Kaum jemand kennt ihn. Dabei ist er der Kapitän der viertgrössten Schweizer Bank – und steht heute vor der grössten Niederlage seines Instituts in dessen 144-Jährigen Geschichte.
Die Rede ist von Jörg Müller-Ganz, Präsident der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Müller-Ganz ist Freisinniger, Wirtschaftsprofessor und Branchenfremdling. Dafür bezieht er ein Bundesratsgehalt.
Seine Chefs sind 180 Kantonsräte. Heute entscheiden die Gesetzesmacher über Müller-Ganz‘ Antrag, 2 Milliarden frisches Kapital aus dem Beutel der Steuerzahler zu erhalten.
Es zeichnet sich ein Schiffbruch der besonderen Art ab. Eine von der SVP angeführte Mehrheit will dem Staatsinstitut nicht mehr als 500 Millionen frische Eigenmittel zugestehen.
Noch nie in der erfolgreichen Ära der ZKB ist ein Präsident von der Politik derart kalt geduscht worden wie Müller-Ganz. Dessen Anträge wurden auf der ganzen Linie versenkt.
Bevor es in der heutigen Abstimmung beim Kapital zum Debakel kommen dürfte, haben ihm seine Chefs bereits beim Partizipationsschein die rote Karte gezeigt.
Mit dem stimmrechtslosen Beteiligungspapier wollte Müller-Ganz private Investoren anlocken. Das Geschäft ging im Kantonsrat letzten Montag den Bach runter.
Nicht erfüllt, lautet in zwei Worten das Verdikt gegen Müller-Ganz.
Wer nun aber Demut oder gar einen Rücktritt erwartet hat, sieht sich getäuscht. Davon will bei der ZKB niemand etwas wissen. Und auch die tonangebende SVP schiesst nicht auf Müller-Ganz.
Das hat mit dem Filz zu tun. Die Kantonsräte respektive ihre Kollegen aus der eigenen Partei können sich Chancen auf Alterssitze im Bankrat der ZKB ausrechen.
Der Zürcher Klüngel führt dazu, dass selbst bei fundamentalen Niederlagen, wie sie jetzt Müller-Ganz und seine Mitstreiter erleiden, alles weitergeht, als ob nichts geschehen wäre.
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Es ist sogar so, dass Müller-Ganz, der für die Öffentlichkeit im politischen Meinungsbildungsprozess weitgehend unsichtbar geblieben war, nach verlorener Schlacht ungehindert auf die Pauke hauen kann.
Er stösst Drohungen aus, die sich gegen seine wichtigste Klientel richtet: die 170 Gemeinden und den Kanton Zürich.
„Möglicherweise werden wir die Gewinnausschüttung an den Kanton und die Gemeinden über mehrere Jahre hinweg reduzieren müssen“, drohte Müller-Ganz vor Monatsfrist in der NZZ am Sonntag, als sich das Debakel abzeichnete.
Die Zeche für sein Scheitern sollen also andere tragen, nämlich die Besitzer der Bank. Diese gehört dem Steuerzahler, der mit einer 100-prozentigen Staatsgarantie für alle Risiken geradezustehen hat.
Müller-Ganz‘ Haltung zeigt, dass der ZKB-Oberchef die Dimension der Niederlage nicht begriffen hat. Seine politischen Aufseher haben ihm mit der Desavouierung das Vertrauen entzogen.
Passiert ist das nicht wegen unbeeinflussbaren Schocks von aussen. Vielmehr hat die ZKB-Führung innert weniger Jahre ihren Bonus selbst verspielt.
Unter Müller-Ganz‘ wichtigstem Mann, dem operativen Chef Martin Scholl, ist die Bank in der Sackgasse gelandet.
Im US-Steuerkonflikt drohen der ZKB mehrere Hundert Millionen Dollar Busse, derweil die Zürcher in Österreich ein marodes Institut mit betrügerischer Vergangenheit erworben haben.
Heute ist diese Piag ein Minibänkli ohne Bedeutung. Trotzdem hält die ZKB an ihrer internationalen Expansion im Private Banking fest.
