In der Übersicht der Botschaft zum Bundesgesetz über „Massnahmen zur Erleichterung der Bereinigung des Steuerstreits der Schweizer Banken mit den Vereinigten Staaten“ wird festgehalten, dass die Banken keine Kundendaten herausgeben. Das wird quasi als Verhandlungserfolg „verkauft“.
So weit, so gut.
Hellhörig werden lässt dann Art. 1 Abs. 3 des vorgelegten Bundesgesetzes. Danach sind die Banken ermächtigt, den Vereinigten Staaten von Amerika die für ein Ersuchen gemäss Artikel 26 des Abkommens vom 2. Oktober 1966 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und dem Protokoll vom 23. September 2009 zur Änderung des Abkommens notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
In der Botschaft wird bei der Kommentierung der einzelnen Artikel die Katze aus dem Sack gelassen: Die Banken müssen im Rahmen der Kooperation mit den amerikanischen Behörden den USA die für ein Gruppenersuchen notwendigen Informationen liefern können. Eine analoge Regelung sei im FATCA-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA vorgesehen.
Dies heisst im Klartext, dass die Banken den US-Behörden alle Informationen geben, damit diese Gruppenersuchen stellen können. Die Banken sollen den USA also die Arbeit abnehmen und gleich alles heraussuchen, was dann die Bankkunden ans Messer liefern kann.
Aufhorchen lässt der Hinweis auf die analoge Regelung im FATCA-Abkommen.
Dort bilden alle US-Kunden, welche nicht damit einverstanden sind, dass eine Meldung ihrer Konten in die USA gemacht wird, ein Verhaltensmuster, für welches ein Gruppenersuchen zulässig ist.
Was heisst das im Zusammenhang mit den „Altkunden“? Die Botschaft ist hier völlig unklar, und vom zuständigen Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) war dazu keine Antwort erhältlich.
Es kann daher nur vermutet werden, dass dazu weitere Absprachen mit den US-Behörden getroffen wurden, diese aber nicht kommuniziert werden, um das Durchwinken des Bundesgesetzes im Parlament nicht zu gefährden.
Nach dem DBA mit den USA in der Fassung von 2009 kommt Informationsaustausch nur in Betracht, wenn die Bank bei der Steuerhinterziehung aktiv mitwirkte.
Ein aktives Mitwirken in diesem Sinne setzt ein Handeln voraus, welches über die reine Kontoführung hinausgeht.
Typisches Beispiel ist die UBS, welche die Kunden anging und ihnen Steuervermeidungsmodelle wie beispielsweise Offshore-Strukturen vorschlug.
Es ist nun aber zu befürchten, dass das SIF beziehungsweise die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) das Erfordernis des aktiven Mitwirkens der Bank auf Diktat der Amerikaner so auslegen könnten, dass es für den Informationsaustausch genügt, wenn eine Bank (passiv) nicht versteuernde Kunden von der UBS aufnahm.
Damit würde das aus US-Sicht von Anfang an gewünschte Ergebnis erreicht, dass zumindest ab 2009 praktisch alle US-Kunden in die USA gemeldet würden.
Es müsste daher vor der parlamentarischen Beratung unbedingt klargestellt werden, welche Zusicherungen zum Informationsaustausch gegeben wurden und wie sich das SIF beziehungsweise die ESTV die Verhaltensmuster, die Anlass zu Gruppenanfragen geben können, vorstellt.
Frau Eveline Widmer-Schlumpf hat in den parlamentarischen Beratungen wiederholt Äusserungen gemacht, die hohe Anforderungen an ein „aktives“ Handeln stellen (Prepaid-Handy, banklagernde Post und Anderes würden nicht genügen).
Diese Äusserungen, die für das Parlament immerhin Grundlage für die Zustimmung zum Amtshilfegesetz waren, wären ein weiteres Mal Schall und Rauch, wenn nun rückwirkend neue Kriterien für ein „aktives“ Mitwirken eingeführt würden.
