Alle bedauern den Untergang der Sankt-Galler Privatbank Wegelin. Alle? Ausgerechnet Wegelin-Chef Konrad Hummler nicht. „Das Unternehmen ist nicht kaputt“, sagte er der Zeitung „Sonntag“. „Im Gegenteil. Das ist eine sehr gute Lösung.“ Und dann kam der verblüffende Nachsatz: „Aber ich will jetzt nicht als der dastehen, der triumphiert. Das tue ich nicht.“
Triumphieren? Davon kann wohl keine Rede sein. Oder doch?
Hummler, sein langjähriger Weggefährte Otto Bruderer und die übrigen voll und teilweise haftenden Partner von Wegelin machen mit dem Verkauf ihrer Bank an die Raiffeisen-Gruppe tatsächlich ein gutes Geschäft. Recherchen zeigen, dass Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz das Schweizer Wegelin-Filialnetz und die über 20 Milliarden Franken Wegelin-Kundenvermögen nicht zum Schnäppchenpreis erhalten hat.
Es kann von 2 Prozent für die Kundenassets ausgegangen werden, das macht rund 400 Millionen Franken für die Partner und die Angehörigen der alten Wegelin-Familie. Der „Sonntag“ schrieb von mindestens 500 Millionen, gleichzeitig wird als Grund für den raschen Verkauf ein „Run“ auf Wegelin genannt. Spitzenpreis und Kunden-Massenflucht – das geht nicht zusammen.
Offenbar gab es gar keinen Sturm auf die Bank. Ein grösseres Mandat ging verloren, und einige Kunden begannen sich zu fragen, ob Wegelin tatsächlich in gefährliches juristisches Fahrwasser in den USA geraten könnte.
Aber ebenso wie die Öffentlichkeit wurden auch die Kunden vom radikalen Schritt mit dem Verkauf an Raiffeisen überrascht. Für grosse Kundenabflüsse war die Zeit zu kurz und die Nachrichtenlage zu diffus.
Also konnten Hummler und Bruderer ihre Lebenswerk wenn nicht vergolden, so doch den Umständen entsprechend gut verkaufen. Sie taten dies zwar unter Zeitdruck, doch in Raiffeisen-Boss Vincenz fanden sie einen Partner, der seit Monaten verzweifelt versucht, Fuss im Private Banking zu fassen. Vincenz wollte kaufen, also zahlte er einen marktüblichen Preis.
Das geht auch aus einer Bemerkung von Raiffeisen-Sprecher Franz Würth hervor. Der sagte dem „Tages-Anzeiger“, dass nach dem Wegelin-Verkauf die Eigenkapital-Quote der Raiffeisen „kurzfristig“ noch „ausreichend“ sei, aber „mittelfristig werden wir das neu berechnen müssen“.
Viel wird nun über brutale US-Methoden lamentiert, denen die älteste Schweizer Privatbank zum Opfer gefallen sei. Nüchtern betrachtet war Wegelin aus US-Sicht das ideale Ziel.
Der Angriff durfte aus 3 Gründen nicht überraschen. Erstens war Wegelin nicht systemrelevant, zweitens hatten die USA gutes Material gegen die obersten Chargen in der Hand, drittens hatte der Vorstoss gegen die Sankt-Galler grossen Symbolwert. „Don’t mess with us“, lautete die Botschaft der USA.
Eine entscheidende Lehre aus dem Fall Wegelin ist, dass sich die vermeintlich besonders sicheren und konservativen Partnerschaften unter den Banken als ziemliche Schönwetterkonstrukte entpuppen. Um bei der UBS zum Ziel zu kommen, mussten die USA weit mehr Druck aufsetzen, und die Grossbank hat schliesslich doch überlebt.
Auch ein Angriff auf die Zürcher oder Basler Kantonalbank, wie ihn nun einige Beobachter prophezeien, ist für die Amerikaner riskant. Sie würden damit direkt der Politik den Krieg erklären, die hinter den Kantonalbanken steht. Am Ende könnten die USA mehr verlieren als gewinnen. Das beziehen die USA mit in ihr Kalkül ein.
