Das erste Halbjahr 2012 werde schwierig, meinte Vontobel-Präsident Herbert Scheidt schon im Frühling.
Das „Expectation Management“ hat Kalkül. Scheidts homöopathische Bad-news-Pille hat zum Ziel, keine Analysten und Journalisten aufzuschrecken, wenn morgen die Zahlen mager sind.
Unabhängig vom Kurzfristbefund: Bei Vontobel steckt schon lange der Wurm drin.
Genau gesagt seit 10 Jahren respektive der Ära des Deutschen Scheidt, der mit seiner eloquenten Werbung für helvetische Tugenden schweizerischer als mancher Schweizer Spitzenbanker auftritt.
Seit 2002 hat Scheidt das Sagen bei der traditionsreichen Zürcher Privatbank. Gebracht hat es dem Institut bisher nicht den erhofften Durchbruch.
Vielmehr wird Scheidts Zeit als verlorenes Jahrzehnt in die Geschichte des Familienunternehmens mit Minderheits-Börsenkotierung eingehen.
Als CEO bis 2011 und seither als Präsident hat Scheidt der Vontobel keine Zukunftsvision eröffnet. Nun steigt die Gefahr, dass die kleine, aber feine Privatbank mit dem wertvollen Namen den Anschluss verpasst.
Der Befund ist vielschichtig. Er fängt beim Aktienkurs an und hört bei der fehlenden Positionierung auf.
Der Kurs der Vontobol-Valoren ist heute praktisch genau wieder dort, wo er bereits bei Scheidts Start im Oktober 2002 gestanden war.
Zuerst gings – wie bei fast allen Banken – flott nach oben, von knapp 20 Franken Ende 2002 auf fast 80 Franken Mitte 2007.
Danach folgte der ebenso steile Sturzflug, hinunter auf derzeit noch etwas über 18 Franken. Wie vielerorts im Banking ging die Rechnung nur fürs Management auf.
Auch bei der Struktur ist nichts passiert. Während sich Konkurrentin Julius Bär 3 Mal neu erfand, die Grossen ihre Privatbankentöchter verkauften oder integrierten und sich Sarasin an ausländische Brust warf, tat Vontobel unter Scheidt so, als ob alles beim Alten bleiben würde.
Das tut es ja auch, solange der „Alte“, Ehrenpräsident Hans Vontobel, das letzte Wort hat. Nur ist Vontobel mit 95 nicht mehr der Jüngste, was die Frage nach der Zeit nach dem Patron immer akuter macht.
Jetzt, da in Swiss Banking kein Stein auf dem anderen bleibt, steht jedes Institut vor der entscheidenden Frage, was es besser kann als seine Mitbewerber.
Die Antwort der kleinen Vontobel lautet: alles. Was in Tat und Wahrheit bedeutet: nichts wirklich.
Privatebanking für Gutbetuchte, Asset Management für Institutionelle, Investmentbanking für Klein-Anleger, im Hintegrund noch IT-Insourcing und Wertpapierabwicklung für Dritte.
Universalbanking im Sandkasten. Der Grund liegt in Scheidts Persönlichkeit.
Nicht, dass er keine Stärken hätte. Scheidt tritt gut auf und weiss sich zu verkaufen.
Und er brachte Ruhe in die Bank. Diese wurde um die Jahrtausendwende von IPO- und Internet-Skandalen erschüttert.
Darauf folgte strategischer Tiefschlaf.
Das Wenige blieb Stückwerk. Im Onshore-Markt Deutschland ist Vontobel zwar flächendeckend präsent, kommt aber abgesehen vom Standort München nicht auf Touren. Vor allem in Hamburg würde Vontobel schwere Zeiten durchmachen, meint ein Insider.
Gleich dürftig präsentiert sich der immer wieder verkündete Aufbruch im Privatebanking.
Abgesehen vom Kauf der Commerzbank Schweiz ist kein grösserer Coup im kollektiven Gedächtnis haften geblieben. Selbst diese Akquisition gilt mit wenigen Milliarden verwalteten Vermögen als Mini-Schritt.
Der schwammige Sponsoring-Kurs passt ins Bild einer Bank, die nicht weiss, was sie will.