Es gibt eine weitere Frage zum erwähnten Art. 1 Abs. 3: das Protokoll ist mangels Ratifizierung durch die USA bisher nicht in Kraft getreten. Bedeutet die unklare Formulierung in der Lex USA, die auf das Protokoll verweist, eine einseitige Inkraftsetzung durch die Schweiz?
das eigentliche problem ist die weitgehende unfähigkeit der schweiz und ihrer exponenten (nicht nur in der verwaltung) strategisch zu denken und zu handeln. angst, harmoniesucht und ein neurotischer wunsch nach ordnung und erledingung bestimmen das verhalten.
die lex americana wird auch in der schlaumeierischen form des staatsvertrages nicht verhindern, dass weitere ansprecher ähnliches verlangen werden. man darf sich auf die debatten freuen, wenn gründe zu suchen sind, wieso brasilien nicht erhalten soll, was man den usa zugebilligt hat, gerne halt auch als staatsvertrag, wenn das unanständige nicht in die schweizerische gesetzesform passt.
ein weiterer wesentlicher aspekt wird bisher schlicht übersehen: der finanzplatz ist auch versicherungsplatz und was bei den banken so prächtig einseitig funktioniert, dürfte sich auch für die ausschaltung der versicherungskonkurrenz bewähren – einknicken tut man nicht für einen meter, sondern man beendet auf diese weise das rennen.
Die Zustimmung zu diesem Gesetz wäre so quasi die Kapitulation und Aufgabe der Souveränität der Schweiz. Es wäre das Ende der Rechtssicherheit in unserem Land. Wenn sich die Schweiz verhält wie ein Satellitenstaat der USA und es akzeptiert, dass in Washington und New York bestimmt wird, welche Gesetze wir rückwirkend aufzuheben haben, dann ist unser Finanzplatz am Ende und der Wirtschaftsstandort hochgradig gefährdet. (Sarkasmus ein) Oder wollen wir gleich als 51. Staat den USA beitreten? Die Schweiz ist nicht weiter von Washington entfernt als Hawaii. (Sarkasmus aus)
Ich verstehe sowieso nicht, warum der Bundesrat das Fehlverhalten von Schweizer Banken im Ausland zu einer Staatsaffäre aufbauscht. Der Sachverhalt ist doch einfach: Banken, die im Ausland Gesetze übertreten haben, haben sich dort vor dem Richter zu verantworten. Unsere Regierung und unser Parlament haben dafür zu sorgen, dass sich die Banken im Inland korrekt verhalten und hier keine Gesetze brechen. Es gibt keinen Grund, bestimmte Gesetze für eine bestimmte Zeit ausser Kraft zu setzen. Im Gegenteil, die Bundesanwaltschaft hat bei vergangenen und zukünftigen Verstössen gegen das Bankgeheimnis und den Datenschutz zu ermitteln. Die Banken und allenfalls der Bundesrat sind für jeden einzelnen Verstoss zu bestrafen. Banken, die wiederholt das Bankgeheimnis verletzen und den Datenschutz z.B. ihrer Mitarbeiter nicht beachten, sollen keine Banklizenz mehr erhalten. Wie sonst kann man den arroganten Boniempfängern beibringen, dass sich kriminelle Schlaumeiereien nicht lohnen?
Vertrauen und Rechtssicherheit können nur wiederhergestellt werden, wenn die Schweiz ihre Souveränität und die Rechtssicherheit verteidigt. Heute geschieht genau das Gegenteil, nur um billiger wegzukommen und einigen Boniempfängern Unannehmlichkeiten zu ersparen. Der Preis für unser Land ist jedoch viel zu hoch.
Natürlich schmerzt es, wenn Banken in den USA angeklagt und ausgeknipst werden. Aber könnte man das nicht auch als eine notwendige Reinigung des Finanzplatzes sehen, so ähnlich wie ein Sommergewitter? Banken, die kriminell gehandelt haben, haben keine Daseinsberechtigung. Wenn eine Bank in dieser Phase vom Staat Geld braucht, ist das Schweizer Geschäft vom Staat aufzukaufen. Keine Kredite, keine Bevorschussung von Bussen, keine Geschenke. Nur der Kauf von Teilen der Bank. Zudem plädiere ich dafür, dass vor den Bussen an die US-Justiz die Banken eine Entschädigung an die Schweiz zahlen wegen der Rufschädigung. Die Marke Schweiz hat durch diesen Skandal massiv an Wert verloren.