Nicht die SP Schweiz hat die Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III gewonnen. sondern der gebildete Schweizer Mittelstand. Er stimmte nicht für „die Katze im Sack“, wie es ihm von FDP und SVP empfohlen wurde, sondern sagte Nein, weil man ihn nicht darüber aufklären wollte, was ihn ein Ja kosten würde. Damit ist nicht die SP stärker geworden, sondern jenes liberale Bürgertum, das in den letzten 20 Jahren gerade in den bürgerlichen Parteien keinen Vertreter mehr fand.
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Wenn CVP-Präsident Gerhard Pfister nach verlorener Schlacht nicht zwischen „guten und schlechten Firmen“ in der Schweiz unterscheiden wollte, verwedelte er, was geschehen war. Die grossen ausländischen und letzten Schweizer Konzerne hatten mit der USR III nach der USR II einen neuen Angriff auf Kosten des Schweizer Mittelstands unternommen, auf Jahre hinaus wenig Steuern zu bezahlen. Mit Hilfe globaler Beratungskonzerne wie PwC und KPMG schufen sie im Gesetz weitere Steuerschlupflöcher, die, wie das Ausland zeigt, die Schweiz weitere Milliarden an Steuersubstanz gekostet hätten. Gerade die SVP und die FDP machten sich mit der CVP zu Sprechern dieser Konzernanliegen. Sie steckten eine bittere Niederlage ein.
Angesichts der Härte dieser Kampagne, mit einem Gesamtaufwand (nicht nur Inserate, die etwa zwei Drittel der Kosten ausmachten) von über 20 Millionen Franken, muss man sich fragen, was dies bedeutet.
Erstens haben Bundesräte und Parteivorsitzende immer weniger Glaubwürdigkeit und Einfluss auf den gebildeten Stimmbürger. Niemand kann mehr glauben, dass ein Bundesrat Ueli Maurer als Finanzminister wirklich glaubwürdig ist, ebenso wenig eine Petra Gössi, Präsidentin der FDP Schweiz, die erst einmal aus den Schalen gekrochen ist. Dutzende kantonaler und noch mehr Gemeindepolitiker, eine grosse Zahl von Unternehmern und solchen, die sich Unternehmer nennen, wurden in Inseraten „verbrannt“. Der Imageschaden ist gross.
Zweitens hat damit das Schweizer Stimmvolk seiner politisch-wirtschaftlichen Elite eine Abfuhr erteilt. Parallel dazu ist dies am gleichen Wochenende den Bündnern passiert, deren Olympiaträume vom Volk in den Staub getreten wurden. Die alten bürgerlichen Eliten des 20. Jahrhunderts haben eine Abfuhr erhalten, die danach fragen lässt:
Was dann?
Bürgerliches Selbstbewusstsein und bürgerliche Angst zusammen haben zu dieser Niederlage der global ausgerichteten A-Schweiz geführt. Seit zwei Jahren werden zu Tausenden Bankiers und andere Finanzdienstleister entlassen. Der berufliche Aufstieg endet meist schon mit 45 Jahren. Die grossen Unternehmen von ABB bis Zürich Versicherung bauen ab und lagern ihre guten Arbeitsplätze ins Ausland aus. Dieses im Kern getroffene Schweizer Bürgertum hat der USR III nicht mehr zustimmen wollen.
Noch am Abstimmungsabend zeigte sich, wo der Hase im Pfeffer liegt. Den mit grosser Lässigkeit triumphierenden SP-Nationalrätin Jacqueline Badran und Grünen-Präsidentin Regula Rytz, welche die Dossiers kannten, standen ein intellektuell überforderter SVP-Nationalrat Thomas Matter und ein in der Defensive verharrender Gewerbeverbandschef Hans-Ulrich Bigler gegenüber. Finanzminister Ueli Maurer, ebenso wie Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer gaben nur dürre Stellungnahmen ab, denn die Entscheide fallen ohnehin andernorts.
Längst abgesetzt hatten sich die starken bürgerlichen Politiker, an der Spitze Christoph Blocher, der früh vor einer Niederlage gewarnt hatte, und Bundespräsidentin Doris Leuthard, die in den letzten Wochen nicht die geringste Lust zeigte, ihren guten Ruf für eine schlecht vorbereitete Abstimmung zu riskieren. Die Brutalo-Werbung einer rechtslastigen Werbeagentur gab der Kampagne den Rest. Wo Überzeugung gefragt war, kam nur der Dampfhammer.
Es fällt auf, dass es die gleiche Agentur ist, die am letzten Wochenende gleich zweimal verloren hat. Es sind rechtsbürgerliche Kreise, die mit einer solchen Altpropaganda die Zukunft gestalten wollen.
