Der Fall Raiffeisen eskaliert. Er hat das Potenzial zum Skandal.
„Die Raiffeisen-Gruppe hat ein gröberes Problem“, schreibt die NZZ. Schon zuvor berichtete die SonntagsZeitung über ein Sonderverfahren gegen die drittgrösste Schweizer Bank.
Die Geschichte hat ein Vorspiel. Heute vor 8 Wochen erschien hier die Story „Raiffeisen und Miss Vincenz trennen sich“. Es ging um den überraschenden Abschied von Nadja Ceregato, der Frau des Ex-CEOs Pierin Vincenz.
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Unmittelbar danach gab es erste Hinweise auf eine Untersuchung der Finanzaufsicht Finma bei der Raiffeisen durch die Prüfgesellschaft Deloitte.
Am Freitag, 8. September, also drei Tage nach dem ersten Bericht rund um das Weggehen der Rechtschefin, ging eine entsprechende Mail-Anfrage an die Raiffeisen-Pressestelle.
Sie lautete: „Offenbar haben Sie Deloitte im Hause. Die Finma will wissen, was rund um Beteiligungen gelaufen ist. Sie machte Ihrem (Ansprechpartner) deshalb im Frühling schmackhaft, die Personalie N Ceregato anzuschauen. Können Sie mir dazu mehr sagen?“
Die Raiffeisen ging nicht darauf ein. Sie blieb bei Ihrer zurückhaltenden Kommunikation. Diese bestand in einer Aussage, welche die Bank schon zwei Tage zuvor gemacht hatte, also am Mittwoch.
Die Antwort hiess: „Als systemrelevante und drittgrösste Schweizer Bank sind wir in ständigem Dialog mit der FINMA. Über den Inhalt dieses Austausches geben wir grundsätzlich keine Auskunft.“
Der Eindruck, den die Raiffeisen erwecken wollte, ist klar. Es gibt nichts Aussergewöhnliches bei uns. Alles Courant normal: Wir sind im Kontakt mit dem Regulator.
Am 13. September, das war eine Woche und ein Tag nach dem ersten Artikel, erschien hier der Folgebericht. „Gisel im Stress: Flieger weg, Finma im Haus“, lautete der Titel.
Die Finma nahm dabei erstmals Stellung zum Fall Raiffeisen. Auch sie wollte nichts Konkretes sagen auf die Frage, was die Deloitte-Untersuchung beinhalte.
„Wir äussern uns nicht zu Ihrer Frage und bestätigen/dementieren wie üblich auch nicht den von Ihnen genannten Sachverhalt“, hielt ein Finma-Sprecher per Email fest.
Schweigen bei der Finma. Verwedeln bei der Raiffeisen.
Dabei war hinter der Kulisse Action: Die Deloitte hatte ihren Bericht fertiggestellt; die Rechtschefin und Partnerin des Ex-CEOs der Raiffeisen, um dessen Zeit es bei der Untersuchung geht, sie geht ein Jahr in Weiterbildung.
Letztes Wochenende folgte dann die laute Explosion. Die SonntagsZeitung schrieb über „Interessenkonflikte“ und „Frontrunning“.
Das sind schwere Vorwürfe. Die Raiffeisen wollte immer noch nicht reinen Wein einschenken. In der SonntagsZeitung nahm sie wie folgt Stellung:
„Die Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz hat bereits im vergangenen Jahr in Absprache mit dem Verwaltungsrat beschlossen hat, die zentralen Governance-Bestimmungen und -Prozesse des Unternehmens intern und extern prüfen zu lassen.
„Dies, um sicherzustellen, dass diese auf dem neusten Stand sind, die Vorgaben des Finma-Rundschreibens ‚Corporate Governance‘ erfüllen und den Anforderungen eines systemrelevanten Finanzinstituts entsprechen.
„Es ist zutreffend, dass wir zu diesen Punkten auch mit der Finma im Austausch sind. In einzelnen Punkten hat sich ein Optimierungsbedarf herauskristallisiert.“
Man sei „im Austausch“ mit der Finma: sprich immer noch keine Rede von Enforcement. Alles halb so wild, das der Eindruck, den die Raiffeisen-Spitze mit ihrer Kommunikation erwecken will.
Gestern ging eine nächste Anfrage an die Pressestelle der Raiffeisen. Was denn nun genau Sache der Finma-Untersuchung sei. Erst jetzt liess die Raiffeisen die Katze aus dem Sack.
