Die Vergangenheit zeigt, dass sowohl zu viel Staat als auch zu wenig Staat ungesund sind. Wie immer benötigt es ein gesundes Mittelmass. Doch das wahre Problem liegt noch viel tiefer. Aber der Reihe nach.
Durch die Deregulierung von Thatcher, Clinton und der rot-grünen Regierung unter Schröder in Deutschland wurde das Fundament für die Krise der letzten Jahre „erfolgreich“ gelegt. Diese Krisen haben überdeutlich aufgedeckt, dass die Staaten zu langsam, zu ineffizient und teilweise überfordert sind, um komplexe Probleme schnell und zielsicher zu lösen.
Auf globaler Ebene gibt es etliche Konferenzen und Treffen der Staaten, die aber relativ wenig bewirken. Bei Umweltfragen propagieren alle an einem Strang zu ziehen. Das mag sogar stimmen, nur ziehen alle in eine andere Richtung und dementsprechend sind dann die Ergebnisse.
Wir als Ökonomen halten es da mit Fakten und Zahlen, und diese zeigen auf, dass ab einer bestimmen Grösse ein Unternehmen, ein Apparat nicht mehr produktiv ist und irgendwann immer kippt.
Zudem hat sich oftmals herauskristallisiert, dass der Staat vor allem als verlängerter Arm der Wirtschaft dient und deren Interesse, im Notfall auch gegen seine Bürger, vertritt. Während die beim Volk umstrittenen Massnahmen zur Banken- und Eurorettung und zum Freihandelsabkommen zügig von der Politik vorangetrieben wurden, wurden bei der Lösung der Probleme all zu oft Rückzieher gemacht oder ein, zwei Augen zugedrückt.
Diese ungesunde Abhängigkeit zwischen Politik und der Wirtschaft, vor allem der Finanzindustrie, muss zum Wohle aller durchbrochen werden. Ansonsten wird das System über kurz oder lang kollabieren, da die Umverteilung von Vermögen von unten und der Mitte nach ganz oben weiter zunimmt und die soziale Schere weiter auseinandergeht.
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Allerdings haben wir wenig Hoffnung, dass diese Emanzipation freiwillig geschehen wird. Warum sollte sie? Immerhin sind die Politiker und Staatsbeamten ja Profiteure des jetzigen Systems. Von der Wirtschaft brauchen wir gar nicht erst zu sprechen.
Auf der Gegenseite werden nun aber die Bürger immer mehr herangezogen und müssen für die Krisenkosten geradestehen – direkt und indirekt. Dadurch macht sich bei immer mehr Bürgern das Gefühl breit, dass der Staat sie gängelt, ausnimmt, bevormundet und unnötige Bürokratie installiert wird.
Bei uns im Norden hat momentan die grosse Koalition die seltene, ja fast schon historische Möglichkeit, tiefgreifende und eigentlich auch notwendige Strukturreformen anzuschieben. Sie bleibt aber tatenlos und ruht sich lieber auf Nebenschauplätzen aus, beziehungsweise sie will den Status quo aufrecht erhalten. Dabei wären weniger Bürokratie, ein einfaches Steuersystem und weiteres essentiell für die Zukunft. Doch der Mut und/oder Wille fehlt leider.
Ein Grundproblem ist der Niedergang der Moral und der Verlust von Werten. Auch wenn dies abgedroschen klingen mag, ist dies doch der Nährboden einer jeden Krise und essentiell für das menschliche Zusammenleben vor allem in komplexen Gesellschaften.
Die Hybris der Protagonisten wird immer klarer erkennbar. Krasse Beispiele liefern nicht nur unsere Nachbarn in Südeuropa, wo hochrangige Politiker selber Wasser gepredigt und gallonenweise Wein getrunken haben. Nein, auch bei uns in Deutschland sieht man, dass die Politiker und Staatsbeamten sich in einer Parallelwelt bewegen und viele Menschen sich in Berlin oder Brüssel nicht mehr vertreten fühlen.
Fakt ist: Die Staatsquote ist weltweit ordinär hoch und zu viele Menschen sind vom System abhängig. Alleine deshalb wird es von innen her keine Veränderung zum Besseren geben. Wie immer wird das System an sich selbst scheitern, vor allem wegen seiner schieren Grösse. Auch hier gibt es unzählige Beispiele aus der Vergangenheit.
Nun will der Staat Autobahnen privatisieren und Kernkompetenzen outsourcen unter dem Mantel des Nutzens für den Bürger. Aber wie immer tragen am Ende wir Bürger den Schaden und vor allem die Mehrkosten.
