Die Leonteq unter CEO Lukas Ruflin gerät immer stärker in die Defensive. Nach der deutschen Bankenaufsicht Bafin geht jetzt auch eine französische Behörde gegen die Struki-Boutique mit Headquarter in Zürich vor.
Das machte heute früh die renommierte Pariser Wirtschaftszeitung „LesEchos“ publik. Die französische Finanzpolizei habe Leonteq bei der Pariser Staatsanwaltschaft angezeigt.
„Leonteq est dans le viseur de la justice française“, schreibt „LesEchos“. Die Investoren reagierten sofort. Sie schmissen diesen Morgen die Aktie der Schweizer Finanzfirma mit Sitz in Zürich auf den Markt.
Der Kurs stürzte bei Börsen-Eröffnung gerade in die Tiefe. Inzwischen hat er sich wieder leicht erholt, liegt aber weiter im Minus.
Der neueste Fall reiht sich ein in einer Reihe von schweren Vorwürfen gegen das einstige Erfolgsunternehmen, das in den letzten Monaten dreimal vor Gewinneinbrüchen warnen musste.
Für 2023 gabs gerade noch einen Profit von 21 Millionen Franken, ein Achtel des 2022er Resultats.
Begonnen hat der grosse Absturz, der sich zu einer existenziellen Krise für das Zürcher Struki-Haus entwickeln könnte, vor anderthalb Jahren.
Im Oktober 2022 enthüllte die Financial Times ein mögliches Betrugssystem der Leonteq zur Steuerumgehung und Geldwäscherei.
Die englische Finanzzeitung führte zwei Struki-Käufen eines französischen Investors ins Feld, die das Middle-East-Team der Leonteq statt über die Pariser Leonteq-Tochter über eine Adresse in der Karibik lenkte.
Auf den British Virgin Islands (BVI) war eine Briefkastenfirma namens Ladoga die Vertreiberin der zwei Strukis, die eine im Bildungswesen aktive Gruppe in Lille im Norden Frankreichs erworben hatte.
Ladoga fehlte die nötige Bewilligung für einen Verkauf der Produkte in den EU-Raum, also auch nach Frankreich.
Der Fall eskalierte im Verlauf von 2021 innerhalb der Leonteq. Eine Untersuchung durch EY, die bei der Leonteq seit Jahren eine zentrale Rolle einnimmt, sprach die Führung im Februar 2022 frei.
Ladoga verschwand von der Bildfläche, das Unternehmen stellte seine Aktivitäten ein.
Leonteq meldete unmittelbar nach der Financial Times-Story, die wie eine Bombe eingeschlagen hatte, es handle sich um einen Fehler der Vertriebspartnerin.
Also Ladoga. Case closed, so die Hoffnung von Ruflin und Co.
Heute bringt LesEcho den Namen Ladoga erneut aufs Tapet. Die „commission versée par la firme suisse à Ladoga atteint des niveaux colossaux“, schreibt die Zeitung.
5,5 Prozent des Nominals eines Deals, in den das grosse französische Rohstoffgruppe Eramet beteiligt war, an der der Staat eine Minderheitsbeteiligung hält. Auch deren Aktie tauchte heute.
Eramet hatte einen hoffnungsvollen Finanzmann seinen Dreissigern in ihren Reihen, der versteckt und im grossen Stil mit Cannabis handelte.
Als ihn die Polizei schnappte, verriet der Mann, der zusammen mit Komplizen neben 2 Millionen in Euro-Noten und 284 Kilo Marihuana auch Waffen lagerte, den Ermittlern ein anderes Geheimnis.
Er habe mit einem einzigen Struki-Deal über 50 Millionen Euro ein riesiges Loch in die Bücher seiner Arbeitgeberin gerissen.
Im Dezember 2021 musste Eramet einen Sonderabschreiber von 45 Millionen Euro melden. Praktisch die gesamten 50 Millionen, die der kriminelle Mitarbeiter aufs Spiel gesetzt hatte, waren verloren.
