Deloitte gilt als Gute der Big 4. So heissen die vier grossen, weltweit aktiven Beratungs- und Prüfirmen. In der Schweiz rollte Deloitte das Feld zuletzt von hinten auf.
Nun erfolgt ein schwerer Rückschlag. Der Chef Audit, sprich der oberste Zuständige für den ganzen Revisionsbereich von Deloitte, hat soeben seinen Rücktritt erklärt.
In einer Mitteilung an die Deloitte-Belegschaft schreibt Thierry Aubertin, wie der „Managing Director Audit&Assurance“ und Mitglied der obersten Deloitte-Führung in der Schweiz heisst, dass er nach einer Untersuchung durch die Aufsicht abtrete.
Die RAB, wie die Revisionsaufsicht in Bern heisst, hat laut dem Mail von Aubertin an die Mitarbeiter von Deloitte Schweiz Mängel gefunden bei dessen Arbeit.
„A number of audit files, including my own, were not deemed of an acceptable standard and for which, as your Head A&A, I must take some personal responsibility“, findet Aubertin.
„Not deemed of an acceptable standard“: Audit-Chef Deloitte (Quelle: Deloitte)
Er sei nicht mit allem einverstanden, was die Aufseher kritisierten, aber „I have to accept their overall conclusion“. Sprich: Deloittes Spitzen-Aufseher genügt nicht den Mindest-Standards für den Beruf.
Ein kleines Erdbeben. Zunächst für Deloitte, die unbedingt bei grossen Banken endlich einmal ein Prüfmandat ergattern. Aktuell gerade versucht die Firma, bei Raiffeisen zum Zug zu kommen.
Der Schlag aus Bern zeigt aber auch, was in der ganze Branche im Argen liegt. Die KPMG, Prüferin von GAM und Aduno, wurde wegen ihrer Arbeit für die Post bereits abgestraft.
EY ist als Gutachterin in Fällen rund um Pierin Vincenz angeschlagen. Bei der Nummer 1, der PwC, stellt sich die Frage, wie die langjährige Raiffeisen-Revisorin die Vincenz‘ Deals geprüft hat.
Spitzenmann, Spitzenfall: Audit-Chef tritt ab (Bild: Deloitte)
Bei der Deloitte ist die harte Hand aus Bern besonders brisant. Der aus England heraus geführten Beratungs- und Revisionsfirma war es gelungen, sich als alternative Schweizer Kraft zu etablieren.
Die Bankenaufsicht griff oft auf Deloitte-Experten zurück, wenn es darum ging, „heisse“ Eisen anzupacken; so in den Untersuchungen rund um Vincenz und Raiffeisen sowie bei der Bank Bär.
Deloitte kam auch deshalb wiederholt zum Zug für solche Sondereinsätze, weil das Unternehmen noch nicht überall einen Interessenkonflikt hatte – zu wenige Prüfmandate wies es auf.
Das aber wollten die Deloitte-Chefs durch eine von langer Hand geplanten Offensive im Land der Banken und Versicherungen ändern. Umso härter trifft die Abstrafung aus Bern die Firma.
Diese könnte weitere Wellen schlagen. Laut der internen Mitteilung des nun zurückgetretenen Chefs Audit kam die Revisionsaufsicht bei ihrer Prüfung von Fällen des Jahres 2017 zu einem generell kritischen Befund.
Das geht aus Thierry Aubertins Worte hervor, dass die Aufsicht bei einer „number of audit files“ zum Schluss gekommen sein, dass Deloittes Prüfer und ihre Arbeit nicht genügen würden.
Deloitte auf Vormarsch (Quelle: Firmen)
Mit anderen Worten: Deloitte, die doch so gerne in der Schweiz endlich an grosse Prüf-Mandate kommen wollte, wird von ihren eigenen Prüfern, jenen der Aufsicht in der Hauptstadt, als nicht fit bezeichnet.
Prüfung nicht bestanden, so das vernichtende Verdikt aus Bern von der Revisionsaufsicht zuhanden von Deloitte. Diese wird dadurch in ihrem Vormarsch möglicherweise gebremst. Zuletzt legte Deloitte beim Wachstum in der Schweiz fast dreimal so stark zu wie Ernst&Young.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Most important value is quality and compliance in that profession. This requires stable team that knows the approach and is immune to consulting talks. You can still be a good sparring partner to clients. Look at all the changes during the last 4 to 6 years and you see the issues.
