Bitte nehmen Sie einen Bierdeckel oder sonst was, auf das Sie einen Kreis, eingeteilt in 8 Sektoren, zeichnen können. Jeder Sektor steht für eine grundsätzliche berufliche Entwicklungsmöglichkeit, vier davon innerhalb eines Unternehmens (zum Beispiel sich spezialisieren), 3 davon nach aussen gerichtet (in einem anderen Unternehmen eine vergleichbare Rolle übernehmen), und die achte ist quasi ausser Konkurrenz: „Es soll alles so bleiben, wie es ist“. Diese Option ist praktisch unrealistisch, und trotzdem würden sie viele von uns gerne wählen.
Dies ist begreiflich, mir erging es zu meiner Zeit auf dem Wolfsberg nicht anders. (Wer die Küche dort kennt, weiss warum.) Erst ein gutgemeinter Tritt in den Hintern hat mir andere Möglichkeiten schmackhaft gemacht, und rückblickend bin ich dafür sehr dankbar – soviel zum Punkt, ob man seine berufliche Entwicklung immer selbstbestimmt planen kann, soll oder muss; ich bin hier nicht dogmatisch, es kommt so häufig anders, als man denkt, dass es einfach nur wichtig ist, offen, aufmerksam und lernbereit zu sein und sich zu bewegen (was allerdings nur notwendige, nicht aber hinreichende Bedingungen fürs Weiterkommen sind).
Umso besser, wenn man sich dabei seinen Zielen nähert oder seine beruflichen Träume verwirklichen kann; das wird aber nicht immer auf direktem Weg möglich sein. Als Segler (aufkreuzen!) akzeptiert man das.
Meinen Vorschlag zur Darstellung von 8 grundsätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie hier. Zu zwei Sektoren ein paar weitere Erläuterungen:
1) Die meisten von uns dürften irgendwann einmal vor der Entscheidung „Managementkarriere / Fachkarriere“ gestanden haben. Kombinationen sind in der Regel praktisch nur bis zu einem gewissen Punkt möglich. Der Entscheid hat Konsequenzen. Je nach Situation (Unternehmen, Bereich, Vorgesetzte, Trend) ist die faktische Wertschätzung (Rang, Beförderung, Entschädigung) für die Fachkarriere verschieden von derjenigen für die Managementkarriere. Wenn begründbar: Ok; wenn nicht: akzeptieren oder (sich) verändern.
2) Ich gebrauche im entsprechenden Sektor bewusst den Begriff „Management“. „Führung“ betrachte ich als weiter gefasst, und „Leadership“ wiederum als etwas Spezielles. Warm so kompliziert? Man kann die Welt, und insbesonders unser Thema der beruflichen Entwicklung, besser verstehen, wenn man Management als „hierarchie-basierte“ Führung definiert. Daraus ergibt sich dann auch die „Management pipeline“, inklusive den zugehörigen Beförderungsprozessen mit all ihren Besonderheiten.
3) Andere Formen der Führung sind im Unternehmen und anderswo möglich, nötig und wichtig. Führend als Experte: „thought leader“, Spezialist, Meinungsführer, Wortführer. Das war und ist immer mein Weg gewesen, oft kombiniert mit Projektleitung.
4) Vorbild sein, tatsächlich Verantwortung übernehmen, sich für etwas einsetzen, Zivilcourage zeigen, Dinge hinterfragen: Das können Elemente von Leadership sein. Leadership ist nicht an Management oder Führung gebunden. „Top Management“ heisst top in der Hierarchie, nicht notwendigerweise top in der Leistung und auch nicht notwendigerweise verbunden mit Leadership.
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5) Warum sind diese Punkte für uns heute zentral? Weil Entwicklung nicht (mehr) eine Gerade ist, sondern ein manchmal verschlungener Pfad, der auch Loslassen und Umkehren beinhaltet. Dies wird gerade in der Managementkarriere deutlich, bei der es heute oft unumgänglich ist, eine hierarchische Stellung im Verlauf des Berufslebens aufzugeben. Ist das das Ende der Karriere? Viele Manager empfinden das so, weil es für sie primär das Ende von hierarchischer Macht, allenfalls von Prestige, häufig von hohen Entschädigungen ist. Es könnte aber auch der Beginn einer neuen Reise sein.
6) Wie gut kennen Sie sich aus in der Frage „Managementkarriere / Fachkarriere“?
Bitte tragen Sie nun Ihre bisherige berufliche Laufbahn / Entwicklung in die zutreffenden Sektoren ein. Wie das bei mir aussieht, sehen Sie hier.
