Geschätzte 10’000 Mitarbeiter wurden den USA von Schweizer Banken diesen Frühling namentlich offengelegt, davon allein 2’500 von Julius Bär und 1’100 bei der HSBC Schweiz. Ziel der Banken war die Abwendung von Strafklagen.
Die Taktik könnte zum Rohrkrepierer werden. Eine Handvoll der betroffenen Mitarbeiter verklagt die Arbeitgeber. Deren Chancen auf Erfolg stehen laut Rechtsexperten gut.
In der Folge könnte es zu einer straf- und zivilrechtlichen Klagewelle von aktuellen und ehemaligen Bankern gegen ihre Institute kommen. Klagegrund: illegale Datenherausgabe ans Ausland und Verletzung der Fürsorgepflichten durch den Arbeitgeber.
Laut dem Genfer Rechtsanwalt Douglas Hornung gerät vor allem die Credit Suisse ins Visier der klagenden Banker. „Wir lancieren diese Woche einen ersten Fall gegen die CS an deren Hauptsitz in Zürich“, sagt der Jurist.
Laut Hornung haben neben der CS die Julius Bär, die HSBC Schweiz und die Basler und Zürcher Kantonalbank Mitarbeiternamen den USA offengelegt.
Die Zürcher Klage reiht sich in Vorstösse in Genf ein. Dort haben Hornung und ein befreundeter Anwalt bereits 4 Zivilklagen eingereicht: 3 gegen die CS und eine gegen die HSBC.
Hinzu kommt eine Strafklage des Ex-HSBC-Rechtschefs Eric Delissy. Dessen Bank weigerte sich, die Namens-Offenlegung des Kadermanns als „Fehler“ einzugestehen und sich bei diesem zu entschuldigen.
Jurist Delissy stellt sich auf den Standpunkt, lediglich seinen Job gemacht zu haben.
Er habe im Auftrag seiner Bank im 2001 damals neue US-Richtlinien rund um das sogenannte Qualified Intermediary umgesetzt und kurz darauf das Unternehmen verlassen, schrieb Delissy der HSBC im Mai.
Er habe nie „irgendeinen Rat bezüglich Steuern von US-Kunden erteilt“, meinte Delissy.
Mit dem Vorstoss gegen das Zürcher Headquarter der CS ist die Affäre im Herzen von Swiss Banking angelangt.
Zuständiger Anwalt für die Zivilklage ist der Zürcher Alexander Glutz. Glutz wollte gestern Abend keine Stellung nehmen. Auch ein CS-Sprecher wollte sich nicht zu einem möglichen Prozess äussern.
Die Klagen basieren auf Verletzung des Datenschutzgesetzes. Dieses verlangt Zweckmässigkeit von Datensammlungen und sieht eine Auskunftspflicht vor.
Laut Angreifer Hornung sind die eingereichten Klagen lediglich das Vorspiel zu weiteren Anzeigen zivil- und strafrechtlicher Natur.
„Zuerst wollen wir die Banken gerichtlich dazu zwingen, uns zu sagen, was genau sie den USA über die Mitarbeiter verraten haben“, sagt Hornung.
Sobald diese Informationen vorlägen, würde die nächste Stufe gezündet.
„Dann können wir einerseits arbeitsrechtlich vorstossen, andererseits strafrechtlich, und zwar sowohl gegen die Bank als auch gegen den Bund.“
Im April hatte der Bundesrat in einem geheimen Beschluss den Banken grünes Licht zur Offenlegung sämtlicher Daten von Mitarbeitern gegeben, die jemals irgendeinen Bezug zum Geschäft mit nicht deklarierten US-Kunden gehabt hatten.
Laut Klägeranwalt Hornung war dieser Beschluss illegal. „Es ist die oberste Priorität der Regierung, ihre Bürger vor juristischer Verfolgung durch das Ausland zu schützen, wenn das vorgeworfene Verbrechen in der Schweiz selbst kein Gesetzesverstoss ist.“
Für eine solche Aktion gebe es keinen gültigen Gesetzesparagraph. „Der Bundesrat hätte die Datenlieferung entweder verbieten oder dann ein weiteres Mal Notrecht beschliessen müssen“, sagt Hornung.
Dem widerspricht Bern. „Das Gesetz sieht ausdrücklich Bewilligungen für solche Datenlieferungen ans Ausland vor“, sagt Mario Tuor vom zuständigen Finanz-Staatssekretariat.
Der entscheidende Passus im Strafrecht findet sich unter Artikel 271, „Verbotene Handlungen für einen fremden Staat“. Dort steht unter 1:
„Wer auf schweizerischem Gebiet ohne Bewilligung für einen fremden Staat Handlungen vornimmt, die einer Behörde oder einem Beamten zukommen … wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, in schweren Fällen mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“
Für Mario Tuor, der im Namen seines Chefs Michael Ambühl und dessen Vorgesetzte, Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, spricht, macht das Wort „Bewilligung“ die Sache rechtens.