-
Was geht eigentlich in der Schweiz seit ca. 15-20 Jahren beschleunigt ab? In den Banken, Versicherungen oftmals nur noch (freiwillige und unfreiwillige) Komiker in den Chefetagen (letzte solche Besetzung der BKB/RCH-Guy mit seinem „auf Augenhöhe“-Gefasel) mit Superstar- und Royalty-Allüren, überall nur noch Abzockermentalität aber dafür fast nichts mehr können bei einer gleichzeitigen Inflation von Titeln, Diplomen und Harvard-Kürsli. Von Marketing faseln und gleichzeitig den Kunden als Störfaktor und abmelkbaren Idioten betrachten und behandeln und sich selbst (den Bankangestellten) rücksichtslos in den Mittelpunkt stellen und nicht den Kunden (und auch nicht das Wohl der Firma). WTF!!! Die Schweiz ist auf dem Weg ein Shithole zu werden!
-
Wundert wieder einmal nicht. Die Auditfirmen maximieren Ihre Marge dadurch, dass Juniors mit überhaupt keinem oder sehr geringen Background die Audits rein checklistentechnisch bearbeiten. Es gibt kein herausfordern von Unstimmigkeiten oder Richtigkeiten. Der Auditpartner verkommt meist nur als eine Repräsentationsfigur, die die Berichte blind absegnet.
Wenn die FINMA die Resourcen hätte würden Sie schnell erkennen, dass auf dem Markt Schweiz noch sehr viele Unstimmigkeiten verborgen sind…-
Keine Frage, die Big 4 machen einiges was man hinterfragen kann. Aber die geprüften Firmen können in den Spiegel schauen, kosten will man sparen. Wenn man Kochwein Preise zahlt, darf man Chateau Rothschild Resultate erwarten? Und dann die Aufsicht, die nicht zwingend auf wirksame Vorgaben setzt, sondern auf nutzlose Dokumentation die leicht zu prüfen ist, auch wenn sie nichts bringt. Alle spielen hier mit.
-
-
Offenbar ist keine der grossen Prüfgesellschaften in der Lage, den Job so zu erfüllen, wie dies die RAB gerne hätte. Wenn einzig die RAB unfehlbar ist, und offenbar ihre überwachten Unternehmen alle die Anforderungen nicht oder nur schlecht erfüllen, müsste man sich doch allenfalls darüber Gedanken machen, ob denn die Erwartungen an Prüfstellen überhaupt erfüllt werden können. Grosse Mandate mit immer komplexeren Rechnungslegungsstandards und zig Tochterunternehmen können m.E. gar nicht so geprüft werden, wie dies die RAB wünscht oder die Revisionsbranche vorgibt zu tun (insbesondere nicht in einen vernünftigen Kostenrahmen). Die „inhärente Grenze“ der Prüfung greift viel früher, als das die Standards annehmen oder die Branche ehrlicherweise zugeben müsste. Damit diese dann doch halbwegs oberflächlich eingehalten werden können, bemüht man sich in vielen oberflächlichen „Cover-your-ass“ Nonsense-Prüfungshandlungen und vernachlässigt dabei tendenziell das Verständnis der Materie an sich.
Es wäre wohl – wie bei vielem anderen auch – lohnenswert die Kirche im Dorf zu lassen und die Erwartungen auf das Mögliche und nicht das wünschbare herunterzuschrauben (und auch zuzugeben, wo die Schwäche liegt). Die Revisionsbranche, und mit ihr der Staat und die Regulatoren, kreiert aber eine Chimäre der Risikolosigkeit von Abschlüssen und der Fähigkeit das jeder Sachverhalt geprüft werden könne. Ehrlichgesagt wissen wir doch alle, dass dem nicht so ist.
-
Audit ist schon lange nicht mehr rentabel. Es ist ein gesetzliches Mühsal. Der Auditkunde sieht die Vorteile meist nicht – sondern nur Kosten. Für immer weniger Geld soll Weltklasse geliefert werden. Wie denn und wer soll das abliefern?
Bei jeder Ausschreibung die ich in den letzten 12 Jahren meines Wirkens in Big4 gesehen habe war der Trend immer der selbe: Auditkosten down. Mindestens 30% oder mehr. Viele Mandate sind nur noch Prestige – nicht mehr kostendeckend. Dem heutigen Trend folgend werden Mandate in spätestens 5 Jahren gratis offeriert (was keine der Big4 vermag) oder der ganze Prüfprozess wird weitestgehend automatisiert.
