Es ist die grösste Untersuchung in Swiss Banking der letzten Jahrzehnte. Doch ausgerechnet bei den Ermittlungen im Devisen-Skandal hat die entscheidende Figur einen eklatanten Interessenkonflikt.
Rafael Corazza ist Chef der Wettbewerbskommission (Weko). Corazza hat vor Wochenfrist im Forex-Betrugsfall gegen UBS, CS, Julius Bär, ZKB und 4 Ausland-Banken ein Verfahren eröffnet.
Corazza leitet die Ermittlungen selbst. Möglicherweise muss er schon bald in den Ausstand treten. Der Sohn eines seiner Brüder arbeitet nämlich an heikler Position bei einer der involvierten Banken.
Diego Corazza heisst dieser und ist Devisen-Trader bei der Privatbank Julius Bär. Onkel Corazza bestätigte dies gestern Abend in einem Telefongespräch.
Das Bankhaus Bär wäre besonders interessant für Sheriff Corazza und seine Wettbewerbshüter in Bern. Julius Bär verdient im Windschatten der Grossbanken ein Heidengeld mit Währungen.
Seit Jahrzehnten stellt Bär ihre globale Devisenplattform den grössten Tradern der Welt wie Hedgefunds und Staatsfonds für Milliardendeals rund um die Uhr zur Verfügung.
Kürzlich wurde bekannt, dass Bär auch für Ober-Trader Uli Hoeness einen eigenen Berater beschäftigt hatte. Dieser verliess die Bank vor ein paar Jahren. Bär hatte wohl kalte Füsse gekriegt.
Bei Julius Bär gibt zudem ein Fall mit einem Middle-East-Staatsfonds zu reden. Dieser konnte lange per Handy Milliardendeals mit Devisen bei einem Kollegen von Diego Corazza aufgeben.
Für Weko-Chef Rafael Corazza wird Bärs Devisengeschäft zur Nagelprobe. Wie will der Chef-Ermittler im gigantischen und schwer durchschaubaren Betrugsfall unbeirrt seinen Job erledigen?
Corazza beteuert, dass er das Problem im Griff habe. „Ich habe gegenüber meinem Chef, dem Präsidenten der Weko, die familiäre Verbindung bei der Bank Bär offengelegt“, sagte er gestern.
Sollte es während der auf rund 2 Jahre angelegten Untersuchung gegen Bär & Co. Probleme wegen seiner Verstrickung geben, dann würde er sofort in den Ausstand treten.
„Es ist vorgesehen, dass in einem solchen Fall mein Stellvertreter die Leitung der Untersuchung übernehmen würde“, sagt Corazza, der in Sankt-Gallen einen Doktortitel erworben hatte.
Corazza betont, er kenne die genaue Funktion seines Neffen bei der Julius Bär nicht. „Ich weiss nur, dass Diego dort einen Job hat, mehr nicht“, beteuert der Weko-Chef.
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Diego Corazza ist nicht irgendein subalterner Händler, sondern steht mitten im Kern des Devisenhandels. Er jongliert für Julius Bär seit Jahren mit Riesensummen im Spothandel.
Dabei handelt es sich um das Kassageschäft. Im Unterschied zum Terminbusiness geht es um den Kauf und Verkauf von Währungen zum aktuellen Kurs.
Im Spot-Trading liegt der Fokus der Devisen-Ermittlungen, die von allen führenden Aufsichtsbehörden rund um den Erdball vorangetrieben werden.
Mit Absprachen in „Chat“-Räumen der Finanzagenturen Reuters und Bloomberg sollen sich Trader über anstehende Kundenaufträge ausgetauscht haben.
Diese wurden dann zu einer bestimmten Tageszeit in London ausgeführt. Der in diesem „Fixing“ erzielte Kurs wurde zum Referenzpreis für viele grosse Kundendeals.
Dank den Informationen, was für Kunden in welchen Währungen für wie viel Geld kaufen oder verkaufen würden, konnten sich die Händler vorab mit Eigenwetten positionieren.
Der Verdacht ist nun, dass sie dies sowohl für sich selbst als auch für das Buch ihrer Bank taten. Profitiert hätten die Händler dann doppelt: direkt und via Bonus.
In der Schweiz gehen neben der Weko auch die Finanzmarktaufsicht (Finma) und die Bundesanwaltschaft den Vorwürfen nach.
Eine überraschende Aktion der Bundesanwaltschaft, die auf nationaler Ebene Kriminalfälle verfolgt, gibt in der Szene zu reden.