Was für Schlüsse können Sie nun daraus ziehen? Eine Kurzfassung für meine eigene Situation könnte so aussehen: „Ist entgegen dem Trend praktisch immer im gleichen Unternehmen gewesen, hat die offensichtlich hervorragenden Entwicklungsmöglichkeiten genutzt, teilweise aktiv, teilweise auch erzwungen. Hat in den vielen Wechseln immer auch das Positive gesehen und Selbstvertrauen geschöpft. Suchte und fand Anerkennung als Experte. Arbeit und Freizeit waren dann keine Gegensätze, wenn er inhaltlich das machte, was seine Passion war und ist. Die jüngsten Entwicklungen in seinem Bereich liessen es allerdings angezeigt erscheinen, von diesem Erfolgspfad abzuweichen. Ist zum Glück nicht darauf angewiesen, dass die Selbständigkeit von Beginn an profitabel ist. Sollte auf dem eingeschlagenen Weg weiterfahren, seine Stärken zu vermarkten.“
Erstellen Sie für sich doch auch so einen Text und fragen Sie jemanden, dem Sie vertrauen können, wie gut Sie sich beschreiben, und dann diskutieren Sie, was das für die berufliche Zukunft heissen könnte – hier darf auch Ihr Bier wieder zum Einsatz kommen, den Bierdeckel haben Sie ja schon einer sinnvollen Bestimmung zugeführt.
Zusammen mit der Standortbestimmung haben Sie nun ein ziemlich gutes Bild von sich, das als eine persönliche Entscheidgrundlage für Ihre nächsten Entwicklungsschritte dient. Auf weitere Entscheidgrundlagen (beispielsweise Alter, Risikofähigkeit, Finanzen, Zeit, demografische Entwicklung, Wirtschaftslage) kommen wir in den nächsten Folgen zu sprechen.
Für einen hilfreichen Erfahrungsaustausch im Sinne von „es gibt mehr Möglichkeiten, als man denkt“ wären Ihre konkreten Praxisbeispiele als Diskussionsbeiträge gut geeignet, die ungewöhnliche (positive oder schmerzhafte) berufliche Entwicklungen aufzeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Diese Plattform ist eine fantastische Möglichkeit, ohne Kosten zielgruppengerechte Informationen und Erfahrungen zu teilen, welche fundamentale, primär berufliche, Lebenswirklichkeiten berühren. Das Selbstcoaching kann im stillen Kämmerlein funktionieren, aber es ist wesentlich motivierender und wirksamer, wenn man sich mit gleichgesinnten, aber doch verschiedenartigen Berufskollegen austauscht. Das kann persönlich mit vertrauten Personen sein, oder eben hier mit dem Vorteil einer gewissen Anonymität im Netz (ich bin hier vorsichtig in der Wortwahl), die es einem erlaubt, relativ gefahrlos positive und negative Erfahrungen zum möglichen Nutzen anderer preiszugeben. Damit könnten wir uns hier unterscheiden von Foren zur Situation auf dem Arbeitsmarkt, in denen (auch verständlich) primär Dampf abgelassen wird, Meinungen geäussert werden, Verantwortung bei anderen gesucht wird (Unternehmer, Personalchefs, RAV, Parteien, Regierung, Freizügigkeit, EU; für den einzelnen praktisch nützliche und umsetzbare Ideen findet man leider kaum.
Hier geht es darum, berufliche Entwicklung als lebenslanges Lernen (dazu gehören primär Erfahrungen und on-the-job Ausbildung, aber natürlich auch die richtige (!) off-the-job Ausbildung) zu verinnerlichen, um generell beruflich zufriedener zu sein und um Vorarbeiten geleistet zu haben, die uns Arbeitsplatzunsicherheit oder -verlust mit etwas Selbstvertrauen und hoffentlich besseren Erfolgschancen bewältigen lassen.
Mit Ihrem Feedback können wir uns gegenseitig unterstützen. Falls Sie die acht Sektoren mit Entwicklungsmöglichkeiten nützlich fanden, nehmen Sie das doch als Orientierungsrahmen und schildern Sie kurz Ihre Erfahrungen. Hier ein paar Beispiele:
– Managementkarriere und wieder zurück: Warum Managementkarriere und warum wieder zurück? Wie kam es zum „und wieder zurück?“ Wie haben Sie es bewältigt? Was waren die Folgen? Was hiess das bezüglich Ihrer Lebens- oder Berufsziele? Was würden Sie anderen empfehlen?
– Soll bleiben wie es ist: Hat das funktioniert, und wenn ja: warum? Und wie sehen Sie es für die Zukunft? Wenn es nicht funktioniert hat: was würden Sie heute anders machen?
– Wechsel (intern oder extern): Haben sich Ihre Hoffnungen erfüllt? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Was würden Sie beim nächsten Wechsel anders machen?