Ein Held ist Urs Pauli sicher nicht. Der frühere ERZ-Direktor hat vor sechs Jahren wochenlang die Berichterstattung rund um die städtischen Betriebe dominiert.
Verblüfft erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Dienstabteilung Entsorgung und Recycling ein Museum für Oldtimer betrieb und Emus in einem Gelände unterhielt.
Aufträge vergab der Chef mitunter nach eigenem Gusto und umging das Submissionsverfahren.
Eine Untersuchung kam zum Schluss, dass sich Pauli der privaten Nutzung von Geschäftsfahrzeugen und der falschen Verbuchung von Sanierungsausgaben schuldig machte.
In einem abgekürzten Verfahren, dem die Stadt zuerst nicht einwilligte, wurde dann das Strafmass auf 10’800 Franken Geldstrafe plus 2 Jahre bedingte Freiheitsstrafe bemessen.
Weil die anderen Anklagepunkte abgewiesen wurden, erhielt Pauli in der Einstellungsverfügung eine Entschädigung von 9’918 Franken zugesprochen.
Der Staat konnte nach sechs Jahren aufwändiger Juristerei sozusagen einen Gewinn von 882 Franken netto verbuchen.
Eigentlich hätte es zum Monsterprozess gar nicht kommen dürfen.
Schon früh zeigte sich in der internen Untersuchung, dass Paulis eigenmächtige Geschäftsgebaren einem städtischen Betrieb zwar nicht entsprechen, der Stadt aber weder ein finanzieller Schaden entstand noch eine persönliche Bereicherung festgestellt werden konnte.
Mehr noch: Der Chef drückte aufs Tempo und die angerissenen Projekte konnten frühzeitig abgeschlossen werden.
Der Fall hätte mit einer schriftlichen Mahnung belassen werden sollen. Ausgeteilt vom damaligen Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, Filippo Leutenegger (FDP).
Das war der Konsens im Stadtrat von sieben Jahren, nachzulesen in einem Auszug aus dem Protokoll.
Die Rolle Leuteneggers bleibt auch so unklar. Die Staatsanwaltschaft wird später festhalten:
„Auch scheint es nur schwer vorstellbar, dass die zuständigen Departementsvorsteher keine Kenntnis dieser Gruppe und des Museums hatten (…)“.
Mit der Gruppe sind physisch und psychisch angeschlagene Mitarbeiter gemeint, die dank Paulis Idee im Museum herumwerkelten.
Das seltsame Museum verdeckt die Sicht auf Paulis Erfolge.
Seine grösste Leistung war der Abbau des Schuldenbergs von 460 Millionen Franken, die sein Nachfolger im Departement Entsorgung und Recycling hinterliess.
Innert acht Jahren verwandelte der Sanierer das Minus in ein Finanzvermögen von 310 Millionen Franken.
Dass Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher heute weniger Abfallgebühren bezahlen müssen, ist auch Paulis Verdienst.
Sein Sparfimmel zeigte sich auch in kleinen Dingen.
7’000 Franken kosteten die Abfallhais in der Stadt Zürich. Pauli setzte sich an den Verhandlungstisch mit dem Hersteller. Am Ende lag der Preis bei 1’000 Franken.
Im Frühling 2018 standen Erneuerungswahlen an. Im Gemeinderat wurde kritische Fragen gestellt. Stand Leutenegger hinter seinem Mann?
Nein. Im Mai 2017 stellte er ihn auf die Strasse und zeigte ihn wegen ungetreuer Geschäftsführung und weiterer Delikte an.
Beim Entlassungsgespräch eine weitere Demütigung.
Die Vorzimmerdame bat Pauli ins Leuteneggers Büro. Dieser stand am Fenster, das Hemd etwas aufgeknöpft und in der Hand ein Joghurt, den er auslöffelte.
Nach sechs Jahren Untersuchung und einem milden Strafurteil geht der Stadtrat verbissen in die zweite Runde.
Er reichte eine Zivilklage gegen Pauli ein.
Es geht um Dienstfahrzeuge, die der Direktor sich und seinen höchsten Angestellten beschaffte: BMW, VW, Opel und Skoda.
Das höchste Kader durfte die Autos in Gebrauchsleihe nutzen, also unentgeltlich.
