Im neuen Raiffeisen-Magazin „Panorama“ zeigt Pierin Vincenz angriffslustig auf die Uhr. Zeit für „the next big thing“?
Das Verkaufsdossier der Luganeser BSI Bank liegt jedenfalls auf dem Tisch des Bündner Banken-Grinds, der die Schweizer Finanzszene in Atem hält. Das sagen zwei unabhängige Quellen.
Die BSI ist eine Tochterbank der italienischen Grossversicherung Generali. Sie soll inklusive Goodwill mit rund 3 Milliarden Franken in den Büchern der Triester stehen. In der BSI-Rechnung ist von 2,5 Milliarden Nettovermögen die Rede.
Eine der Quellen ist ein Zürcher Banker, der mit dem Thema vertraut ist. Die Frage sei, ob die Italiener einen Käufer finden würden, meint er. Ob Raiffeisen anbeissen würde, könne er nicht sagen, dafür sei es zu früh.
Laut einem anderen Insider weiss Raiffeisen-Partnerin Vontobel um die BSI Bank als Kaufobjekt und dass Vincenz derzeit einen Deal prüfen würde.
Für Vontobel würde die Lage ungemütlich. Die bestehende Kooperation mit der Wertpapier-Abwicklung für die Raiffeisen und vielen Anlageprodukten für die Retailbank wäre in Gefahr.
Eine Anfrage bei Pierin Vincenz, 55, blieb gestern unbeantwortet. Dafür meldete sich umgehend Raiffeisen-Sprecher Franz Würth mit einem Dementi zurück.
„Da ist nichts“, sagte Würth. Fragen zu Details zu einem möglichen BSI-Deal blockte der Raiffeisen-Manager ab.
Eine Raiffeisen-Quelle spricht für den Fall eines Kaufs von BSI von einem „stark gestreckten“ Eigenkapital der Genossenschaftsbank. Es sei ungewiss, ob die Bankenaufsicht Finma grünes Licht geben würde.
Bei der BSI Bank handelt es sich um einen grossen Brocken. Die Generali-Tochter brachte per Ende 2010 76 Milliarden verwaltete Kundenvermögen auf die Waage.
Der BSI-Gewinn sank jedoch wie Schnee im Hochsommer in den Tessiner Bergen. Unter dem Strich blieben 2010 magere 57 Millionen übrig, nachdem es im Vorjahr immerhin noch 103 Millionen gewesen waren.
Für Raiffeisen-CEO Vincenz wäre ein BSI-Deal ein Hochrisiko. Für 2010 wies seine Gruppe ein „anrechenbares bereinigtes Kernkapital“ von knapp 9 Milliarden Franken aus. Als „Total erforderliche Eigenmittel“ führte die dritte Kraft von Swiss Banking 5,6 Milliarden auf.
Im Fall, dass Vincenz ans Limit gehen würde, stünden somit 3,4 Milliarden für Deals zur Verfügung. Davon hat Vincenz rund 400 Millionen für die Notenstein-Transaktion aufgebraucht.
Laut Quellen war das der Preis, den Vincenz Anfang Jahr für die Nicht-US-Assets der St. Galler Privatbank Wegelin akzeptierte. Angesichts der Notlage der Wegelin-Partner, die sich mit Steuer-Anklagen in den USA konfrontiert sehen, gilt der Betrag als stolz. Vincenz selbst sprach von einem fairen Entgelt.
Es blieben 3 Milliarden freie Eigenmittel für eine Akquisition. Mit der BSI wären diese weitgehend aufgebraucht.
Ein Vontobel-Mann bezeichnet einen möglichen BSI-Kauf durch Vincenz als „Wahnsinn“. Dem unberechenbaren St. Galler Banker mit Hang zu grossen Auftritten traue er aber selbst das zu.
Im Raiffeisen-Kundenmagazin Panorama wirbt Vincenz für seine Vorwärtsstrategie. Unter dem Titel „Nur wer sät, kann ernten“ begründet er seinen fulminanten Einstieg ins Schweizer Private Banking.
„(Denn) macht man nichts, verliert man den Anschluss“, schreibt Vincenz. „Im Geschäft ist es wie im Garten: Man muss heute bestellen, um später ernten zu können.“
Mit der Notenstein Privatbank habe seine Raiffeisen „eine solche Investition in die Zukunft“ getätigt. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen“ sei das ein „konsequenter Schritt“.
Vincenz versucht, nervöse Genossenschafter und Raiffeisen-Kunden zu beruhigen, die befürchten, ihre Bank würde unter dem forschen CEO zu viele Risiken auftürmen.
