Ein letztes Mal lädt Pierin Vincenz zum grossen Fest. Heute zeigt der Raiffeisen-Chef Zahlen, dass es knallt.
Rekordgewinn von fast 800 Millionen, Hypo-Hyperwachstum von 5 Prozent im Jahr, Marktleader im Wohngeschäft mit knapp 17 Prozent, 200 Milliarden Kundenvermögen zum Verwalten.
Was Vincenz in anderthalb Jahrzehnten aus der verschlafenen Genossenschaftsbude gemacht hat, sticht wie ein Felsen aus der Tristesse von Swiss Banking hervor.
Vincenz agierte mutig, schnell, immer wieder – mit Charme vor und Brutalität hinter der Kulisse. Ein Macher, ein Herrscher, einer, der bewegt und nicht einfach nur auf dem Chefsitz herumrutscht.
Das dazu. Das Andere ist die Hinterlassenschaft. Die hat es in sich.
Vincenz geht – wie ein echter Trader – auf dem Höchst. Er wird im Frühling durch die Raiffeisen-Landen touren und sich vom Genossenschaftsvolk feiern lassen.
Schon im Sommer, drei Viertel Jahre früher als bisher kommuniziert, dürfte er den Stab Patrik Gisel übergeben. Für Schlaumeier Vincenz heisst das ein letzter Reibach mit Lohn und Super-PK gratis.
Dann beginnt bei Raiffeisen die Nach-Vincenz-Ära. Sie wird geprägt durch schwache Figuren.
Neben Vincenz hatte es keinen Platz für Charakterköpfe und Persönlichkeiten mit Charisma und Feuer. Überleben konnten nur Schattengewächse.
Patrik Gisel gehört dazu. Der Mann, der seit Jahren die Nummer 2 bei Raiffeisen ist, ohne je durch besondere Taten aufzufallen, muss einen zur Grossbank mutierten Finanzkonzern in schweren Zeiten kommandieren.
Gisel ist ein Arbeitstier, stets bereit und nie widerspenstig. Er sitzt in unglaublich vielen Gremien, ein richtiger Ämtlisammler, wie es ihn bei anderen Banken heute praktisch nicht mehr gibt.
Wichtig scheint Gisel Twitter. „Father and Husband, Banking Executive, Private Pilot IFR MEP, Hobby Triathlete, sports driver, likes everything with fun and adrenaline …“ präsentiert sich der neue Raiffeisen-CEO als Turbo-Junkie.
Im Netz lässt er mit einem Schwall von immer gleichen englischen Kraftausdrücken seinem Ärger freien Lauf – übers Warten am Airport und die Mühsal beim iPad-Installieren.
Weniger rassig erledigte Gisel seinen Job. Grosse Pendenzen liegen seit Jahren auf seinem Tisch.
Zum Beispiel die Informatik. Gisel kommt aus dieser Ecke, er kennt die Zahlen, sollte also das Wissen haben, ein schwieriges IT-Projekt erfolgreich durchzuziehen.
Das hat er nicht. Er scheiterte – wieder und wieder.
Dialba heisst die Kernsoftware der Raiffeisenbanken. Mit ihr verbuchen die 300 Banken in der Region ihre Transaktionen.
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Die Zentrale in St. Gallen hatte hingegen schon vor Jahren auf ein modernes Avaloq umgestellt. Der ursprüngliche Plan war, Avaloq in der ganzen Gruppe auszubreiten.
Das missglückte. Als Nächstes versuchte Gisel, Dialba aufzupeppen. Er und seine Kollegen in der Raiffeisen-Spitze glaubten IBM, dass dies einfach möglich wäre.
Das Resultat war ein Scherbenhaufen, Raiffeisen und IBM gerieten sich über Schadenersatz in die Haare.
Spätestens jetzt hätte Gisel durchgreifen sollen. So wie bei der IBM, dort landeten die Zuständigen auf der Strasse.
Nicht so beim roten Bankenriesen. Adrian Töngi und Rudolf Kurtz, wie die beiden zentralen Figuren unter dem schwächlichen IT-Chef Damir Bogdan heissen, durften nicht nur bleiben.
Nein, sie kriegten auch gleich wieder den Vorsitz für den nächsten Anlauf im Trauerspiel um die Ablösung der veralteten Kernsoftware und können Nachwuchsleute kaltstellen, die ihnen gefährlich werden könnten.
Machtpolitik pur in der St. Galler Zentrale, und Gisel schaut zu.
Seine vielen Jobs in Gremien und Verwaltungsräten erscheinen vor diesem Hintergrund wie eine Kompensation der eigenen Führungsschwäche.
Damit kommt wieder Vincenz ins Spiel. Die beiden entscheidenden Leute für die moderne Raiffeisen – der Alte und sein treu ergebener Stellvertreter und Nachfolger – könnten unterschiedlicher nicht sein.
Bei allen Fehlern, die Vincenz unterliefen, vor allem mit dem blinden Vertrauen in Assetmanager Beat Wittmann und dem Zerwürfnis mit Partnerin Vontobel, war Vincenz ein echter Kapitän, der von Banking viel verstand.
Gisel ist viel einseitiger, hat nie die Breite von Vincenz. Er ist der klassische Ersatzmann.
Umso grösser ist sein Ehrgeiz. Gisel wollte unbedingt die Nummer 1 der Raiffeisen werden. Sein Hunger nach Ansehen und Karriere ist umgekehrt proportional zum fehlenden Charisma.