„Wir bestätigen, dass die FINMA ein Verfahren zu Corporate-Governance-Themen bei Raiffeisen eingeleitet hat.“
Die Finma hat gegen die Raiffeisen ein Verfahren eingeleitet. Das ist etwas ziemlich Anderes, als was mit der Aussage „Wir sind im Austausch mit der Finma“ am Vortag in der Sonntagspresse ausgedrückt wurde.
Wenn die Finma aktiv wird, dann ist das eine Zwangsmassnahme, so wie dies die NZZ heute auf den Punkt bringt.
Die Salami-Kommunikation der Raiffeisen-Chefs lässt aufhorchen. Was haben CEO Patrik Gisel und seine Mannen zu verstecken?
Gerüchteweise soll vor allem der Präsident der Raiffeisen, Professor Johannes Rüegg-Stürm, zum Sündenbock gestempelt werden.
Ob sich die Finma damit zufrieden gibt, wird wohl bald klar.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Vincenz ist ja auch bei Helvetia am wursteln – ich habe meine Aktien subito verkauft.
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Rational betrachtet bzw. wenn die Protagonisten Rückrad und Arsch in der Hose hätten, würden Sie von sich aus zurücktreten! Die Situation bleibt aus dem folgenden Aspekt interessant, wen oder was empfinden die Protagonisten als wichtiger, sich selbst oder die Institution. Ist die Glaubwürdigkeit noch vorhanden oder der Schaden schon eingetreten?!
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hackt den Raiffeisen-Artgenossen doch kein Auge aus.“
Branson würde sich ja gleich selbst eine Kugel in den Fuss (oder sonst wohin) schiessen, wenn er jetzt direkt gegen PV vorginge; er schaute dem munteren Treiben der Raiffeisen-Granden während Jahren zu, obwohl genügend Hinweise (siehe z.B. IP-Archiv) für Frontrunning und andere nicht gerade gemeinnützige Sachen bestanden.
Am Ende wird wohl ein Crowdfunding für eine Strafanzeige gegen PV nötig sein. Der „begründete Anfangsverdacht“ besteht zwar ohnehin seit Jahren, und die Pressekommentare in NZZ und Sonntagszeitung sind auch bereits geschrieben und ziemlich „unmissverständlich“ – aber „sicher ist sicher“.
(Eine Strafanzeige mehr oder weniger gegen Bank- oder Aufsichtsrepräsentanten spielt ohnehin keine Rolle.)
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Ich habe mich schon oft gewundert, was da für Personen im VR der einzelnen Geschäftskreise sitzen. Vor allem deren Kompetenzen und Erfahrungen im Bankgeschäft wären schon noch interessant zu wissen. Auf den Webseiten findet man jedoch keine Infos zu den CVs…
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Am vergangenen Sonntagmorgen lese ich gemütlich meine Zeitung, und da steht doch folgendes: Die Finanzmarktaufsicht führt ein Verfahren gegen Raiffeisen.
Meine Güte, ist der Hypotheken-Streit etwa ausgeartet? Fehlalarm zum Glück! Intersucht wurden harmlose Dinge wie z.B. „Firmenübernahmen durch Raiffeisen oder verbundene Unternehmen. Etwa ob es Interessenkonflikte gab, allenfalls Frontrunning.“
Wie, wo, was? Ich kann mir darauf keinen Reim machen und werde schon fast wieder etwas schläfrig.
Am Nachmittag regnets weiter. Ideal, um die gute Stube mal auszumisten. So richtig im Schuss flattert mir eine ältere Ausgabe der NZZ vor die Füsse: Das Ende einer strategischen Irrfahrt, lese ich da.
„Eine neue Raiffeisen-Tochter für institutionelle Vermögensverwaltung, Notenstein AM, konzentriert sich auf Nischen. Der erste Vorstoss ins Fondsgeschäft mit der Übernahme von TCMG ist gescheitert.“
Irgendwie interessant, da gehts ja auch um Übernahmen und dergleichen. Ich fahre fort: „Gibt es ein halbwegs gutes Ende für eine unschöne Geschichte? Der Einstieg der Raiffeisen-Gruppe in die institutionelle Vermögensverwaltung nimmt endlich eine plausiblere Form an.“
Weiter: „Warum Raiffeisen bzw. Notenstein überhaupt bei der flügellahmen TCMG eingestiegen ist, darüber rätselt die Fondsbranche bis heute.“
Und in meinem Oberstübchen geht plötzlich ein Lichtlein an.