Investiert hatte der „Jüngling“ das viele Geld seiner Firma in ein Credit linked notes (CLN). Dieses stammte aus der Küche des Middle-East-Teams von Leonteq, das damals noch in London sass.
Basiswert dieses Strukis mit der Wertpapier-Nummer CH0402354424 war Rallye, ein französischer Konzern, zu dem die Casino-Lebensmittel-Kette gehörte.
Im Frühling 2018, als Leonteq London dieses Produkt für den Eramet-Mitarbeiter kreierte, war Rallye bereits gefangen im Abwärtsstrudel.
Bereits ein gutes Jahr später brauchte die Gruppe Gläubigerschutz.
Für das Risiko mit diesem Struki auf die Rallye-Aktie gab Leonteq Käuferin Eramet gerade mal 1 Prozent Jahrescoupon. Im Mai 2019, als Rallye kollabierte, resultierte für Eramet ein Minus von 87,5 Prozent auf ihrem Leonteq-Produkt.
Wie passen die 5,5 Prozent Kommission für die BVI-Einmannfirma Ladogo zum 1 Prozent Leonteq-Struki für Käuferin Eramet?
„Ladoga pourrait être l’entité qui rémunère Frédéric et son complice, via un circuit opaque“, schreibt LesEchos mit Bezug auf einen Spezialisten.
Dann bringt die Zeitung eine weitere Finanzfirma ins Spiel, die in Dubai domiziliert ist. Diese soll mit dem gleichen Struki-Deal 350’000 Euro erhalten haben.
Zusammen mit den knapp 2,8 Millionen Euro für Ladoga seien so mehr als 3,1 Millionen Euro Kickbacks geflossen sein – in die Karibik und ins Finanzzentrum am Golf.
Der Skandal um ein mögliches jahrelanges Betrugssystem innerhalb von Ladoga erreicht mit dem heutigen Tag die Spitze des Zürcher Unternehmens.
Im 2018, als das Middle-East-Team das 50 Millionen-Struki mit Ladoga aufsetzte, musste der Deal angesichts der Grösse von einem speziellen Komitee begutachtet werden.
Im Gremium sassen laut einer Quelle höchste Leonteq-Manager. Die müssten demnach im Bild darüber gewesen sein, dass das Middle East-Team das Produkt über die Ladoga auf den BVI laufen liess.
Auf jeden Fall ist eines sicher: Im Dezember 2021, mehr als 3 Jahre später, wussten Leonteq-Chef Ruflin und seine höchsten Mitstreiter, dass es bei Eramet wegen des Leonteq-Strukis zum Knall gekommen war.
Ebenfalls lag damals der Fall auf ihrem Tisch, den Monate später die Financial Times zur Sprengung bringen würde.
Dieser war von einem Whistleblower aufgedeckt worden, der intern die Alarmglocken läutete. Ihn hatte die Leonteq-Spitze im Herbst 2021 vor die Tür gesetzt.
Anfang 2021, als die beiden Fällen mit dem Londoner Middle East-Team im Driving seat und den hohen Kommissionen für die karibische Ladoga auf dem Tisch lagen, mandatierten Ruflin & Co. ihre Langzeit-Beraterin EY.
Deren Spezialisten hielten in einer Präsentation vom 15. Februar 2022 fest, dass keinem Verantwortlichen eine Schuld nachgewiesen werden könne.
„Es wurde kein Verstoss gegen die gesetzlichen Bestimmungen festgestellt“, liess sich später ein Leonteq-Sprecher zitieren.
Mit dem LesEchos-Artikel von heute und den Strafermittlungen in Paris rächt sich die Vernebelungs-Taktik, welche die Leonteq-Führung seit zwei Jahren betreibt. Denn plötzlich könnte es Schlag auf Schlag gehen.
Letzte Woche meldeten Leonteq und ihre 29-Prozent-Aktionärin, die Raiffeisen Schweiz, dass sich der Vertreter der St. Galler Grossaktionärin aus dem VR der Finanzboutique zurückziehen würde.
