Nestlé haut nichts um. Doch. Jetzt schon.
Die Aktie crasht. Auch gestern, nach Börsenschluss in der Schweiz, als Vevey die sofortige Auswechslung von CEO Mark Schneider durch Laurent Freixe verkündete.
In den USA hätte die Nachricht den ADR von Nestlé, das ist die dort gehandelte Sonderaktie des Multis, beflügeln sollen.
Stattdessen kam’s gleich zum nächsten Hammerschlag: minus 5,3 Prozent.
Die Botschaft ist unmissverständlich. Nestlé, dieser Tanker der Nahrungsmittel-Industrie, ist in Schieflage geraten.
Untergang ist nicht das Thema. Aber die Frage lautet: Wie lang geht’s, bis Nestlé wieder Fahrt aufnimmt.
Die Zweifel der Investoren an Schneider-Nachfolger Freixe leuchten ein. Der Franzose war vor 8 Jahren, als der Nestlé-VR mit Schneider auf einen branchenfremden Externen setzte, der grosse Düpierte.
Freixe sah sich schon damals als der Richtige, um in die Fussstapfen des Belgiers Paul Bulcke zu treten.
Doch der VR entschied sich unter Peter Brabeck gegen das interne Schlachtross; der schien den Verantwortlichen zu träge.
In der Folge sank Freixes Stern dramatisch. War er bei der verlorenen CEO-Schlacht noch Herrscher über den für Nestlé zentralen US-Markt, sah er sich bald relegiert zum kleinen Lateinamerika-Boss.
Er, der kein Wort Spanisch spricht.
Freixe, der Loser.
Die Misere geht zurück ins Jahr 2008. Damals ging’s um die Nachfolge von Peter Brabeck, der vom Stuhl des Konzernchefs auf den Präsidenten-Thron in der Veveyer Weltzentrale wechselte.
Das Rennen um Brabecks Nachfolge machte nicht wie von vielen erhofft Paul Polman, der charismatische, dynamische Finanzchef.
Sondern Bulcke.
Der Funktionär.
Polman nahm die Niederlage persönlich. Er sprang zu Unilever, eine Hauptkonkurrentin von Nestlé mit Sitz in Holland, wo man ihm noch so gerne den CEO-Job offerierte.
Im folgenden Rennen Polman gegen Bulcke sahen sich die Schweizer zunehmend unter Druck. Mit Blick auf den eigenen Sprung vom CEO zum VR-Präsidenten brauchte Bulcke dringend einen, der frischen Wind versprach.
Der sollte von Mark Schneider kommen, einem Mann, der mit Food so viel am Hut hat wie Trump mit Woke.
Doch gerade deshalb erhofften sich die alten Herren im verschwiegenen Rundbau am Lac Léman Wundertaten.
Sie traten denn auch ein, schnell. Schneider kaufte schon bald nach seinem Start Anfang 2017 für 7 Milliarden die Starbucks-Retail-Rechte – ein Coup, der „die Nadel bewegte“.
Moving the needle, lautet bei der Nestlé der wichtigste Manager-Spruch. Welcher Deal, welcher Entscheid hat die Dimension, im Riesenkonzern nachhaltig etwas zu bewegen.
Dank des Starbucks-Kaufes, der im 2018 noch unglaublich teuer schien, der aber schon damals bei den Investoren Jubelstürme auslöste, galt Schneider als Heilsbringer.
Er kaufte und verkaufte, investierte und devestierte, mal besser, mal schlechter.
Das Abstossen der Schönheitssparte, die jetzt unter Galderma ein Börsenmärchen schreibt, zählt nicht zu den Highlights.
Dies allein war keine Katastrophe. Doch in der Summe zeigte sich, dass Schneider den Koloss nicht vorwärtsbrachte.
Der litt unter Kosten, im Markt stagnierte das Unternehmen. Es fehlten der Kick, die Ideen, die Spritzigkeit.
Lähmende Orientierungslosigkeit machte sich breit. Hinzu kam eine Besonderheit: Schneider hielt die Investoren mit steigenden Dividenden bei Laune – alles auf Pump.
