Ende November tritt einer der einflussreichsten Assetmanager der Schweiz offiziell in den Ruhestand. Markus Graf, Chef der Credit Suisse Immobilien, geht.
Scheinbar. Graf, der wichtigste Manager des boomenden Multi-Milliarden-Businesses und Herrscher über ein Anlagevolumen von 30 Milliarden Immobilien-Assets, behält auch als Pensionär starke Zügel in der Hand.
Er tut dies über ein Gestrüpp von geschäftlichen und personellen Beziehungen. Die CS-Spitze lässt Graf dabei seit Jahren schalten und walten.
Dreh- und Angelpunkt ist Grafs mächtigstes Nebenamt, die Geschäftsführung der Swiss Prime Site (SPS).
SPS ist die führende Immobilien-Gesellschaft der Schweiz, mit vielen Prestigebauten im Portefeuille, darunter allein in Zürich das Geschäftshochhaus Prime Tower und die Shoppingcenters Sihlcity und Jelmoli.
SPS ist eine Erfolgsstory. Die Aktie stieg von rund 40 Franken im 2003 auf über 80 Franken im 2012.
Das ist zum Einen Markus Grafs grosses Verdienst und seine eindrückliche Leistung. Zum Anderen basiert der Erfolg auf einem für das Land wohl einzigartigen Interessenkonflikt.
Dieser liegt in Grafs Doppelrolle als mächtigen Chef der CS Real Estate Asset Management und gleichzeitig Geschäftsführer der börsenkotierten SPS.
CS-Topmanager Graf, der von seiner Arbeitgeberin eine hohe Entschädigung bezieht, steht damit an der entscheidenden Stellweiche: Er kann massgeblich beeinflussen, welche Liegenschaft in einem CS-Immobilien-Fonds landet und welche zur SPS hinübergeht.
Die Folgen von Grafs Entscheiden sind fundamentaler Natur. Entweder hat die CS die Liegenschaften auf den Büchern, oder sie liegen auf der Bilanz der börsenkotierten SPS.
Der Konflikt liegt in der menschlichen Neigung begraben. Theoretisch kann CS-Immobilien-König Graf schauen, was ihm persönlich am meisten bringt.
Mal könnte eine Top-Liegenschaft im Portefeuille der CS den eigenen Bonus erhöhen, ein andermal verspricht eine Super-Immobilie vielleicht mehr Nutzen bei der SPS.
Die CS sieht kein Problem. „Swiss Prime Site hat als börsenkotierte Immobilien-Investmentgesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit und eigene Organe“, sagt CS-Sprecher Marc Dosch.
„Zudem gehören dem Verwaltungsrat starke, wirtschaftserfahrene Persönlichkeiten an. Die Mehrheit des VR besteht aus Mitgliedern, die von Credit Suisse völlig unabhängig sind.“
Mit anderen Worten: Die Bank setzt auf Vertrauen. Sie geht davon aus, dass Graf über jeden Zweifel erhaben ist und rein nach geschäftlichen Kriterien entscheidet. Falls nicht, würden die unabhängigen VR-Mitglieder sofort eingreifen.
Entsprechend meint der Sprecher, dass von Schalten und Walten keine Rede sein könne bei der Verteilung von Objekten zwischen der CS und der externen SPS.
„Käufe und Verkäufe von Liegenschaften werden durch einen umfassenden Due Dilligence Prozess geprüft“, sagt CS-Manager Dosch dazu.
Überhaupt würde Grafs „Doppelrolle“, wenn man diese so nennen wolle, mit dessen Pensionierung Ende Monat enden.
Die jüngsten Deals deuten auf Anderes hin. Sie legen eine nachhaltige Machtsicherung durch Graf und seine Vertrauten nahe.
Im September beschloss die CS, ihre 100-Prozent-Immobilien-Verwalterin Wincasa an die SPS zu verkaufen. Der Preis blieb geheim.
Bei Wincasa sass bisher der oberste CS-Vertreter des Immobilien-Bereichs im VR. Also Markus Graf. Das Präsidium hatte zudem Heinz Hofmann inne, ein langjähriger CS-Strippenzieher.
Graf und Hofmann sind damit direkt verantwortlich für den Deal. Dieser nützt der Käuferin SPS.
Mit Wincasa verstärkt die Immobilienfirma ihren Einfluss massiv. Neu ist sie nicht mehr nur ein Finanzvehikel mit Gebäuden, sondern kriegt viel Personal, das sich um die Verwaltung der Gebäude kümmert. Nicht zuletzt jener der CS und den angehängten Real-Estate-Fonds.
Die Liaison geht aber viel weiter. Graf und Hofmann liessen spezielle personelle Entscheide zu.
Der Sohn von Heinz Hofmann, Oliver Hofmann, wurde zum neuen Wincasa-Chef gewählt. Vater Heinz, der Präsident von Wincasa, will sich dazu nicht mehr äussern.
In einem früheren Artikel meinte er, dass alles mit rechten Dingen zu- und hergegangen sei. „Der VR der SPS hat Oliver Hofmann zum neuen CEO gewählt, nach einem rein externen Search und Assessment-Verfahren, woran ich nicht direkt beteiligt war“, meinte Hofmann.
Quasi im Gegenzug wird der bisherige Chef von Wincasa, Beat Schwab, Nachfolger bei der grossen CS Real Estate Asset Management. Dort tritt er in die Fussstapfen des mächtigen Markus Graf.
Kompliziert? Nur dem Schein nach.