Der Stadtrat will nun, dass Pauli die Differenz zwischen Anschaffungskosten und späterem Verkauf zurückzahlt, plus 5 Prozent Zinsen jährlich.
Macht knapp 290’000 Franken.
Am Ende wird Pauli einen kleinen Betrag von der Forderung zurückzahlen müssen. Wieder wird der Aufwand viel höher als der Ertrag.
Aber das scheint egal zu sein. Es geht ja ums Prinzip – und es ist ja nur der Staat.
Urs Pauli hingegen ist seit über sechs Jahren arbeitslos, fand nie wieder Tritt in die Gesellschaft.
Sozialleistungen hat er in dieser Zeit nie bezogen, seine Frau arbeitet. Der Stadt scheint das egal zu sein.
Leutenegger meldete sich aus den Ferien. „Ich äussere mich nicht zu einem laufenden Verfahren, im übrigen esse ich kein Joghurt.“
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Die beliebtesten Kommentare
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Entsorgung + Recycling Zürich hat Jahrzehnte lang viel zu hohe Sackgebühren verlangt und so illegal Geld für überteuerte Projekte angehäuft. Zürichs Bevölkerung musste über eine halbe Milliarde zu viel blechen für die Zürisäcke. Wenn Urs Pauli sich brüstet, das Defizit von ERZ reduziert zu haben, ist das komplette Schönfärberei. Die Sackgebühren senkte die Stadt erst, als das der Gemeinderat nach langem Hin und Her befohlen hatte. In der Privatwirtschaft wäre Pauli grandios gescheitert. In Zürich hingegen hat er bis heute ein schönes Leben, wohnt er doch nach wie vor in einem Haus mit Park, das der Stadt gehört.
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In der Stadt Zürich geht man mit unbeliebten Angestellten nicht zimperlich um. Als der Chef von der Stadtpolizei 80`000 an Zahltags Geld entwendet hat wurde ein sehr guter Dedektiv der das nachweisen konnte einfach entlassen! !
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Herr Pauli hatte einen vom Steuerzahler finanzierten Geschäftswagen. Dabei soll es sich um einen PS-starken BMW zum Preis von in etwa 125’000.- gehandelt haben. Die Medien berichteten. Die Chefin von Herrn Pauli war eine Grüne, R. Genner.
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Werter Herr Frenkel, erklären Sie mir bitte folgenden Satz (copy-paste aus Ihrem gloriosen Artikel):
Seine grösste Leistung war der Abbau des Schuldenbergs von 460 Millionen Franken, die sein Nachfolger im Departement Entsorgung und Recycling hinterliess.
Wie baut man den Schuldenberg seines Nachfolgers ab?
Bin gespannt.
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Dachte ich mir auch.
Vielleicht hat er es kommen sehen und vorsorglich 770 Mio aufgebaut, damit der Nachfolger 460 verbraten konnte, damit am Schluss 310 rauskommen? -
Frenkel schreibt einfach ohne zu überlegen und fühlt sich wohl dabei. Schlimm ist, dass LH ihn noch frei schaltet, scheinbar ohne Kontrolle. Und das soll IP langfristig IP wieder einen guten Ruf bringen?
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Monatelang wurden Befragungen durchgeführt, Protokolle und Berichte erstellt. Diese Kosten von sicher über einer halben Million wurden von Herrn Leutenegger dem ERZ zur Begleichung „weitergeleitet“. Nun kommen nochmals Kosten für dieses Strafverfahren dazu.
Der Steuerzahler darf nun raten, wer das — neben U. Pauli — effektiv am Ende bezahlt hat und noch bezahlen wird.
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Schade eine kindische Geschichte mit der Klagerei! Ich fand das was Er im Hagenholz und allgemein unter seiner Verantwortung aufgebaut hat sehr sehr erfreulich und symphatisch und ich denke mal das die Mitarbeiter auch Freude an ihrer Arbeit hatten.!!!