Plant Raiffeisen, ihren Anteil an der Leonteq zu verkaufen? „Raiffeisen Schweiz überprüft alle Kooperationen, Tochtergesellschaften und Beteiligungen regelmässig“, meinte ein Sprecher der Genossenschaftsgruppe.
„Im Einklang mit der zunehmenden Emittenten-Diversität und dem eigenständigen Investment-Grade-Rating von Leonteq hat sich der Beitrag der Raiffeisen-Kooperation zum Ertrag von Leonteq im Laufe der Jahre reduziert“, hält ein Leonteq-Sprecher fest.
„Wie in unserem Geschäftsbericht offengelegt, betrug dieser Anteil im Jahr 2023 weniger als 5%.“
Das Investment der Raifffeisen bei der Leonteq geht auf die Zeit von Pierin Vincenz als CEO der Nummer 3 von Swiss Banking zurück. In mehreren Schritten investierte die „Bauernbank“ geschätzte 150 Millionen in die Zürcher Struki-„Bude“.
Raiffeisen kaufte zu Kursen, die teils ein Vierfaches des heutigen Preises für die Leonteq-Aktie betragen. Entsprechend müsste die Raiffeisen bei einem Verkauf ihres Leonteq-Pakets einen happigen Abschreiber tätigen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Ein Artikel in der Financial Times
Dann einen zweiten in der WirtschaftsWoche
Aber vor allem ein dritter in Les Echos, mit einer zweijährigen Untersuchung als Grundlage…Auf der anderen Seite erklärt Leonteq, dass das Problem bei den Vertriebspartnern liegt, die er selbst auswählt, während keiner seiner Mitarbeiter versteht, worum es geht.
Ist die Schnur nicht etwas zu dick?
Es wird nicht mehr lange dauern 🙂
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5.5% ist ja harmlos im Vergleich was sonst in der Schweiz von „Brokern“ genommen wird.
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Der Bauer mach ein Bäuerlein,
es muss nicht mit der Bäurin sein 😉 -
Raiffeisen ist eine Bauernbank? Hässig hortet seine Zwei Fünfzig wohl unter dem Kopfkissen. Grundsätzlich ist ihm ja ohnehin jedes Geldinstitut zuwider.
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Es ist schon so, dass bei der Raiffeisen einige Kundenberater mit fragwürdiger Kompetenz arbeiten. Im grossen und ganzen ist es ok, aber die erwähnten Berater findet man häufiger bei der Raiffeisen.
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Liebe Kollegen*innen*ende…..
Egal wer ihr seid, wo ihr arbeitet, für wen auch immer… => ES GIBT KEINEN GRUND, AN EINE OFFSHORE BUDE GELDER ZU ÜBERWEISEN, WEDER AUF DEN BVI, DEN CAYMAN, IN MONACO, TEL AVIV, SINGAPORE, BAHAMA MAMMA, DELAWARE, SEVASTOPOL, GERNSEY oder die Oligarchenstadt London…. ach ja, ich habe ja le Pricipauté Liechtenstein vergessen, auch Wien ist schon angeschlagen….
Ihr seid selber Schuld ODER: Ihr arbeitet bei einem ganz grossen, der dann solche Klagen mit Geld „wegvergleichen“ kann…
Leonteq ist def. zu klein…. Selberschuld. Überweisungen maximal noch nach Sion (zZ geht das noch!) oder Züri West… wobei… -
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Herr Hässig, was finden Sie an Bauern so schlecht? Essen Sie nichts? Es gibt übrigens viele Bauern, die haben Ihr Geld bei UBS, Postfinance, ZKB, Valiant etc.
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Bauern sind genial!
Wenn ich meine acht Bauern nicht opfern würde,
käme ich beim Schach nie zum Matt!
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Seit 2 Jahren immer wieder der gleiche Fall nur anders aufgewärmt. Gratulation an den Journalismus.
Vielleicht sollte LH mal seine Kick-Backs offenlegen. Vielleicht will Raiffeisen nicht abstossen sondern billig übernehmen.