Vontobel machte den Spagat vom Zürcher Grasshopper-Fussballclub bis zum Erstklass-Kulturevent Salzburger Festspiele. Bei beiden wählte die Bank inzwischen den Exit, ohne aufzuzeigen, wohin die Marketing-Reise gehen soll.
Die frühere Rennleitung war sich der diffusen Strategie bewusst.
Im VR kam es mehrfach zu Auseinandersetzungen. Einzelne Exponenten drängten immer wieder auf eine Wahl zwischen Investment- und Privatebanking.
CEO Scheidt ging aus jedem Machtkampf gestärkt hervor. 2005 vertrieb er Präsident Peter Wagner, 2008 setzte er sich gegen 3 renommierte VR-Mitglieder durch.
Mit dem Sprung auf den Präsidentenstuhl vor Jahresfrist hat Scheidt sein Ziel erreicht. Er machte sich unangreifbar.
Sowohl der junge CEO Zeno Staub als auch Finanzchef Martin Sieg, ein Ex-Kantonalbank-Manager der ZKB, sind auf Harmonie getrimmte Manager, die sich Scheidt kritiklos unterordnen.
Wie sehr, zeigt sich an den Auftritten des grossen Präsidenten der kleinen Privatbank.
Heute führt Scheidt Vontobel als Banken-Sonnenkönig. Das Wichtigste sei ihm sein eigener Auftritt, heisst es von Ex-Managern.
Der hohe Verschleiss an PR-Chefs sticht ins Auge. Den von Konkurrentin Bär angeheuerten Kommunikationschef schickte Scheidt nach kurzer Zeit ebenso in die Wüste wie dessen Nachfolger.
Weitere Abgänge prägnanter Vontobel-Köpfe festigen das Bild einer Oneman-Show. Chefstratege Thomas Steinemann ging dieses Jahr ebenso überraschend von Bord wie Privatebanking-Leiter Peter Fanconi.
Ersetzt wurde Fanconi durch einen wenig bekannten Manager einer ebenso wenig bekannten dänischen Bank. Derweil ist bei Vontobel von einem echten Aufbruch in der Vermögensverwaltung immer noch weit und breit keine Spur.
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Das überaus positiv ausgewiesene Resultat von VT Asset Mgmt (AM) bedürfte einer Erklärung des Managements. Denn es scheint nur mit einem Buchhaltungstrick zu Stande gekommen zu sein:
VT AM weist für Q1 12 eine Steigerung von 26 Mio. Operational Income aus bei einer Zunahme der AuM von 7 bln. vs. Q4 11.
Annahme einer durchschnittlichen AuM Zunahme über das 1H 12 von 5bln. (grosszügig). Um damit 26 Mio. Operational Income zu erzielen müsste die Brutto Management Fee somit ziemlich genau 1% betragen (5bln x 1% x 180 Tage = 25 Mio.).
Aber, für 2011 weist VT AM auf rund 45 bln AuM ca. 200 Mio. Operational Income aus, was einer Brutto Management Fee von ziemlich genau knapp 0.5% entspricht.
Nun weist das VT Management jedoch darauf hin, dass die erfreuliche Zunahme der AuM vor allem im Equity Value Bereich (VAMUS) stattfand. VAMUS kontrolliert ganz genau 50% der AuM bei VT AM (27 bln of 54 bln). Wieso verdient den VT AM plötzlich soviel an diesen Geldern?