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Wasser war der Amtsvorsteher von 2002 bis 2008 beim ERZ, und laut einer PUK trägt dieser eine Mitverantwortung. Mindestens! Nachdem was dieser Waser anschliessend auch am USZ veranstaltete, wo er nach diversen Skandalen vorzeitig und überstürzt den Hut nahm, waren dort auch alle anderen Schuld, nur er selbst nicht. Es scheint, dass Pauli zum alleinigen Sündenbock gestempelt wird. Sicherlich war bei dessen Tun einiges fragwürdig, aber das dieser alleinig verantwortlich sein soll, ist wohl wiederum mehr als fragwürdig.
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Hässig, Sie schreiben im Untertitel von einem sog. „Abfall-Direktor.“ Was oder wen meinen Sie genau damit ?
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Es ist nicht Hässig, der das geschrieben hat, es ist Beni Frenkel, dem es gefällt, wie in der Weltwoche, einfach losschreiben ohne zu überlegen, was das für Konsequenzen haben kann für ihn.
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Schade um den Mann. Schade, dass sein Vergehen vom Stadtrat nicht getragen wird. Es war nicht auf persönlicher Bereicherung aus, im Gegenteil, die Allgemeinheit hat davon profitiert.
Ist dies nicht auch die Aufgabe des Stadtrates?
Er sollte hier nochmals über die Bücher und die Klage zurückziehen, aus Prinzip:) -
@Werdhölzli: In der Tat, Pauli hat dem Steuerzahler keinen Schaden verursacht.
Da stellt sich die Frage:
Wann werden die Verantwortlichen für die unsäglichen Ausgaben im Zusammenhang mit den damals schon bekannten überflüssigen Corona-Massnahmen zur Rechenschaft gezogen?
Viele dieser (sinnlosen) Spuren sind auch drei Jahre später noch sichtbar …
https://insideparadeplatz.ch/2020/05/14/corona-regierungen-wegschliessen-die-machen-uns-krank/
Siehe Bild: Parkfeld für Rollator? (Tierspital Zürich, IP)
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Und erst recht ganz im besonderen stellt sich ja die Frage, ob irgendein Kommentar hier überhaupt einen Zusammenhang mit dem Geschriebenen haben muss, damit er veröffentlicht wird.
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Der Autor des Artikels scheint 2 Dinge nicht verstanden zu haben:
1.) Gute Taten (soziale oder ökonomische) wiegen gleichzeitige Gesetzesverstösse aus rechtlicher Sicht nicht auf. Sie mögen dies ggf. aus moralischer Sicht tun, aber darum geht es hier nicht.
2.) Ein BMW M5, den Herr Pauli sich zulasten des Spesenbudgets genehmigt hat, ist wohl etwa CHF 50’000 teurer als ein reglementkonformes Dienst-Fahrzeug für Chef-Beamte der Stadt Zürich.Analoges gilt – auch wenn in geringerem Masse – für die nicht-reglementskonformen Dienstwagen der Unterstellten von Herrn Pauli, welche er genehmigte.
Und dann noch dies: es erstaunt schon, mit welcher Nonchalance die rot-grünen Vertreter im Zürcher Stadtrat mit Gesetzesverletzungen durch Chefbeamte umgehen, wenn sie – wie im Artikel behauptet – der Meinung waren, eine schriftliche Abmahnung würde als Sanktion reichen…!
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passt zu Sonnenschirm Spezialist Leutenegger.
Etwas beleidigt, wenn die Idee nicht von ihm stammt.
Pauli hat keinen Schaden verursacht.
Die Mitarbeitenden waren motiviert.
Der Laden lief besser als je zuvor.
Jedoch: Beamte mit Ideen passen nicht ins System. -
Litigation PR, das sich als Journalismus tarnt. Aber IP hat ja schon längst nichts mehr mit Journalismus zu tun.
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Ich werde den Eindruck nicht los, dass Pauli hier das Bauernopfer ist. Alt Stadtrat Waser sollte man auch mal genauer unter die Lupe nehmen.
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Als Chefbeamter Geld sparen – das hat ihm das Genick gebrochen. Man macht sich so halt keine Freunde in der Zürcher Regierung.
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Die meisten juristischen Verfahren sind bzgl. Kosten/Nutzen resp. Busse, Schadenersatz, Strafmass ineffizient. Gemessen daran könnten wir praktisch das gesamte Rechtssystem aufgeben. Somit geht es um Rechtsstaatlichkeit und die Rechtsordnung – und das rechtfertigt den Aufwand.