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Scharfsinnige Analyse!
Der Bock kann für einmal auch die Gärtnerin sein – neben der ganzen Führungsriege, die sich gerne auch in anderen Firmen platziert.
Schön, wenn mal mal kurz für 1 Jahr in die Weiterbildung abtreten kann, noch dazu auf Kosten der Firma. Und sieht jeder, wie IRRELEVANT und wenig NÜTZLICH diese Ex-Rechtschefin gewesen sein muss…
Meine Erwartung: Juristisches Rauswinden um jeden Preis, auch um der Glaubwürdigkeit.
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In der Untersuchung geht es nicht um PV, wie er betont. Dieser Bock ist sicher nicht der Gärtner. Am besten Nadja Ceregato Kronzeugenregelung vorschlagen.
Dran bleiben Lukas! -
Es ist Zeit, den Stall in St.Gallen tüchtig auszumisten!
Man sollte systematisch die ganze GL und die FS1 vom „System PV“ säubern: PG, MA, CP, McK-Berater undsoweiter undsofort: alle raus! -
«Schweigen bei der Finma»
Regelmässig sofort „Krach“ macht die Finma bei kleinen Fischen wie A. Waespi und H. Ziegler, wo Mark Branson jeweils zuverlässig seine «Ethik- und Moralvorstellungen» kommuniziert. Geht es aber um grosse (Thun)Fische, ist (teilweise jahrelanges) Schweigen angesagt:
– Boris Collardi mit seinem Kundenportefeuille (Remo Stoffel, Fifa-Granden, 1MDB usw.)
– Urs Rohner mit seinen afrikanischen Politikerkunden
– Swap-Künstler mit Zaubertricks am OLG München
– Ermottis „high frequency traders“ mit ihren „zauberhaft“ hohen Gewinnen
– etc.Es darf daher bezweifelt werden, dass die Finma von sich aus auf die Idee gekommen ist, in SG eine «Zwangsmassnahme» in Betracht zu ziehen. Ob da nicht eine andere Behörde diskret im Hintergrund den „Impuls“ gab?
Ist ja auch begreiflich, dass Branson keinen Kumpels aus alten Zeiten zu sehr auf die Füsse treten will. Leider kann er sich nicht so wie Bruno Frick wegen «Arbeitsüberlastung in anderen Jobs» unauffällig zurückziehen. Die Presse muss wohl zuerst noch mehr «Lärm» machen.
Wenigstens einen Abgang „à la Dougan“ müsste Branson aber hinkriegen. -
Das folgende oben zitierte Statement der Raff-Eisen muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen::
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Es ist zutreffend, dass wir zu diesen Punkten auch mit der Finma im Austausch sind. In einzelnen Punkten hat sich ein Optimierungsbedarf herauskristallisiert.
—Wenn ich wieder mal einen Riesenmist baue, sage ich meinem Scheff dann auch:
„Sorry, es ist mir klar dass sich in einzelnen Punkten ganz wenig Optimierungsbedarf herauskristallisieren könnte.“
Management & Communication BS of the Highest Order!
Wieher.
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Wieso soll der Fall „Potenzial zu einem Skandal“ haben? Da ist doch bereits ein Skandal! Die NZZ scheibt „Der ehemalige Raiffeisen-Chef, Pierin Vincenz, ist laut eigenen Angaben nicht in das Verfahren involviert“. Wieso um alles in der Welt wird es denn explizit betont?
Genauso die Sonntagszeitung: „Pierin Vincenz betont, dass das Verfahren sich nicht gegen ihn selber oder seine Frau richtet, sondern gegen die Bank.“ Weiter unten stellt die SoZ dann aber trotzdem die Frage der einwandfreien Geschäftsführung: „Theoretisch würde sich die Gewährsfrage auch bei Vincenz’ Position als Präsident der Helvetia stellen“.Ich frage: Was wird hier gespielt?
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Liebe Vreni aus St. Gallen
In Anlehnung an Ihr gestriges Votum zum gleichen Thema: Möglicherweise erweist sich die von Ihnen kolportierte ‚heisse Luft‘ der Finma nun doch als äusserst unschöner Orkan, der den Raiffeisen-Filz tüchtig durcheinander wirbelt.
