Kaum ist der Steuerstreit mit Amerika geregelt und noch bevor die Bussenhöhe bekannt ist, zieht die Zürcher Privatbank Julius Bär bereits wieder neue Kundengelder aus Übersee an Land.
Treiber ist Bär-Chef Boris Collardi. Hintergrund könnte sein, dass Collardi den Bär-Aktienkurs durch möglichst viel Net New Money weiter nach oben pushen will.
Die neuen US-Gelder strömen Julius Bär via Merrill Lynch International zu, welche Bär für einen Maximalpreis von knapp 900 Millionen Dollar erworben hat.
Die US-Kundengelder stehen im Widerspruch zu bisherigen Aussagen der Bär-Spitze. Man würde nur jenen Teil des US-Finanzmultis übernehmen, der Kundenassets ausserhalb der USA verwalte.
Mit dem Merrill-Kauf würde Bär null US-Gelder akquirieren, betonte Bär-CEO Collardi stets.
Das treffe nicht zu, behaupten zwei Quellen unabhängig voneinander.
Mit „Monte Bre“ – so heisst die Merrill-Übernahme intern – würden sehr wohl auch US-Kundenassets übernommen.
Es gehe um Delaware-Strukturen in Form von Limited Partnerships, bei denen der US-Kunde respektive ein Beauftragter des Kunden als Partner eingetragen sei, sagt eine der beiden Quellen.
Die Strukturen seien in den USA domiziliert und der amerikanischen Börsenaufsicht SEC unterstellt.
Delaware ist berühmt für solche Vehikel. Der kleine Bundesstaat an der US-Ostküste gilt als Paradies für intransparente Vermögensanlagen.
Eine Delaware Corporation kann über Nacht via Internet von überall auf der Welt gegründet werden. Die von Bär übernommene Merrill-Lynch-Einheit unterhielt eine Buchungsplattform in Delaware.
Laut der Quelle ist nicht der Steuerstatus der Kunden das Problem. Bei den Delaware-Vermögen würde es sich ausschliesslich um deklarierte Gelder handeln.
Hingegen bestehe die Gefahr, dass die spezielle Besitzform der Vehikel später zum Stolperstein werden könnte, meint die Auskunftsperson.
Bei Merrill Lynch International seien die Limited Partnerships im Unterschied zur Schweizer Praxis nicht auf den Namen der Bank eingetragen, sondern auf den Namen der Kunden.
Für Julius Bär würde dies die Übertragung der Assets auf die eigenen Buchungsplattformen in der Schweiz und im Ausland erschweren.
Bär müsse einen eigentlichen „Klimmzug“ vollführen.
Vermögen von Limited Partnerships, bei denen die begünstigten US-Kunden als Partner eingetragen seien, seien eigentlich nicht als Kundenassets zu verbuchen.
Man weise damit verwaltetes Vermögen aus, über das man de facto gar nicht verfügen könne, sagt der Spezialist.
Bär könne solche Kundenanlagen nur dann als Assets under Management ausweisen, wenn die Privatbank die Corporations oder Trusts formell kontrollieren würde.
Die Bank wollte sich nicht zu möglichen Delaware-Strukturen äussern. Ein Sprecher widersprach aber gestern, dass Bär neue US-Kundengelder aufnehmen würde.
US-Vermögen seien „explizit von der Transaktion ausgeschlossen“, sagte der Bär-Mann.
Die Auflagen würden weit gehen. „Kunden, die wohnhaft in den USA sind und auch Gesellschaften mit Sitz in den USA“ würden mit der Merrill-Transaktion nicht übernommen.
Amerikaner mit Wohnsitz ausserhalb der USA würden zudem nur dann von der Bank akzeptiert, wenn sie sich gegenüber den US-Steuerbehörden offenlegen würden.
Eine zweite Quelle berichtet mit Bezug auf Zürcher Finanzkreise, dass Julius Bär erneut auf US-Kundengelder aus sei.
Vor allem der Zeitpunkt gibt zu reden. Es wird erwartet, dass Bär in den nächsten Wochen einen Deal mit der US-Justiz über Beihilfe zu Steuerhinterziehung bekanntgeben kann.
Beobachter erwarten eine Busse von bis zu 500 Millionen Dollar.
Bär-Chef Boris Collardi müsste dafür geradestehen. Collardi war Chief Operating Officer, als sich Julius Bär ab 2008 auf unversteuerte US-Kundengelder von der UBS stürzte.
Erst im Herbst 2009 riss Collardi, dannzumal als neuer CEO der Bank, das Steuer herum und stellte alle US-Schwarzgeld-Kunden auf die Strasse, die sich nicht sofort offenlegen wollten.
Mit der Merrill-Akquisition will Collardi die Assets under Management seiner Bank um rund 50 Prozent erhöhen.