Der Königsweg ist eine Rückbesinnung auf den neutralen und fairen Staat, der für das Allgemeinwohl steht. Der Staat sollte seiner Funktion nachkommen, den Bürgern zu dienen, die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen und das alles professionell und transparent managen. So schwierig kann das nicht sein.
,Allerdings nicht mit privilegierten und unkündbaren Beamten die nicht haften müssen. Steuergeldverschwendung muss genauso geahndet werden wie Steuerhinterziehung. Aus diesem Grund benötigen wir eine Haftung bei Politik und Staat, so wie jeder Unternehmer und Bürger auch haften muss.
Wir alle sind der Staat und wir alle sollten die gleichen Rechte und Pflichten haben – für das Gemeinwohl. Nur so ist ein Staat langfristig erfolgreich.
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Kurz und prägnant zusammengefasst und auf den Punkt gebracht, was heute falsch läuft. In der BRD ist die Bürokratie wenigstens relativ effizient. Hier im Süden ist sie ein Monster, welches gegen den Normalbürger gerichtet ist, ihn drangsaliert, schikaniert, korrumpiert und erniedrigt und ihn letztlich arm macht. Die Grossbürger schlüpfen meistens. – A propos Wertezerfall: Die höchsten Werte hatten die Trümmerfrauen nach dem 2. Weltkrieg. Heute haben die tiefsten die Teppichetagenemporkömmlinge der Finanzindustrie. Ein Spiegel des Zustandes des Systems.
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Sehr geehrter Herr Friedrich!
Danke für den sehr guten, prägnanten und kurzen Artikel.
Mit freundlichen Grüßen
Alfred Hofstätter
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Sehr geehrter Herr Friedrich,
Es gibt bei weitem keinen Konsens darüber, was Geld alles ist und welche Funktionen es hat. Seit Jahrzehnten interessiere ich mich,- und habe mit aller Kraft versucht eine systematische Geldwissenschaft nachzugehen, doch ist die Existenz einer solchen mir nicht bekannt. Die Geringachtung des Geldes betrifft, leider, alle Hochschulen. Das aktuelle Geldsystem ist:
-Unverständlich
-Ineffizient
-Ungerecht
-Intransparent
-Instabil
-Nicht nachhaltig
-Unethisch
-Skrupellos
-Kriminell
-Undemokratisch
-RegulierungsresistentWeil Geld als Schuld in Umlauf kommt, muss es stets Wachstum geben, um die verzinsten Kredite tilgen zu können. Das Zinssystem und die allgemeine Auffassung, dass Kapital ein Recht auf Vermehrung hat, zwingen zu grenzenlosem Wachstum. Das mauernde Schweigen der Verfassungen zur Frage der Buchgeldschöpfung ist nicht mehr akzeptabel.
Wie können wir Bürger es akzeptieren und tatenlos ertragen, dass auf der Grundlage von gesetzestreuen Rechnungslegungsstandards die Banken bei der Bilanzierung ihrer sog. Darlehen mit fiktiven Kundeneinlagen aus dem Nichts, jonglieren, während die Vereinigten Staaten $18 Billionen und die Mitgliedsstaaten des Euroraums €10 Billionen von diesem Schwindel in Form von Staatsschulden aufnehmen und darauf auch noch Zinsen zahlen?
Leben wir noch in einer Demokratie? Haben wir je gelebt in einer Demokratie? Fakt ist: In einer funktionierenden Demokratie hätten Regierungen, Parlamente die Spielregeln des Geldsystems nach 2008 oder nach der Asienkrise 1997/98 umgehend in Angriff genommen. Sind wir alle willens und in der Lage uns , dem Leben und dem Gemeinwohl zu dienen, indem wir diese Verwerfungen nicht mehr hinnehmen?
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Dann haben Sie sich einfach nicht gut genug damit auseinander gesetzt. Geld ist etwas ganz einfaches: Wertmassstab, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel. Ganz einfach gesagt ist Geld das verbriefte Tauschmittel für produzierte Dienstleistungen und Güter. Damit Sie noch Umlaufgeschwindigkeit und Teuerung steuern können, müssen Sie noch die Quantitätstheorie kennen. Alles Klar?
Und Ganz wichtig: Mit Geldpolitik lassen sich nicht Strukturelle Wirtschaftsprobleme beheben, weil Geld einfach nur Wertmassstab, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel analog zur Wirtschaftsleistung eines Landes ist. -
@Marcel Amgwerd,
Ihren Ausführungen in allen Ehren, ermutige ich Sie, sich weiterzuentwickeln und autark Sachverhalte kritisch zu untersuchen. Im Laufe der Evolution hat das Geld mehr und mehr Funktionen aufgeladen. Geld ist nicht mehr nur ein Wertmass und ein Tauschmittel oder besser Zahlungsmittel zur Vereinfachung von Täuschen und Abwicklung von Käufen.