Für den Chefbeamten fahren damit auch die betroffenen Bankangestellten besser. „Der Entscheid war eine Abwägung. Wenn die Banken damit vom Schlimmsten verschont bleiben und statt dessen einen Deal kriegen, ist allen gedient – auch den Mitarbeitern.“
In die gleiche Kerbe hauen CS-Chef Brady Dougan und Bär-CEO Boris Collardi.
„Unserer Meinung nach ist es auch im Interesse der Mitarbeiter, auf diese Weise vorzugehen“, sagte Dougan der welschen Le Temps letzten Samstag.
In der gleichen Zeitung spielt Collardi von Julius Bär heute die Zahl der von US-Ermittlungen tatsächlich bedrohten Personen herunter.
„Sobald fertig gesiebt ist, werden die zuletzt noch betroffenen Mitarbeiter dieser Untersuchung an zwei bis vier Händen abzählbar sein“, meint der junge Chef der Zürcher Privatbank.
Von überraschender Seite droht den Banken weiteres Ungemach. Die Bundesanwaltschaft als oberste Strafermittlungsbehörde des Landes schliesst die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Geldhäuser nicht aus.
Die „sachliche Zuständigkeit“ sei bejaht worden, sagte gestern eine Sprecherin. „Jetzt wird der zur Anzeige gebrachte Sachverhalt erst mal auf genügend konkrete Verdachtsmomente hin geprüft.“
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Wenn die Verwaltungsräte und Top-Manager der involvierten Banken, allen voran CS, UBS und Bär, wirklich etwas wert wären, dann hätten sie sich schützend vor ihre Bank und ihre Mitarbeiter gestellt. Getreu der Devise: „Tue recht und scheue niemand“! Aber nein, was haben die verantwortungsbewusstlosen das sind sie leider) Kümmerlinge getan: gejammert, gedroht, sich selbst Absolution erteilt und auf Kosten der Bankeigentümer und der Steuerzahler sich und nur sich persönlich gerettet (und weiter bereichert) haben. Was müssen unsere Vorfahren im Himmel von uns denken, insbesondere diejenigen, die ihr Leben in einer Schlacht geopfert haben!? Pfui Teufel! Die Zeiten sind wirklich schlecht, wenn die vermeintliche Elite nur noch Schiss hat und nicht mehr vor die Belegschaft hintreten kann und klar macht, dass sie in der Schlacht vorangehen wird, d.h. zuerst stirbt! Trösten wir uns, auch nach dem Beresina Fiasko gab es einen neuen Morgen. Wir sollten die Feiglinge aber nicht vergessen, der Tag der Abrechnung wird kommen.
-
die stricke sind geknüpft…gewisse laternen sind schon belegt, aber ein baum oder so…,es gibt auch brücken? liebe grüsse ein handwerker( seilfabrikant)
-
Solange ein Ospel und Konsorten frei herumlaufen, oder EWS und Hildebrand in den Himmel heben wird es nicht besser, ein ehemaliger UBS Kunde und Aktionaer der recht sauer auf alle Manager in den Banken ist. Jahrzehnte hat man die falschen Flaschen verherrlicht und das ist das Ergebnis. Amerikanische Buerger sollte keine Schweizer Bank beschaeftigen die verkaufen ihre eigene Mutter!! Ein Doppelbuerger aus Florida
-
10 vor 10: ganze Geschichte! Es ist eine Schande.
-
Der einstige Stolz, Mitarbeiter einer Bank zu sein, ist zum Leidwesen aller rechtschaffenen Bank-Angestellten zum Schandwort geworden. Damit nicht genug. In einem Rechtsstaat schweizerischen Stiels wird der Bank-Angestellte (die Red ist jetzt nicht vom Top Management oder von Empor-kömmlingen, die keine Grenzen kannten und kennen)vom Arbeitgeber mit dem Segen der Landes-Regierung buchstäblich verraten und ausgeliefert, um höhere Interessen zu wahren. Da ist der Bankangestellte willkommenes Vogelfutter. Wo muss denn das Interesse einer USA und EU im Steuer-Thema liegen? Die Verfehlungen eines Unternehmens zu ahnden und zu unterbinden oder die heute wie in der Vergangenheit weisungskonform handelnden Angestellten der Banken persönlich zu belangen und einzukerkern? Mit andern Worten haben die Angestellten stets die Weisungen missachtet und unternehmerisch mit allen legalen und ilegalen Mitteln den Profit der Bank gesteigert, ohne Rücksicht auf persönliche Konsequenzen? Oder ist es nicht eher so, dass der Angestellte ganz einfacht tat, was er immer tut, nämlich seine Arbeit weisungskonform zu verrichten, was einige wohl mit mehr Fleiss tun als andere? Die naive Frage sei gestattet, denn
die Haltung von Banken und Landesregierung lässt immerhin vermuten, dass dem so war und dass solche zwilichtigen Individuen nicht geschützt werden dürfen! Das ganze wird dann noch in der Öffentlichkeit von Banken und Landesregierung damit gerechtfertigt, dass man damit ganz im Interesse der schuldigen Mitarbeiter handle! Wenn das nicht Zynismus ist!