Im Vordergrund stünden die Bedürfnisse der Kunden, meint Vincenz. „Immer mehr“ würden nach Anlageberatung verlangen, „weil sie systematisch Vermögen aufbauen wollen, für sich und ihre Kindern vorsorgen wollen.“ Notenstein, so Vincenz, „bringt uns hier wichtiges Know-how“.
Mit der BSI würde Vincenz einen gewaltigen Sprung nach vorn machen und sich als Big-Player auf die Schweizer Privatbanken-Landkarte setzen.
Vermutlich würde er in einem zweiten Schritt seine kleine Notenstein mit rund 20 Milliarden Kundenassets in die viermal grössere BSI integrieren.
BSI-Mutter Generali ist mit ihrer Schweizer Tochter nie auf einen grünen Zweig gekommen. Die Italiener kauften im November 2007 der Swiss Life deren Bankentochter Banca del Gottardo zum ungünstigsten Zeitpunkt ab.
Generali bezahlte fast 2 Milliarden für die Gotthard-Privatbank und integrierte diese in ihre BSI. In der Krise hat die vergrösserte BSI an Wert verloren. Ein Verkauf für mehr als 2,5 Milliarden Franken erachten Insider als wenig realistisch. Ein Sprecher der BSI in Lugano verwies ans Generali-Mutterhaus.
Ein Rückzug der Generali aus dem Schweizer Markt würde in die laufende Entwicklung passen. Wie überall ist Fokussierung auf das Kerngeschäft angesagt. Hinzu kommt, dass sich viele Auslandbanken im Zuge der Bankgeheimnis-Auflösung aus dem Private Banking der Schweiz zurückziehen könnten.
Neben Raiffeisen könnte sich die Julius Bär für die BSI Bank interessieren. Bär-CEO Boris Collardi braucht mehr Masse, um seiner Gruppe als unabhängige und börsenkotierte Privatbank eine Zukunft zu garantieren.
Der junge Zürcher Banken-CEO könnte sich unter Druck fühlen für einen nächsten Deal. Collardi hatte letzten Herbst das Rennen um die Basler Sarasin gegen die brasilianische Safra verloren. Seither gilt er als natürlicher Interessent für spannende Objekte. Gestern rief ein Sprecher der Bank nicht umgehend zurück.
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Die Raiffeisen wird bei einer Hypotheken-Ueberhitzung und Zinsanstieg in der Schweiz als eine der ersten in Turbulenzen geraten.
Darauf wette ich praktisch beim gegenwärtigen Expansionskurs des CEOs.
In ein paar Jahren haben wir dann die Quittung wie schon bei der UBS.
Bereits der Notenstein-Kauf war wohl überteuert. Bei Notenstein gibt es weiter Geldabflüsse von unzufriedenen Kunden. Vincenz sollte zuerst diese Baustelle richtig integrieren.
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Es ist bekannt dass Generali ihre BSI verkaufen will, denn ein grosser Teil der Kundengelder sind unversteuerte Gelder aus Europa. Daher wurden vor 2 Jahren in Asien ganz teuer über 100 Banker angestellt (die meisten von Coutts) um noch kurz einige „legale“ Asien-Kunden zu holen, die den Kauf schmackhaft machen sollten. Mein Rat an Raiffeisen: Finger weg!
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Absoluter blödsinn, jeder Mensch mit einigermassen gesundem Menschenverstand weiss, dass dies mehr als aus der Luft gegriffen wurde. Man könnte fast meinen, es handle sich hier um ein Gerücht der Konkurrenz von Raiffeisen um den Namen etwas zu beschmutzen. Als alter Raiffeisen-Kunde mit guten Kontakten bin mir absolut sicher, dass hier nur „bashing“ betrieben wird und mehr nicht… eher peinlich als etwas anderes – oder unseriös.
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Das ist natürlich lobenswert, wenn sich Kunden für „ihre Bank“ einsetzen, doch die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die Banken sich oft nicht für „ihre Kunden“ einsetzen; man sollte also sparsam sein, mit „seinem Einsatz“…
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Absoluter blödsinn, jeder Mensch mit einigermassen gesundem Menschenverstand weiss, dass dies mehr als aus der Luft gegriffen wurde. Man könnte…
Das ist natürlich lobenswert, wenn sich Kunden für "ihre Bank" einsetzen, doch die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die Banken sich…
Es ist bekannt dass Generali ihre BSI verkaufen will, denn ein grosser Teil der Kundengelder sind unversteuerte Gelder aus Europa.…