Am wichtigsten ist die Ausflug ins Investment Banking. Dort hat die ZKB viele Teams der Grossbanken UBS und CS übernommen. Diese dürfen heute mit dem Geld des Steuerzahlers riskante Wetten eingehen.
Die ZKB hat sich damit fürs Trading und gegen ihren Leistungsauftrag entschieden. Dieser sieht Sparen für die Bevölkerung und Finanzierung der KMUs als Kernaufgaben vor.
Doch Präsident Müller-Ganz sieht just im Trading null Spielraum für einen Rückbau zurück zu den Wurzeln. Das würde nichts bringen, meinte er in der NZZ am Sonntag.
„Im Investment Banking haben wir kaum Einsparpotenzial. Mehr als 80 Prozent unserer Bilanz stecken in Krediten“, sagte er Anfang März.
Und weiter: „Wenn wir 2 Milliarden Franken an Kapital einsparen wollten, müssten wir 9 von 10 Unternehmenskrediten oder jede zweite Hypothek kündigen. Das kommt definitiv nicht infrage.“
Lieber macht Müller-Ganz weiter im Trading. Dort ist seine Bank soeben im Devisenskandal ins Visier der Wettbewerbsbehörden geraten.
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Die beliebtesten Kommentare
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Mein einziges Statement dazu:
Der Staat hat nicht die Aufgabe eine Bank zu führen. Punkt.
-> privatisieren-
Die einzige Replik: Gott sei Dank haben wir Demokratie.
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Schon toll, alle diese hochwissenschaftlichen Beiträge. Als Unternehmer orientiere ich mich mehr an den Kunden, an deren Bedürfnissen und definiere meine Strategie. Mittel- und langfristig ist das Vertrauen der Kunden entscheidend für meinen Erfolg. Die ZKB gibt weder eine Strategie bekannt noch macht sie etwas für das Vertrauen der Kunden. Für den Steuerzahler hat sie überhaupt keine Zeit, sind BR und GL zu stark mit sich selber und ihren eigenen Zielen (Profilierung/Geld usw.) beschäftigt. Das ist mehr als fahrlässig. Warum stoppt niemand dieses Trauerspiel?
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der berg hat eine maus geboren, ruhig weiterschaffen gem. tagesbefehl. herr M-G ist ein bescheidener mann, er könnte problemlos das doppelte verlangen, es würde durchgewinkt. kompliment der SVP für das strategisch gute vorgehen mit dem eingebrachten antrag, M-G wird einen château pétrus entkorken, er hat ihn verdient für seine chuzpe.
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Bin auch als Frühpensionierter weit davon entfernt, die ZKB in ihrer Geschäftspolitik unkritisch zu beurteilen, im Gegenteil.
@scary Harry: Machen Sie in Ihrem Job weiterhin die Faust im Sack (für gutes Geld)oder ziehen Sie mit einem Stellenwechsel die Konsequenzen; Sie können ja frei von einer Betriebsblindheit entscheiden.
@Mc Steuerzahler: ZKB hat bisher noch immer stattliche jährliche Gewinnanteile an die Gemeinden und den Kanton ausgeschüttet und auch Sie, Herr Mc Steuerzahler,konnten davon profitieren.
Ich bleibe dabei, der Artikel über die ZKB ist ein Pamphlet und ohne Tiefgang!-
Mmhhh, ihre Kritik ist sehr generell und ohne Tiefgang. Sie zählen keine spezifische Punkte auf die falsch sind.
Also Herr T.M, warum ist der Artikel so schlecht, was ist so unglaublich undifferenziert?
Und kommen Sie jetzt nicht wieder mit generellen Aussagen dass der Artikel schlecht ist. Denke Ihnen fehlen einfach die Argumente…
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So So, jetzt sollen die Steuerzahler noch unendlich dankbar sein, dass die ZKB den Steuernzahler was abliefert.
Vielleicht wissen Sie das ja nicht, aber die Steuerzahler garantieren die ZKB und diese hat daher ein AAA und profitiert täglich von diesem AAA. Diese AAA-Versicherung, die die Steuerzahler geben, kostet halt was. Als ehemaliger Angestellter sollte man solche Sachen eigentlich wissen.