Wenn jemand seinen gut bezahlten Job auch gut erledigt, dann ist das keine Lobenshymne wert, sondern das, wofür man bezahlt wird – in vorliegendem Fall vom Steuerzahler.
Der Bericht wirkt eher wie ein Versuch der Darlegung einer Haltung aus persönlichen Motiven, denn ein substantieller und neutraler Beitrag.
Cui bono?
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No news, Herr Frenkel. Sollte die Stadt ZH etwa auf die Forderung verzichten? Das wäre ein Skandal, nicht der Versuch des Eintreibens.
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Ob man dieses Verfahren nicht umkehren sollte? Im Bericht selber steht „dass es schwer vorstellbar sei, dass die Stadt davon nichts wusste“.
Und jetzt macht einer auf beleidigte Leberwurst.
Leute, die einen solchen Schuldenberg abbauen und sogar in ein Guthaben wandeln – und das in einer grün/rot-regierten Stadt, sollten belohnt werden.(nein, ich kenne keine Details zum Fall)
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Urs Pauli war bei seinen Mitarbeiter sehr beliebt.
Das Museum mit alten Müll Lkw war vielleicht nicht korrekt, sicher kein
kosten Treiber.
Er hat für die Stadt und das ERZ sehr gut gearbeitet, und ein Plus in der Rechnung erwirtschaftet. Was von vielen Anderen „Amtsdirektoren“ nicht gesagt werden kann. -
Die Abfallgebühren waren viel zu hoch, darum konnte viel Kapital angehäuft werden. Das hatte nichts mit den angeblich unternehmerischen Fähigkeiten des zurecht verurteilten ehem. Direktors zu tun. Das ist auch der Grund wieso die Gebühren vom Parlament im Anschluss gesenkt wurden…
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Ein PR-Gau produziert von einem Ex-SRF-Mediendompteur. Wow! Pauli gelingt offenbar die Korrektur von -460Mio. in ein Plus von 310Mio. und als Dankeschön vom Stadtrat jetzt eine lachhafte Differenzzahlung. Also bitte verrechnen Sie die „mehrfach unbrauchbaren“ Sonnenschirme vor dem Opernhaus ZH dem zuständigen Stadtrat… (ZH und CH Medien berichteten) und listen Sie doch alle weiteren „Trial & Error“-Aktivitäten mit Kostenposition dieses Magistraten auf.
Aus der Balance sehen wir dann ob sich Filippo für die Stadt gelohnt hat oder eher weniger – dabei die Rentenansprüche als Stadtrat nit vergessen. Kann man auch für die übrigen Stadtparlamentarier machen. -
Danke für den Artikel. Genau hier liegt doch das Problem das die öffentliche Verwaltung hat. Kommt Einer der unternehmerisch denkt, immerhin hat er Schulden von 460 Mio in Guthaben von 310 Mio verwandelt und das kombiniert mit tieferen Gebühren für die Bürger, dann wird er fertig gemacht. Denn solches Verhalten zeigt allen Anderen schonungslos auf was möglich wäre, würde man sich denn „bewegen“ und unternehmerisch denken, nicht nur verwalten, stur auf Paragraphen herumreiten und einen 9/5 Job erledigen. Die Reaktion von Leutenegger ist auch klar, Tigrillo aus Bern hat es vorgemacht mit seinem Buddy Lauener.
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Der Steueramtschef mach auch jährlich steigende „Gewinne“ und hat wahrscheinlich keinen Anspruch auf „Gewinnbeteiligung“ – ?
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Herr Frenkel
Normal buegeln Nachfolger Schaeden von Vorgaengern aus
Sehe ich das falsch -
Fehlt der Stadt nun plötzlich Geld?
passt zu Sonnenschirm Spezialist Leutenegger. Etwas beleidigt, wenn die Idee nicht von ihm stammt. Pauli hat keinen Schaden verursacht. Die…
Als Chefbeamter Geld sparen - das hat ihm das Genick gebrochen. Man macht sich so halt keine Freunde in der…
Ich werde den Eindruck nicht los, dass Pauli hier das Bauernopfer ist. Alt Stadtrat Waser sollte man auch mal genauer…