Vom neuen Jahr sind erst zwei Monate verflossen, und schon steht das Unwort des Jahres fest: Es heisst Weissgeldstrategie. Oswald Grübel hat es in der Handelszeitung vom 1. März auf den Punkt gebracht. Zu internationalem Glanz wird es die Weissgeldstrategie nicht bringen, sie ist ein rein schweizerisches Projekt. Beim Waldsterben, einem berühmten Unwort der Vergangenheit, hat immerhin Deutschland noch mit- und sich lächerlich gemacht.
In der Schweiz haben viele Politiker und Banker den Verstand verloren. Täglich werden der Öffentlichkeit und den Bankkunden von irgendjemandem neue mögliche und vor allem unmögliche Dinge vorgeschlagen. Idee 1: Der automatische und einseitige Informationsaustausch zwischen Banken in der Schweiz und ausländischen Behörden. Selbstverständlich möchte auch unsere Finanzministerin von dieser feinen Sache profitieren. Idee 2: Die Banken sollen nur noch korrekt versteuertes Geld entgegennehmen und verwalten. Idee 3: Die Kunden sollen den Banken schriftlich bestätigen, dass sie alles richtig deklariert haben. Bei einer Falschbestätigung würden sie nicht nur in ihrem Domizilland bestraft, sondern in der Schweiz wohl wegen Urkundenfälschung verfolgt. Idee 4: Die Kunden sollen eine Bestätigung ihrer Steuerbehörde vorlegen müssen. Und so geht das weiter.
Wenn man jetzt zu einer Weissgeldstrategie übergehen will, hat man bisher offensichtlich eine Schwarzgeldstrategie verfolgt. Wobei offen ist, wer mit „man“ gemeint ist. Der Bundesrat oder die Banken? Der Bundesrat hat in der Botschaft zu den Bilateralen II vom 1. Oktober 2004 geschrieben, ein Ziel der Vereinbarung sei „das Bankgeheimnis zu wahren“. War das die Schwarzgeldstrategie? Dann wäre das Aufgeben des Bankgeheimnisses offensichtlich die neue Weissgeldstrategie. Die schweizerische Politik hat den Kunden jahrzehntelang versichert, das Bankgeheimnis sei „nicht verhandelbar“. Wer es geglaubt hat, ist jetzt der (oder die) Dumme. Für die Kunden wäre damit die „Weissgeldstrategie“ ein Synonym für „Verrat“. Der Schaden, den dieser Verrat anrichtet, ist noch kaum abschätzbar. Auf jeden Fall scheint der Kunde bezüglich Rechtssicherheit in England besser aufgehoben als hierzulande. Und warum sollen gut 120 Auslandbanken in der Schweiz über 20‘000 Angestellte beschäftigen? Um hier eine „Weissgeldstrategie“ zu zelebrieren?
Interessant ist auch die Unterscheidung zwischen „weiss“ und „schwarz“. Seit der Einführung des Straftatbestandes der Geldwäscherei gilt Geld, das aus einem Verbrechen stammt, als schmutzig und schwarz. Jetzt soll also auch möglicherweise unversteuertes Geld schwarz sein. Als nächstes wird bestimmt Geld, das von einem Bürger ausser Landes gebracht wird, schwarz. Wenn ein Grieche einen Teil seines Vermögens in der Schweiz anlegt (und versteuert), dann schadet er seiner Heimat. Das werden Weissgeldstrategen verhindern. Weissgeldstrategie würde so zur umgekehrten Kapitalverkehrskontrolle. Eine schöne Rolle für die Schweiz, welche nach dem Krieg als erstes Land den Kapitalverkehr liberalisierte.
Bis vor kurzem galt die Schweiz als Steueroase. Das ist offenbar etwas Schmutziges. Im Gegensatz zur Landschaftspflege werden im Finanzwesen Steueroasen bekämpft und Steuerwüsten gefördert. Christian Hoffmann vom Liberalen Institut schreibt: „Ein „guter“ Flüchtling bringt nur seine Person in Sicherheit, ein „schlechter“ Flüchtling dagegen sein „Eigentum.“
Am 22. Februar hat der Bundesrat das Diskussionspapier „Strategie für einen steuerlich konformen und wettbewerbsfähigen Finanzplatz“ veröffentlicht. Das 29-seitige Dokument beschäftigt sich ausschliesslich mit der „Steuerkonformität“, über die Wettbewerbsfähigkeit steht nichts Substantielles. Dass die zwei Dinge im gegenseitigen Widerspruch stehen können, wird ausgeblendet; dass der Vorschlag die Banken zu Steuerpolizisten macht und für die Schweiz zu massiven Wettbewerbsnachteilen führen wird, wird verschwiegen. Kein anderer Finanzplatz macht das, was der Bundesrat vorschlägt. Von anderen Ländern will der Bundesrat das auch nicht einfordern. Das alles gilt nur für die Musterknaben und -Mädchen in der Schweiz. Wie damit die Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden soll, ist das bestgehütete Geheimnis des Bundesrates.
Na ja, Herr Geiger, technisch sicher gut aber gezwungenermassen einwenig naiv: Wir haben nicht eine alleinige Schwarzgeldstrategie verfolgt, doch war eine solche Teil der Strategie welche verfolgt wurde. Obschon ich absolut einig gehe mit den meisten Ihrer Schlüsse, gilt es doch dieser eingangs genannten Tatsache ins Auge zu sehen. Ich denke, dass nur so eine echte neue Strategie möglich ist – ich nenne diese bewusst nicht Weissgeldstrategie, sondern „die erfolgreiche Positionierung des Schweizer Bankings in der künftigen globalen Finanzindustrie“. Das kann jetzt durchaus auch als naiv bezeichnet werden, doch wir haben m.E. absolut keine andere Wahl.
Herr Senn ,einverstanden.Herr Geiger will nicht sehen, daß unversteuertes Geld eben Schwarzgeld ist und bleibt,u.daß mit der Steuerhinterziehung die Mitbürger des Steuerhinterziehers in schäbiger Weise geschädigt werden(weil sie jetzt seinen Teil an Steuerlasten zusätzlich tragen). Alles Gerede von „zu hohen Steuerlasten“, „Privatsphäre“.oder „Notwehr“,zu der sich Herr Hummler verstiegen hat, usw.:hohles Gerede u.der untaugliche Versuch, das schlechte Gewissen zu beruhigen.Und die Verbrämung des Art.47 zum Bank“kunden“geheimnis u.zum „Schutzschild für die jüdischen Vermögen“: Marketing, das sich selber entlarvt hat.Herr Vogler v.der UBS hat das ja schlüssig nachgewiesen.