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Es hat sich viel „fehlgeleitete Kreativität“ aus den beiden Grossen nach der Finanzkriese in die KB-Welt verirrt. Bislang hat sich aber keiner der sogenannten Aufpasser zu Wort gemeldet. Das ist soweit klar, da die Bankräte mehrheitlich nichts mit der Finanzindustrie am Hut haben oder verstehen.
So ist es ja einfacher für etliche Bänkerlein. -
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So langsam wird klar, warum es an der Limmat dringend einen Hafenkran gebraucht hat. Es drängt sich sogar der Verdacht auf, dass die Befürworter des künstlerisch so wertvollen Krans Insider-Informationen über den Zustand der ZKB hatten.
Die ZKB wird in der heutigen Form „absaufen“ und muss dann durch den Steuerzahler gerettet werden, d.h. bildlich mit dem Hafenkran aus der Limmat gezogen werden! Nur schon die Bussen für den Steuerdeal in den USA und die Devisenmanipulationen, werden nicht mit eigenen Mitteln zu verkraften sein.
Dass die überforderte Führung der ZKB (mit dem Einverständnis der Politiker, die sich finanzielle Pfründe erhalten möchten) nun den KMU und den Gemeinden droht, die Kredite zu kündigen, resp. keine mehr zu gewähren, ist der Hammer und müsste sofort mit einer Serie von Entlassungen (ungetreue Geschäftsbesorgung) beantwortet werden. Wenn ein Chef seinen Auftrag (Versorgung der Zürcher Wirtschaft mit Krediten) einfach abändert (Eigenhandel), weil es ihm so besser gefällt, dann ist das ungetreue Geschäftsbesorgung!
Leben wir eigentlich in der Ukraine, dass sich keine Sau mehr um den Rechtsstaat kümmert?
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Nur so weiter und tüchtig in Spekulationen sich engagieren. Das gibt tonnenweise Gewinne. Und wenn mal etwas in die Hose geht (z.B. ZKB Engagement in Oesterreich), dann zahlen ja ohnehin die Steuerzahler und nicht die oberste Etage und Politiker (Bankräte). Bald ist die Sache dann wieder vergessen. „So what’s the big deal“?
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Ein so undifferenzierter, ja dämlicher Beitrag über die ZKB habe ich schon lange nicht mehr gelesen!
(ein kürzlich pensionierte ZKBler)-
Alter schütz vor Blindheit nicht!
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Tja, die Betriebsblindheit geht leider nicht vorbei mit der Pensionierung. Als aktiver ZKBler sehe ich täglich andere Dinge, die einen nicht nur motivieren.
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Nun ja, so undifferenziert ist der Artikel wohl nicht. Dass die „Bankverwaltungsräte“ durch die politischen Parteien nominiert werden öffnet nicht Wissen und Erfahrung die Tür sondern Pfründedenken; dass das Investment-Banking stark gepusht wurde ist auch korrekt und dass der Kauf der PIAG-Bank in Salzburg ein Fiasko war und ist, stimmt auch, nicht zu sprechen vom US-Disaster. Sagt dies nicht genug aus über die Fähigkeit der Kontrollorgane der ZKB die Zeichen zu erkennen und rechtzeitig einzugreifen?
Eine Privatisierung sollte erneut andiskutiert werden, dies nicht zuletzt auch im Interesse der Steuerzahler.
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Herr Müller: Es ist nicht die Wahrheit, wenn Sie sagen, die Bank hätte keine internationale Expansionsstrategie (gehabt?). Und im Investmentbanking hat die ZKB grundsätzlich nichts verloren. Das Parlament kann (und muss) der Bank die Flügel stutzen. Wenn Sie dazu persönlich nicht in der Lage sind, sind Sie am falschen Platz. Nehmen Sie Ihre Verantwortung mit den damit verbundenen Aufsichtspflichten wahr, wie Ihr Vorgänger das gegenüber der damaligen Geschäftsleitung getan hat. Wir haben in den Banken heute zu viele Verwaltungsräte, die nach der Pfeife der Geschäftsleitung tanzen. Die ZKB ist die Bank des Zürcher Volkes, sie wurde vor etwa 150 Jahren gegründet, um die kleinen und mittelständischen Unternehmen mit Geld zu versorgen, weil die Grossen das nicht mehr taten. Fast so wie heute. – Nur um das in den Köpfen der Leitungsgremien der ZKB wieder einmal in Erinnerung zu rufen.