Mit rund 250 Milliarden verwalteten Privatkundengeldern käme Bär hinter den beiden Grossbanken auf Platz drei im Ranking der Schweizer Vermögensverwalter.
Das brachte die Bär-Aktionäre auf die Palme. Diese lehnten das Bär-Vergütungsmodell ab.
An der Börse steigen die Bär-Aktien. Gestern macht der Kurs einen Sprung um über 3 Prozent.
Die luftigen Höhen könnten zu einem Absturz führen. Um das zu verhindern, braucht Boris Collardi unbedingt einen Erfolg mit seiner Merrill-Akquisition.
Dazu gehört, dass möglichst viele Merrill-Kundenberater mit möglichst vielen Kundengeldern zur Zürcher Privatbank wechseln.
Um die komplexen Merrill-Lynch-Strukturen im eigenen IT-System korrekt abzubilden, seien zahlreiche technische Hürden zu überspringen, sagt eine Quelle.
Heerscharen von Spezialisten seien derzeit damit beschäftigt, mit Excel-Tabellen die Risiken der Delaware-Vehikel zu replizieren.
Das ganze Integrationsteam rund um Projekt „Monte Bre“ umfasse 200 Personen.
Dort würden die Angelsachsen der übernommenen Merrill Lynch International den Ton angeben.
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Die beliebtesten Kommentare
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Offenbar hat man bei Julius Bär aus der jüngsten (US-)Geschichte nichts gelernt. Solange bei Finanzanalysten allerdings der Neugeldzufluss das Mass aller Dinge ist, werden die Collardi’s dieser Welt weiterhin relativ unbekümmert in bekannter Manier agieren.
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Die Bären halten sich wohl für untouchable. Auch im Russland-Geschäft wird gedrückt, dass sich die Balken biegen. Es sollen schon mehr als 60 RMs sein in diesem Markt. Ein Glück, dass bei Compliance niemand Russisch spricht. Ganz nach dem Motto: Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss!
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Collardi muss schon tot sein (?), ansonsten hätte ich hier viel mehr Bashing erwartet…
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„Hintergrund könnte sein, dass Collardi den Bär-Aktienkurs durch möglichst viel Net New Money weiter nach oben pushen will“
Wiiirklich??
Es werden solange unversteuerte und schleierhafte Vermögenswerte angenommen bis die Bombe einmal platzt. Zu diesem Zeitpunkt werden die betreffenden Manager schon lange abkassiert haben und ihren Cocktail irgendwo am Meer schlürfen.
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Collardi müsste dafür geradestehen…..
Sie meinen damit wohl die Aktionäre und nicht Herr Collardi persönlich!! -
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Eine absehbare Busse für die US-Legacy im Umfang von 500 Millionen scheint die Bären offenbar nicht wirklich abzuschrecken. Anders kann ich mir die jüngste US-Offensive von Boris Collardi, sofern sie sich denn bestätigt, nicht erklären. In US-Justizkreisen nennt man solche Player ‚unbelehrbar‘. Entsprechend höher fallen die Bussen im Wiederholungsfall aus. Rette sich wer kann, möchte man da sagen.
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Wenn die „AMIS“ den Bär stürmen so ist Collardi sicher schon eine Adresse weiter bei der nächsten Bank.
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Einer der Topberater und Star-Anwälte, welche JB und Herrn Collardi beraten, ist Flavio Romerio, Homburger, Prime-Tower, Zürich.
Hinzu kommt, dass die Truppe von Herrn Romerio (welcher mit einer UBS-VRtin verheiratet ist) auch noch die ZKB und die Basler Kantonalbänkler ausschliesslich in deren Interesse betreuen.
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Go, Collardi, go. Die US-Behörden reiben sich bestimmt schon die Hände und freuen sich auf eine weitere Strafzahlung aus dem Hause Bär. Ist der Ruf erst ruiniert, geschäftet es sich ungeniert, auch zum Schaden von Mitarbeiter und Aktionären. Hauptsache der eigene Bonus stimmt. Traurig, traurig…
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Eine Lernkurve in Sachen US-Geschäft sieht anders aus. Julius Bär entwickelt sich unter Boris Colardi zunehmend zum Hochrisiko-Gambling-Institut. Und wenn der Business Case platzt, werden einfach die Mitarbeiter ans Messer, sprich die Mitarbeiterdaten an die US-Behörden, geliefert. So einfach ist das. Dafür ist dann aber wiederum ein kleiner Sonderbonus fällig. Schliesslich dürften aufgrund der jüngsten Ferrari-Diebestähle die entsprechenden Versicherungsprämien markant angezogen haben. Who’s gonna stop this one?
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Collardis Collateral: Ein ganz spezieller Fall!
Collardis Collateral: Ein ganz spezieller Fall!
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