Lag die Nettoverschuldung Ende 2016, dem letzten Arbeitstag von Paul Bulcke als CEO, bei 13,9 Milliarden Franken, so schoss sie unter Nachfolger Schneider auf 46,5 Milliarden per Ende 2023 hoch.
Ein Plus um 235 Prozent.
Schneider, der Pump-CEO, der innert weniger Jahre einen grundsoliden Konzern in eine hoch verschuldete Maschine verwandelte.
Das erfassten die Anleger. Sie begannen vor Jahresfrist, Nestlé abzustossen.
Den Genickschuss gab sich Schneider dann selbst. Im Juni versprach er frohgemut, die Trendwende sei geschafft.
Im August, vor kurzem, zeigte sein Halbjahresergebnis: Fehlanzeige. Die Krise dauert an.
Die Investoren reagierten so, wie sie das bei einem trägen, stabilen Riesenkahn nur ganz selten tun. Sie gerieten in Panik.
Der Titel verlor an einem Tag 5 Prozent. Das war bis vor kurzem für eine Nestlé-Aktie unvorstellbar.
Im VR muss darauf helle Aufregung ausgebrochen sein. Und der Schluss reifte rasch: Schneider muss weg.
Der war wohl für eine gesichtswahrende Lösung mit Ablösung in ein paar Monaten nicht zu haben. Und so kams zum gestrigen Knall.
Jetzt fragt sich die ganze Welt: Wie schlimm steht es um Nestlé?
Die Firma muss rasch die Aktionäre beruhigen, indem sie aufzeigt, wohin sie will.
Doch dass der neue Mann auf der Brücke Freixe dies kann, ist umstritten.
„ Warum sollen unter ihm die Zahlen hochkommen?“, fragt ein Insider. „Wenn er doch zuvor als Konzernchef für zu leicht befunden wurde?“
Das Problem sei, dass fast alle Fähigen von früher in der Ära von Bulcke und dann von Schneider von Bord gesprungen sind.
„Jetzt ist keiner mehr da, nur noch Freixe, und der bildet das letzte Aufgebot“, so der Gesprächspartner gestern. „Er war eine absolute Notlösung.“
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Die beliebtesten Kommentare
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Sehr treffender Artikel. Als insider gebe ich Herrn Hässig zu 99% recht, danke für die klaren Ansagen. Nestlé leidet leider immer noch unter dem Brabeck Ego, der damals die Weichen falsch stellte. Bulcke war Bürokrat, Schneider ein kalter Cyborg CEO und der neue (alte) ist das perfektionierte Mittelmass… viel Glück Nestlé!
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‚Menschlich‘ wie es leider ablief:
Ein CEO (Brabeck), der im Rampenlicht stand, bevorzugt einen nicht zu starken und nicht zu ähnlichen CEO-Nachfolger, als er in den VR wechselt. Der bestqualifizierte Hoffnungsträger (Polmann) geht und verlässt berechtigt-enttäuscht das Schiff.
Der Nachfolger (Bulcke) vermag das Schiff noch zu stabilisieren; er soll das Bestehende im Sinne seines Vorgängers ja nur weiter verwalten. Jedoch entsteht beim Abgang des Nachfolgers (Bulcke) der Bedarf, etwas ganz anderes (Schneider) zu probieren, um das Unternehmen wieder zurück zum alten Potential zurückzuführen. Die Versäumnisse und Egos der alten Männer führen nun dazu, dass sie jemanden ‚zu fremdem’ wählen, nicht aus der Branche und mit risikoreicher Strategie.
Es geht schief. Man meint darauf, zu Altem zurückkehren zu müssen (Freixe), dem man damals keine starke, genug neue Strategie zutraute, der jedoch das Unternehmen kennt.
Fazit: Das Vertrauen in die Kompetenz des Gremiums ist wegen diesen Entscheiden getrübt. -
Auf Nestle und deren überteuerten und krankmachenden Füllstoffen könnte die Menschheit wunderbar verzichten; es ginge allen zusammen gesundheitlich erheblich besser und alle Menschen hätten freieren und kostenlosen Zugang zu Trinkwasser…
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Könnte ja, aber dann werden andere in die Bresche springen, Unilever, etc. Ist das besser? Wohl kaum!