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Falsch. Aber danke Lukas R
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Finanzplatz Schweiz eine Tragoedie
Alles Halsabschneider -
Die Banken und Zentralbanken verbuchen in ihrem monopolistischen Finanzsystem nicht Geld sondern ihre bankeigenen Währungen durch Kredite, die nicht mit Geld gedeckt sind, aber mit Zinsschulden belastet werden.
Wie also soll jemand eingeklagt werden wenn mit dem Finanzsystem des Bankenkartells nicht Geld, sondern Währungen durch Kredit erzeugt werden?
Es handelt sich bestenfalls um Falschgeld. In den Gesetzen von Staaten, Regierungen und Bankenkartell steht aber nichts von Falschgeldwäscherei.
Tatsächlich sind schon die Staaten, Regierungen, deren Justiz, samt Banken und Zentralbanken illegal, denn sie finanzieren sich alle durch Falschgeld mit ungedeckten Krediten.
Somit ist klar das niemand wegen Geldwäscherei angeklagt werden darf.
„Gold ist Geld, alles andere Kredit“ (Aussage vom Banker John Pierpont
Morgan vor dem US- Kongress).Bereits im Text hier wird die Leontec richtigerweise als
Finanzfirma bezeichnet, und nicht als Geldfirma, Geld hat sie nicht.Wir leben in einem betrügerischen System von immer höher verschuldeten Staaten, Regierungen und kreditfinanzierenden Banken die selbst kaum Eigenkapital vorweisen können. Die immer höheren Rechnungen für die Schuldzinsen des betrügerischen Kreditschneeballsystem soll letztlich den Staatsbürgern und Steuerzahlern aufgebrummt werden.
Nötiges Geld für die Deckung ihrer
aufgebuchten Kreditsummen haben die Banker nie zuvor jemals verdient, Zinsen kassieren sie trotzdem (für heisse Luft!).Weil es kein Geld gibt, kann auch niemand wegen Geldwäscherei angeklagt oder verurteilt werden.
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Betrug wäre ein Straftatbestand. Wenn Ihre Theorie so stichhaltig ist: versuchen Sie es mit einer Klage. Es dürfte Ihnen dabei entgegenkommen, dass die Gerichte mit der Geldschöpfung nichts zu tun haben und deshalb beim Urteil völlig unbefangen sind.
Viel Erfolg!
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Nur 1 Kommentar bisher? Interessant. Ich finde die aktuelle Bewegung auch nicht spektakulär, aber die Aktie ist schon länger am tauchen. Sorgen mache ich mir persönlich keine, allerdings sähe das wohl etwas anders aus, wenn mein Depot voll von Leonteq Produkten wäre.
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@ Wo Rauch ist
Sollten sich die genannten
Vorwürfe bestätigen, könnte es sehr hässlich für Leonteq werden.
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Lukas Hässig schrieb:
„Der Kurs stürzte bei Börsen-Eröffnung gerade in die Tiefe.“ und hängte ein Bild an. Dem Bild ist zu entnehmen dass der AktienPreis von 28 CHF auf 27.2 CHF gefallen ist. 80 Rappen entsprechen der Preissenkung in der Höhe von 2.9%
Minus 2.9% gleicht einem Kurssturz laut Hr. Hässig.
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Dachte ich auch… 1-2% minus = Kurssturz. Da wären ja diverse SMI Titel täglich mit „Kurssturz“ und „Kurshöhenflug“ betroffen. Wenn der Kurs 2-Stellig (für Sie: -10% oder mehr) innert kurzer Zeit fällt, kann man von „Kurssturz“ reden, davon nicht.
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Es wird schon noch weiter fallen, keine Sorge…
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Lukas Hässig schrieb: "Der Kurs stürzte bei Börsen-Eröffnung gerade in die Tiefe." und hängte ein Bild an. Dem Bild ist…
Es wird schon noch weiter fallen, keine Sorge...
Finanzplatz Schweiz eine Tragoedie Alles Halsabschneider