Es drängte den HSG-Doktor und Hobby-Piloten nach mehr, nach oben. Jetzt ist Gisel zuoberst angelangt – und die Aufgaben sind schwieriger denn je.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Herr Hässig, ihr Boulevard-Journalismus erinnert mich an Blick….
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Ich werde mich als CEO bei der Raiffeisen bewerben!
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Sehr kompetente Einschätzung mit viel Insiderwissen dekoriert
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Witzbold, hihihihihihi…
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Da hat ja Vincenz sicher gestellt, dass sein Nachfolger ihn nicht übertreffen wird.
Der Gisel ist ja in der Branche und angeblich bei Raiffeisen nicht bekannt dafür, dass er viel umgesetzt kriegt… -
Solange GISP Leute wie Roli Altwegg nachzieht, die den Laden in Schwung halten und nicht irgendwelche dauerkopfnickenden intellektuellen Tiefflieger, habe ich keine Sorgen um die Raiffeisen-Gruppe.
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Ist jetzt nicht ernst gemeint, oder?
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Wissenswertes: http://2014.geld-und-werte.ch/
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Wären nur alle Banken in der Schweiz so erfolgreich und nicht in jeden Bankenskandal verwickelt! Danke Raiffeisen!
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Tolle Informationen zum Geschäftsbericht, das verstehe sogar ich als Laie.
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BANKING
hängt nicht vorallem von der richtigen Software oder Automatisierung ab,
sondern von den Persönlichkeiten im Management-
Da kann man Goldküste einmal zustimmen!
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Ja tatsächlich, für ein Mal ein wirklich sehr erhellender Kommentar…
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Bankgeschäfte hängen grundsätzlich von Persönlichkeiten in der Beratung ab. Nicht nur im Managment wichtig. Bankennamen werden unwichtiger und Berater wichtiger und das ist auch gut so.
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ja auch von der goldküste kommt manchmal ein brauchbarer input – aber meist leider nur high level bull shit gesülz.
setz dich an die sonne und geniesse den seeblick
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Hoppla, die Aemtli-Liste ist aber lang…
– Verwaltungsratspräsident der ARIZON Sourcing AG, St. Gallen
– Verwaltungsratspräsident der 1741 Asset Management AG, St. Gallen
– Verwaltungsratspräsident der Investnet AG, Herisau
– Verwaltungsratspräsident der KMU Capital AG, St. Gallen
– Präsident des Vereins Einlagensicherung der Schweizer Banken und Effektenhändler
– Präsident der Kommission für das Kundengeschäft Schweiz der Schweizerischen Bankiervereinigung
– Vorsitzender des Verwaltungsrats von Raiffeisen Schweiz (Luxemburg) Fonds SICAV
– Stiftungsratspräsident der Raiffeisen Vorsorgestiftung
– Stiftungsratspräsident der Raiffeisen Freizügigkeitsstiftung
– Vizepräsident des Verwaltungsrates, Notenstein Privatbank AG, St. Gallen
– Verwaltungsratsmitglied SIX Group AG
– Mitglied des Executive Committee, UNICO Banking Group Brussels
– Vorstandsmitglied des Zürcher Bankenverbandes, Zürich
– Verwaltungsratsmitglied der Ergis AG
– Mitglied des Vorstandes des Vereins Betula, Romanshorn
– Lehrbeauftragter Universität Zürich-
Das ist nicht mehr professionell zu handeln.
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Und für jedes Amt kassiert er dann im Durchschnitt 20′ bis 50′ p.a.(?) Da kommt schon was zusammen!
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Das war jetzt aber gemein.
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das ist oder war nicht gemein nur verdammt ehrlih!
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Blöde Frage: was passiert eigentlich mit dem Raiffeisen Gewinn? Die müssen ja nichts an Aktionäre auszahlen.
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@Thomas.Müller: Der Gewinn wird „verfressen und versoffen“ an den GV’s.
Spass bei Seite, der Gewinn wird wie folgt verwendet: Verzinsungs des Genossenschaft-Kapitals, max. mit 6 % und Zuwendung an die Gesetzliche Reserve.
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Lieber Herr Hässig, nun zerreissen Sie den Herrn Gisel nicht, bevor er papp sagen kann. Vielleicht ist es ganz gut, wenn nach der Macher- und Mackerära der überlegte Konsolidator kommt. Mit zu vielen Macherkapitänen hintereinander erleidet das Segelschiff Mastbruch. Weil jeder noch einen Knoten mehr rauszuholen gezwungen ist.
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noch eine Grossbank mehr? Ich dachte die Schweiz hat schon genügend Grossbankenprobleme?
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Den Kleinen wird ja mit Negativzins und Überregulierung den Hahn abgedreht.
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Freue mich schon auf die Raiffeisen-Parties im März, auch Genossenschafterversammlungen genannt.
Bereits an 2 Orten angemeldet: Wining & Dining à discretion; Peach Weber, Francine Jordi, Oesch die Dritten usw. im Showteil….
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Danke!
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Pupen? Oder Puppen 🙂
Pupen? Oder Puppen :-)
Danke!
Freue mich schon auf die Raiffeisen-Parties im März, auch Genossenschafterversammlungen genannt. Bereits an 2 Orten angemeldet: Wining & Dining à…