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Der Gemischtwarenladen Nestlé sollte schon längstens abspecken. Wieso kauft der Süsswarenhersteller Mars Pringles? Weil bei der Schokolade die Luft draußen ist. Einseitig gelagert. Nestlé sollte sich auf die Cash-Cow-Marken konzentrieren. Wenn sich nichts ändert, wird Nestlé schnell abstürzen. Das Vertrauen ist bereits zerstört. Und der Sch. war eine Fehlbesetzung.
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Guter sachlicher Beitrag.
Gratulation fuer die prägnanten und klaren Aussagen.
Ich bin gespannt, welche nachhaltig wirksamen Entscheide nun getroffen werden.
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Schneider hatte die Needle gemoved (etwa wie ein Akupunkteur, welcher wie wild an den Nadeln im Patienten herumhebelt). Wie schon Axel Lehmann und Ueli Körner, versprach er (jeoch offenbar nicht razorsharp enough), die Trendwende sei geschafft.
Freixypoopsie kann zwar kurz als Not-Looser dienen, zumindest bis Axel und Ueli für den CEO-Posten gewonnen werden können. Beide suchen zufälligerweise im Moment noch einen bonusstarken Grossbetrieb zum Versenken.
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Ausl Managern gelingt es die wichtigen Schweizer blue chips zugrunde zu richten. Wo man hinschaut, Roche, Novartis, CS usw.. Auf solide Schweizer Manager wird verzichtet. Dumme verinternationalisierte VR.
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Inside Paradeplatz ist down – ist das die Folge vom Outsourcing der IT?
die wichtigste Funktion des Portals, die Kommentarsektion, funktioniert nicht mehr. Und was macht das Portal, es verliert kein Wort und schweigt.-
dess hammer doch scho immer so gemacht, Alter!
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Groupe Guillin! Behältern ist es egal wer sein Essen einfüllt. Ausserdem wird sich so schnell kein special situations-Shop einkaufen.
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Eine Pfeiffe nach der nächsten! Der Aktienkurs spricht Bände! Bei Nestele geht es abwärts seit die Globalisten rund um Brabeck Einzug hielten! Bei der CS ging es ähnlich. Das Resultat ist heute sichtbar!
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Ein 3%ige Korrektur ist nichts. Kein Crash.
Ein erneutes sinnfreies und reisserisches Posting.
Gehen Sie noch mal über die Bücher, Herr Hässig.
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Im Beitrag heisst es, der Tagesverlust sei 5% gewesen, nicht 3%.
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Hässig geht nicht über die Bücher, er schreibt immer mehr Unsinn, damit die Leser antworten und er Kohle verdient mit seinem Stuss.
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„Aktionäre sind dumm und frech: Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann auch noch Dividende haben wollen.“
Carl Fürstenberg (1850 – 1933), deutscher Bankier, Inhaber der Berliner Handelsgesellschaft
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Ein dummer alter abgedroschener Spruch.
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immerhin;der Nestle Verwaltungsrat hat endlich gehandelt; anders als bei Credit Suisse, wo der Verwaltungsrat das Schiff regelrecht VERSINKEN liess mit Captain Rohner…
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Ich habe die Analyse der ZKB gelesen
Nüchtern und sachlich
Die Einschätzung des neuen CEO ist ganz anders als die von Herrn Haessig
Sein Anliegen sind Schlagzeilen möglichst negative
Revolverjournalismus in Reinkultur-
Die ZKB sieht diese Veränderung bei Nestle positiv, wie man gestern Abend von deren Vertreterin bzw. Analystin bei Tele Züri Börsentrend hören konnte. Hoffen wir, dass der neue CEO den Kurs in den nächsten Jahren wieder deutlich über die Marke von 100 Franken bringen kann.
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@Thomas Hohl
Die Analyse der ZKB muss deswegen aber trotzdem nicht richtig sein…man muss dazu wissen, dass die Analysten nicht unabhängig sind. Sie haben immer ihre eigenen und die Interessen der Firma für die sie arbeiten (hier die ZKB) im Blick.
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Na ja , wenn ein 3prozentiger Rückschlag an der Börse ein Crash ist….