Wie es in der Schweiz weitergeht, kam von ganz anderer Seite. Weil 60% aller Schweizer sich für die Einbürgerung der dritten Generation von Ausländern aussprach (wozu auch Donald Trump in den USA zählt), antwortete SVP-Kampagnenführer, SVP-Nationalrat Andreas Glarner, auf die Frage, was Schweizer sind: „Die Richtigen und die Anderen“. Kaum konnte er die Angst verbergen, den katholischen Italienern, Portugiesen und Spaniern würden bald muslimische Albaner folgen. Wogegen die elegant triumphierende Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihre Arme weit ausbreitete und die kommenden Neubürger ganz in Merkelschem Stil willkommen hiess.
Das Schweizer Volk sah an diesem Wochenende „die Richtigen“ eher bei den fleissigen Ausländern als bei den politischen Druck ausübenden Steuer-Ausländern. Die Schweizer Konsens-Demokratie, wo der liberale Ausgleich dominiert, kam an ihre Grenze. Dieser Kampf um die Zukunft mit nationalen Neuwahlen im Jahr 2019 ist noch nicht zu Ende, reflektiert er doch die Abstimmungen in Grossbritannien, Österreich und demnächst in Frankreich und Belgien. Die Auseinandersetzung um die wahre Schweiz und deren Reichtümer hat erst begonnen.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mit Verlaub, werter Herr Stöhlker, Ihre Analyse ist ähnlich präzise wie die Gedankengänge des Greatest President on Earth zu den illegalen Immigranten.
Dass Sie den traum-amokfahrenden Gipsermeister der CVP zurechnen, sei Ihnen verziehen, denn bei beiden Parteien ist das Profil in etwa so scharf wie der Umriss eines Baumes im dichten Nebel. Die saumässig bodenständige J. Badran und die ideologisch verbrämte, äusserst arrogante R. Rytz jedoch als dossierfest zu bezeichnen, rückt Sie definitiv in den Kreis der Betreuungs- oder gar Behandlungsbedürftigen.
Lehnen Sie zurück, trinken Sie ein Gläschen und melden Sie sich bitte in Zukunft zu Themen, bei welchen Sie andern was vor haben! Aber bitte wirklich nur dann.-
Setzen Sie lieber mal Ihre Ideologiebrille ab. Im Interview mit Badran und Stocker z.B. können Sie nachlesen, wer sattelfest im Dossier war. Kleiner Tipp: der von der SVP nicht …
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Philipp Müller ist nicht CVP-Präsident!
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Solange Herr Matter in hämisch-überheblicher Manier nicht auf gegnerische Argumente eingeht, solange wird er auch Mühe haben eine Mehrheit für seine Bankgeheimnisinitiative zu mobilisieren.
Die Stimmbürger sind nicht so blöd, dass sie nicht erkennen, dass auch diese Vorlage in erster Linie den Interessen jener dient, die Ihre Millionen auf Kosten des Mittelstands am Fiskus vorbeischleusen
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Auf die Frage, was diese Vorlage insbesondere Herr Matter nützt, wird dann zu gegebener Zeit eingegangen.Und Herr Bigler und Herr Schneider vom Gewerbeverband werden Mühe haben, weitere Vorlagen glaubwürdig zu vertreten, solange sie diese Arroganz und Aggressivität an den Tag legen.
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Immerhin kämpfen diese Leute für Arbeitsplätze. Wieviele Arbeitsplätze haben Sie geschaffen ?
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@ Ueli (alias Alleswisser)
Ich kann Sie beruhigen: Als IT Unternehmer mit 15 Angestellten weiss ich was es heisst, sich in einem kompetitiven Umfeld zu behaupten.
Als nicht transparenter Privatbbanker dagegen mit verdecktem Angebot an Steueroptimierungsmodellen profitiere ich dagegen von den Rahmenbedingungen, die andere geschaffen haben und vom Mittelstand, der die hinterzogenen Steuerausfälle kompensiert.
Ueli, ihre Denkweise ist so naiv, dass ich annehmen muss, dass auch Sie in jener Rest-Branche tätig sind, die sich noch immer in den Rahmenbedingungen des Bankgeheimnisses suhlt und keine Ahnung davon hat, was es heisst, sich der internationalen Konkurrenz durch LEISTUNG auszusetzen und nicht nur auf banklagernd Papieren von Steuerhinterziehern sein Einkommen versteckt auszusitzen.
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ja ja Ueli… you dreamer – die Herren kämpfen vor allem für die Lobby. Nun ist halt mal genug. Der Bundesrat u. Parlament hatte Ihre Aufgabe nicht ordentlich gemacht, so einfach ist das! In der Privatwirtschaft wäre eine solche Vorlage vom Mgt. vernichtet worden.