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Das Investmentbanking als Teil einer Universalbank ist ein Auslaufmodell: Weltweit sind Regierungen – zwar widerwillig aber dennoch -gezwungen, zur Rettung ihrer Währungen das Trennbankensystem wieder einzuführen.
Es ist die einzig richtige Massnahme – ich wiederhole mich an dieser Stelle: Keiner Geschäftsbank darf jemals das Investmentbanking erlaubt sein. Eine Bank hat im Spekulationsbereich nichts zu suchen. Will ein Kunde das, gibt es dafür Broker, Fondsgesellschaften oder Hedge Funds.
Banken sollen gefälligst Kredite vergeben, was sie heute ja gerade nicht tun, daher u.a. das deflationäre Umfeld. Vielmehr leihen sie sich weltweit zu quasi Nullzinsen Geld von den Zentralbanken, legen diese Gelder eben dort wieder an, und lediglich den kümmerlichen Rest verleihen sie – zu historisch horrend hohen Margen..
Dafür sind alle im Investmentbanking / Eigenhandel präsent. Das bedeutet nach bisheriger Erfahrung der letzten rd. 100 Jahre: Die Banken spekulieren mit fremden Geldern = Spareinlagen. So lange das prima läuft, sacken sich Manager wie Aktionäre Milliardengewinne ein. Sobald’s schief läuft, müssen Steuerzahler und Sparer herhalten.
Das hatten unsere Vorfahren schon in den dreissiger Jahren schmerzlich als Fehlkonstruktion verstanden. Leider wurde unter Bill Clinton und Robert Rubin diese Praxis wieder eingeführt und auch nach Europa exportiert. Jetzt wird sie wieder abgeschafft – ganz simpel und zu Recht.
Bei der ZKB ist die Lage etwas anders und diffizil: Hier sind Aktionäre und Steuerzahler in Personalunion vertreten. Also gilt es abzuwägen, was mehr bringt bzw. zukunftsträchtiger ist. M.E scheint der Kantonsrat die Zeichen der Zeit richtig verstanden zu haben.
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Sehr eloquent. Und hier die krude Version:
https://insideparadeplatz.ch/2014/03/28/regierung-will-zkb-0-null-franken-geben/#comment-17576
Bei der ZKB gibts nichts was nicht schon hier geschrieben wurde. Nur neu für mich ist, dass der Müller-Ganz entweder seine Bilanzen nicht kennt oder einfach, durch Auslassung, die Wahrheit strapaziert (im Volksmund auch lügen genannt) wenn er sagt „Mehr als 80 Prozent unserer Bilanz stecken in Krediten“ und andeutet, das seien Unternehmenskredite.
Er hat wohl die Details auf Seite 168 im Finanzbericht 2012 übersehen. Da sind total Trading und Hedging 498 Milliarden.
Die bei weitem grössten Posten sind die mit allen nur erdenklichen Emittenten- und Kontrahentenrisiken behafteten Zins- und Devisen Swaps im Trading, sprich Spielhölle, pardon: Investment Banking…
Gut Glück, Zürich! Mit solchen Koryphäen an der Spitze der ZKB braucht es ein gerüttelt Mass davon.
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U-Boot-Scholli und Ganz versuchen sich in der Finanzbrache zu verankern wie einst Ospel. Bald werden auch die Schiffbruch (nicht Schiffbau) erleiden. Hoffentlich kostet es dann den richtigen Köfen „etwas“…
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der Hafenkran kann auch gesunke Schiffe heben. Deswegen wurde er montiert!
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U-Boot-Scholli und Ganz versuchen sich in der Finanzbrache zu verankern wie einst Ospel. Bald werden auch die Schiffbruch (nicht Schiffbau)…
Das Investmentbanking als Teil einer Universalbank ist ein Auslaufmodell: Weltweit sind Regierungen - zwar widerwillig aber dennoch -gezwungen, zur Rettung…
Herr Müller: Es ist nicht die Wahrheit, wenn Sie sagen, die Bank hätte keine internationale Expansionsstrategie (gehabt?). Und im Investmentbanking…