Die entsprechenden Aussagen am letzten Samstag Radio von Herrn Rohner von der CS, einem Schweizer, müssen sich da für jeden Bank-Angestellten wie eine schallende Ohrfeige anfühlen.
Ich schäme mich hier nicht nur als Bankange-stellter, nein, auch als Schweizer!
Wer braucht da noch Feinde, wenn er solche Freunde hat! -
-
Wer braucht da noch Feinde, wenn er solche Freunde hat….. auf den punkt gebracht !
-
Der Fehler war leider, die als Freunde zu sehen. Jahrelang wurden die falschen Charaktereigenschaften gefördert und mit hierarchischem / finanziellem Aufstieg belohnt. Jetzt erhalten wir alle die Quittung – und das ist erst der Anfang…
-
@ Scott Bostitch: Ich glaube genau hier liegt des Pudels Kern. – Es sträuben sich mir immer wieder die Nackenhaare wenn ich Dummschwätzer wie Björn Johansson oder einen x-beliebigen McKinsey/BCG-Fatzke oder einen Ober-Filzböögg wie Kielholz über „Top-Manager“ und „Talente“ faseln höre. (- Sorry, habe keinen „Penisneid“, verfüge auch über (nicht gekauften!) PhD/Dr. einer Elite-Uni und bin Unternehmer.)
-
-
Hört endlich auf die kleinen Mitarbeiter zu beschuldigen. Die haben höchstens das gemacht was ihnen befohlen wurde. Die einzigen die wirklich in den Knast sollten sind die obersten Chefs der Banken. Notabene wird genau das was in uSA gemacht wurde in Südamerika und Asien weiterhin gemacht. Alles im Auftrag der obersten Scheisser die wieder von nichts wissen wenn sie dort unter Beschuss kommen. Charakterlumpen!!!
-
es sollte oberste „Bescheisser“ heissen…
-
Nicht schreiben, sondern handeln! Und zwar sofort! Rückt zusammen den obersten Bescheissern auf die Pelle.
-
Sehr gut!
-
-
Dank Anwalt Hornung und SwissRespect wurde dieses Thema richtig in die Öffentlichkeit gebracht! Wir werden weiter für die Schweizer rechte kämpfen!
Ihr SwissRespect -
Dem grössten Interesse der jeweiligen Mitarbeiter wäre sicherlich mit Abstand am meisten Genüge getan, wenn die verwantwortlichen Leiter dieser Geschäftsbereiche und/oder die CEOs der betroffenen Banken nach USA ausgeliefert würden. Und dort könnte dann geklärt werden, ob sie sich etwas zu Schulde kommen liessen oder nicht.
Somit könnte man mit sehr wenig Aufwand und durch Nennung sehr weniger verantwortlicher Personen das leidige Problem einen grossen Schritt vorwärtsbringen.-
macht Sinn!
-
-
Es ist erstaunlich mit welcher Non-Chalence diese Thematik von Credit Suisse / Top Management gehandhabt wird. Die Bank hat Ihre eigenen Mitarbeiter in grossen Stil an die USA verraten und sieht selbstverstänlich keine Probleme – abgesehen von einigen wenigen sogenannt kriminellen Mitarbeitern.
-
There is no business like banking business
-
Wenn einer Finger der „zwei bis vier Hände“ auch der Raymond Bär ist, dann ist ja gut. Aber hier scheint es sich wieder um die Mär von „einigen kriminellen Mitarbeiter“ zu handeln…
Bei der UBS hat 2008 der damalige Rechtskonsulent den US-Desk Mitarbeitern mitgteilt, dass ab sofort nur noch US-Recht zähle. Schweizer Recht ist halt es bitzli weniger gefährlich als US-Recht…-
Von wegen einige…: Strategie durch alle Ebenen hindurch!
-
Wenn die Verwaltungsräte und Top-Manager der involvierten Banken, allen voran CS, UBS und Bär, wirklich etwas wert wären, dann hätten…
Wenn einer Finger der "zwei bis vier Hände" auch der Raymond Bär ist, dann ist ja gut. Aber hier scheint…
Von wegen einige...: Strategie durch alle Ebenen hindurch!