Keine Hinweise darauf. Nur eines: Die Personalkosten im VT AM sind seit Ende 2011 rund 10 Mio. gestiegen. Diente also die eigentlich unmögliche Zunahme des Operational Income im AM nur dazu die Personalinvestitionen zu rechtfertigen? Entweder VT kann eine plausible Erklärung dafür liefern oder sonst ist die „erfreuliche Gewinnzunahme“ eine Bogey-Zahl. -
Der Autor hat vollkommen recht. Leider ist das aber bei Vontobel nichts Neues. Herr Scheidt redet seit seinem Amtsantritt von einer integrierten Strategie, die gabs vorher schon. Nur hat damals das Investment Banking nicht nur daraus bestanden, dass man Raiffeisen-Kunden strukturierte Produkte verhökerte. Zudem bestand die Krise um die Jahrtausendwende in erster Linie darin, dass die Bank und die Besitzerfamilie sich in einem Kommunikationschaos verstrickt hatten, anstatt sich um das Geschäft zu kümmern, bei den Prozessen gegen die früheren Manager kam bekanntlich rein gar nichts raus. Dann kam Herr Scheidt (woher hatte er eigentlich Erfahrung im Management einer börenkotierten Bank?) und wollte eine neue Bank schaffen, indem er für einen Haufen Geld scharenweise Berater einflog. Ein grosser Wurf gelang leider nicht. Er war von Anfang an ein Machtmensch, der bis ins kleinste Detail alles selbst entschied. Nicht erst seit Kurzem verlassen hoch qualifizierte, langjährige Mitarbeiter die Bank. Es ist schon richtig: Es hat sich rein gar nichts verbessert in den letzten 10 Jahren. Das Ertragsportfolio ist nicht nachhaltig, die Kostentruktur nicht konkurrenzfähig. Wer bitte schön sollte denn diese Bank noch übernehmen wollen? Und Stand-Alone dürfte es wegen fehlender kritischer Masse schwierig werden. Das grösste Problem bleibt, dass eine frühzeitige, weitsichtige Nachfolgeregelung komplett verpasst wurde. Es ist kein Geheimnis, dass man bei Vontobel noch nie wirklich ein gutes Händchen in der Besetzung von Managementpositionen hatte. Mit dem Ehrenpräsidenten im Hintergrund hat man immer nur die Ja-Sager behalten, die anderen wurden relativ rasch auf die eine oder andere Weise entsorgt. Schade, denn Vontobel war mal eine gute Bank, die leider, wenn sie so weitermacht, von der Landkarte verschwinden wird.
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Die heutigen Halbjahreszahlen von Vontobel zeigen ein ganz anderes Bild. Die vermeintlichen Schlafmützen und Verwalterlis scheinen doch nicht so einen schlechten Job zu machen. Die Aktionäre dürfte das freuen. Die Miesepeter und Schlechtschreiberlinge wohl eher weniger.
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@Saint
Zuerst die Zahlen anschauen und dann kommentieren. Vom Neugeldzufluss von CHF 5,3 Mrd kommen CHF 4,7 Mrd von instl. Kunden. Diese Gelder sind 1. nicht sehr rentabel (zwischen 10 – max.50 bps) und 2. auch sehr beweglich und schnell wieder weg! Ein Zufluss von nur CHF 500-600 Mio im Private Banking ist dann sehr spärlich. -
Das diese Gelder nicht sehr rentabel sind zeigt auch das Cost/Income-Ratio, welches bei 79.3 % d.h. von einem Franken Ertrag gehen 80 Rappen weg!
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@Walter Meier:
Institutionelle Gelder sind war nicht mehr so „sticky“ wie früher, bleiben aber immer noch eher stabil als privates Geld.Wenn man die Performance im Asset Management anschaut, ist hingegen eines der Probleme, dass der US Ableger von Vontobel viel besser arbeitet als das aus der Schweiz agierende Team.
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@Toni Bopp
Bin nicht ganz Ihrer Meinung. Schauen Sie nur das gestern publizierte Ergebnis der BKB an.
Netto-Abfluss von CHF 2,7 Mrd. Und die Begründung: „Ursachen dafür bilden im Wesentlichen die volatilen Gelder einzelner institutioneller und öffentlich-rechtlicher Grosskunden, die ihre auf Sichtkonten parkierte, überschüssige Liquidität von Ende Jahr sukzessive benötigten“. (Auszug aus dem Halbjahresbericht)
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Ich kann Ihrem Artikel ausser Polemik nichts abgewinnen. Die Bank ist meines Erachtens gut unterwegs. Die Bank hat z.B. zur richtigen Zeit auf ein neues Core-Banking gesetzt, dass CS Collardi & Co bei Julius Bär als erstes „Entsorgt“ hatten. Die Bank verfügt übrigens bis heute nicht über die notwendige „State of the art“ Architektur ! Schaut doch mal wieviel Geld das die CS alleine in ihre IT verbuttert…. da wird’s einem ja richtig übel….und was ist mit der Bank die sich bezüglich Compliance und Country-Manuals etc. als Leading-Edge bezeichnet…? Hat’s was genützt ?