Hofmann ist dabei, wenn sein Sohn Karriere macht. Graf ist in der Nähe, wenn der Ex-Wincasa-Geschäftsführer seinen vakant werdenden Immobilien-Chefjob bei der CS übernimmt.
Graf und Hofmann könnten über ihre Zöglinge und Vertrauten versuchen, weiter Einfluss auf die Geschicke im Riesenreich der CS-Immobilien zu nehmen.
Dass Graf für das Liegenschaften-Geschäft der CS wichtig bleibt, bestätigt die Bank offiziell. „Markus Graf bleibt in Verwaltungsräten von Gesellschaften der Credit Suisse und wir als Senior Advisor zur Verfügung stehen“, sagt der Sprecher.
Wie konnte es dazu kommen? Im Zentrum steht der Verkauf der Wincasa durch die CS an die SPS. Wurden alternative Angebote geprüft?
„Auch hier alles gemäss professionellen Verfahren“, sagt die CS lediglich.
Gleich tönt es, wenn man fragt, warum die Frau des mächtigen Immo-Chefs Graf von dessen Abteilung seit Jahren Aufträge für deren Solothurner Werbebüro erhält. „Unsere externen Partner werden gemäss Procurement-Prozess evaluiert und ausgewählt.“
No problem im CS-Imperium.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Soll er’s haben, der Markus Graf aber, auch für ihn gilt; die letzten Taschen haben keine Säcke!
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Eigentlich lese ich ja IP gerne und regelmässig; der Autor versteht es meisterhaft, aus noch dem dürrsten Obst einen süffigen, leicht berauschenden Schnaps zu destillieren. Allemal unterhaltsame Mini-Soaps aus dem Finanzmilieu, meist im Stile, viel Geld verlieren ist schon sehr übel, aber viel Geld verdienen ist noch viel, viel übler ….
Was nun an der innigen, partnerschaftlichen Geschäftsbeziehung CS-SPS moralisch verwerflich sein soll? Es erschliesst sich mir nicht.
Im Gegenteil, es scheint doch ein für beide Seiten faires, erspriessliches Geschäft zu sein. Und selber kann man sich schliesslich nicht über den Tisch ziehen.
Man könnte höchstens darüber sinnieren, in wieweit hier bloss vermutete, wohlwollende Absprachen oder blindes Verständnis unter Geschäftspartnern und eine vielleicht durch väterlicher Sorge bestimmte personelle Besetzung von Schlüsselpositionen der Macht die legitimen Gewinnaussichten anderer Marktteilnehmer in unanständiger Art schmälern oder gar auf unrechtmässige Weise verhindern könnten.
Oder ob diese allem Anschein nach sehr erfolgreichen Geschäftstätigkeiten sogar das Gemeinwohl beinträchtigen könnten.
Also wieder mal die Frage: Mein Nutzen = Dein Schaden? Hier nicht!
Alte Füchse beherrschen nun mal viele Tricks und wissen, wo die süssesten Trauben hängen, und in diesem Falle dürften die Jungen gewiss noch einiges abschauen.-
Lieber GP
Sie sollten unbedingt mit lh zusammenspannen, denn Sie haben eine ausgesprochen „knackige“ und witzige Schreibe!
Ich habe selten so gut gelacht und lese in Zukunft gern mehr von Ihnen!
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Ich möchte mich dem Kommentar meines Vorredners anschliessen. Die Finanzindustrie kann sich glücklich schätzen, dass es Manager gibt, die über mehr als ein Jahrzehnt das Interesse der Anleger verfolgen. Was Markus hier für die Anleger geschafft hat ist einzigartig. Der Artikel ist einseitig und unfair. Willkommen in der Neidkultur.
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@xx: Die meisten von uns schätzen es nicht, dass dieser unsägliche Filz nicht angeprangert wird. Der Artikel zeigt diesen klar auf!
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Als ehemaliger Mitarbeiter von Markus Graf und meist mit Ihren Artikeln einiger Leser, muss ich in diesem Fall entgegnen. Die Zuteilung der Liegenschaft erfolgte nie nach Gutdünken von Markus Graf, als vielmehr durch einen ordentlichen Prozess im Anlageausschuss, in welchem Fondsmanager aus der CSAM und SPS die „gleich langen Spiesse“ hatten/haben. Dies kann man bspw. bei einer börsenkotierten Immobilien AG, bei welcher der VRP gleichzeitig mit seinem Amt ein beträchtliches privates Portfolio haltet und den Akquisitionskanal der Gesellschaften für private Zwecke nutzt, nicht sagen… Zudem muss doch noch angemerkt werden, dass Markus Graf für viele ihm konzeptionell folgende andere Banken und Institute, einen super Job gemacht hat. Ich bin ihm weder hörig, noch in einer Funktion von ihm abhängig, aber was er in dieser Bank auf die Beine gestellt hat, ist nicht nur bewundernswert, sondern für die Anleger – anders als in anderen Bankbereichen – auch profitabel.
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Wo bleibt hier das Compliance-Management, welches in den Grossbanken für Mitarbeitende GROSS geschrieben wird?
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Auch der Filz geht zum Brunnen bis er (zusammen)bricht!
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Wie schön sagte es Curtis Jackson in seiner auditiven Abhandlung „Power of the Dollar“: „…the rich get richer and the poor don’t get a f*cking thing..“
Curtis Jackson aka 50 Cent
Wie schön sagte es Curtis Jackson in seiner auditiven Abhandlung "Power of the Dollar": "...the rich get richer and the…
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