Geld hat zudem die Funktion des Kredites, des Wertspeichers, des Produktionsmittels, der Versicherung, des Statussymbols oder des Machtmittels. Geld ist auch ein Steuermittel für die Finanzierung der Staatsaufgaben. Die gegenwärtige Geldordung ist gerade eine Einladung, sich auf Kosten anderer zu bereichern, zum Betrug durch das Ausnutzen von Informationsasymmetrien und zur Bereicherung zum Schaden anderer und nicht zuletzt, plündert es die Umwelt mit allen Konsequenzen.
Geld sollte daher zu einem Öffentlichen Gut werden. Lassen Sie sich nicht von Nebelbomben wie „Geldpolitik, Notenbanken, Kapitalismus und Wirtschaftsystem“ täuschen! Das Geldsystem kann nur dann ein kohärenter Teil der Verfassung sein, wenn die allgemeinen Verfassungswerte auch für die Geldordnung gelten.
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Der Reihe nach:
Am Anfang steht die erzwungene De-Regulierung der Bankenlobby in den USA. Die Republikaner unter George Bush haben dies dann willfährig und eigennützig noch mehr zugelassen und auch weggeschaut.Dann schwappte die De-Regulierungswelle auch auf andere Länder über. Dies über den Transfermechanismus der Verbriefung fauler Kredite und deren Platzierung an den internationalen Finanzmärkten. Dadurch wurden die Risiken internationalisiert und „sozialisiert“. Damit wurden die Bankbilanzen zunächst von giftigen Krediten befreit und es bestand wieder Raum, das Spiel von neuem zu beginnen.
Die Freiheit, mit fremdem Geld scheinbar unendlich neues Geld zu schaffen wurde vor allem im total deregulierten Investmentbanking gepflegt. Dies zu Beginn für eine kleine Klientel mit Einfluss und viel Geld.
Die Banken sprachen sich in der Folge immer mehr ab und bildeten grenzüberschreitende Preiskartelle (z.B. Devisen, LIBOR, etc.).
Neue Finanzprodukte (z.B. Hedge Fonds) erweckten den Anschein von hochintelligenten Konstrukten, jedoch verbarg sich dahinter oft reines Gier-Kalkül. Hedge Funds mussten Ihre Strategien nicht mehr offenlegen. Scharlatane, Finanzgaukler und Geldalchimisten profitierten vor allem von dieser De-Regulierungswelle des Versteckens.
Die Banken konnten international nun Tun und Schalten wie sie wollten. Die Bankenchefs begannen der Politik Empfehlungen zur Gestaltung der Wirtschaftspolitik mit weiterer De-Regulierung zu geben (z.B. Herr Ospel).
Mit immer weniger Eigenkapitel wurden immer höhere Hebelwirkungen erzeugt und virtuelle Gewinne ausgewiesen. Damit feierte sich die Branche selbst als profitreich und scheinbar immun gegen Kritik aus den Reihen der Politik.
Das Controlling wurde als Bremsmittel zurückgestaucht (z.B. Controlling im UBS-Investmentbanking in London durch Herr Grübel).
Damit wurde der Nährboden für all die kriminellen Machenschaften weiter kultiviert, bei denen Hunderttausende von Privatkunden übervorteilt, getäuscht und über den Tisch gezogen wurden.
Fazit:
zu wenig Regulierung ist in der fragilen Finanzwirtschaft genauso system-destabilisierend wie zuviel Regulierung. Die Frage des Masses der Ausgestaltung eines Regelwerk ist allerdings auch eine politische und kann nicht nur den Banken überlassen werden.
Wir haben in der Schweiz im internationalen Vergleich mit den grossen Finanzzentren immer noch immense Freiheiten in der Finanzwirtschaft; jammern aber auf hohem Niveau.Im Vergleich mit allen grösseren Finanzzentren (Singapore miteingeschlossen) ist es z.B. nirgends so einfach, sich als selbständiger Vermögensverwalter zu etablieren wie in der Schweiz!
Die Finanzkrise ist im Ursprung eine Systemkrise – darin gebe ich den Herren Friedrich et al. durchaus recht.-
Soviel ich weiß, wurde der Spitzensteuersatz in den USA zwischen den 60er und den 90er Jahren von 90% auf 30% heruntergefahren. Es müssen sich damit große Mengen an Geld in den Händen weniger aufsummiert haben.
