Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben amerikanische Grossinvestoren beachtliche Positionen bei der Schweizer Privatbank Julius Bär aufgebaut. 36 Prozent liegen in US-Händen.
Die grösste Beteiligung hält der Bostoner Asset-Manager MFS Investment Management mit 10 Prozent.
Davis Selected Advisers hat 8,5 Prozent, Thornburg Investment und Blackrock je rund 5 Prozent, Harris Associates 4.
Mit dem Merrill-Deal kriegt die bisherige Merrill-Mutter Bank of America (BofA) knapp 4 Prozent an der Zürcher Privatbank.
Haben bei Julius Bär die Amerikaner das Sagen? Wird Bär zum Brückenkopf des amerikanischen Private Bankings?
Die einstige Zürcher Familienbank, die mit der globalen Vermögensverwaltung von Merrill Lynch die grösste Übernahme ihrer Geschichte wagt, sieht in den US-Grossaktionären Partner, nicht Gegner.
„Unsere Investoren sind langfristige Anleger“, meint Bär-Sprecher Jan Vonder Mühll. „Wir sind im konstanten Dialog mit ihnen.“
Anschauungsunterricht für ausländischen Einfluss liefern die beiden Grossbanken.
Bei der Credit Suisse sind es Saudis und Kataris. Die Saudische Olayan hält 6 Prozent an der Grossbank, Qatar Holding hat gleich viel.
Die Macht der Scheichs zieht sich bis ins oberste CS-Gremium. Der Gründer der ersten islamischen Investmentbank QInvest sitzt im VR der Grossbank.
Bei Erzrivalin UBS hält der Staatsfonds Singapurs (Government of Singapore, GIC) über 6 Prozent der Aktien. Singapur griff in der Krise zu, als die UBS Kapital brauchte.
In Singapur haben Chinesen das Sagen. 75 Prozent der Singapur-Bevölkerung sind Chinesen. Im Board der UBS sitzt mit Joseph Yam ein Chinese. Yam ist Präsident der China Society for Finance and Banking.
ZKB-Analyst Andreas Brun sieht bei Bär keinen vergleichbaren Investoren-Einfluss: „Die Beteiligungen bei Bär sind breit gestreut“, meint Brun.
Es gebe keinen Hauptaktionär, die amerikanischen Investoren würden nicht im VR der Privatbank sitzen.
Sicher ist: Die Investoren wollen mit ihren Bär-Aktien Geld verdienen. Das gilt für die grossen Aktionäre aus den USA ganz besonders.
Sie beobachten mit Argusaugen, was Dealmaker Boris Collardi tut. Nach der Bekanntgabe der Merrill-Übernahme im August 2012 sei der Informationsbedarf gestiegen, sagt ZKB-Brun.
„Bär war nach der Ankündigung intensiv auf Road-Show. Offensichtlich wollten die Geldgeber mehr Information und Transparenz zur Merrill-Akquisition.“
Viele hielten den Daumen nach unten. Die Bär-Aktie verlor 15 Prozent. Inzwischen hat sich der Titel leicht erholt und liegt derzeit über 32 Franken.
Vontobel hält die Bär-Akie auf „reduced“. Kursziel: verhaltene 27 Franken. Die Mehrheit ist weniger negativ. 13 von 26 Analysten wollen abwarten, 11 empfehlen zuzukaufen.
Die Meinung der Profis sei ein Beweis für das Vertrauen in den Kurs der Bank, meint Bär-Sprecher Vonder Mühll.
Die UBS hat ihr Kursziel soeben von 33 auf 39 Franken. Merrill Lynch sei im Kern gesund, die Transaktion ein Kosten-Deal. „Darin ist Bär gut“, schreiben die UBS-Analysten.
Wenn die globale Vermögensverwaltung von Merrill Lynch wertvoll ist: Warum verkaufen dann die Amerikaner?
Merrill-Mutter Bank of America (BofA) könnte in Collardi den Vorarbeiter sehen und dereinst zu einem Coup ansetzen.
Nach der Restrukturierung und Integration könnte die BofA versuchen, die vergrösserte Julius Bär zu schlucken. Dann kämen auch die grossen US-Investoren auf ihre Rechnung.
Entscheidend bleibt, wie gut Collardi wirklich ist.
Gleichzeitig herrscht auch für Bär Krise: Erträge erodieren, Kosten steigen.
Neues „Buzz“-Wort ist Industrialisierung. Berater wie jene von McKinsey rechnen mit 30 Prozent Kostenkürzungen.
Für Collardi eine besondere Herausforderung: Er hat grosse Hedgefunds im Aktionariat, die er bei Laune halten muss.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Off topic: Immer wieder staune ich über die Schreibschwäche bei nicht wenigen der Kommentatoren hier. Wenn das der „bench mark“ ist in dieser Branche, dann hoffe ich, dass sie zumindest rechnen können.
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Meine Worte, meine Worte, Herr Dr. Lugosi!
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„Die Meinung der Profis sei ein Beweis für das Vertrauen in den Kurs der Bank, meint Bär-Sprecher Vonder Mühll.“ Aus Erfahrung mit den Analysen der Banken (immer einen Schritt zu spät) und einer eigenen Erfahrung mit einer CH-Gesellschaft, welche Konkurs ging (und bis kurz vor Schluss auf „strong buy“ war – Aussage Chef des Analysten, dass sich der Analyst in die Firma „verliebt“ habe) kann ich nur sagen, dass diese Aussage an Name des Bär-Sprechers erinnert.
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Ein Satz finde ich schon seltsam. „McKinsey rechnen mit 30 Prozent Kostenkürzungen“. Bei uns in der CS werden 30% IT Kosten gekürzt… UBS dasselbe, Swisslife folgt am 27. November… irgendwie ziemlich verstrickt das ganze…. Sorry wenig mit dem Artikel zu tun aber wollte mal aufmerksam machen, dass McKinsey Berater wieder extrem am „Wuchern“ sind, oder halt ein paar Manager wieder an einem gemeinsamen Golf-Turnier geschäftliches beredet haben.
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Einsparungen wo Schlussendlich keine sind weil sie das Geld für die Berater raushauen. Da gebe ich Ihnen recht, wir in der CS sind „führend“ für solchen unsinn.Und dazu sind wir widerholungs „Täter“
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Die Zusammensetzung des Aktionariats lässt sich im Bloomberg einsehen, also nichts Neues. Dass Collardi & Co. im Vorfeld der ML Acquisition eine PR-Tour bei den grössten Aktionären machen musste, um die Kapitalerhöhung abzusichern, ist Business as usual.
Vielmehr interessiert die Frage, ob unter der Führung von Collardi und seinem Team, bzw. mit Unterstützung der Aktionäre BJB ML integrieren kann und anschliessend die neue CBS Plattform einführen wird. Das ist ein Programm von ca. 6 bis 7 Jahren (ab heute gerechnet). Erst dann ist BJB neu bestellt.
Soviel Ausdauer muss jeder Investor mitbringen, der sich bei BJB engagiert.
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Kombiniere: durchaus vorstellbare Strategie.
gez.: Nick Knatterton -
Kombiniere: durchaus vorstellbare Strategie. gez.: Nick Knatterton
Die Zusammensetzung des Aktionariats lässt sich im Bloomberg einsehen, also nichts Neues. Dass Collardi & Co. im Vorfeld der ML…
Ein Satz finde ich schon seltsam. "McKinsey rechnen mit 30 Prozent Kostenkürzungen". Bei uns in der CS werden 30% IT…