Ganz anders präsentiert sich die Ausgangslage bei den Privatbanken. Die unlimitiert haftenden Partner reagieren wie Normalsterbliche, wenn diese angegriffen werden. Sie versuchen, ihr Vermögen und Lebenswerk ins Trockene zu bringen.
Hummler, Bruderer & Co. machten genau das. Sie sitzen nun auf viel Geld, das sie zu einem Teil den USA als Sühnezahlung abliefern werden müssen. Ansonsten können sie nach vorn schauen.
Bei Gross-, Kantonal- und kotierten Privatbanken hingegen stünde ein solch rascher Exit nicht zur Verfügung. Da würde es monatelange Verhandlungen geben, es käme unter Beteiligung der Behörden zu Kompromissen mit dem Ziel, dass das betroffene Institut weiter existieren könnte.
In der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers, zu der auch Wegelin gehörte, finden sich zahlreiche Genfer Institute. Pictet ist ebenso dabei wie Mirabaud, Lombard Odier und weitere. Von ihnen war im US-Steuerkrieg bisher kaum die Rede. Gut möglich, dass sich dies bald ändern wird.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Naja, der Verkaufserlös geht zu aller erst einmal in die Bank selbst. Jetzt müssen die übrig gebliebenen Eigentümer die Klage der US Inc. abhandeln, dann die Busse zahlen und erst dann, wird die Restsumme unter den unbeschränkt haftenden Banker aufgeteilt- ist der Verkauf der not bad Kunden ja ein Asset Erlös der nicht in die eigene Tasche geht jetzt. Würde die Wegelin Banker die dadurch rhaltene Liquidität privat generieren dann ist aber Feuer unter dem Dach und die US Inc. dann richtig sauer….
-
Vonwegen „unbeschfänkte Haftung“ – es sollte wohl eher „heftige Rendite“ heissen. Falls das Ganze doch noch explodiert, dann wird am Schluss der Steuerzahler zur Kasse gebeten. Die Wegelin-Herren sind dann schon über alle Berge…
-
Wenn man die Details / Facts kennt, war es schlichtweg fahrlässig und dilettantisch, wie gewisse Wegelin Leute nach dem UBS Debakel 2008/2009 vorgingen. Man hat die Amerikaner / IRS, deren Informationsdienste -/ Kanäle und Kentnisse gewaltig unterschätzt und herausgefordert. Dies zum Leid und Nachteil der übrigen, verantwortungsbewussten Mitarbeiter. Man hat mutwillig die Reputation der ältesten Privatbank unsres Landes aufs Spiel gesetzt und zerstört. Es ist völlig unverständlich, dass man nach dem UBS-Desaster nichts gelernt hat. Das schadet dem Finanzplatz Schweiz enorm !
-
Die Schweiz als 51. Bundesstaat der USA!
Wir sind auch nur ein Schönwetter-Rechsstaat! Einfach nur traurig wie diese Schlümpfe in Bern zuschauen wie alles zu Ende geht… Da nutzt auch Servicequalität nichts! Die Leute wollen langsam mal Antworten und Klarheit!Take the money? Mit dem Geld können Hummler Hafner und Co leider ihre Reputation auch nicht wiederherstellen…
Haben Sie sich mal gefragt wo die Gewinner sind? Jedenfalls nicht in der Schweiz! Die sitzen in Singapore und buchen fleissig Neugeld…
Welcome to the US!
Die Schweiz als 51. Bundesstaat der USA! Wir sind auch nur ein Schönwetter-Rechsstaat! Einfach nur traurig wie diese Schlümpfe in…
Wenn man die Details / Facts kennt, war es schlichtweg fahrlässig und dilettantisch, wie gewisse Wegelin Leute nach dem UBS…
Vonwegen "unbeschfänkte Haftung" - es sollte wohl eher "heftige Rendite" heissen. Falls das Ganze doch noch explodiert, dann wird am…