Das mit dem Aussitzen und der Hoffnung, dass nach sieben Jahren nichts mehr auf den Tisch kommt, war wohl eine fatale Fehleinschätzung von Ihnen – Ignoranz trifft es vielleicht besser.
Darf ich vorschlagen, dass Sie sich jetzt wieder Ihrer eigentlichen Kernkompetenz zuwenden und für die Raiffeisen-GL Kaffee aufbrühen und diesen servieren. Danke. Ausführen. Marsch.
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Wir in der Ostschweiz kennen uns auch mit dem „Föhn“ aus – ist schlussendlich auch nur warme Luft… mehr nicht 🙂
Liäbs Küssli
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Der Vreni hat glaub ich der Föhn ziemlich zugesetzt. Ihre pseudo-loyalen Quotes lassen darauf schliessen, dass sie a) die Tragweite der Angelegenheit intellektuell noch nicht richtig erfasst hat oder b) selber Nutzniesserin der absolut inakzeptablen ‚Personalpolitik‘ der Raiffeisen-Spitze ist – oder beides.
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Herr Steiner, helfen Sie mir doch bitte. Worum geht es denn?
In dubio pro reo würden die Intellektuellen unter uns sagen 😉
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Vreni-SG beherrscht emojis.
SauGeil!
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nur so als Beispiel: in der Zentrale in SG gab es einmal einen mächtigen Projektchef, verheiratet. Der verliebte sich in eine Mitarbeiterin, ebenfalls verheiratet, aus dem eigenen Bereich. Die Affäre begann und ihre Karriere wurde so richtig befeuert. Wenn andere Mitarbeiter sich getrauten, dies kritisch in Frage zu stellen, wurden sie frei gestellt. Die GL und das HR schauten zu, was sollten sie auch sagen, wenn sie das Gleiche „vorleben“.
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Werden diese Typen bereits charakterlos geboren oder ist einfach eine Voraussetzung für den Job, Charakter an der Eingangstür abzugeben?
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Macht verdirbt eben den Charakter.
Wobei ich mal etwas von einem Prof von einer US Uni gelesen habe, dass die Macht den Charakter nicht verderbe. Sondern sie verstärke lediglich die Charaktereigenschaften, die man schon immer hatte.
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Der langsame, aber stetige Niedergang des Sonnenkönigs Pierin V. …
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Wenn es Corporate Governance Themen gab / gibt, dann ist in der Tat der VR dafür verantwortlich, allen voran Prof. Dr. Rüegg-Sturm. PV war seit Jahr und Tag bekannt dafür, dass er alle Spielräume bis ins Letzte zu seinem eigenen persönlichen Vorteil ausnutzt – umso schwerer wiegen Verfehlungen des VR bei Corporate Governance.
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Eine „nette“ Story für die zahlreichen Leser hier, die die Meinung vertreten, dass Widmer-Schlumpf, die Deutschen und die Angelsachsen an der CH-Banken-Misere schuld sind.
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@Mazetto
Die Leser abwerten? – Dies ist eine schwache „billige“ Strategie.
Für mich ist der Artikel wegen folgender Aussagen seitens der Pressestelle von Raiffeisen Schweiz interessant:
„Wir bestätigen, dass die FINMA ein Verfahren zu Corporate-Governance-Themen bei Raiffeisen eingeleitet hat.“
Es handelt sich demnach nicht nur um einen fachlichen Austausch wie dies Raiffeisen zunächst glauben machen wollte.
Gruss auch an Zampano & Team
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Möchte mal wissen wie das Verhältniss Raiffaisen – Remax ist. (Thema Hypos)
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Hä? Sie meinen RaiffEIsen? Was haben die mit REMAX zu tun!? Teddy Teddy Teddy…
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Wake up Vreni – ob jetzt eisen oder aisen… ich kenne genug Personen die entweder bei Remax ein Haus gekauft oder beinahe gekauft haben. Als HypothekenBank oder als Bewertungsfachbank der Liegenschaft war immer diese Bank involviert.. das stinkt doch
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Der langsame, aber stetige Niedergang des Sonnenkönigs Pierin V. ...
Liebe Vreni aus St. Gallen In Anlehnung an Ihr gestriges Votum zum gleichen Thema: Möglicherweise erweist sich die von Ihnen…
Wenn es Corporate Governance Themen gab / gibt, dann ist in der Tat der VR dafür verantwortlich, allen voran Prof.…