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Die Nestle Mänäger sind in etwa so unfähig und unglaublich dumm wie diejenigen der Migros. Beides ehemalige Vorzeigeunternehmen. Beide am Untergehen.
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@Benni….Fuchs du hast die Gans gestohlen, gibt sie wieder her…
Ist genau so lachhaft wie sie über Nestle urteilen…
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@ bobcat
Ich schreibe über die Nestel Mänägerlis. Im „Top Mänägämänt“. Nicht über Nesle!
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Nestlé hat drei grundsätzliche Probleme:
1.Konsumenten ersetzen vermehrt die teuren Nestlé-Produkte durch günstigere, qualitativ ebenbürtige Eigenmarken.
2.Der Detailhandel ist immer weniger bereit, die überrissenen Abgabepreise von Nestlé zu akzeptieren und zu bezahlen.
3. Nestlé bewirtschaftet über 2000 Marken. Viele davon sind recht mittelprächtig. Wirklich starke Marken sind die Ausnahmen oder nur teure Lizenzen wie der Starbuck-Kaffee.-
@Nestlé-Beobachter
zu 1. Belege dafür?
zu 2. Das liegt nur daran, dass COOP und MIGROS ihre Marktmacht ausspielen um ihre eigenen überrissenen Renditen zu schützen
zu 3. Maggi,Nescafé, Nespresso, After Eight, Choco Crossies, KitKat, Nesquik, S. Pellegrino, Smarties, Thomy, Perrier, Contrex, Vittel, Buitoni, Cailler, Nestea, Häagen-Dazs, Schöller, Wagner Fertigprodukte, und Produkte aus dem Babybereich (wie Milchpulver)Kein Fan von Nestlé und den anderen processed food Riesen-Unternehmen, aber die Probleme liegen bei Nestlé hauptsächlich im Management…IP hat einige Aspekte angesprochen…
—schnipp—
Nestlé-Beobachter
Nestlé hat drei grundsätzliche Probleme:
1.Konsumenten ersetzen vermehrt die teuren Nestlé-Produkte durch günstigere, qualitativ ebenbürtige Eigenmarken.
2.Der Detailhandel ist immer weniger bereit, die überrissenen Abgabepreise von Nestlé zu akzeptieren und zu bezahlen.
3. Nestlé bewirtschaftet über 2000 Marken. Viele davon sind recht mittelprächtig. Wirklich starke Marken sind die Ausnahmen oder nur teure Lizenzen wie der Starbuck-Kaffee.
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Sir, Sie scheinen zu glauben, dass diese Positionen auf Verdienst oder Leistung beruhen – das ist nicht der Fall – es ist reine Politik. Wie sonst könnte man das Managementteam von Deloitte Schweiz erklären?
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Kann irgendetwas das Führungsteam von Deloitte Schweiz erklären? Die größten Witzbolde der Stadt, die ihren Lebensstil als Millionäre durch Subventionszahlungen der idiotischen Briten finanzieren …
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Was genau macht Unilever besser als Nestlé?
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Junge, sie verkaufen sich besser … Unilever war lange genug „unten“.
Bei Nestle müsste auch der VRP mal ausgewechselt werden! -
@Geronimo
Dr. Googel – schau Video: Nestlé vs. Unilever Aktienanalyse-Battle – wer holt mehr Punkte? – Aktienvergleich 2024
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Dieses Video ist ja mal völlig aussagebefreit. 1 Prozentpunkt unterschied bei 67 / 68% schuldenquote ergibt einen ganzen Punkt im Endergebnis? Lächerlich.
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Die Nestlé-Kriegstreiber wären mit einem russischen CEO gut bedient.
immerhin;der Nestle Verwaltungsrat hat endlich gehandelt; anders als bei Credit Suisse, wo der Verwaltungsrat das Schiff regelrecht VERSINKEN liess mit…
Nestlé hat drei grundsätzliche Probleme: 1.Konsumenten ersetzen vermehrt die teuren Nestlé-Produkte durch günstigere, qualitativ ebenbürtige Eigenmarken. 2.Der Detailhandel ist immer…
Ein 3%ige Korrektur ist nichts. Kein Crash. Ein erneutes sinnfreies und reisserisches Posting. Gehen Sie noch mal über die Bücher,…