abgekoppelt und eine „Eigendynamik“ entwickelt hat, die fern von jeder Wert- und Nachhaltigkeit liegt. -
Visionär…………
Was sie sagen liegt ganz auf meiner Linie.
Die Finanz-Wirtschaft hat sich vor langen Jahren von der echten produktiven Wirtschaft abgekoppelt.
Sie lebt nur noch für sich selber, alles andere ist für die nur noch Mittel zum Selbst-Zweck.
Die Finanzindustrie sollte eigentlich für die Wirtschaft arbeiten, ein Compagnon derer sein….. aber was ist sie……… ein Zombie.
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Der Artikel oben will ja nur feststellen …….das beim Bit der „Instanzenweg“ völlig unklar ist.
Haben Sie ein Problem mit Franken, wissen sie wo sie sich hinwenden können. Schweizer Gerichte sind dafür zuständig.
Beim Bitcoin aber liegt das weitgehend im Dunkeln, ja da wurde das nie durchexerziert. Was nützt ein Schweizer Urteil, wenn man es nicht vollstrecken kann ?
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Natürlich …….wir haben nur noch Fiat-Money Währungen, aber beim Bit kommt darüber hinaus noch eine weitere Rechts-Unsicherheit dazu.
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Also bis der echtes Geld ist, fehlt noch eine ganze Wegstrecke.
Ich habe jedenfalls lieber eine Unze Gold in meiner Hand, wie einen Bitcoin auf dem Dach…..(((-:
Und die Unze kontrolliert niemand…… ausser mir. -
Wer behauptet, Bitcoin sei ein rein spekulatives Luftschloss ist ohne jeden Wert, sollte sich vielleicht fragen, warum sie im krisengeschüttelten Venezuela inzwischen zur wichtigesten Parallelwährung avanciert sind (googlen: NZZ-Artikel dazu, Sommer 2017). Es wurde auch berichtet, dass man in Zimbabwe derzeit 7000 statt wie in den USA rund 4000 Dollar für einen Bitcoin bezahlt. Das sind Realitäten, die es zur Kenntnis zu nehmen gilt, wenn man sich versucht ernsthaft mit der Materie Kryptowährungen auseinanderzusetzen.
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Zitat :
Lucius Felber
29. September 2017 / 08:42
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Herr Felber…..
Was sie vorbringen ist eine ziemlich blauäugige Argumentation.
Denn in den beiden Ländern herrscht ein Dauer-Ausnahmezustand, nicht immer ein erklärter, aber eben doch ein andauernder.
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Erstens ………warum denken Sie, dass wenn hier in der Schweiz sogar viele an ein spekulatives Luftschoss wie den Bitcoin glauben, die in Venezuela und Simbabwe klüger sein sollten…?
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Zweitens …….. die haben ganz andere Sorgen, werden von der Regierung mit allerhand Repressionen beglückt. In beiden Ländern sind es Regierungen die ums finanzielle überleben kämpfen, ja in deren Banken sie wohl kaum irgendeine Devis gegen einheimisches „WC-Papier“ tauschen können.
Darum kann der Bitcoin für die eine Möglichkeit / Versuch sein, dem Fiasko wenigstens teilweise zu entrinnen.
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Das bittere Erwachen kommt bei denen auch noch, es sei denn, die spekulieren dort genauso mit den Bits wie man es hierzulande macht….(((-:
Auch in Simbabwe gibt ein paar reiche Leute. -
@Walter Roth:
Es stimmt, in Venezuela herrscht ein für normale Bürger sehr gefährlicher permanenter Ausnahmezustand, der offenbar viele genötigt hat, sich im Hinblick auf die Rettung ihrer Ersparnisse nach einer Lösung umzusehen.
Das Risiko eines (Total-)Verlusts mag bei Bitcoin im Vergleich zu Dollar oder anderen Fiat-Währungen höher scheinen oder auch nicht. Offenbar sind die Menschen in Venezuela bereit dieses Risiko in Kauf zu nehmen. Warum: Weil das Chance-Risikoverhältnis dies aus ihrer Wahrnehmung anscheinend gerechtfertigt.
Der gefühlte und reale Nutzen, der aus dem Kaufen und Halten von Bitcoin resultiert, überwiegt in Venezuela offenbar die Angst vor dem (potenziell totalen) Wertverlustrisiko, das abstrakt und schwer zu bewerten ist. Wir haben gut reden und können sie für ihr „leichtsinniges“ Verhalten kritisieren. Ich denke indes, dass wenn uns das Wasser finanziell bis zum Hals stünde, auch hier viele pragmatisch entscheiden würden.
Die Beispiele Venezuela, Griechenland und Zypern zeigen: Gerade auch in geld- und finanzpolitischen Katastrophenszenarien übernimmt Bitcoin eine wichtige Funktion. Je mehr Länder in ihren Schulden und Inflation versinken, desto mehr wird sich diese Erkenntnis allmählich verbreiten. Je grösser das Bitcoin-Netzwerk wird – und es scheint derzeit mit exponentiellem Tempo zu wachsen – desto mehr Energie, Rechenleistung und Geld müsste ein Angreifer aufwenden, um die Kontrolle darüber zu übernehmen.
Jene, die hingegen seit jeher fest davon überzeugt sind, dass Bitcoin in unmittelbarer Zukunft einen drastischen oder totalen Wertverlust erleidet, werden weder die Ausführungen von hochspezialisierten Kryptographie- , IT-Sicherheit- und Cryptowährungsexperten, noch potenziell hohe Gewinne und selbst drastischste Umstände wie in Venezuela nicht zu einer Neubewertung des von ihnen wahrgenommenen Risikos umstimmen können.
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Zotat :
Lucius Felber
30. September 2017 / 07:50
@Walter Roth:
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Ja Herr Felber, da gebe ich ihnen recht.
Daumen hoch……
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Was aus dem Bit wird, ich kann es nicht sagen.
Ich mahne nur zur Vorsicht.
Und Ok, je nach Situation muss man neu bewerten.
Aber ich halte Gold für etwas …….. aus der Erfahrung von 5000 Jahren, ….realeres.
Einen Bit für 4600 …….oder 3 – 4 Unzen Gold, für mich keine Frage.
Aber klar, in Venezuela können sie auch Gold nicht so einfach kaufen, weshalb der Bitcoin halt eben eine Notwährung sein kann…….. solange er funktioniert.
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Wenn alle Spieler auf eine angeblich
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* 9. Februar 1906 † 14. September 1999
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