Oft habe ich erlebt, dass ‘wir’ das Mandat zwar super spannend fanden – aber nicht gepitscht (offeriert) haben – weil total unrentabel. Immer öfter entschied man über Tax und die Beratung rein zu wollen. Audit war für die Galerie. Damit verdient man auf Grossmandaten oft keinen Rappen mehr. Ein Reines Investment also. Zudem sind globale Pitches extrem teuer will man top Standards genügen. Der reinste beauty contest. Ich habe erlebt wie wir für solche Pitches locker 600k bis zu einer Million CHF investiert hatten – just do be different. Gewonnen hat man dann doch nicht. Ziel der Übung war es zumeist den ‘Incumbent zu slashen’ (aktuellen Auditor zu drücken). Das geht horrend ins Geld und ist oft ohne Aussicht auf positiven wirtschaftlichen Erfolg. Zum irgendwie überleben müssen zudem oft unerfahrene Juniors ‘gestaffed’ werden’ Um irgendwo die Rote null halbwegs im Griff zu haben. Oft werden auch 30-40% der geleisteten Stunden dem Kunden nicht verrechnet. Leadpartner streichen den Juniors geleistete – aber nicht abrechenbare Stunden (sog. Non chargeables). Es ist ein brutaler Knochenjob. Die Juniors arbeiten unter sehr sehr harten anspruchsvollen Bedingungen … oft gratis. So ist das!
Darüber sollte mal diskutiert werden. Audit darf Nix kosten – die Big4 sollen aber Chämpionsleague-Niveau mit Zusatzleistungen erbringen. Aber wer arbeitet schon gratis?!
In meiner seinerzeitigen Lead Function bei 2 Big4 habe ich sehr oft – aus wirtschaftlichen Gründen- gegen eine Offerteinreichungen votiert – weil in keinster Weise refinanzierbar. Bei Deloitte haben wir den Fokus auf das Beratungsgeschäft gelegt – was vernünftige Renditen und sehr gute Wachstumsraten ermöglichte.
-
Als ehemaliger Kollege (Partner) kann ich das so nicht bestätigen.
Ein Gutteil des Beratungsumsatzes ist immer noch Audit Support und Audit-nah. Zudem ist Audit zwar pro Person weniger errragsreich, aber besser planbar und man kann mit einer deutlich anderen Pyramide arbeiten. Auch Technologie hilft. Am Ende ist die Profitabilität im Audit sogar nach meiner Rechnung pro Partner eher besser.
Was es aber braucht ist eine bedingungslose Qualitätsoffensive. Und die faulen Eier, die das Branchenimage beschmutzen (z.B. ein Herr, der gerade wieder ein Videointerviews gegeben hat), müssen aus dem Verkehr gezogen werden.
-
-
es ist schon fast wie bei den Schweizer Grossbanken… bei Skandalen sind heute meistens die Big4 der Wirtschsftsprüfer involviert… was läuft falsch auf dem Wirtschaftsstandort Schweiz, bei Aufsichtsbehörden und der Oberaufsicht die den Damen und Herren Politikern obliegt?
Wann hinterfragen sich die Damen und Herren Politiker in Bern endlich ob sie ihre Aufgabe als Oberaufsicht effektiv ordentlich wahrnehmen?
-
-
War ja nur noch eine Frage der Zeit, die Qualität liess immer zu wünschen übrig. Alles wurde nur noch unterzeichnet, ohne richtig zu hinterfragen. Die armen aktuellen Assistants, denen wird nun doppelt und dreifach auf die Finger geschaut, bei ohnehin schon katastrophalen Bedingungen. Viel Spass in der Busy Season 😉
-
Man fängt nur kleine Fische…so weiter…quasi in Absprache mit den anderen Drei…somit Die Schweiz a wonderful world…but only for….
Will man jetzt auch die Deloite terrorisieren, nachdem Sie zwei Skandalen erwischt hatte? Also Richter gegen Blog und Aussicht gegen „official whistle blower?“ Ist das was die wollen? Nice, aber nicht für mich… -
However, I find it honorable and consistent that Mr Aubertin leaves upon these findings/ that Deloitte makes him leave. This is how it should be done as opposed to covering things up as we heard with other companies so many times before. Or alternatively holding on to such people and trying to make things work half heartedly.
-
@GeneralAudience: What are you refering to at other companies? The way senior EY partners treat female employees?
-
..while so many things Deloitte and its wonderful people (P) have done and continue to do remain well tucked away with hopes that nobody ever finds out about… Time will tell and waves tend to uncover even the best kept secrets this firm hopes will never surface to the public.
-
-
Zeigt, wie kaputt die ganze Branche heute ist.
Wenigstens hat er den menschlichen Anstand, rasch zurückzutreten. Das ist ja in dieser Branche nicht selbstverständlich, leider!
Zeigt, wie kaputt die ganze Branche heute ist. Wenigstens hat er den menschlichen Anstand, rasch zurückzutreten. Das ist ja in…
However, I find it honorable and consistent that Mr Aubertin leaves upon these findings/ that Deloitte makes him leave. This…
Offenbar ist keine der grossen Prüfgesellschaften in der Lage, den Job so zu erfüllen, wie dies die RAB gerne hätte.…