Nachdem für die Veranlagung dieses Geldes vermutlich zu wenig potente Schuldner vorhanden waren, wurde der Geldmarkt dereguliert und damit die Anforderungen an die Sicherheiten, die an eine Kreditvergabe geknüpft, werden mussten, gesenkt.
Kann es sein, dass es sich so abgespielt hat und die Ursache des Dilemmas darin steckt, dass Vermögende es nicht ertragen können, ihr – mAn zuviel an – Geld über Steuern abzuführen und damit die Gesellschaft zu stärken, bzw. ihr Geld auszugeben oder niedrigst bis de facto negativ verzinst zu behalten.
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Sehr geehrter Herr Friedrich
Paul C. Martin hat aufgrund der unumgehbaren Vorausfinanzierung sämtlicher wirtschaftlicher Tätigkeit und damit auch des Staates – siehe „Die Krisenschaukel“ – http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/URSCHULD.pdf – vor 25 Jahren geschlussfolgert: „Da die Abgabenerhöhung jedoch zur Vermeidung des Staatsbankrotts aufgrund der zusätzlichen Verschuldung des Staates beim Publikum in berechenbar endlicher Zeit kommen muss, diese Abgabenerhöhung aber in ebenfalls berechenbar endlicher Zeit nicht mehr durch die abgabemindernde Verschuldung des Publikums im Publikum aufgefangen werden kann, muss das auf Abgaben basierende Machtsystem zusammenbrechen. Da wir das Abgabensystem gern als Kapitalismus (recte: Debitismus) bezeichnen, ist der Zusammenbruch des gesamten Systems unausweichlich. Dies hat mit dem Eigentum selbst nichts zu tun, sondern ist einzig und allein eine Folge des Systems, das Abgaben mit Hilfe von Macht, also bewaffnetem Zwang erhebt. Heerscharen von Philosophen, Historikern, Soziologen und Ökonomen haben sich mit dem Phänomen des „Aufstiegs und Niedergangs“ beschäftigt, ohne auf den Kern des Problems zu stoßen, nämlich seine prinzipielle Unlösbarkeit. Sämtliche Versuche, die von Platons Ideal des „klugen Herrschers“ über das Konstrukt eines Gesellschaftsvertrages im Sinne von Hobbes oder Rousseau bis zur aktuellen Forderung nach einem „minimalist government“ reichen (Roth 2002) sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Sie können die Zeitdauer eines konkret ausgeformten Machtsystems zwar strecken, seinen Untergang jedoch nicht verhindern, woraufhin sich – auch unter der Möglichkeit eines langanhaltenden stagnativen Zustands („dark ages“) – andere Machtsysteme entwickeln, auf die jedoch zwangsläufig ein gleiches Schicksal wartet, vgl. u.a. van Creveld (1999, 457 ff.), der ausnahmsweise auch auf die Bedeutung des Abgabenmonopols als Machtbasis verweist (169 ff.), auch wenn er den stets gleichen Fehler wiederholt, nach dem sich Abgaben erst entwickeln können, nachdem es so etwas wie „wirtschaftliche Tätigkeit“ gegeben hat.“ http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Macht-der_Staat-Eigentum.htm
Paul C. Martin in „Der Kapitalismus – Ein System das funktioniert“ weiter: „Da die Politiker und Notenbanken aber den CRASH bis zum letztmöglichen Zeitpunkt hinauszögern wollen und werden, gibt es für das kapitalistische System kaum eine Chance mehr.
Das beste Wirtschaftssystem, das es je gab, das einzige dem Menschen angemessene, muß untergehen.“ http://www.youblisher.com/p/977-Der-Kapitalismus-Ein-System-das-funktioniert-von-Paul-C-Martin/Ich frage mich nun, weshalb nur sehr wenige Ökonomen seine m.E. fundierten Erkenntnisse nachvollziehen, oder ob sich Paul C. Martin und damit ich irr(t)en. Besten Dank für Ihre Stellungnahme im voraus.
Freundliche Grüsse
OC -
Sehr geehrter Herr Friedrich Paul C. Martin hat aufgrund der unumgehbaren Vorausfinanzierung sämtlicher wirtschaftlicher Tätigkeit und damit auch des Staates…
Der Reihe nach: Am Anfang steht die erzwungene De-Regulierung der Bankenlobby in den USA. Die Republikaner unter George Bush haben…
Sehr geehrter Herr Friedrich, Es gibt bei weitem keinen Konsens darüber, was Geld alles ist und welche Funktionen es hat.…