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Wenn vontobel so weitermacht wird die bank relativ rasch von der bildflaeche verschwinden
Es gibt genuegend interessenten fuer eine rasche uebernahme
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Würde toll unter den Hut von Raiffeisen passen…. In Verbindung von Notenstein würde eine neue starke Kraft im Privatbanking hervorgehen mit starkem Partner im Hintergrund. Wer weiss, vielleicht in 5 Jahren…
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Das Hauptproblem von Vontobel ist ihr Patriarch, 95 und immer noch
der Meinung er sei unersetzlich.
Patriarchen dieser Species ziehen (zahllose Firmenhistorien beweisen
es) eloquente Selbstverkäufer nach sich, die Ihnen den „Schmus“
bringen, was auf jeder GV Vontobel klar erkennbar war.
Scheidt beging ausserdem den strategischen Fehler, sich auf
Deutschland (seinen „Heimmarkt“) zu fokussieren, anstatt in
aufstrebende Märkte.
Erstaunlich, dass die verzweigte Familie dem Trauerspiel so lange
zusieht, aber eben, siehe oben, dem steht der Patriarch im Wege.
H.-M. Wildi -
Die Bank Vontobel hat schon seit längerer Zeit keine Strategie. Das Klima im Unternehmen ist geprägt von Kopfnickerei und Mutlosigkeit.
Herr Scheidt hat mich weder persönlich noch fachlich überzeugt. Es ist bedauerlich, wie sich die Bank selber ins Abseits manövriert. Aber mit einer Kultur, in der Anregungen und Kritik als Angriff aufgefasst werden, ist Stillstand vorprogrammiert.-
Diese Tendenz ist bei versch. sog. Privatbanken feststellbar. Generell kann man sagen, dass je mehr Manager (und nicht Unternehmer) eine Bank führen, desto weniger Kritik / Anregung und somit Verbesserungen geduldet werden.
Die Strukturen bei Vontobel (obwohl ich die Bank nicht von innen kenne) weisen mir schon zu stark in Richtung Grossbanken.
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Schade, dass ein erstklassiger Name im Private Banking Schweiz VONTOBEL wieder von einem deutschen CEO runterrandaliert wurde. Es ist Zeit, dass wir wieder mehr SWISSNESS in unsere Führungsetagen bringen und nicht nur Amerikaner, Engländer und Norddeutsche.
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Aber einige Schweizer lieben es, wenn sie Deutsche Arschkriecher unter sich haben.
(Ich habe deutsch bewusst grossgeschrieben.) -
Zukunftsweisende Strategien entwickeln, unternehmerisch handeln und dabei die Vorteile des schweizer Finanzplatzes nutzen; all das wurde immer wieder gesagt aber wer setzt es um?! CEO’s sollten einfach mal nach Swissnetz Ansätzen googeln. Es ist alles vorhanden – muss aber umgesetzt werden.
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@Wahrheit: Deutsche Mastdarmakrobaten brauchen wir hier bestimmt nicht!
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Na ja, wenigstens haben sie so aktiv keine grossen Fehler gemacht. – Aber der Autor hat schon recht. Unter Scheidt arbeiten (Staub & Co.) mehrheitlich Schlafmützen und Verwalterlis.
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In diesem Kontext ist es ja vielleicht nützlich, wenn ab und zu ein paar Bankernamen nach USA gemeldet werden, dann wachen die ganz schnell auf (nicht ganz ernst gemeint).
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Na ja, wenigstens haben sie so aktiv keine grossen Fehler gemacht. - Aber der Autor hat schon recht. Unter Scheidt…
Schade, dass ein erstklassiger Name im Private Banking Schweiz VONTOBEL wieder von einem deutschen CEO runterrandaliert wurde. Es ist Zeit,…
Aber einige Schweizer lieben es, wenn sie Deutsche Arschkriecher unter sich haben. (Ich habe deutsch bewusst grossgeschrieben.)