In der Nacht wurde die nächste Anklage in der „never-ending“ US-Steuerkriegs-Story bekannt. Sie trifft einen Iraner in San Francisco. So what?, könnte man meinen, halt eine Anklage mehr.
Doch diese Anklage ist potenzieller Sprengstoff. Sie zielt direkt auf die kleine Basler Kantonalbank (BKB) und ihr Private Banking in Zürich. Dort hatte der Angeklagte einen Teil seiner nicht deklarierten Gelder deponiert.
Die BKB steckt mit ihrem früheren Geschäft mit US-Steuersündern tief im US-Steuer-Sumpf. Laut Aussagen des Beraters des angeklagten Amerikaners hatte das Zürcher Private Banking der BKB in der heissen Phase des Steuerkriegs regelrecht Jagd auf Amerikaner-Kunden gemacht. Deren Gelder, so musste allgemein angenommen werden, waren meistens nicht versteuert.
Die Aussagen des Beraters sind brisant. Es handelt sich um Renzo Gadola, ein langjähriger US-Offshore-Banker der UBS, der sich Anfang 2009 selbstständig machte. Gadola wurde vor Jahresfrist in Miami auf frischer Tat ertappt und kooperierte in der Folge mit den US-Behörden. Sein umfassendes Geständnis führte kürzlich zu einer leichten Strafe von 5 Jahren bedingt.
Gadola rettete sich, indem er die BKB ans Messer lieferte. Er hatte mit vielen seiner Kunden von der UBS zur BKB gewechselt. Entsprechend wusste Gadola über die Praxis der Basler Bescheid.
Der Offshore-Banker hatte den Behörden auch den Namen des jetzt angeklagten US-Steuersünders genannt. Beide waren einst ambitionierte Tennisspieler und schauten auf eine lange und für beide erfreuliche Geschäftsbeziehung zurück. Diese zerbrach nach Gadolas Geständnis. Eines frühen Morgens hätten US-Polizisten den Iraner zuhause überrascht, sagt ein Gadola-Vertrauter.
Für die BKB-Geschichte entscheidend ist die Zeit ab Frühling 2008. Damals geriet die UBS im Steuerfall unter massiven Druck der USA. Anfang 2009 verriet sie Hunderte von Kunden und kaufte sich mit einer Rekordbusse frei. Aus Angst vor einer Ausweitung der Affäre zog auch die CS die Notbremse. Wie die UBS stellte sie alle US-Offshore-Kunden vor die Tür.
Die Zürcher Filiale der BKB witterte hingegen eine historische Chance. Ihr Private Banking im Herzen des Schweizer Finanzplatzes war nach langer Aufbauarbeit allmählich auf Touren gekommen. Den Rückenwind wollten die Basler nutzen. Sie rollten den verängstigten US-Kunden mit ihren riskanten Vermögen den roten Teppich aus.
Das geschah vor den Augen der obersten Führung. Die Zürcher Einheit hatte traditionell einen direkten Draht in die Zentrale, ihr Chef Hans Ringger sitzt in der erweiterten Geschäftsleitung der BKB und ist somit Teil des Machtzentrums der Basler KB. Bis vor kurzem rapportierte Ringger direkt dem CEO der Basler KB.
Die Kooperation von Gadola in den USA erweckt den Eindruck einer BKB-Leitung, die sich in einem umstrittenen Zeitpunkt in ein hoch riskantes Abenteuer stürzte. Laut Gadolas Geständnissen waren es nämlich nicht ein paar verängstigte, von der UBS und der CS verratene US-Offshore-Kunden, die bei der BKB eine neue Heimat fanden. Sondern es handelte sich um eine regelrechte Flut von Neukunden.
Gadola sprach in den USA von „Hunderten von Millionen“ Vermögen, welche US-Kunden von der UBS und der CS im Zürcher Private Banking der BKB in Sicherheit bringen wollten. Auf dem Höhepunkt seien bei der BKB in Zürich täglich „bis zu 5 neue Konti“ von US-Offshore-Kunden eröffnet worden. Der Umfang sei derart gross gewesen, dass die massiven US-Neugelder den Chefs in der Basler Zentrale nicht verborgen bleiben konnten, meinte Gadola bei den Befragungen durch US-Justizbeamte.
Ein Geschäftspartner von Renzo Gadola, der Zürcher Vermögensverwalter Martin Lack, bestätigt im Gespräch mit Vertrauten das Bild einer BKB-Tochterbank, für die US-Offshore-Kunden zum Kerngeschäft gehörte. Schon lange vor Ausbruch der US-Angriffe, im Jahr 2002, habe die BKB neue US-Kunden akzeptiert, ohne dass diese persönlich vorzusprechen hatten. Die Zürcher Kantonalbank hingegen soll laut Lack teilweise darauf beharrt haben, dass US-Kunden zur Konto-Neueröffnung eine ZKB-Filiale aufzusuchen hatten.
Die BKB-Führung spielte ihr US-Engagement lange herunter. Erst im Herbst, als die Lage für die Basler immer ungemütlicher wurde, trat die BKB die Flucht nach vorn an. Ihr Präsident Andreas Albrecht streute sich in der Basler Zeitung Asche aufs Haupt. „Es wäre wohl gescheiter gewesen, wir hätten die Tür für die Amerikaner, die ja nur einen marginalen Teil unseres Geschäfts ausmachen, früher geschlossen“, sagte Albrecht.
Die Aussagen von Kronzeuge Gadola und seines Kollegen Lack – die beiden kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei der UBS – stehen quer zur Behauptung des BKB-Präsidenten, dass es sich bei den Offshore-Amerikanern um ein „marginales“ Business gehandelt habe. Zumindest im Zürcher Private Banking könnten die US-Offshore-Gelder rund 10 Prozent des gesamten Volumens ausgemacht haben. Im Verhältnis zu den gesamten von der BKB verwalteten Vermögen von rund 30 Milliarden handelte es sich aber tatsächlich um einen geringen Anteil.
Die bisherigen Massnahmen der BKB-Chefetage deuten darauf hin, dass die Führung nicht gewillt ist, in den eigenen Reihen aufzuräumen. Der einzige Mitarbeiter, der bisher in Ungnade gefallen und suspendiert worden ist, ist die rechte Hand des Zürcher Private-Banking-Chefs Ringger. Dieser war der direkte Ansprechpartner der externen Vermögensverwalter Gadola, Lack und vermutlich weiteren. Beim betroffenen Manager soll es sich um einen Kadermann handeln, der lediglich seinen Auftrag ausgeführt habe, heisst es aus Lacks und Gadolas Umfeld.
Kein Pardon kannte die BKB hingegen beim Angeklagten Lack. Dem Zürcher Vermögensberater und dessen Kunden wurde ultimativ gekündigt.
Rette sich, wer kann, lautet offenbar die Devise am Rheinknie. Die jüngste Anklage der USA lässt jedoch vermuten, dass die Basler KB und ihre Chefs kaum ungeschoren davonkommen werden.
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