Der hart umkämpfte Bankenplatz Schweiz befindet sich in der Krise: Seit der Übernahme des Artikels 26 des OECD Musterabkommens im Jahr 2009 ist es nicht ruhiger geworden. Die Entwicklung erstaunt wenig. Seit Jahren blockieren sich Politik, Verwaltung und Industrie. Hervorwagen will sich niemand. Keiner will sagen, was zu sagen wäre: dass nämlich das Festhalten an den Resten des Bankgeheimnisses die Schweiz in die Sackgasse führt.
Damit wird eine Illusion hochgehalten, die teuer ist und täglich teurer wird. Lange hat die Schweiz geglaubt, das Bankgeheimnis mit bilateralen Abkommen retten zu können. Nach der Unterzeichnung der Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien glaubte die Schweiz gar, das Modell Abgeltungssteuer in die Welt exportieren zu können.
Auf die Freude folgt die rasche Ernüchterung: Die EU-Kommission forderte ihre beiden Mitgliedstaaten zu Nachverhandlungen auf. Nun greift die Altlastenregelung ausschliesslich für den Fall, dass keine Mehrwertsteuer hinterzogen wurde. Der für die Schweiz wertvollste Teil der Abkommen, der Ansatz der Vergangenheitsbereinigung, ist damit weggefallen.
Ernüchterung folgte auch in Bezug auf die vermeintlichen Zugeständnisse punkto Marktzutritt. Der MiFID-Review auf europäischer Ebene macht die deutschen Zugeständnisse obsolet. Zumindest die Betreuung von Privatkunden setzt gemäss den MiFID-Entwürfen eine Zweigniederlassung in einem EU-Staat voraus.
Die europäische Dimension droht aktuell in Vergessenheit zu geraten. Das ist für den Finanzplatz gefährlich. Kommt die europäische Bankenaufsicht, dürfte die FINMA ihre Rolle als Gruppenregulator über Schweizer Finanzinstitute verlieren. Sie würde zum Informationszulieferer degradiert. Viele Institute müssten dann ernsthaft über die Verschiebung ihrer Headquarters nachdenken.
Ungelöst bleiben auch sämtliche Problemfelder, die sich über den Atlantik erstrecken. Im Steuerstreit mit den USA kommt die Schweiz nicht weiter. Bei den FATCA-Verhandlungen hat die Eidgenossenschaft ebenfalls keine Trümpfe in der Hand. Die bilaterale FATCA-Absichtserklärung zur Staatsvertragslösung zwischen den USA und fünf grossen EU-Mitgliedstaaten erhöht den Druck auf den Finanzplatz. Der automatische Informationsaustausch ist hier Standard.
Die EU dürfte von der Schweiz gemäss dem Meistbegünstigungsansatz fordern, dass sie letztlich die gleichen Standards wie die USA erhält. Die OECD hat Gruppenanfragen zwischenzeitlich als international verpflichtenden Standard verabschiedet. Die Eidgenössischen Räte konnten auch hier nur noch Ja sagen. Und Paris geht bereits einen Schritt weiter: Das „global forum on transparency and exchange of information“ arbeitet bereits an der nächsten Verschärfung.
Dem zunehmenden Druck durch die Anwendung extraterritorialen Rechts kann die Schweiz einzig mit der Zustimmung zum automatischen Informationsaustausch begegnen. Die aktuell vom Bundesrat favorisierte Weissgeldstrategie läuft damit Gefahr, rasch obsolet werden. Hochgehalten wird damit eine kostspielige Illusion, die auch dem Werkplatz Schweiz schadet.
Wie kam es so weit? Die Finanzindustrie hat viel Geschirr zerschlagen. Auch im Inland. Kaum ein Politiker mag noch beherzt für den Finanzplatz kämpfen. Das ist verständlich. Nur geht es längst nicht mehr um den Finanzplatz. Die Schweiz ist dabei, den Standort Schweiz preiszugeben. Sie täte daher gut daran, auf den Zug der multilateralen Regulierung aufzuspringen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Unsinniger Artikel eines möchtegern Cosmopoliten der wieder aufzeigt das der Glaube an eine rückgratlose, nicht-kompromitierende Politik weit verbreitet ist.
Es ist nie zu spät das Ruder rumzureissen!!!! -
Wie sagte schon Nixon:
‘If you have them by the balls, their hearts and minds will follow’Oder etwas anders, einer der letzten, leider verstorbenen visionären, richtigen Banquiers, Hans J. Baer:
Das Bankgeheimnis macht ‘fett, aber impotent’Hey, Schweizer Bankers, nicht verzagen, top Kundenservice, Service, Leistung ist immer gefragt:
‘Make money the old fashioned way – earn it!’And dont cry over spilled milk. Damit kann man keinen Rahm und keinen Käse machen…
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So viele abgedroschene Sprüche auf einmal von Erfindern wir der Korrupte Nixon und der Doppelmoral-Bär.
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Ich bin nicht überrascht über solche Beiträge. Sie passen in den Mainstream des Anpassertums. Der Willfähigen und Wendehälse. Sobald der Wind stürmischer wird, knicken die dürren Stämme wie Streichhölzer.
Sie hätte schreiben können, dass die Schweiz das einzige dumme Land ist, dass ein solches Abkommen mit u.a. Deutschland abschliesst. Hatte man vor dem Abschied von Bundesrat Merz noch Mut, so ist dieser mit EWS vollkommen abhanden gekommen.
Es ist eine Schande und es zeugt von Feigheit!
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Ob solche Vernunft über die Gier die Oberhand gewinnt?Es ist dem Schweizer Volk (und dem Schweizer Werkplatz) zu wünschen.
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Bedauerlich, dass viele nicht wahrhaben wollen, dass der Bankkunde ein Recht hat auf Diskretion, ebenso wie ein Kunde eines Anwaltes oder ein Patient bei seinem Arzt.
Die immer neuen, neid-geladenen Versuche von desolat überschuldeten Finanzpolitikern, die Banker für die Steuererklärung ihrer Kunden verantwortlich zu machen, sind heute ebenso populär wie trügerisch. Das Schweizer Bankgeheimnis behält, under neuerlich veränderten Bedingungen, seinen Daseinswert und verdient unseren entsprechenden Respekt.
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Wo bleiben die kleingeistigen Nörgler, EU-Feinde, Abzocker-basher und selbsternannten Klassenkämpfer die in der Regel jeden Artikel auf diesem Blog mit Ihrer Ideologie versehen? Hat die Natur der Sache Sie sprachlos gemacht?
Wo bleiben die kleingeistigen Nörgler, EU-Feinde, Abzocker-basher und selbsternannten Klassenkämpfer die in der Regel jeden Artikel auf diesem Blog mit…
Bedauerlich, dass viele nicht wahrhaben wollen, dass der Bankkunde ein Recht hat auf Diskretion, ebenso wie ein Kunde eines Anwaltes…
Ob solche Vernunft über die Gier die Oberhand gewinnt?Es ist dem Schweizer Volk (und dem Schweizer Werkplatz) zu wünschen.