Wie die SonntagsZeitung bekanntmachte, holten Beamte der Bundesanwaltschaft im Januar zahlreiche Devisenhändler frühmorgens bei sich zuhause ab und befragten sie auf dem Posten.
Laut der Zeitung sei davon auszugehen, dass Trader von jenen Banken betroffen seien, gegen die Untersuchungen laufen würden.
Nun zeigt sich, dass die ZKB direkt involviert ist. Ein Devisentrader der grössten Kantonalbank der Schweiz wurde in der Aktion der Bundesanwaltschaft mitgenommen und ausgefragt.
Der Trader war an jenem Morgen nicht zur Arbeit erschienen. Darauf liess sich die Befragung durch die Behörde nicht mehr verheimlichen.
Die Bank wollte sich nicht dazu äussern. Der betroffene Mitarbeiter ist weiterhin in seiner angestammten Position tätig.
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Es ist ja so, dass der neue FINMA Boss Mark Branson ein Ex UBS’ler ist. Dort fängt der eklatante Interessenkonflikt schon an. Auch hierzu hat der Gesamte Bundesrat nicht alle Tassen im Schrank- wie kann man Schlüsselstellen der Machbestimmung mit derart behafteten Vorleben überhaupt in so eine Position zulassen! Das delikate an Corazza ist nicht unbedingt der Sohn eines Bruders nein, es ist das globale Umfeld von Corazza sprich sein Netzwerk aus den späten 80ziger Jahren, indem er überhaupt zu etwas wurde…. Wie dem auch immer, die UBS hätte man in der Tat Pleite, resp. zerschlagen gehört und auf garkeinen Fall durch Steuergelder über Wasser zu halten. Heute, Jahre später (siehe ZKB, welche wissentlich der Problematik US Steuerflüchtlinge unter ihr Dach nahm) versuchen die CH Banken mit aller Macht als eine systemrelevante den Status zu erhalten und dann, weiter ihren betrügerischen Machenschaften nachzugehen weil, sie dann wenn sie entlarvt wurden (sei es durch US Behörden o.ä) ja e der Schweizer Staat einspringt. Einen grandioseren Persilschein können die Bänkler ja überhaupt nirgends erhalten….
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Bei allem Respekt von diesen Funktionären: haben sie überhaupt die Fähigkeit und den Durchblick bei all diesen Transaktionen? Ich bezweifle das sehr!
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Es ist doch selbstverständlich dass WEKO Chef Corazza nicht gegen seinen eigenen Neffen oder dessen berufliches und privates Umfeld ermitteln kann. Wenn das doch gemacht wird, ist die CH mit ihrer FINMA und WEKO eine Bananenrepublik.
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Das „Fixing“ ist ein alter Zopf und sollte abgeschafft werden. Sowas gibt es im Wertschriften-Handel ja auch nicht.
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Ah ja? Und was ist mit der Schlussauktion bei Aktien?
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Es ist schon gut, dass alle über alles sprechen, aber ein bisschen Information muss man doch haben! Von welchen Fixing sprechen wir überhaupt? Wenn wir von WM / Reuters Fixing sprechen, dann das ist zentral für viele (ich schätzte 80 bis 90 % des weltweit Portfolios) Bewertungen, Index Berechnungen, usw.
FX Trading hat keine ende (das ist genau den Unterschied zu Aktienpreisen – Schlusskurs -)und ist weltweit organisiert (d.h. 24 h). Was ist den Schlusskurs von USDCHF zum Beispiel?
Um zu besser verstehen: http://www.wmcompany.com/pdfs/WMReutersMethodology.pdf -
Genau.. Schlusskurse und Börsenkotierungen im Vergleich zum FX. Lieber eine währungsposition die ich 24h traden kann als eine aktienposi mit einem tradingplace-timegap von x stunden . Und… Volas auf FX sind ca bei 2-10%.Aktien vielleicht 30-40%.. Wo ist also der Safe-heaven?
._Re frontrunning auf solche fixings. Ja klar. Das findet sicher statt.
Und wer stoppt das High frequency Trading eigntlich
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Das "Fixing" ist ein alter Zopf und sollte abgeschafft werden. Sowas gibt es im Wertschriften-Handel ja auch nicht.
Es ist doch selbstverständlich dass WEKO Chef Corazza nicht gegen seinen eigenen Neffen oder dessen berufliches und privates Umfeld ermitteln…
Ah ja? Und was ist mit der Schlussauktion bei Aktien?