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@ hugo brot:
wirklich, wäre Sie das in der privatwirtschaft?
ich verweise in diesem kontext auf die CS-news von heute, die ja -gemäss koryphäen wie Ihnen- alles im griff zu haben scheinen.
aber jetzt weiss ich zumindest, woher der spruch „dümmer als ein stück brot“ kommt – dafür ein herzliches dankeschön! -
@Steuerzahler
Sie müssen mit Ueli etwas nachsichtiger sein, denn nach so vielen Jahren Gehirnwäsche hat er das selbstständige Denken verlernt. Seine Argumente sind 1:1 die angstmacher Argumente, die jahrelang funktionierten, aber jetzt nicht mehr ziehen. Da sie seit geraumer Zeit in der eigenen, meist rückwärtsgewandte, Welt leben haben sie nicht realisiert, dass die Welt sich verändert hat. Genau diese Art von Leute waren am Sonntag völlig perplex, aus dem Konzept geworfen und haben die Welt nicht mehr verstanden. Schliesslich „wir haben es doch immer so gemacht „. Tja, vielleicht kommen diese Leute endlich in der heutigen Zeit und Welt an. Und nein, die gute alte Zeiten waren nicht viel besser, nur anders!
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@Tom Tailer
Vielen Dank für die Blumen, Koryphäe nannte mich noch niemand aber ja es trifft es nicht schlecht.
Natürlich haben Sie recht, ich war ungenau, sorry! Die Finanzbranche (mit Ausnahmen versteht sich) ist natürlich davon ausgeschlossen. Diese sowie andere gross Konzerne werden bekanntlich von Beratungsunternehmen geführt. Wer will den schon Entscheidungen treffen, geschweige den Verantwortung übernehmen. Immer schön jemand anderen vorschieben.Wie gesagt, Auftrag nicht erfüllt – darum noch einmal.
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Die internationalen Holdings stellen keine Schweizer an die die Lehre gemacht haben. Der Wunschkandidat ist unter 30 Jahre alt und hat einen Master Abschluss von einer Universität. Da ist es nachvollziehbar, dass der normale Bürger nicht für den Steuerausfall dieser internationalen Holdings aufkommen will.
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Schade, wenn diese guten Steuerzahler die Schweiz verlassen und dann auch Sie mehr Steuern bezahlen müssen. Ausserdem profitieren viele von diesen Gesellschaften (Restaurants, Imbissbuden, Hotels, Flughafen, Fluggesellschaften usw. usf). Lieber Kollege alles Arbeitsplätze auf die Sie verzichten wollen. Die Schweiz leidet je länger je mehr an Wohlstandsdegeneration. Wenn es einem zu gut geht, wird man übermütig.
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Genau, die Politik verkommt zum billigen Liga-Sport.
Der FC SP gegen den FC SVP in der MEI-Frage = verschoben bis zum Nachtragsspiel. Der FC SVP verliert im Einbürgerungs-Cup 39,6 : 60,4. Der FC CVP im Kampf gegen den Abstieg (Verlust Wähler). Der FC BDP wie der FC XAMAX oder FC Will – nur ohne Oligarchen-Mio und sonstigen Mehrheiten. Der FC FDP mit Economie Suisse verstärkt, verliert gegen den FC Souverän-Mittelstand im Rückrundenspiel der USR III mit brutalen 40,9: 59,1.
In den Interviews und Medienkonferenzen wird auf die üblichen Punkte verwiesen und die Fans (Stimmbürger) mit der altbekannten Schönfärberei gegenüber den Themen oder Niederlagen neben dem Stadion stehen gelassen. Hopp Schwiizz.
NB: Es geht das Gerücht rum, dass ein AllStar-Team in Vorbereitung sei um die echten Penalties (Probleme) der Schweiz wirklich und effizient zu lösen…
Zurück ins Studio. -
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Bin mit allem einverstanden. Es gibt an diesem Abstimmungssonntag auch ein positives Signal, nämlich die Annahme des Finanziellen Lastenausgleiches im Aargau. Vorbildlich vorbereitet und kommuniziert konnte jeder Bürger auf das % genau einsehen was die finanziellen Folgen für seine Gemeinde sind. Nur wenn ich etwas so präsentiert bekomme kann ich auch einen negativen Aspekt im Sinne des Ganzen akzeptieren. Mit Ueli Maurer als Bundesrat und der FDP als Schlaumeierpartei wird auch die nächste Vorlage scheitern.
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Weiss Philipp Müller, dass er CVP-Präsident ist ? Oder ist gar der frühere FDP-Präsident gemeint ?
@ Ueli (alias Alleswisser) Ich kann Sie beruhigen: Als IT Unternehmer mit 15 Angestellten weiss ich was es heisst, sich…
Weiss Philipp Müller, dass er CVP-Präsident ist ? Oder ist gar der frühere FDP-Präsident gemeint ?
Bin mit allem einverstanden. Es gibt an diesem Abstimmungssonntag auch ein positives Signal, nämlich die Annahme des Finanziellen Lastenausgleiches im…